Verwaltungsrecht

Beihilfefähigkeit einer IRE-Behandlung – Berücksichtigung der Dauer der Dienstunfähigkeit

Aktenzeichen  14 ZB 17.1474

Datum:
15.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 26251
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBG Art. 96
BayBhV § 7 Abs. 1
GOÄ § 5, § 6 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. 96 BayBG und den darauf beruhenden Regelungen der Bayerischen Beihilfeverordnung ist die Dauer der behandlungsbedingten Dienstunfähigkeit eines Beamten kein Gesichtspunkt, der bei der Prüfung der Beihilfefähigkeit von geltend gemachten Aufwendungen in Krankheits-, Geburts- und Pflegefällen und zur Gesundheitsvorsorge zu berücksichtigen ist; maßgeblich sind ausschließlich die Angemessenheit und Notwendigkeit tatsächlich angefallener Aufwendungen in Krankheitsfällen. (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Vorabmitteilung der Beihilfeverwaltung, dass lediglich Behandlungskosten in Höhe eines maximal 3,5-fachen Faktors anerkannt werden könnten, hat eine deutliche Warnfunktion, mit der der Dienstherr vor der Entstehung von Aufwendungen seine Rechtsauffassung klarstellt, und damit dem Beihilfeberechtigten Gelegenheit gibt, sich darauf einzustellen; ob es sich bei dieser Vorabmitteilung um einen Verwaltungsakt handelt, kann dahinstehen, da in jedem Fall damit dem Beihilfeberechtigten gegenüber Unklarheiten über die Erstattung ausgeräumt werden. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 1 K 17.461 2017-06-13 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 4.284,07 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Soweit Zulassungsgründe i.S.v. § 124 Abs. 2 VwGO ausdrücklich oder sinngemäß geltend gemacht werden, sind sie nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegen nicht vor.
1. Entgegen den klägerischen Ausführungen ist die Berufung nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.
1.1. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO erfordert, dass eine Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (BayVGH, B.v. 28.7.2010 – 14 ZB 09.422 – juris Rn. 8 m.w.N.). Um den auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, (2.) ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist, (3.) erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist, und (4.) darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (BayVGH, B.v. 7.2.2017 – 14 ZB 16.1867 – juris Rn. 15 m.w.N.).
1.2. Vorliegend wird klägerseits folgende Rechtsfrage für klärungsbedürftig gehalten: „Ist die Dauer der behandlungsbedingten Dienstunfähigkeit eines Beamten im Rahmen der Prüfung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen gem. Art. 96 BayBG i.V.m. § 7 Abs. 1 BayBhV zu berücksichtigen?“
Mit der Klage, in deren Kontext diese Frage aufgeworfen wird, begehrt der Kläger, ein Beamter im Dienst des Beklagten, weitere Beihilfe in Höhe von 4.284,07 Euro für eine ihm am 16. März 2016 mit einem Betrag von insgesamt 7.344,12 Euro in Rechnung gestellte extrakorporale Stoßwellenlithotripsie, bei der wegen aufwändiger und kostenintensiver Behandlung mit einem „NanoKnife“ (irreversible Elektroporation – IRE) die GÖÄ-Ziffer 1860 mit dem Faktor 21,0 angesetzt worden war. Der Beklagte hatte die geltend gemachten Aufwendungen nur teilweise anerkannt. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 13. Juni 2017 abgewiesen. Dabei ließ es die Frage, ob die IRE überhaupt eine wissenschaftlich anerkannte Methode sei, offen, wobei es jedenfalls die Ansetzung des 21fachen Faktors in der Rechnung vom 16. März 2016 als nicht angemessen i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV erachtete. Maßgeblich war für das Verwaltungsgericht im Hinblick auf § 5 Abs. 1 Satz 1 GOÄ eine an die Beihilfeverwaltung erfolgte Auskunft eines Universitätsklinikums, wonach dort für eine derartige Behandlung gemäß § 6 Abs. 2 GOÄ 377,41 Euro mit dem Faktor 3,5 analog der GOÄ-Ziffer 1778 in Rechnung gestellt würden. Hiervon abgesehen sah das Verwaltungsgericht in einer im Vorfeld der IRE-Behandlung erfolgten Mitteilung der Beihilfeverwaltung vom 19. Februar 2016 über die Grenzen der Erstattungsfähigkeit der beabsichtigten extrakorporalen Stoßwellenlithotripsie einen Hinweis mit Warnfunktion, hielt es für den Kläger zumutbar, sich angesichts dieser Mitteilung vorab über die Konditionen einer IRE-Behandlung zu informieren, sah auch im Fürsorgegrundsatz (§ 45 BeamtStG) keinen Grund für eine andere Einschätzung und maß dem klägerischen Argument, er sei durch die IRE-Behandlung nur 17 Tage – anstatt ca. drei Monate bei der Standardbehandlung – dienstunfähig gewesen, keine Bedeutung bei, weil die Beihilferegelungen ein Erstattungssystem darstellten, das sich auf tatsächlich in Anspruch genommene Aufwendungen beschränke.
Die Antragsbegründung vertritt die Ansicht, die aufgeworfene, bislang in der Rechtsprechung noch nicht beantwortete Frage betreffe alle Fälle, in denen ein Beihilfeberechtigter von mehreren möglichen Behandlungsalternativen diejenige gewählt habe, die zwar teurer sei, aber zu einer merklich kürzeren dienstunfähigkeitsbedingten Ausfallzeit führe. Sie sei vorliegend auch entscheidungserheblich, weil gegebenenfalls das Verwaltungsgericht die Beihilfefähigkeit zu Unrecht verneint habe, was näher ausgeführt wird.
1.3. Der klägerische Vortrag genügt schon nicht dem Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Denn die aufgeworfene Frage könnte im vorliegenden Fall Relevanz nur erlangen, wenn das vorgelagerte und grundlegendere Auslegungsergebnis des Verwaltungsgerichts, nämlich dass sich das in der Bayerischen Beihilfeverordnung vorgesehene Erstattungssystem auf tatsächlich in Anspruch genommene Aufwendungen beschränkt, so dass eine Beihilfegewährung unter Berücksichtigung hypothetischer Ersparnisse in anderem Besoldungskontext nicht in Betracht kommt, als unrichtig erweisen sollte. Nur dann käme es nämlich auf die von der aufgeworfenen Frage umschriebene spezielle Konstellation der (kürzeren) Dauer der Dienstunfähigkeit überhaupt an. Der Zusammenhang der aufgeworfenen Frage mit dieser (grundlegenderen) Problematik wird aber von der klägerseits formulierten Frage nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, so dass der Vortrag des Klägers schon deshalb nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügt.
1.4. Unabhängig davon wäre aber selbst bei Annahme einer hinreichenden Darlegung nicht von einer Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage auszugehen. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. 96 BayBG und den darauf beruhenden Regelungen der Bayerischen Beihilfeverordnung ist die Dauer der behandlungsbedingten Dienstunfähigkeit eines Beamten kein Gesichtspunkt, der bei der Prüfung der Beihilfefähigkeit von geltend gemachten Aufwendungen in Krankheits-, Geburts- und Pflegefällen und zur Gesundheitsvorsorge zu berücksichtigen ist. Wie vom Verwaltungsgericht zutreffend erkannt, knüpfen die im vorliegenden Fall einschlägigen Vorschriften der Bayerischen Beihilfeverordnung, insbesondere § 7 BayBhV, ausschließlich an die Angemessenheit und Notwendigkeit tatsächlich angefallener Aufwendungen u.a. in Krankheitsfällen an. Weitere Kriterien, wie etwa fiktive Vergleichserwägungen dahingehend, ob hypothetisch betrachtet für den Dienstherrn ohne die jeweilige Behandlung letztlich höhere Kosten entstanden wären, sind nach den maßgeblichen Vorschriften bei der Prüfung der Beihilfefähigkeit von geltend gemachten Aufwendungen nicht zu berücksichtigen. Soweit tatsächlich erfolgte Aufwendungen für eine ärztliche Behandlung mangels Angemessenheit i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 BayBhV nicht beihilfefähig sind, kann der Gesichtspunkt etwaiger „ersparter Aufwendungen“ aufgrund der eindeutigen beihilferechtlichen Regelungen daran nichts ändern. Eine Beihilfegewährung unter Berücksichtigung hypothetischer Ersparnisse in anderem Besoldungskontext kommt nach Art. 96 BayBG und § 7 BayBhV nicht in Betracht. Weder ist es der Antragsbegründung gelungen, eine konkrete Vorschrift zu benennen, die die Berücksichtigung solcher Vergleichserwägungen vorsehen würde, noch ist eine solche Vorschrift ersichtlich (vgl. für das nordrhein-westfälische Beihilferecht OVG NW, U.v. 23.8.1993 – 12 A 1031/91 – juris Rn. 27 m.w.N.).
1.5. Mangels Klärungsbedürftigkeit bzw. hinreichender Darlegung derselben kommt es auf die umfangreichen Ausführungen der Antragsbegründung zur „Entscheidungserheblichkeit“ im Kontext des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht an, wobei zudem zu sehen ist, dass auch die dortige Kritik am Urteil des Verwaltungsgerichts in der Sache nicht überzeugt (vgl. hierzu sogleich die Ausführungen zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
2. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.
2.1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt wesentlich von der Intensität ab, mit der die Entscheidung begründet worden ist (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 64 m.w.N.).
2.2. Durch das klägerische Vorbringen im Zulassungsverfahren werden die Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht ernstlich in Frage gestellt und keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften.
2.2.1. Die Antragsbegründung zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erschöpft sich dabei in einer Bezugnahme auf die Begründung zu § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO und genügt insoweit nicht dem Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Denn es ist nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennbar, aus welcher konkreten Passage der Ausführungen zu § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO abgeleitet werden sollen. Eine möglicherweise klägerseits gemeinte Bezugnahme im Rahmen seiner Ausführungen zu den „ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit“ auf seine Ausführungen betreffend die „Entscheidungserheblichkeit“ wird insoweit nicht eindeutig genug zum Ausdruck gebracht.
2.2.2. Unabhängig davon gibt der klägerische Vortrag aber auch in der Sache keinen Anlass, die Richtigkeit des angegriffenen verwaltungsgerichtlichen Urteils ernstlich in Zweifel zu ziehen.
2.2.2.1. Den klägerischen Ausführungen, dass der (klägerseits) angenommenen Entscheidungserheblichkeit die Vorabmitteilung der Beihilfeverwaltung vom 19. Februar 2016, dass lediglich Behandlungskosten in Höhe eines maximal 3,5fachen Faktors anerkannt werden könnten, nicht entgegenstehe, weil dies lediglich eine Vorabinformation, nicht aber ein Verwaltungsakt oder eine sonstige Entscheidung mit Regelungscharakter gewesen sei, ist keine Fehlerhaftigkeit des angegriffenen Urteils zu entnehmen.
Das Verwaltungsgericht hat in der Vorabmitteilung einen eindeutigen Hinweis des Dienstherrn gesehen, dass maximal der 3,5fache, nicht aber der 21,0fache Faktor anerkannt werden könne (UA S. 9 f.). Aufgrund der Warnfunktion der eindeutigen Mitteilung des Beklagten habe die Beihilfe nicht mit dem 21fachen Faktor bewilligt werden müssen. Dabei zitiert das Verwaltungsgericht das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Oktober 2004 – 2 C 34.03 – (juris Rn. 17). Dort ging es darum, dass von dem Grundsatz, dass bei Unklarheiten der Gebührenordnung ärztlich berechnete Beträge schon dann als angemessen anzusehen sind, wenn sie einer vertretbaren Auslegung der Gebührenordnung entsprechen (BVerwG, U.v. 28.10.2004 a.a.O. Rn. 16), eine Ausnahme zu machen ist, wenn der Dienstherr vor der Entstehung von Aufwendungen seine Rechtsauffassung deutlich klargestellt, dadurch solche Unklarheiten ausgeräumt und dem Beihilfeberechtigten Gelegenheit gegeben hat, sich darauf einzustellen (BVerwG, U.v. 28.10.2004 a.a.O. Rn. 17).
Dass vorliegend das Schreiben der Beihilfeverwaltung vom 19. Februar 2016 gerade dies bewirkt hat, ist mit dem Verwaltungsgericht anzunehmen und wird mit den Hinweis der Antragsbegründung auf den fehlenden Verwaltungsakts- oder Regelungscharakter des Schreibens vom 19. Februar 2016 jedenfalls nicht in Frage gestellt, so dass die vorgelagerte – klägerseits schon nicht angesprochene – Frage, ob vorliegend überhaupt „Unklarheiten in der Gebührenordnung“ im Sinne der bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung vorliegen, offen bleiben kann.
2.2.2.2. Keine Zweifel am angegriffenen Urteil weckt der weitere klägerische Vortrag, der Entscheidungserheblichkeit stehe auch nicht die verwaltungsgerichtliche Erwägung entgegen, dass sich gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BayBhV die Angemessenheit der Aufwendungen für ärztliche Leistungen ausschließlich nach dem Gebührenrahmen der GOÄ beurteile, weil diese Vorschrift nur den „Gebührenrahmen“ regele, was aber voraussetze, dass die einschlägige Behandlungsmaßnahme überhaupt in der GOÄ aufgeführt sei, wobei eine Anwendung von § 6 Abs. 2 GOÄ indes gerade nicht angeordnet werde, sondern § 7 Abs. 2 Satz 2 BayBhV lediglich auf den Gebührenrahmen der GOÄ verweise, weswegen die Begrenzung auf den 3,5fachen Faktor bei der Abrechnung nur für solche Leistungen gelten könne, die in der GOÄ auch konkret aufgeführt seien – insoweit sei stets eine individuelle Entscheidung über die Angemessenheit der Höhe der Aufwendungen zu treffen, und zwar ohne Kappung auf den 3,5fachen Steigerungssatz.
Gegen diese klägerische Auslegung spricht bereits der Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 2 BayBhV, wo explizit vorgeschrieben ist, dass sich die Angemessenheit von Aufwendungen „ausschließlich“ nach dem Gebührenrahmen der hier einschlägigen GOÄ beurteilt. Mit dem Wort „ausschließlich“ betont der Verordnungsgeber deutlich die Einbindung und Verbindlichkeit des GOÄ-Systems für die Beurteilung der Angemessenheit von geltend gemachten ärztlichen Aufwendungen. Durch § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BayBhV werden nicht nur einzelne Vorschriften der GOÄ in Bezug genommen werden, sondern es wird abstrakt der Terminus des „Gebührenrahmens“ verwendet, so dass auch im Beihilferecht sämtliche Vorschriften der GOÄ anzuwenden sind, die sich mit dem Gebührenrahmen befassen, insbesondere wie er in § 5 Abs. 1 Satz 1 GOÄ – als das Einfache bis Dreieinhalbfache – definiert ist und wie seine Ausfüllung in § 5 Abs. 2 GOÄ geregelt wird. Zu dem von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BayBhV einbezogenen GOÄ-System gehört aber auch die vom Verwaltungsgericht zu Recht angewandte Vorschrift des § 6 Abs. 2 GOÄ betreffend die analoge Anwendbarkeit der GOÄ – und damit auch die analoge Anwendbarkeit der GOÄ-Gebührenrahmen – bei gleichwertigen Leistungen, die nicht in das Gebührenverzeichnis aufgenommen sind. Dabei setzt sich die Antragsbegründung nicht näher mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu § 5 GOÄ auseinander. Schon aus diesem Grund überzeugt auch die Kritik am verwaltungsgerichtlichen Rückgriff auf § 6 Abs. 2 GOÄ letztlich nicht.
Unabhängig davon spricht gegen den klägerischen Argumentationsansatz auch die Wertung des § 7 Abs. 1 Satz 3 BayBhV i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 4, Abs. 3 und 4 GOÄ, wonach sogar für eine Überschreitung der sog. Schwellenwerte (wie etwa des 2,3fachen bei § 5 Abs. 2 Satz 4 GOÄ) Besonderheiten des jeweiligen Falles vorliegen müssen. Die von der Antragsbegründung präferierte Verfahrensweise über eine „individuelle“ und sogar von der in § 5 Abs. 1 Satz 1 GOÄ vorgesehenen Grenze des Dreieinhalbfachen losgelöste Entscheidung würde die Gefahr bergen, diese besonderen Anforderungen zu relativieren. Auch aus diesem Grund, mit dem sich die Antragsbegründung nicht näher auseinandersetzt, besteht kein Grund, das verwaltungsgerichtliche Urteil, das dem beihilferechtlichen Verweis auf die GOÄ-Systematik Rechnung trägt, in Zweifel zu ziehen.
2.2.2.3. Auch der klägerische Vortrag, in den Verwaltungsvorschriften zu § 7 BayBhV sei nirgends geregelt, dass ausschließlich Gebührentatbestände der GOÄ Anwendung finden könnten, begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.
Die Verwaltungsvorschriften zur Bayerischen Beihilfeverordnung gingen in ihrer im vorliegend maßgeblichen Zeitpunkt der Rechnung (16.3.2016) gültigen Fassung (Bekanntmachung vom 26.7.2007 – 25-P 1820-1075-26 929/07, FMBl S. 291 – VV-BayBhV – in der Fassung der Bekanntmachung vom 7.8.2015, FMBl S. 150) von der Einschlägigkeit des § 6 Abs. 2 GOÄ und des § 5 Abs. 2 Satz 4, Abs. 3 und 4 GOÄ aus. So wurde im Anhang 1 zu den VV-BayBhV (VV-Nr. 10 zu § 7 Abs. 1 BayBhV, dort unter 1.7; Nr. 1.8 der seit 1.5.2018 geltenden Fassung) § 6 Abs. 2 GOÄ explizit erwähnt und dabei zutreffend dessen Einschlägigkeit zugrunde gelegt. Außerdem wird auch innerhalb einer dort explizit vorgesehenen Analogbewertung eine Beschränkung auf den 3,5fachen Satz zugrunde gelegt (VV-Nr. 10 zu § 7 Abs. 1 BayBhV unter 1.7.3; Nr. 1.8.3 der seit 1.5.2018 geltenden Fassung). Schließlich werden die besonderen Voraussetzungen für eine Überschreitung sogar der hinter dem 3,5fachen zurückbleibenden Schwellenwerte an mehreren Stellen betont (VV-BayBhV zu § 7 BayBhV, dort zu Absatz 1 unter Nr. 5 und zu Absatz 1 unter Nr. 10 (Anhang 1) unter Nr. 1.1). Mit diesen Aussagen der Verwaltungsvorschriften setzt sich die Antragsbegründung nicht hinreichend auseinander.
Unabhängig davon lässt sich aus dem bloßen Hinweis auf eine angeblich fehlende Aussage in Verwaltungsvorschriften kein Argument gegen die besagte – vom Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend vorgenommene – Auslegung der Bayerischen Beihilfeverordnung und der §§ 5, 6 GOÄ ableiten.
2.2.2.4. Schließlich hat das Verwaltungsgericht zutreffend eine Berücksichtigung hypothetischer Ersparnisse infolge verkürzter Dienstunfähigkeit abgelehnt, weil – wie gezeigt – das bayerische Beihilferecht keine Vorschrift vorsieht, die Derartiges gestatten würde (s.o. 1.4.). Auch insoweit bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils.
3. Die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens trägt der Kläger, der dieses Rechtsmittel vorliegend ohne Erfolg eingelegt hat (§ 154 Abs. 2 VwGO). Der Streitwert des Berufungszulassungsverfahrens bestimmt sich nach §§ 47, 52 Abs. 3 Satz 1 GKG (mangels anderer Anhaltspunkte wie Vorinstanz). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird die angegriffene Entscheidung rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben