Verwaltungsrecht

Berücksichtigung der Schwerbehinderung bei der Beurteilung eines nunmehr im Ruhestand befindlichen Beamten

Aktenzeichen  3 ZB 18.137

Datum:
27.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 4550
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
LlbG Art. 21 Abs. 2
SGB IX § 2 Abs. 3
VwGO § 108 Abs. 1 S. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 4, § 124a Abs. 5 S. 4

 

Leitsatz

1. Das Begehren auf Änderung der dienstlichen Beurteilung erledigt sich mit Beginn des Ruhestandes des Beamten, denn die Zweckbestimmung für dienstliche Beurteilung als Auswahlgrundlage für künftige Personalentscheidungen entfällt mit dem Eintritt in den Ruhestand (BVerwG BeckRS 1982, 5986). (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
2. In welchem Umfang bei der Beurteilung der Leistung schwerbehinderter Beamter und Beamtinnen eine Minderung der Arbeits- und Verwendungsfähigkeit durch ihre Behinderung zu berücksichtigen ist, unterliegt nur eingeschränkt der gerichtlichen Überprüfung, da es sich um einen Akt wertender Erkenntnis des Beurteilers handelt und er insoweit einen Beurteilungsspielraum hat (BVerwG BeckRS 1983, 31254051). (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
3. Für eine Urteilsbegründung ist es nicht erforderlich, dass die Tatsacheninstanz in ihren Entscheidungsgründen auf alle Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten eingeht und sich damit auseinandersetzt; sie kann sich auf die wesentlichen Gründe beschränken. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 1 K 16.464 2017-11-14 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

1. Der 1953 geborene und seit dem 25. Januar 2013 aufgrund einer Dysthymie (langanhaltende depressive Verstimmung) mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 30 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellte (§ 2 Abs. 3 SGB IX) Kläger stand als Landwirtschaftsoberrat (Besoldungsgruppe A 14) im Dienst des Beklagten. Er erreichte mit Ablauf des Monats Juni 2019 die gesetzliche Altersgrenze und trat in den Ruhestand.
Für den Beurteilungszeitraum 1. Juni 2011 bis 30. April 2014 erhielt er am 11. Juni 2014 eine dienstliche Beurteilung mit dem Gesamturteil 6 Punkte. In dieser Beurteilung wurde – ohne Einzelmerkmale oder das Gesamturteil abzuändern – auf seinen Widerspruch hin ein weiteres Tätigkeitsfeld des Klägers ergänzt sowie klargestellt, dass die Behinderung der Arbeits- und Verwendungsfähigkeit infolge seines Behindertengrades berücksichtigt wurde. Seine Klage gegen diese (Zweit) Beurteilung vom 10. Dezember 2015 blieb in erster Instanz erfolglos.
2. Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 1 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils), des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten), des § 124 Abs. 2 Nr. 3 (grundsätzliche Bedeutung) sowie des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Divergenz) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.
2.1 Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Solche sind nur zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit dieser Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend schon deshalb nicht der Fall, weil es inzwischen an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse für den Antrag des Klägers auf Aufhebung der periodischen Beurteilung vom 10. Dezember 2015 und Neubeurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts fehlt. Das Begehren auf Änderung der dienstlichen Beurteilung hat sich jedenfalls mit dem Beginn des Ruhestandes des Klägers erledigt. Ausschlaggebend für die Gewährung von Rechtsschutz gegen rechtlich fehlerhafte dienstliche Beurteilungen ist die Zweckbestimmung als Auswahlgrundlage für künftige Personalentscheidungen. Diese Zweckbestimmung entfällt mit dem Eintritt in den Ruhestand (vgl. BVerwG, U.v. 11.2.1982 – 2 C 33.79 – juris Rn. 19 m.w.N.).
Das Verwaltungsgericht hat die Klage aber auch zu Recht abgewiesen.
Nach Art. 21 Abs. 2 LlbG ist bei der Beurteilung der Leistung schwerbehinderter Beamter und Beamtinnen eine eventuelle Minderung der Arbeits- und Verwendungsfähigkeit durch ihre Behinderung zu berücksichtigen. Hierauf verweisen auch die zum maßgeblichen Zeitpunkt des Beurteilungsstichtags (30.4.2014) geltenden Regelungen der Teilhaberichtlinie – Inklusion behinderter Angehöriger des Öffentlichen Dienstes in Bayern – (TeilR – insbesondere Nr. 9; Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 19.11.2012, Az. PE – P 1132 – 002 – 33 316/12 – FMBl. S. 605, StAnz. Nr. 51/52).
Aufgrund der Einlassung des Beurteilers in der mündlichen Verhandlung vom 14. November 2017 gelangte das Verwaltungsgericht zu der richterlichen Überzeugung, dass die Minderung der Arbeits- und Verwendungsfähigkeit des Klägers durch seine Behinderung bei der Beurteilung in nicht zu beanstandender Weise berücksichtigt wurde (UA S. 7). Der Beurteiler habe dargelegt, dass ihm bereits bei der Erstellung der ersten Beurteilung am 11. Juni 2014 der Grad der Behinderung von 30 des Klägers bewusst gewesen sei. Dies sei entsprechend auf der ersten Seite der dienstlichen Beurteilung vermerkt worden. Im Zeitraum 2013/2014 seien mit dem Kläger insgesamt 16 Personalgespräche geführt worden, um ihm behindertengerechte Aufgaben zuteilen zu können. Unter Berücksichtigung seiner Behinderung seien ihm kaum termingebundene Aufträge zugewiesen worden. Hinsichtlich des Anforderungsprofils eines Landwirtschaftsoberrats habe dem Kläger nur ein Teil dieser Aufgaben auferlegt werden können, da es zu häufigen Beschwerden gekommen sei, ein hoher Betreuungsbedarf bestanden und dennoch eine hohe Fehlerquote vorgelegen habe. Der Kläger erfülle praktisch keine Aufgaben des höheren Dienstes mehr und dennoch bleibe die Arbeitsmenge stets sehr gering, wodurch lange Bearbeitungszeiten entstanden seien. Eine Beurteilung mit mehr als 4 Punkten in den Einzelmerkmalen „Arbeitsmenge“ und „Arbeitsgüte“ sei daher auch unter Berücksichtigung des Krankheitsmerkmals des Klägers nicht möglich gewesen (UA S. 7).
Die Zulassungsbegründung bemängelt, dass das Verwaltungsgericht das konkrete Ausmaß der bei dem Kläger vorliegenden Behinderung bei der Überprüfung der dienstlichen Beurteilung nicht berücksichtigt, seinen (bedingten) Beweisantrag abgelehnt und die Aussage des Beurteilers ohne Überprüfung ihrer Glaubhaftigkeit seiner Entscheidung zugrunde gelegt habe.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich hieraus nicht.
Der Beklagte hat die Schwerbehinderung des Klägers entsprechend der bestehenden Vorschriften berücksichtigt (UA S. 7). In welchem Umfang bei der Beurteilung der Leistung schwerbehinderter Beamter und Beamtinnen eine Minderung der Arbeits- und Verwendungsfähigkeit durch ihre Behinderung zu berücksichtigen ist, entzieht sich der gerichtlichen Überprüfung, weil dem Beurteilenden insoweit ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist. In welcher Weise der Dienstvorgesetzte die Qualität, Quantität und sonstigen Komponenten einer Arbeitsleistung gewichtet, obliegt als Akt wertender Erkenntnis dem Beurteiler (BVerwG, B.v. 5.8.1983 – 2 B 89.82 – juris Rn. 4). In welchem Ausmaß und mit welchen Auswirkungen der Beurteilende die Schwerbehinderteneigenschaft des Beurteilten bei der Beurteilung berücksichtigt, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalles. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich auch diesbezüglich darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (BVerwG, B.v. 5.8.1983 a.a.O. juris Rn. 7 unter Bezugnahme auf BVerwG, U.v. 26.6.1980 – 2 C 8.78 – juris Rn. 18)
Gemessen daran ist die dienstliche Beurteilung nicht zu beanstanden. Der Beurteiler hat im Rahmen seiner Befragung durch das Verwaltungsgericht unmissverständlich deutlich gemacht, warum der Kläger nicht besser als mit dem Gesamturteil 6 Punkte und in den Einzelmerkmalen „Arbeitsmenge“ und „Arbeitsgüte“ mit jeweils 4 Punkten beurteilt worden ist. Entscheidend hierfür war die höchstpersönliche, auf entsprechenden Angaben des unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers beruhende Wertung des Beurteilers, die Leistungen des Klägers hätten im Beurteilungszeitraum qualitative Mängel aufgewiesen. Konkret habe trotz des hohen Betreuungsbedarfs eine hohe Fehlerquote (z.B. bei Stellungnahmen zu Bauvorhaben) vorgelegen. Obwohl der Kläger praktisch keine Aufgaben des höheren Dienstes mehr erfüllt habe, sei seine Arbeitsmenge stets sehr gering geblieben, wodurch lange Bearbeitungszeiten entstanden seien. Es habe kein Einsatz in der Landwirtschaftsschule stattgefunden, obwohl dies bei Beamten in der Besoldungsgruppe A 14 obligatorisch sei. Andere Aufgaben, wie die Betreuung der Mutterkuhhalter, seien nach häufigen Beschwerden wieder zurückgenommen worden. Vergleichbare Beamte leisteten ein Vielfaches. Dies gelte selbst für eine weitere schwerbehinderte Mitarbeiterin im gehobenen Dienst.
Auch unter Berücksichtigung der Schwerbehinderung des Klägers sowie der deshalb gebotenen Beachtung der Regelungen der Teilhaberichtlinie ist diese die Qualität der Arbeit des Klägers betreffende Kritik rechtlich statthaft, und sie macht sowohl die Bewertung des Einzelmerkmals „Arbeitsmenge“ und „Arbeitsgüte“ mit jeweils 4 Punkten als auch das Gesamturteil mit 6 Punkten nachvollziehbar und plausibel. Die sich dagegen richtenden Angriffe des Klägers liefern keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, das erstinstanzliche Urteil könnte falsch sein. Entgegen der klägerischen Ansicht (Zulassungsbegründung S. 7 ff.) zeigte der Beurteiler die Leistungsdefizite nicht nur pauschal, sondern anhand konkreter Fallbeispiele auf. Dabei handelt es sich in erster Linie um qualitative Mängel. Solche sind auch bei schwerbehinderten Beamten im Rahmen der Beurteilung zu bewerten und beim Gesamturteil zu beachten, denn das Leistungsprinzip wird auch bei schwerbehinderten Beamten nicht relativiert oder gar außer Kraft gesetzt (BVerwG, U.v. 25.2.1988 – 2 C 72.85 – juris Rn. 17; Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Aug. 2019, Art. 21 LlbG Rn. 16). Aus der besonderen Rechtsstellung als Schwerbehinderter lässt sich kein Anspruch auf bevorzugte Behandlung, auch nicht bei dienstlichen Beurteilungen, ableiten (BVerwG, B.v. 5.8.1983 a.a.O. juris Rn. 7).
Das Verwaltungsgericht hat die Vorschrift des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, wonach es aufgrund seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet, nicht verletzt. Es darf bei seiner Überzeugungsbildung nicht in der Weise verfahren, dass es einzelne erhebliche Tatsachen und Beweisergebnisse nicht zur Kenntnis nimmt oder nicht in Erwägung zieht. Eine fehlerhafte Beweiswürdigung, die ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu begründen vermag, liegt folglich nur dann vor, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Allein die theoretische Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht (BayVGH, B.v. 23.1.2012 – 3 ZB 11.1088 – juris Rn. 7; B.v. 6.9.2011 – 14 ZB 11.409 – juris Rn. 5).
Die Zulassungsbegründung beanstandet, das Erstgericht sei von unrichtigen Sachverhaltsgrundlagen ausgegangen, die durch die unterbreiteten Beweisangebote des Klägers aufzuklären gewesen wären. Dem Urteil lasse sich nicht entnehmen, ob eine Prüfung der Glaubwürdigkeit des Beurteilers erfolgt sei und ob das Erstgericht eine eigene inhaltliche Würdigung der Zeugenaussage vorgenommen habe. Ohne eine solche Prüfung, die sich den Entscheidungsgründen entnehmen lassen müsse, habe das Gericht die allgemeinen Rechtssätze der Beweiswürdigung verletzt.
Mit diesem Vorbringen dringt der Kläger nicht durch. Das Verwaltungsgericht ist in seiner Urteilsbegründung auf die einzelnen Darlegungen des Beurteilers eingegangen und hat in nachvollziehbarer und schlüssiger Weise dargelegt (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO), wie und warum es zu seiner richterlichen Überzeugung gelangt ist, dass die Minderung der Arbeits- und Verwendungsfähigkeit des Klägers durch seine Behinderung bei der Beurteilung berücksichtigt wurde. Es bestünden keine Zweifel, dass der Beurteiler bei der Bewertung des Merkmals „Arbeitsmenge“ die Behinderung des Klägers wohlwollend berücksichtigt habe. Denn nach Aussage des Beurteilers in der mündlichen Verhandlung seien dem Kläger nur noch wenige einfache Aufgaben entsprechend seiner Behinderung zugewiesen worden, die er allerdings nur in sehr geringem Umfang erledigt habe. Mit seinem Hinweis darauf, dass der Kläger auch in seiner Beurteilung 2011, die vor seiner Gleichstellung eines schwerbehinderten Menschen erfolgte, in den Einzelmerkmalen „Arbeitsmenge“ und „Arbeitsgüte“ mit jeweils 4 Punkten beurteilt war, verkennt das Verwaltungsgericht nicht etwa, dass sich die der dienstlichen Beurteilung zugrundeliegenden Leistungen des Beamten nicht auch verbessert haben könnten; vielmehr stellt es lediglich fest, dass sich die Bewertung in diesen Einzelmerkmalen trotz eines zwischenzeitlich festgestellten GdB von 30 nicht verschlechtert hat.
Nicht erforderlich ist es, dass sich die Tatsacheninstanz in den Gründen ihrer Entscheidung mit allen Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des festgestellten Sachverhalts auseinandersetzt; vielmehr kann sich das Gericht auf die wesentlichen Gründe beschränken (BVerwG, U.v. 5.3.1986 – 6 C 81.83 – juris Rn. 10, 13). Daraus, dass das Gericht die Glaubwürdigkeit des Beurteilers nicht in seiner Entscheidung erörtert hat, kann daher noch nicht geschlossen werden, es habe diesen Gesichtspunkt bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen (vgl. BVerwG, U.v. 5.7.1994 – 9 C 158.94 – juris Rn. 28; U.v. 25.3.1987 – 6 C 10.84 – juris Rn. 12). Eine Verletzung des § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist nur anzunehmen, wenn sich aus den besonderen Umständen deutlich ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist (Kraft in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 108 Rn. 68). Dafür bedarf es jedoch besonderer Anhaltspunkte, die hier nicht vorlagen. Der Kläger zeigte keine substantiierten tatsächlichen Umstände auf, mit denen die Glaubwürdigkeit des Beurteilers in Zweifel gezogen wurde oder aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die Bewertung, in welchem Ausmaß die Schwerbehinderung des Klägers bei seiner Arbeitsmenge und -güte berücksichtigt wurde, unrichtig ist. Die bloße Möglichkeit einer anderen Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Beurteilers und damit des Ergebnisses der Beweisaufnahme (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) allein genügt zur Begründung ernstlicher Zweifel nicht (BayVGH, B.v. 11.4.2017 – 10 ZB 16.2594 – juris Rn. 5).
Das Erstgericht durfte den (für den Fall der Klageabweisung bedingt gestellten) Beweisantrag:
„Zum Beweis der Tatsache, dass das Krankheitsbild der Dysthymie sich negativ auf die Leistungsfähigkeit auswirkt, soweit es um die Beurteilungsmerkmale geht, die maßgeblich waren für die dienstliche Beurteilung, insbesondere, soweit es um Arbeitsmenge und Arbeitsgüte geht, wird die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens beantragt.“
ohne Verstoß gegen das Prozessrecht ermessensfehlerfrei mit der Argumentation ablehnen, der Beweisantrag gehe ins Leere, da sich die Kammer bereits durch die Zeugenaussage des Beurteilers davon habe überzeugen können, dass sich das Krankheitsbild des Klägers negativ auf die Leistungsfähigkeit, insbesondere auf die Einzelmerkmale „Arbeitsmenge“ und „Arbeitsgüte“ ausgewirkt habe (UA S. 7 f.). Damit hat das Verwaltungsgericht die zugrundeliegende Beweistatsache als wahr unterstellt. Dass es dem Kläger bei dem Beweisantrag auch auf die Frage des Grades der Beeinträchtigungen und deren konkrete Auswirkungen („wie“) auf Arbeitsmenge und Arbeitsgüte angekommen sei, folgt weder aus der mehrfache Verwendung der Begrifflichkeit „soweit“ noch aus dem sonstigen Wortlaut des Beweisantrags.
2.2 Aus den unter 2.1 dargestellten Gründen ergibt sich zugleich, dass die Rechtssache nicht die behaupteten besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweist.
2.3 Die Berufung ist auch nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen.
Der Kläger wirft die Rechtsfrage auf,
„ob bzw. inwieweit bei einer beamtenrechtlichen Beurteilung, bei der die Notwendigkeit der Beachtung gesundheitlicher Behinderungen feststeht, über die Frage des Ausmaßes, der Tiefe und konkreten Beeinträchtigung bei konkreten Tätigkeits- bzw. Beurteilungsfeldern hinweggegangen werden kann oder einer inhaltlichen Auseinandersetzung durch das erkennende Gericht bedarf“.
Abgesehen davon, dass der Kläger den Klärungsbedarf dieser Fragen schon nicht hinreichend dargelegt hat, besteht ein solcher auch nicht, weil diese Rechtsfrage, soweit sie sich im konkreten Fall überhaupt stellt, bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregelungen auch ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantwortet werden kann (stRspr, BVerwG, B.v. 9.4.2014 – 2 B 107.13 – juris Rn. 9 m.w.N.; BVerfG, B.v. 29.7.2010 – 1 BvR 1634/04 – juris Rn. 64). Auf die diesbezüglichen Ausführungen unter 2.1 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (B.v. 5.8.1983 – 2 B 89.82 – juris Rn. 4, 7) wird Bezug genommen.
Der Kläger hält weiter die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig,
„ob bzw. inwieweit das erkennende Gericht bei seiner Entscheidung seine freie Beweiswürdigung nicht nur nachvollziehbar vornehmen, sondern zugleich nachprüfbar in seinen Entscheidungsgründen darlegen muss.“
Die Frage lässt sich auf der Grundlage des Gesetzes ohne weiteres beantworten und bedarf keiner erneuten oder weitergehenden Prüfung in einem Berufungsverfahren. Nach § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind in dem Urteil die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind (siehe dazu unter 2.1).
2.4 Der Beklagte kann seinen Zulassungsantrag auch nicht auf § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Divergenz) stützen. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass das angefochtene Urteil mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem eben solchen Rechtssatz eines in der Vorschrift genannten Gerichts abweicht. Im Zulassungsantrag muss ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet und einem Rechtssatz des anderen Gerichts unter Darlegung der Abweichung gegenübergestellt werden (vgl. BVerwG, B.v. 5.7.2016 – 4 B 21.16 – juris Rn. 5). Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen im Zulassungsantrag nicht, weil bereits keine divergierenden Rechtssätze dargelegt werden.
3. Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG (wie Vorinstanz).
4. Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben