Verwaltungsrecht

Bewilligung der Jungwuchspflege und Prämienzahlung

Aktenzeichen  W 8 E 20.284

Datum:
17.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 3575
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 644,25 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist Eigentümer der Grundstücke Flurnummern … und … der Gemarkung L. In Bezug auf diese Grundstücke wurde beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (im Folgenden: AELF) Karlstadt wiederholt ein Antrag auf Jungwuchspflege gestellt, zuletzt mit Antrag des Bevollmächtigten vom 10. August 2019.
Ein Antrag des Bevollmächtigten selbst (als Antragsteller) nach § 123 VwGO auf vorläufige Bewilligung der Jungwuchspflege wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 19. Dezember 2018 (W 8 E 18.1580) abgelehnt.
Der Antragsteller ließ am 31. Dezember 2019 folgenden Antrag stellen:
Antrag auf sofortige einstweilige Verfügung.
Zur Begründung wurde vorgebracht, für die Flurnummern … und … sei die Jungwuchspflege am 10. Juni 2019 beantragt worden. Trotz Erinnerung sei keine Reaktion gekommen. Da die Eichelsaat übermächtig geworden sei, sei eine Ausdünnung dringend geworden, um die Zukunftsbäume zu fördern. Diese Arbeiten seien jetzt dringend zu erledigen und nicht in der Vogelbrutzeit. In der Sache sei ein neutraler Gutachter einzusetzen, da vom AELF keine sachgemäße Arbeit erwartet werde. Es werde beantragt, die Fälle nach den damals gültigen Richtlinien zu erledigen. Bezüglich der Erstaufforstung Fl.Nr. … der Gemarkung L. habe der Sachbearbeiter rechtswidrig mit falschen Angaben den Bewilligungsbescheid aufgehoben. Er habe vorgegeben, nicht gewusst zu haben, dass der Bevollmächtigte das Grundstück nicht bewirtschaftet habe, obwohl dies im Antrag vom 16. Oktober 2000 ordnungsgemäß angegeben worden sei. Aufgrund dieser Angabe sei nicht die große Prämie ausgewiesen worden, sondern nur die kleine Prämie. Es sei Klage geboten zur Richtigstellung und Prämienauszahlung wie ausgewiesen, da noch nichts ausbezahlt worden sei. In Bezug auf die Erstaufforstung auf Fl.Nr. 3268 seien trotz neuer Aufforderung an das AELF, die Sache zu erledigen, die laufende und die Nachpflanzprämie offen.
Das AELF Karlstadt, Außenstelle Lohr, beantragte für den Antragsgegner mit Schriftsatz vom 23. Januar 2020,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Dem Bevollmächtigten des Antragstellers sei mehrfach mitgeteilt worden, dass aus forstfachlicher Sicht zurzeit keine Jungwuchspflege auf diesen Flächen notwendig und damit eine derartige Maßnahme nicht förderfähig sei. Auch zu den erhobenen Prämienansprüchen sei in den vergangenen Jahren mehrfach Stellung genommen worden. Von einer Nichtbehandlung dieser Angelegenheit könne daher keine Rede sein.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Verfahren W 5 K 13.656, W 8 K 19.1726 und W 8 E 19.1727 und des Hauptsachverfahrens W 8 K 19.1726) sowie den beigezogenen Auszug aus der Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der als Antrag auf Bewilligung einer Förderung einer Jungwuchspflege für die Flurnummern … und … der Gemarkung L. und auf Prämienzahlung ausgelegt wird (§ 88 i.V.m. § 122 Abs. 1 VwGO), ist zulässig, aber unbegründet.
Der Antrag wurde für den Eigentümer der streitgegenständlichen Grundstücke gestellt. Der Antragsteller hat dem Bevollmächtigten in Bezug auf die Beantragung der Förderung von waldbaulichen Maßnahmen eine Vollmacht erteilt. Auf dem Antrag „Förderung von waldbaulichen Maßnahmen“ vom 18. August 2018 gab der Antragsteller seine Einverständniserklärung ab, dass Herr R.T. den Antrag stellen kann. Trotz der Nennung des Herrn R.T. und nicht des Herrn G.T. als Antragsteller ist angesichts des Vermerks auf dem Antragsformular „Vollmacht siehe unten“ von einer beabsichtigten Bevollmächtigung des Herrn R.T. und nicht etwa von einer Anspruchsabtretung auszugehen. Die Vollmacht gilt im Zweifel auch für den Verwaltungsprozess (Kopp/Schenke, VwGO, 25. Auflage 2019, § 67 Rn. 48). Nach § 67 Abs. 2 VwGO kann sich ein Beteiligter vor dem Verwaltungsgericht durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Bevollmächtigter kann auch ein volljähriger Familienangehöriger sein (§ 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VwGO).
Es kann hier dahinstehen, ob es sich bei der zugrundeliegenden Hauptsache mangels förmlicher Entscheidung über den Antrag durch die Behörde um eine Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO handelt oder ob in dem Schreiben des AELF Karlstadt, aus forstfachlicher Sicht sei auf den betreffenden Flächen zurzeit keine Jungwuchspflege notwendig und damit eine derartige Maßnahme nicht förderfähig, ein Verwaltungsakt zu sehen ist. In letzterem Fall würde mangels erfolgter Rechtsbehelfsbelehrung:gem. § 58 Abs. 2 VwGO eine einjährige Rechtsbehelfsfrist gelten, so dass es sich bei der Hauptsache um eine zulässige Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage nach § 42 Abs. 1 VwGO handeln würde.
Denn der Antrag ist unbegründet.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern, oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Ein Antrag nach § 123 VwGO ist begründet, wenn der Antragsteller einen Anordnungsgrund und einen Anordnungsanspruch glaubhaft macht und durch eine entsprechende Anordnung die Hauptsache – im Regelfall – nicht vorweggenommen wird.
Vorliegend besteht jedoch die Besonderheit, dass die Bewilligung der angegebenen Maßnahmen im Wege der einstweiligen Anordnung zu einer Vorwegnahme der Hauptsache führen würde. Eine Vorwegnahme der Hauptsache widerspricht grundsätzlich dem Wesen und dem Zweck der einstweiligen Anordnung. Im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung kann das Gericht grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und einem Antragsteller nicht schon in vollem Umfang, wenn auch nur unter Vorbehalt einer neuen Entscheidung der Hauptsache, das gewähren, was er nur in einem Hauptsacheprozess erreichen könnte. Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG, welcher einen effektiven Rechtsschutz gewährleistet, ist eine Vorwegnahme der Hauptsache im Eilverfahren ausnahmsweise dann zulässig, wenn dies im Interesse des Rechtsschutzes erforderlich ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit auch für einen Erfolg im Hauptsachverfahren spricht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 123 Rn. 13 f.).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Mangels einer besonderen Dringlichkeit ist sowohl hinsichtlich der beantragten Jungwuchspflege als auch in Bezug auf die Prämienzahlung schon kein Anordnungsgrund gegeben. Eine besondere Dringlichkeit hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Anhaltspunkte, die ein Abwarten bis zur Hauptsacheentscheidung unzumutbar erscheinen lassen, wurden nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Das Vorbringen in der Antragsbegründung, eine Ausdünnung sei dringend jetzt zu erledigen zur Förderung der Zukunftsbäume und nicht in der Vogelbrutzeit, ist insoweit nicht ausreichend. Im Übrigen finden sich Hinweise zu einem vorzeitigen Maßnahmenbeginn unter Nr. 4.1 des Antragsformulars „Förderung von waldbaulichen Maßnahmen“.
Unabhängig davon ist es dem Antragsteller auch nicht gelungen, einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen.
Nach Ansicht des Gerichts sind nach summarischer Prüfung die Voraussetzungen für einen Anspruch auf die begehrte Bewilligung und Förderzahlung jedenfalls nicht offensichtlich gegeben.
Nach der Aktennotiz des AELF Karlstadt, Außenstelle Lohr, vom 4. September 2019 kommt in Bezug auf die Grundstücke Fl.Nrn. … und … der Gemarkung L. die Pflege aus forstfachlicher Sicht erst in ca. fünf Jahren in Betracht (vgl. auch Schreiben des AELF Karlstadt, Außenstelle Lohr, vom 30. 10.2019). Gemäß Nr. 4.2.1 der Förderrichtlinie WALDFÖPR 2018 und auch nach Nr. 4.3 Satz 8 der ab 17. Februar 2020 geltenden Förderrichtlinie WALDFÖPR 2020 trifft die Entscheidung über die Notwendigkeit einer Pflegemaßnahme die Bewilligungsbehörde. Der Bewilligungsbehörde wird damit im Bewilligungsverfahren eine vorrangige Beurteilungskompetenz zugewiesen.
Zum jetzigen Zeitpunkt besteht damit nach summarischer Prüfung hinsichtlich der Grundstücke Fl.Nrn. … und … der Gemarkung L. kein offensichtlicher Anspruch auf Bewilligung der Förderung einer Jungwuchspflege.
Dies gilt auch für den Anspruch auf Prämienauszahlung in Bezug auf die erfolgte Erstaufforstung der streitgegenständlichen Grundstücke.
Ein dem Bevollmächtigten des Antragstellers zunächst erteilter Bescheid auf Einkommensausgleich in Bezug auf das Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung L. wurde vom damaligen Forstamt A… wieder aufgehoben. Der Aufforstungsantrag des Antragstellers vom 10. Januar 2013 wurde vom Verwaltungsgericht Würzburg mit Urteil vom 10. April 2014 (W 5 K 13.565) abgewiesen. Eine Grundlage für die Prämienauszahlung ist somit nicht ersichtlich.
Auch in Bezug auf das Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung L. ist unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen ein Anspruch auf Prämienzahlung nach summarischer Prüfung nicht gegeben. Ein Antrag vom 22. März 2007 auf Förderung einer Nachbesserung auf diesem Grundstück wurde bereits mit Bescheid des AELF Karlstadt vom 10. Mai 2007 rechtskräftig abgelehnt (vgl. VG Würzburg, U.v. 13.12.2007 – W 5 K 07.1021).
Eine Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens war nicht erforderlich. Das Gericht ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes grundsätzlich nicht zu weiteren Ermittlungen und Hinweisen verpflichtet, sondern die Entscheidung ergeht aufgrund der innerhalb angemessener Zeit verfügbaren präsenten Beweismittel und von glaubhaft gemachten Tatsachen (BeckOK VwGO, 50. Edition, Stand: 1.7.2019, § 123 Rn. 68).
Nach alledem bleibt der Antrag im vorliegenden Eilverfahren erfolglos.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 63 Abs. 2 GKG i.V.m. den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Der Antragsteller hat keine Angaben zur Höhe der von ihm begehrten Förderung gemacht. Nach dem Schriftsatz des Antragsgegners vom 12. Februar 2020 ist in Bezug auf die begehrte Bewilligung der Jungwuchspflege auf den Flurnummern … und … der Gemarkung L. von einem Fördersatz in Höhe von insgesamt 954 EUR (400 EUR/ha) auszugehen. Hinsichtlich der begehrten Prämienzahlungen wird zugunsten des Antragstellers jeweils der Prämiensatz in Bezug auf ein Jahr zugrunde gelegt, und zwar 63 EUR in Bezug auf Flurnummer … der Gemarkung L. und 271,50 EUR in Bezug auf Flurnummer … der Gemarkung L. Da die Prämienzahlungen und die Bewilligung der Jungwuchspflege jeweils auch unabhängig voneinander beantragt bzw. untersagt werden könnten und ihnen daher jeweils eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zukommt, sind die jeweiligen Werte zu addieren (Nr. 1.1.1 Streitwertkatalog, § 39 GKG). Für das vorliegende Sofortverfahren war nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs der volle Streitwert von 1.288,50 EUR zu halbieren, so dass letztlich 644,25 EUR festzusetzen waren.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben