Verwaltungsrecht

Eine Ausschreibung zur Einreiseverweigerung berechtigt nicht zum Erlass einer Abschiebungsandrohung gegenüber einem Drittstaatsangehörigen

Aktenzeichen  B 6 S 19.74

Datum:
14.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 35333
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FreizügG/EU § 7 Abs. 1

 

Leitsatz

Ein Mitgliedsstaat darf einem Drittausländer, der mit einer Unionsbürgerin verheiratet ist, die Erteilung eines Visums bzw. die Einreise in sein Hoheitsgebiet nicht allein deshalb verweigern, weil der betroffene Drittausländer im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist, wenn er nicht zuvor im Wege einer Einzelfallprüfung festgestellt hat, ob von der Anwesenheit dieser Person in seinem Hoheitsgebiet eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft ausgeht.  (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt …, beigeordnet.
2. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die Abschiebungsandrohung des Antragsgegners vom 17.01.2019 wird angeordnet.
3. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Der Streitwert wird auf 1.250,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist albanischer Staatsangehöriger.
Am …2016 heiratete er in Italien eine rumänische Staatsangehörige. Aus der Ehe ist eine gemeinsame Tochter, geboren am …2018 in Italien, hervorgegangen. Außerdem haben der Antragsteller und seine Ehefrau einen gemeinsamen Sohn, geboren am …2007 in Italien.
Der rumänische Kreis Bihor erteilte dem Antragsteller am 10.01.2018 eine bis 09.01.2023 befristete Aufenthaltserlaubnis (PERMIS DE SEDERE TEMPORARA).
Mit Wirkung vom 01.07.2018 meldete die Familie ihren Wohnsitz in …, Landkreis …, an.
Mit einer Bescheinigung vom 08.08.2018, gültig bis 08.11.2018, die am 10.10.2018 bis 31.12.2018 verlängert wurde, stellte das Landratsamt … dem Antragsteller die Ausstellung einer Aufenthaltskarte für Familienangehörige einer Unionsbürgerin in Aussicht.
Am 18.12.2018 stellte das Landratsamt … dem Antragsteller eine Aufenthaltskarte für Familienangehörige von Unionsbürgern mit der Nebenbestimmung „Erwerbstätigkeit gestattet“ aus, deren Gültigkeit, entsprechend der Gültigkeit des Reisepasses des Antragstellers, bis 16.03.2021 befristet wurde.
Eine Anfrage der Verkehrspolizeiinspektion … vom 15.01.2019 im Schengener Informationssystem (SIS) ergab, dass der Antragsteller von Italien am 23.04.2018 zur Aufenthaltsermittlung und von Frankreich am 27.04.2018 bis 18.05.2021 zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist. Das französische SIRENE-Büro teilte hierzu mit, dass das Strafgericht Cambrai den Antragsteller am 12.01.2018 wegen betrügerischen Besitzes eines gefälschten Verwaltungsdokumentes zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten verurteilt hatte.
Mit Schreiben vom 17.01.2019 teilte das Landratsamt … dem Antragsteller mit, nachdem er von der Republik Frankreich ausgewiesen und mit einer Einreisesperre für den Schengen-Raum bis 23.04.2021 belegt worden sei, sei er illegal in das Bundesgebiet eingereist und halte sich illegal dort auf. Gemäß § 50 Abs. 1 AufenthG sei er verpflichtet, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen, ohne dass es hierzu einer weiteren behördlichen Entscheidung bedürfe. Ihm werde die Möglichkeit gegeben, bis 25.01.2019 das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen. Sollte er dieser Aufforderung zur freiwilligen Ausreise nicht nachkommen, werde hiermit vorsorglich die Abschiebung nach Albanien für den …2019, 8.00 Uhr angedroht. Zu diesem Zeitpunkt habe er unter Vorlage seines Reisepasses bei der Ausländerbehörde des Landratsamtes … zu erscheinen. Die (vorsätzliche) Einreise ohne ein erforderliches Visum stelle eine unerlaubte Einreise dar (§ 14 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 AufenthG, § 95 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG). Dieser nicht geringfügige Verstoß gegen Rechtsvorschriften verwirkliche einen Ausweisungsgrund im Sinne von § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG, sodass es an der Regelerteilungsvoraussetzung „kein Ausweisungsinteresse“ für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG fehle. Damit sei die Ausreisepflicht gemäß § 58 Abs. 2 Nr. 1 und 2 AufenthG vollziehbar.
Ebenfalls am 17.01.2019 händigte das Landratsamt … dem Antragsteller eine Grenzübertrittsbescheinigung aus.
Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 25.01.2019, beim Verwaltungsgericht Bayreuth an diesem Tag auch eingegangen, hat der Antragsteller Klage erhoben und die Aufhebung des Bescheides vom 17.01.2019 beantragt.
Ferner hat er beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen sowie dem Antragsteller Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt …, zu bewilligen.
Zur Begründung wird vorgetragen, der Antragsteller sei im Jahr 2005 oder 2006 mit einem Arbeitsvisum nach Italien eingereist und habe dort am …2016 seine rumänische Ehefrau geheiratet. Im Laufe des Jahres 2017 habe der Antragsteller Italien verlassen und sei über Deutschland und Belgien nach Frankreich eingereist, seiner Erinnerung nach am 23.11.2017. Zu diesem Zeitpunkt habe er aufgrund seiner Heirat über eine Aufenthaltskarte als Angehöriger einer Unionsbürgerin verfügt, die von den italienischen Behörden ausgestellt worden sei. Bei einer Kontrolle durch französische Polizeibeamte bei seiner Einreise nach Frankreich sei bei ihm ein gefälschter Führerschein vorgefunden worden. Seiner Erinnerung nach sei er ungefähr am 02.12.2017 von den französischen Behörden in ein Flugzeug in Richtung Albanien gesetzt worden. Hierbei sei ihm, soweit er dies verstanden habe, erklärt worden, dass es ihm untersagt sei, für einen Zeitraum von einem Jahr nach Frankreich einzureisen. Seit 01.07.2018 lebe der Antragsteller zusammen mit seiner Ehefrau und den beiden Kindern in … Die Abschiebung des Antragstellers sei unverhältnismäßig und somit rechtswidrig, weil ihm zumindest eine Duldung wegen eines bestehenden Abschiebehindernisses hätte erteilt werden müssen. Der Duldungsanspruch ergebe sich aus § 60 Abs. 5 AufenthG. Die Ausreiseaufforderung stelle aufgrund der familiären Situation des Antragstellers einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in sein nach Art. 8 EMRK geschütztes Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens dar. Wegen der Einzelheiten der Antragsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 25.01.2019 verwiesen.
Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz des Landratsamtes … vom „27. Juli 2017“, beim Verwaltungsgericht Bayreuth eingegangen am 07.02.2019, beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsbegründung wird entgegengehalten, nachdem sowohl von Italien als auch von Frankreich eine Einreisesperre in den Schengen-Raum bis 18.05.2021 ausgesprochen worden sei, sei der Antragsteller illegal in das Bundesgebiet eingereist und kraft Gesetzes zur Ausreise verpflichtet. Der Antragsteller habe am 17.01.2019 ausdrücklich bestätigt, schriftlich von den französischen Behörden über die Einreisesperre in den Schengen-Raum informiert worden zu sein. Dies habe die Familie nicht davon abgehalten, unter Umgehung des erforderlichen Visumverfahrens (§ 2 Abs. 4 Satz 2 FreizügG/EU) einzuwandern und Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen. Es sei das Verschulden des Antragstellers und seiner Ehefrau, dass sie trotz bestehenden Einreiseverbotes – unter mehrfacher dreister Missachtung der europäischen Rechtsordnung – in das Bundesgebiet eingewandert seien. Die Folgen hätten sie entsprechend selbst zu verantworten. Ein Verstoß gegen Art. 8 EMRK liege nicht vor, da die Familieneinheit im Heimatland des Antragstellers oder im Heimatland der Ehefrau hergestellt werden könne. Wegen der Einzelheiten der Antragserwiderung wird auf den Schriftsatz vom „27. Juli 2017“ verwiesen.
Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Ausländerakte Bezug genommen.
II.
1. Gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist dem Antragsteller Prozesskostenhilfe zu bewilligen, weil er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den nachstehend dargelegten Gründen hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung ist zulässig und begründet.
2.1 Der Antrag ist zulässig, insbesondere statthaft. Gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat eine Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO entfällt die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage in den durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Darüber hinaus können die Länder gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO bestimmen, dass Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden. Demgemäß bestimmt Art. 21a VwZVG sowohl für Landesrecht als auch für Bundesrecht, dass Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden (Art. 21a Satz 1 VwZVG), und ordnet an, dass § 80 Abs. 4, 5, 7 und 8 VwGO entsprechend gelten (Art. 21a Satz 2 VwZVG). Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO und gemäß Art. 21a Satz 2 VwZVG auch in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen.
Beim Erlass einer Abschiebungsandrohung gemäß § 59 AufenthG oder § 7 Abs. 1 Satz 2 FreizügG/EU handelt es sich um eine Maßnahme, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen wird. Folglich ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der gegen die Abschiebungsandrohung erhobenen Anfechtungsklage gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO, Art. 21a VwZVG, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft.
2.2 Der Antrag ist begründet, weil die vom Gericht durchzuführende Interessenabwägung ergibt, dass das private Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner gegen die Abschiebungsandrohung erhobenen Anfechtungsklage das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung überwiegt. Ein überwiegendes privates Interesse besteht in der Regel dann, wenn die Anfechtungsklage gegen den kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Verwaltungsakt mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird. So verhält es sich hier. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes lediglich gebotenen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage ist mit der Aufhebung der Abschiebungsandrohung gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ernsthaft zu rechnen, weil sie allem Anschein nach rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist.
Als Ehemann und damit Familienangehöriger einer Unionsbürgerin gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU unterliegt der Antragsteller dem Freizügigkeitsgesetz/EU, das gemäß § 1 FreizügG/EU die Einreise und den Aufenthalt von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Unionsbürger) und ihrer Familienangehörigen regelt.
Demzufolge ist der Maßstab für die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung § 7 Abs. 1 FreizügG/EU. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU sind Unionsbürger oder ihre Familienangehörigen ausreisepflichtig, wenn die Ausländerbehörde festgestellt hat, dass das Recht auf Einreise und Aufenthalt nicht besteht. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 FreizügG/EU soll in dem Bescheid die Abschiebung angedroht und eine Ausreisefrist gesetzt werden. Erst wenn die Ausländerbehörde das Nichtbestehen oder den Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU festgestellt hat, findet – vorbehaltlich § 11 Abs. 1 FreizügG/EU – gemäß § 11 Abs. 2 FreizügG/EU das Aufenthaltsgesetz Anwendung, sofern das Freizügigkeitsgesetz/EU keine besonderen Regelungen trifft. Durch das Erfordernis eines Feststellungsaktes der zuständigen Behörde soll für den in § 1 FreizügG/EU beschriebenen Personenkreis nach der Begründung des Regierungsentwurfes des Freizügigkeitsgesetzes/EU „zunächst eine Vermutung der Freizügigkeit“ gelten (BT-Drs. 15/538, S. 105/106; Hailbronner, Ausländerrecht, 100. Aktualisierung März 2017, § 11 FreizügG/EU Rn. 43). Hält sich ein Familienangehöriger eines Unionsbürgers, ohne dass die Voraussetzungen für ein Freizügigkeitsrecht erfüllt sind, im Bundesgebiet unerlaubt auf, können aufenthaltsbeendende Maßnahmen nach § 7 FreizügG/EU grundsätzlich nur aufgrund einer Feststellung des Nichtbestehens eines Freizügigkeitsrechts getroffen werden (Hailbronner, a.a.O. Rn. 45).
Gemessen daran ist die angefochtene Abschiebungsandrohung allen Anhaltspunkten nach rechtswidrig, weil sie ohne eine Verlustfeststellung erlassen wurde.
Ob der Antragsteller für die Einreise in das Bundesgebiet eines (nationalen) Visums bedurft hätte, kann dahinstehen. Familienangehörige, die nicht Unionsbürger sind, bedürfen gemäß § 2 Abs. 4 Satz 2 FreizügG/EU für die Einreise eines Visums nach den Bestimmungen für Ausländer, für die das Aufenthaltsgesetz gilt. Für den augenscheinlich beabsichtigten längerfristigen Aufenthalt des Antragstellers im Bundesgebiet wäre danach ein vor der Einreise zu erteilendes nationales Visum (§ 6 Abs. 3 AufenthG) erforderlich gewesen. Zwar entbindet der Besitz einer gültigen Aufenthaltskarte, auch der eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, gemäß § 2 Abs. 4 Satz 3 FreizügG/EU nach Artikel 5 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG (EG-Freizügigkeits-RL) von der Visumpflicht. Der Antragsteller als Ehemann einer rumänischen Staatsangehörigen besitzt aber allem Anschein nach keine rumänische Aufenthaltskarte, sondern eine rumänische befristete Aufenthaltserlaubnis (PERMIS DE SEDERE TEMPORARA). Auch in Deutschland unterliegen nur die Familienangehörigen von nicht-deutschen Unionsbürgern dem Freizügigkeitsgesetz/EU, während für den Familiennachzug zu Deutschen das Aufenthaltsgesetz (§§ 27, 28 AufenthG) gilt und demzufolge keine Aufenthaltskarte ausgestellt, sondern eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Der behauptete Besitz einer italienischen Aufenthaltskarte ist nicht nachgewiesen. Der danach wahrscheinliche Verstoß gegen das Visumerfordernis des § 2 Abs. 4 Satz 2 FreizügG/EU reicht aber nicht aus, um dem Antragsteller die Abschiebung anzudrohen, nur weil er illegal in das Bundesgebiet eingereist ist. Denn Art. 5 Abs. 4 der EG-Freizügigkeits-RL bestimmt – in Umsetzung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 25.07.2002, Az. C-459/99, juris) – unter anderem für den Fall, dass ein Familienangehöriger, der nicht Unionsbürger ist, nicht über das erforderliche Visum verfügt, dass der betreffende Mitgliedstaat dieser Person jede angemessene Möglichkeit gewährt, mit anderen Mitteln nachzuweisen, dass sie das Recht auf Freizügigkeit und Aufenthalt genießt, bevor er eine Zurückweisung verfügt (Hailbronner, Ausländerrecht, 100. Aktualisierung März 2017, § 2 FreizügG/EU Rn. 100/101). Diesen Nachweis hat der Antragsteller offensichtlich geführt, sonst wäre ihm ja nicht am 18.12.2018 eine deutsche Aufenthaltskarte ausgestellt worden.
Schließlich berechtigt auch die Tatsache, dass der Antragsteller im Schengener Informationssystem (SIS) zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist, die Ausländerbehörde nicht zum Erlass einer Abschiebungsandrohung. Denn ein Mitgliedstaat darf die Erteilung eines Visums bzw. die Einreise in sein Hoheitsgebiet Drittausländern, die mit Unionsbürgern verheiratet sind, nicht allein deshalb verweigern, weil die betroffenen Drittausländer im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sind, wenn er nicht zuvor im Wege einer Einzelfallprüfung festgestellt hat, ob von der Anwesenheit dieser Personen in seinem Hoheitsgebiet eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft ausgeht (Hailbronner, Ausländerrecht, 100. Aktualisierung März 2017, § 2 FreizügG/EU Rn. 99).
2. Nach alledem wird dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Abschiebungsandrohung mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der Antragsgegner als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens trägt, stattgegeben.
3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und Abs. 2 GKG (ein Viertel des Auffangstreitwertes).


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