Verwaltungsrecht

Eingestelltes Beschwerdeverfahren – übereinstimmende Erledigungserklärung

Aktenzeichen  10 CS 16.323

Datum:
15.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 92 Abs. 3 S. 1, § 154 Abs. 1, 2, § 161 Abs. 2 S. 1
FreizügG/EU FreizügG/EU § 2 Abs. 2 Nr. 5, § 3 Abs. 1 S. 2, § 4, § 7, § 11 Abs. 1
AufenthG AufenthG § 50 Abs. 1, § 58 Abs. 1 u. 2, § 59 Abs. 1 S. 1, 2, 3, 4 u. 5

 

Leitsatz

Verfahrensgang

25 S 15.4149 2015-12-16 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.
II. Der Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250 Euro festgesetzt.

Gründe

Mit ihren Erklärungen vom 4. und 5. April 2016 haben die Beteiligten nicht den Rechtsstreit als ganzen, sondern das Beschwerdeverfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt. Damit hat der Antragsteller zum Ausdruck gebracht, dass er sein Rechtsmittel, mit dem er (nur noch) die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner (noch nicht rechtskräftig abgewiesenen) Klage vor dem Verwaltungsgericht München gegen die Abschiebungsandrohung (Nr. 3 des Bescheids v. 17.8.2015; vgl. Urteil des VG München v. 16.12.2015 – 25 K 15.4148 -; Zulassungsverfahren – 10 ZB 16.452 -) unter Aufhebung des Beschlusses vom 16. Dezember 2015 insoweit begehrt hat, nicht weiter verfolgen will, sondern den Streit auf die Frage beschränkt, wer die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen hat (vgl. Neumann in Sodan//Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 161 Rn. 23 f., 32). Demgemäß ist aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO durch Beschluss einzustellen.
Über die Kosten des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Regelmäßig entspricht es billigem Ermessen, die Kosten des Rechtsmittelverfahrens nach dem Grundsatz des § 154 Abs. 1, 2 VwGO demjenigen Beteiligten aufzuerlegen, der ohne die Erledigungserklärungen voraussichtlich unterlegen wäre. Der in § 161 Abs. 2 VwGO zum Ausdruck kommende Grundsatz der Prozesswirtschaftlichkeit befreit dabei nach Erledigung der Hauptsache das Gericht davon, anhand eingehender Überlegungen abschließend über den Streitstoff zu entscheiden.
Nach diesen Grundsätzen entspricht es im vorliegenden Fall billigem Ermessen, die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen, weil die Beschwerde nach summarischer Prüfung im maßgeblichen Zeitpunkt der Erledigung voraussichtlich Erfolg gehabt hätte. Der Antragsteller, ein serbischer Staatsangehöriger, ist am 14. September 2015 mit der Geburt seines – die bulgarische Staatsangehörigkeit besitzenden und im Bundesgebiet lebenden – Kindes Familienangehöriger eines Unionsbürgers geworden (vgl. § 3 Abs. 1, 2 Nr. 2 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern – FreizügG/EU -); durch die Eheschließung mit der (bulgarischen) Mutter des Kindes am 11. Februar 2016 ist er auch Ehegatte einer Unionsbürgerin geworden (vgl. § 3 Abs. 1, 2 Nr. 1 FreizügG/EU). In dieser Situation spricht – zumindest bis zur Klärung der im Zusammenhang mit § 3 Abs. 1 Satz 2, § 2 Abs. 2 Nr. 5, § 4 FreizügG/EU bestehenden Fragen – eine Vermutung dafür, dass der Antragsteller als freizügigkeitsberechtigter Familienangehöriger von Unionsbürgern das Recht auf Einreise und Aufenthalt besitzt (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: November 2015, D1 § 11 FreizügG/EU Rn. 43-45); damit finden aber nach § 11 Abs. 1 FreizügG/EU nur die dort genannten Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes Anwendung, also gerade nicht § 50 Abs. 1, § 58 Abs. 1, 2 und § 59 Abs. 1 Satz 1 bis 5 AufenthG, die vom Verwaltungsgericht zur Begründung der vollziehbaren Ausreisepflicht des Antragstellers vor dem Hintergrund des angenommenen illegalen Aufenthalts herangezogen wurden. Anstelle des § 59 Abs. 1 AufenthG tritt vielmehr die Regelung des § 7 FreizügG/EU über die Ausreisepflicht von Unionsbürgern und deren Familienangehörigen auf der Grundlage einer Feststellung, dass das Recht auf Einreise und Aufenthalt nicht besteht (vgl- Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: November 2015, A1 § 59 Rn. 7). Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung hätte daher angeordnet werden müssen.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i. V. m. Nr. 8.3, 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Danach ist ein Viertel des Regelstreitwertes anzusetzen.


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