Verwaltungsrecht

Endgültiges Nichtbestehen des Leistungsnachweises Medizinische Terminologie im Studium der Humanmedizin

Aktenzeichen  2 K 17.1183

Datum:
14.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 5232
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 60, § 74
BayHSchG Art. 46 Nr. 3
BayVwZVG Art. 2 Abs. 1 S. 1, Art. 8 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1 Es liegt im alleinigen Verantwortungsbereich des Klägers eine zeitnahe Erreichbarkeit in der Kommunikation mit seinem Verfahrensbevollmächtigten zu gewährleisten. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2 Auch von einem juristischen Laien mit nicht-deutscher Muttersprache muss bei der Wahl des Versendungsmittels eine Sorgfalt erwartet werden, die einen Eingang der Klage bei Gericht vor Ablauf der Frist sicher gewährleistet. Wählt er den unsicheren Weg eines einfachen Briefes, trägt er im Hinblick auf die Postlaufzeit das Risiko einer Fristversäumnis und kann sich nicht nachträglich darauf berufen, erst kurz vor Fristablauf von dem Widerspruchsbescheid Kenntnis erlangt zu haben. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die Klage ist bereits unzulässig.
Sie wurde erst nach Ablauf der einmonatigen Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO erhoben. Der mit ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung:versehene Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2017 wurde dem Verfahrensbevollmächtigten des Klägers am 30. August 2017 durch die Post mittels Einschreiben zugestellt. Der durch Telefax vom 21. Februar 2017 der Beklagten gegenüber als zur Entgegennahme und Bewirkung von Zustellung ausdrücklich als bevollmächtigt ausgewiesene Anwalt des Klägers war gem. Art. 8 Abs. 1 Satz 1 VwZVG richtiger Adressat der Zustellung, die gem. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 VwZVG durch den in den Behördenakten befindlichen Rückschein der Deutschen Post DHL nachgewiesen wurde. Die Zustellung setzte die Klagefrist gem. § 57 Abs. 1 VwGO in Lauf, die gem. § 57 Abs. 2 i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO, §§ 188 Abs. 2, 187 Abs. 1, 193 BGB am Montag, den 2. Oktober 2017, endete. Die am 4. Oktober 2017 bei Gericht eingegangene Klage war mithin erst nach Ablauf der Klagefrist erhoben worden.
Auch unter Berücksichtigung des Vortrag des im gerichtlichen Verfahrens anwaltlich nicht vertreten Klägers in der mündlichen Verhandlung sind Gründe für eine Widereinsetzung in die Klagefrist – unabhängig von der wiederum bereits verstrichenen Ausschlussfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO – nicht glaubhaft gemacht. Weder das Ableben des im Vorverfahren vom Kläger bevollmächtigten Anwalts und Zustellungsadressaten am 23. November 2017 – also weit nach Fristablauf – noch die Einlassung des Klägers, er habe den Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2017 von seinem Anwalt lediglich als Anhang via Email zugesandt bekommen und habe an seiner neuen Arbeitsstätte in Rosenheim keinen Zugang zum Internet gehabt, weshalb er von dem Widerspruchsbescheid nicht zeitnah nach dessen Zustellung Kenntnis erlangt habe, begründen eine unverschuldete Verhinderung der fristgerechten Klageerhebung. Es liegt im alleinigen Verantwortungsbereich des Klägers eine zeitnahe Erreichbarkeit in der Kommunikation mit seinem Verfahrensbevollmächtigten zu gewährleisten, zumal die – trotz schriftsätzlicher Thematisierung der Fristversäumnis durch die Beklagten – erst in der mündlichen Verhandlung behaupteten Umstände ausweislich der Datierung der Klageschrift vom 29. September 2017 schon nicht kausal für das Versäumnis der Klagefrist gewesen sein können. Bei Abfassen der Klageschrift am 29. September 2017 wäre dem Kläger bei einer anderen Wahl der Klageübermittlung – etwa via Telefax vorab oder als Expressbrief – eine Klageerhebung innerhalb der Klagefrist ohne weiteres noch möglich gewesen. Auch von einem juristischen Laien mit nicht-deutscher Muttersprache muss bei der Wahl des Versendungsmittels eine Sorgfalt erwartet werden, die am 29. September 2017 (Freitag) einen Eingang bei Gericht vor Ablauf der Frist am 2. Oktober 2017 (Montag) sicher gewährleistet. Wählt er den unsicheren Weg eines einfachen Briefes, trägt er im Hinblick auf die Postlaufzeit das Risiko einer Fristversäumnis und kann sich nicht nachträglich darauf berufen, erst kurz vor Fristablauf von dem Widerspruchsbescheid Kenntnis erlangt zu haben. Eine Einsetzung in den vorigen Stand gem. § 60 Abs. 1 VwGO ist mithin schon deswegen ausgeschlossen, weil der Kläger nicht unverschuldet an einer fristgerechten Klageerhebung gehindert war.
Im Übrigen fehlt es dem Kläger zudem am Rechtsschutzinteresse bezüglich der Aufhebung der verfahrensgegenständlichen Bescheide. Das Ziel des Klägers, sein Studium der Humanmedizin weiter zu betreiben, kann damit nämlich nicht erreichen werden. Denn einer erneuten Immatrikulation des Klägers im Studiengang Humanmedizin – gleich an welcher Universität im Bundesgebiet – steht bereits das Endgültige Nichtbestehen des Studiums der Humanmedizin an der Universität Erlangen-Nürnberg zum 9. Januar 2015 wegen des dreimaligen Nichtbestehens des Seminars Anatomie als Immatrikulationshindernis gem. Art. 46 Nr. 3 des Bayerischen Hochschulgesetzes (BayHSchG) v. 23. Mai 2006 (GVBl S. 245; BayRS 2210-1-1-K), zuletzt geändert durch G. v. 19. Dezember 2017 (GVBl S.568) entgegen. Da der Kläger bereits dadurch seinen Prüfungsanspruch im Studiengang Humanmedizin endgültig verloren hat, kommt eine „Heilung“ o.ä. aufgrund seiner an der Universität Würzburg abgelegten Prüfungsleistungen – unabhängig von der durch die Beklagte aufgeworfenen Frage einer arglistigen Täuschung bei seiner Immatrikulation zum Sommersemester 2015 – nicht in Betracht.
Die Klage ist damit aus mehrfachen Gründen unzulässig – unbeschadet der Tatsache, dass sie auch in der Sache nicht begründet wäre. Denn der Kläger konnte weder anhand aussagekräftiger ärztlicher Atteste noch anhand seiner sonstigen Einlassungen auch nur ansatzweise plausibel machen, dass ihm weder eine Teilnahme an den Wiederholungsklausuren noch ein fristgerecht gestellter Verlängerungsbzw. Härtefallantrag bei der Beklagten möglich gewesen sein soll.
Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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