Verwaltungsrecht

Entlassung eines Beamten auf Probe wegen umfangreicher dienstfremder Internetnutzung während der Dienstzeit (auch pornographische Inhalte)

Aktenzeichen  B 5 S 20.1194

Datum:
20.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 41373
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BeamtStG § 23
BeamtStG § 34
BeamtStG § 47

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 8.412,99 EUR festgesetzt.
4. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die gegen ihn ausgesprochene Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe unter Anordnung des Sofortvollzugs.
1. Der Antragsteller, geboren am …, bestand die Qualifikationsprüfung 2017 für den Einstieg in der 3. Qualifikationsebene der Fachlaufbahnen Verwaltung und Finanzen mit fachlichem Schwerpunkt Staatsfinanz am 13.09.2017 mit der Prüfungsgesamtnote ausreichend (Prüfungszeugnis vom 26.09.2017).
Mit Wirkung vom 01.10.2017 wurde er beim … zum Regierungsinspektor unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe ernannt und zeitgleich an das …- Region … abgeordnet. Dort wurde der Antragsteller mit Wirkung vom 01.12.2019 der Produktgruppe … – … als Sachbearbeiter zur Dienstleistung zugeteilt.
Laut internem Gesprächsvermerk vom 24.07.2019 sei eine Verlängerung der Probezeit beim Antragsteller aus fachlichen Gründen nicht angezeigt. Allerdings solle aufgrund der hohen Krankheitstage in der Probezeit vor der Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit die gesundheitliche Eignung amtsärztlich überprüft werden. Auf das amtsärztliche Gesundheitszeugnis des Gesundheitsamtes am Landratsamt … vom 01.08.2019 sowie die Gesprächsnotiz über das mit dem Antragsteller am 08.08.2019 geführte Gespräch wird Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 05.09.2019 wurde nach Art. 12 Abs. 4 des Leistungslaufbahngesetzes (LlbG) die Probezeit des Antragstellers über den 30.09.2019 hinaus um ein Jahr bis zum 30.09.2020 verlängert. Ausweislich der Probezeitbeurteilung für den Beurteilungszeitraum vom 01.10.2017 bis 30.09.2019 wurde er zur Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit für noch nicht geeignet befunden.
Mit Schreiben vom 05.12.2019 teilte das Gesundheitsamt am Landratsamt … gegenüber dem … mit, dass der Antragsteller zwar ausdrücklich selbst um eine Zusatzbegutachtung gebeten habe, nach Übersendung der Akten an das Klinikum …aber mehrfach Untersuchungstermine dort unentschuldigt nicht wahrgenommen oder abgesagt habe. Das Klinikum … habe den Gutachtensauftrag daher zurückgegeben.
Aufgrund dessen hörte das … den Antragsteller mit Schreiben vom 09.01.2020 erstmals zur beabsichtigten Entlassung nach § 23 Abs. 3 Nr. 2 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG), Art. 12 Abs. 5 LlbG und Art. 56 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) an.
Mit Schreiben vom 05.02.2020 rechtfertigte sich der Antragsteller für die nicht wahrgenommenen Untersuchungstermine. In der Folge wurde die fachärztliche Zusatzbegutachtung durchgeführt. Nach dem amtsärztlichen Gesundheitszeugnis vom 01.04.2020 besitzt der Antragsteller mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die uneingeschränkte gesundheitliche Eignung für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit.
2. Mit internem Schreiben vom 10.03.2020 wandte sich ein Mitarbeiter des … an dessen Präsidenten und teilte mit, dass es am 02.03., 04.03., 06.03. und 10.03.2020 in der Zentrale … zu wiederholten, längeren Störungen der Anbindung an das Bayerische Behördennetz gekommen sei. Diese Störungen hätten sich in einem schlechten Zugriff auf Netzlaufwerke, einem sehr langsamen Öffnen von Office-Dokumenten und Mails sowie einer Beeinträchtigung der Internetnutzung über den bayerischen Behörden-Proxy geäußert. Die Störungen hätten zu unterschiedlichen Tageszeiten stattgefunden und initial habe man keine Ursache feststellen können. Durch Recherchen könne man nun den PC des Antragstellers für die Probleme verantwortlich machen. Eine schnelle Sichtung habe eine Reihe dienstlich nicht notwendiger Installationen und Ordner ergeben. Mit den Auswirkungen auf die Netzinfrastruktur konfrontiert habe der Antragsteller Bedauern über die Vorfälle geäußert und zugegeben, dass er nicht beruflich notwendige Streamingdienste genutzt und entsprechende Downloads getätigt habe. Diese habe er inzwischen gelöscht.
Mit Verfügung vom 12.03.2020 leitete der Präsident des …gegen den Antragsteller wegen des Verdachts eines Dienstvergehens gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Disziplinargesetzes (BayDG) von Amts wegen ein Disziplinarverfahren ein. Der Antragsteller erhielt mit Schreiben vom 12.03.2020 Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit Verfügung vom 20.03.2020 wurde dem Antragsteller bis auf Weiteres die Führung der Dienstgeschäfte (§ 39 BeamtStG i.V.m. Art. 6 Abs. 4 BayBG) verboten.
Am 14.04.2020 wurde der Dienstrechner des Antragstellers in Augenschein genommen. Neben Mitarbeitern der Personalverwaltung waren auch Vertreter des Personalrats anwesend. Der Antragsteller nahm nicht teil. Auf dem PC habe man dabei mehrere inzwischen deinstallierte Programme gefunden, die nicht dem Dienstgebrauch zuzuordnen seien. Lediglich die Ordner seien noch vorhanden. Die Dateien im Downloadordner seien nicht mehr vorhanden. Die Dateien im Papierkorb hätten sich nicht einsehen oder wiederherstellen lassen. Auch auf der CD „Profil-Backup“ des Antragstellers hätten sich nur noch die leeren Dateihülsen befunden.
Mit Schreiben vom 15.04.2020 beauftragte das … das Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung, den Datenverkehr der letzten sechs Monate des Antragstellers sowie eine Liste der von ihm aufgerufenen Internetadressen zur Verfügung zu stellen.
Dem Antragsteller wurde mit Schreiben vom 28.04.2020 mitgeteilt, dass am 08.05.2020 eine Auswertung seines Dienstrechners und der damit besuchten Webseiten nach Art. 26 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 BayDG stattfinden werde und die Möglichkeit der Teilnahme gegeben.
Nach dem zusammenfassenden Bericht der Ermittlungsergebnisse im Rahmen des Disziplinarverfahrens gegen den Antragsteller vom 16.07.2020 habe dieser am 10.03.2020 von 6:03 bis 15:28 Uhr gearbeitet. Eine Internetnutzung habe von 6:06 bis 15:01 Uhr stattgefunden. Im Zeitraum von 6:36 bis 10:44 Uhr seien vom Dienstrechner des Antragstellers 76,235 GB heruntergeladen worden. Die Auflistung der besuchten Internetseiten dokumentiere eine intensive und durchgehende, nichtdienstliche Nutzung des Internets durch den Antragsteller. Lediglich von 7:57 bis 8:01 Uhr und von 11:00 Uhr bis 11:36 Uhr sei eine dienstliche Nutzung erkennbar gewesen. Ab 14:12 Uhr habe der Antragsteller die Webseiten der Landesanwaltschaft Bayern sowie die eines auf Beamtenrecht spezialisierten Rechtsanwalts besucht. Auf dem Laufwerk H: des Dienstrechners hätten sich 262 Bücher im PDF-Format mit militärhistorischem Inhalt befunden. Daneben habe man über 2000 Sport-Sammelbilder im JPEG Format gesichtet. Schlussendlich hätten 119 Dateien gezeichnete, leicht bekleidete Frauen sowie neun Dateien gezeichnete, unbekleidete Frauen gezeigt. Nachdem man am 28.05.2020 das Sachverständigenbüro für IT Forensik … mit der ITforensischen Untersuchung des Rechners beauftragt habe, habe dies im Gutachten vom 10.07.2020 folgende Ergebnisse erbracht: Der Sachverständige habe mehrere Verzeichnisse mit auffälligen Bezeichnungen ausfindig gemacht. Weiterhin habe er virtuelle pornographische Schriften aufgefunden, die einem oder mehreren Computerspielen entstammten. Diese stellten weibliche Charaktere in jungem Alter dar und seien fast vollumfänglich erotischer oder pornographischer Natur. Aufgrund des Speicherorts dieser Dateien sei davon auszugehen, dass dazugehörige Programme vormals auf dem Rechner installiert worden seien. Ferner hätte man insgesamt vier Programme im Download-Ordner, deren Inhalte nur gelöscht vorgelegen hätten, nicht wiederherstellen können. Dabei habe es sich um die ausführbaren Programme „GoodGirlGoneBad.exe“, „Queen’s Brothel.exe“, „Teen_Witches_Academy_0.02.exe“ sowie „West_Sweety.exe“ gehandelt. Am 17.02.2020 seien mit dem Internet Browser Google Chrome Inhalte mit auffälligen Bezeichnungen heruntergeladen worden und man habe gelöschte Inhalte mit den Bezeichnungen „facial.jpg“, „pussylickorgasm.mp4“, „showerbj.mp4“ und „threesome.jpg“ nur noch aufgefunden, aber nicht wiederherstellen können. Dagegen habe man weit über 100 Bildinhalte ausschließlich erotischer bzw. pornographischer Natur aufgefunden bzw. wiederhergestellt, die augenscheinlich aus einem oder mehreren erotischen Computerspielen herrührten. Außerdem habe man festgestellt, dass an den Dienstrechner verschiedene USB-Geräte angeschlossen gewesen seien, insbesondere erstmals am 02.12.2019 und letztmals am 13.03.2020. Schlussendlich zeigten die ausgewerteten Nutzungsspuren und besuchten Internetseiten eine intensive Nutzung gespeicherter Dateien und außerdienstlicher Internetinhalte. Hinsichtlich des genauen Inhalts des Gutachtens wurde auf dieses Bezug genommen. Zusammenfassend komme das Gutachten zu dem Ergebnis, dass insbesondere eine private Internetnutzung sowie die Installation und Nutzung verschiedener Spiele plausibel erschienen, wenngleich ein eindeutiger Nachweis aufgrund vieler nicht wiederherstellbarer Inhalte nicht möglich sei. Man habe darüber hinaus gelöschte und ungelöschte Bilder festgestellt, die erotischer bzw. pornographischer Natur seien und fast ausschließlich virtuelle Szenen darstellten. Diese seien nach Einschätzung durch den Sachverständigen wahrscheinlich überwiegend auf die vormalige Installation und Nutzung von sogenannten erotischen Videospielen zurückzuführen, wobei sich das konkrete Programm nicht mehr identifizieren lasse. Aufgrund der durchgeführten Ermittlungen sei davon auszugehen, dass der Antragsteller von seinem Dienstrechner aus immense Datenmengen heruntergeladen habe. Dies sei dem Antragsteller zumindest am 10.03.2020 durch die beigezogenen Auskünfte des Landesamtes für Digitalisierung, Breitband und Vermessung nachzuweisen. Dieses Verhalten habe wenigstens am 10.03.2020 die Störungen der Anbindung an das bayerische Behördennetz hervorgerufen und verstoße gegen § 3 Abs. 3 der Dienstvereinbarung über die Nutzung elektronischer Kommunikationssysteme am Arbeitsplatz vom 08.11.2012. In die Geltung dieser Dienstvereinbarung habe der Antragsteller am 30.09.2014 eingewilligt. Durch sein Verhalten habe der Antragsteller außerdem gegen die Verpflichtungen zur ordnungsgemäßen Diensterfüllung nach § 34 Satz 1 und 2 BeamtStG sowie zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten nach § 34 Satz 3 BeamtStG verstoßen. Dem Antragsteller sei außerdem nachzuweisen, dass er Daten mit pornographischem Inhalt auf seinem Dienstrechner gespeichert habe. Es sei davon auszugehen, dass er auch Spiele mit pornographischem Inhalt auf dem Dienstrechner installiert habe. Schlussendlich könne man dem Antragsteller intensive ausschließlich außerdienstliche Aktivitäten während der Arbeitszeit nachweisen.
Mit Schreiben vom 16.07.2020 wurde der Antragsteller über die Ergebnisse dieser Ermittlungen informiert und erhielt die Gelegenheit, sich bis zum 07.08.2020 zu äußern.
Der Antragsteller entschuldigte sich mit Schreiben vom 07.08.2020 für die verursachten Störungen des Behördennetzes. Hätte er realisiert, welche gravierenden Auswirkungen seine Aktionen hätten, hätte er niemals so gehandelt.
Mit Verfügung vom 12.08.2020 wurde das gegen den Antragsteller am 12.03.2020 von Amts wegen aufgrund des Verdachts eines Dienstvergehens gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 1 BayDG eingeleitete Disziplinarverfahren nach Art. 24 Abs. 3 BayDG ausgesetzt, zum Entlassungsverfahren nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 sowie § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG übergegangen und der Antragsteller darüber in Kenntnis gesetzt.
Mit Schreiben vom selben Tag hörte das … den Antragsteller unter Zusammenfassung des ermittelten Sachverhalts zur beabsichtigten Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe an und gab ihm Gelegenheit sich bis zum 31.08.2020 zu äußern. Er wurde auch auf die Möglichkeit, die Mitwirkung des Personalrats gemäß Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. Abs. 3 des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes (BayPVG) zu beantragen, hingewiesen.
Mit Schreiben vom 10.09.2020 bat das … auf Antrag des Antragstellers den Personalrat in Bezug auf die beabsichtigte Probezeitverlängerung sowie die geplante Entlassung des Antragstellers als Beamten auf Probe um Mitwirkung. Mit Antwortschreiben vom 29.09.2020 stimmte der Personalrat beiden vorgesehenen Maßnahmen zu.
Mit Bescheid des … vom 08.10.2020 – dem Kläger persönlich sowie seinem Bevollmächtigten zugestellt am 10.10.2020 – wurde der Antragsteller aufgrund eines Dienstvergehens nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG – hilfsweise aufgrund mangelnder Bewährung gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG – zum 31.12.2020 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen (Ziffer 1 des Bescheids). Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet (Ziffer 2 des Bescheids).
Zur Begründung erfolgte zunächst eine vollumfängliche Darstellung des ermittelten Sachverhalts. Entlassungsgrund sei zunächst ein Dienstvergehen nach § 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG, da der Antragsteller eine Handlung begangen habe, die im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge zur Folge hätte. Der ermittelte Sachverhalt stelle ein Dienstvergehen nach § 47 BeamtStG dar. Das dargelegte Verhalten stelle einen Verstoß gegen die Dienstvereinbarung über die Nutzung elektronischer Dienste am Arbeitsplatz zwischen dem … und dem Gesamtpersonalrat beim … dar, weil durch die Privatnutzung die Sicherheit der IT-Systeme gefährdet und die Internetnutzung nicht auf einen geringfügigen Umfang beschränkt worden sei (§ 3 Abs. 3 der Dienstvereinbarung). Das Verhalten habe weiterhin gegen die Dienstvereinbarung verstoßen, weil der Antragsteller Spiele heruntergeladen und ausgeführt habe. Die Speicherung sowie der Abruf von pornographischen Abbildungen sei ferner ebenfalls ein Verstoß gegen § 3 Abs. 3 der Dienstvereinbarung. Ferner habe er durch das gezeigte innerdienstliche Verhalten gegen die Verpflichtungen zur ordnungsgemäßen Diensterfüllung und zum vollen persönlichen Einsatz im Beruf nach § 34 Sätze 1 und 2 BeamtStG sowie zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten nach § 34 Satz 3 BeamtStG verstoßen. Des Weiteren könnten intensive, außerdienstliche Aktivitäten während der Arbeitszeit nachgewiesen werden, was einen Verstoß gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Dienstleistung darstelle. Mit dem Verhalten habe der Antragsteller in gravierender Art und Weise vorsätzlich und schuldhaft gegen Grundsätze des Berufsbeamtentums sowie gegen die Dienstvereinbarung verstoßen.
Das vom Antragsteller gezeigte Verhalten sei als derartig schwerwiegend einzuordnen, dass gegen einen Beamten auf Lebenszeit mindestens auf Kürzung der Dienstbezüge nach Art. 9 BayDG erkannt worden wäre. Die Verletzung der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Zentrale des … wiege besonders schwer. Im genannten Zeitraum sei die Behörde durch den Ausbruch der Corona-Pandemie besonders gefordert gewesen.
Der Antragsteller habe bereits während der Probezeit ein schwerwiegendes Dienstvergehen begangen, sodass er nicht mehr tragbar sei. Es sei ein wesentlicher charakterlicher Eignungsmangel zutage getreten. Eine weniger belastende Maßnahme erscheine nicht geboten. Die vorgebrachten Entschuldigungen, die familiäre Situation sowie die Unterhaltspflichten gegenüber den Kindern vermögen zu keiner anderweitigen Ausübung des Ermessens zu führen. Mit der Entlassung zum 31.12.2020 solle eine Übergangsfrist eingeräumt werden, damit sich der Antragsteller auf die Entlassung einstellen könne.
Auch sei der hilfsweise geltend gemachte Entlassungsgrund der mangelnden Bewährung in der Probezeit nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG gegeben.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO sei geboten, da das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Entlassung das private Interesse des Antragstellers an der Aufrechterhaltung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs oder einer Klage überwiege. Die Verletzung der Funktionsfähigkeit der EDV der Zentrale, die massive Gefährdung der Sicherheit der Systeme sowie die Installation und Nutzung pornographischer Computerspiele führe dazu, dass die Weiterbeschäftigung des Antragstellers vom … nicht abverlangt werden könne. Die Ausbildung für den Einstieg in der 3. Qualifikationsebene im Geschäftsbereich des … erfolge bedarfsgemäß. Dies bedeute für das …, dass der Personalbedarf durch das Ausbildungskontingent zu bewältigen sei. Da man den Ausfall des Antragstellers kompensieren müsse, sei eine zeitnahe Nachbesetzung der offenen Beamtenplanstelle mit einem geeigneten Bewerber dringend erforderlich.
3. Mit Schriftsatz vom 06.11.2020, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag, erhob der Antragsteller Klage gegen den Bescheid vom 08.10.2020 (Az. B 5 K 20.1195) und beantragte zugleich:
Die sofortige Vollziehung des Bescheides des Beklagten vom 08.10.2020, Az.: …, wird ausgesetzt.
Zur Begründung wird ausgeführt, dass es am 12.03.2020 zu einem Vorfall gekommen sei, den der Antragsteller bedauere. Er habe mit seinem Verhalten für Beeinträchtigungen im Betriebsablauf des Antragsgegners gesorgt. Die Entlassung des Antragstellers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe sei dennoch unverhältnismäßig und die beabsichtigte Verlängerung der Probezeit mit der vom Antragsgegner abgegebenen Begründung nicht zweckmäßig und damit ebenfalls rechtswidrig.
Der Antragsgegner habe bei seiner Entscheidung eine entscheidende Vorgeschichte nicht berücksichtigt. Der Antragsteller sei wohl der erste Beamte auf Probe, der nicht beim Antragsgegner direkt ausgebildet worden sei, und habe damit nicht an der Hochschule in W. … den Studienzweig Sozialverwaltung absolviert, sondern in H. Staatsfinanzen studiert. Daher sei er beim Antragsgegner von Anfang an nur eingeschränkt einsetzbar gewesen. Aus diesem Grund hätten ihn von Anfang an Vorgesetzte und Kollegen gemieden. Nach Beendigung der hälftigen Probezeit zum 01.10.2018 habe man den Antragsteller in den Bereich „Europäischer Sozialfonds“ umgesetzt. Dies sei ihm entgegengekommen. Dann sei er aber innerhalb der Probezeit mehr als 20 Tage krank gewesen und die Personalabteilung habe entschieden, die Probezeit aus gesundheitlichen Gründen zu verlängern. Bedauerlicherweise habe es auch im privaten Bereich gewisse Vorfälle gegeben, die sich auf die psychische Verfassung des Antragstellers ausgewirkt hätten. Ein erheblicher Wasserschaden in der Wohnung habe zum Beispiel dazu geführt, dass die gesamte Familie über Monate in ein Ausweichquartier habe umziehen müssen, was unter den Bedingungen der Corona-Pandemie und wegen der Beschulung der Kinder zu „Fraktionen“ geführt habe. Aufgrund dieser Umstände habe er die vom Amtsarzt beauftragten Untersuchungstermine zunächst nicht wahrnehmen können. Letztendlich habe man daher zulasten des Antragstellers die Probezeit erneut um ein weiteres Jahr verlängert, allerdings mit der Maßgabe, bei gesundheitlicher Eignung den Antragsteller zu übernehmen.
Zum 01.12.2019 habe man den Antragsteller in die EDV-Abteilung zum „Service“ versetzt. Für diese Tätigkeit sei der Antragsteller nicht ausgebildet. Daher habe er sich nicht nur ungerechtfertigt behandelt, sondern auf seinem Arbeitsplatz auch nutzlos gefühlt. Die weiteren gesundheitlichen/psychischen Belastungen aus diesen gesamten Vorfällen hätten dann wohl dazu beigetragen, dass der Antragsteller seinen Dienstrechner am 12.03.2020 zu nicht-dienstlichen Zwecken genutzt habe. Als er dies getan habe, sei für ihn nicht erkennbar gewesen, zu welchen Einschränkungen und Beeinträchtigungen sein Verhalten beim Antragsgegner führen würde. Seiner Erinnerung nach habe es zumindest weder einen Datenschaden noch einen Datenverlust oder ein Datenleck gegeben. Allerdings sei es wohl tatsächlich zu einer Beeinträchtigung des Dienstbetriebs, nicht nur an jenem Tag, gekommen. Nicht nur Langeweile, sondern auch die oben beschriebene Behandlung hätten zu einer gewissen Frustration des Antragstellers geführt. Diese Vorgänge seien zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Maßnahme heranzuziehen. Die Entlassung sei daher unverhältnismäßig. Die Entscheidung des Antragsgegners betreffe die gesamte Existenz des Antragstellers, es gehe auch um die seit vielen Jahren eingeschlagene Berufslaufbahn.
Mit Schriftsatz vom 19.11.2020 beantragte der Antragsgegner:
Die Anträge werden abgelehnt.
Zur Begründung wiederholte er die Ausführungen aus der Entlassungsverfügung.
Der Bevollmächtigte des Antragstellers wiederholte mit Schriftsatz vom 16.12.2020, dass dem Antragsteller die verursachte Beeinträchtigung des Behördennetzes aufrichtig leidtue. Dennoch habe der Antragsgegner sämtliche Aspekte und vor allem die soziale Lage des Antragstellers zu berücksichtigen. Er sei Familienvater und Hauptverdiener in der Familie. Diesbezüglich machte er weitere Ausführungen zu den Zahlungsverpflichtungen des Antragstellers. Beruflich sei er in der IT-Abteilung oftmals mit der für ihn nicht vertrauten Tätigkeit überfordert gewesen und er habe Fachtermini oftmals nicht verstanden. Darüber hinaus hätten sich durch die Art und Weise der Zusammenarbeit mit der zentralen Vergabestelle des … immer wieder Leerläufe im Arbeitsalltag des Antragstellers ergeben. Diese habe der Antragsteller zu Anfang noch mit Nacharbeiten aus seiner vorherigen Tätigkeit und seiner Einarbeitung füllen können. Ab Ende Februar sei ihm dies jedoch nicht mehr möglich gewesen. Darauf habe der Antragsteller im Gespräch mit seinem direkten Vorgesetzten mehrfach hingewiesen. Aus Langeweile und Frust habe der Antragsteller dann auch immer wieder Zeit mit dem Internet verbracht.
Der Antragsgegner erwiderte mit Schriftsatz vom 21.12.2020, dass die nunmehr dargestellte finanzielle Situation des Antragstellers nicht bekannt gewesen sei. Da die angefochtene Entscheidung jedoch eine Entlassung erst zum 31.12.2020 vorsehe, sei es dem Antragsteller möglich gewesen, sich entsprechend einzurichten.
Über seinen Bevollmächtigten beantragte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 15.02.2021 die Gewährung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung seines Bevollmächtigten als Rechtsanwalt seiner Wahl.
Mit Schriftsätzen vom 22.12.2020, 08.01.2021, 26.01.2021, 15.02.2021 und 25.02.2021 bat der Bevollmächtigte des Antragstellers jeweils um Aufschub der gerichtlichen Entscheidung in dieser Streitsache, da sich der Antragsteller unter Offenlegung der Geschehnisse am …bei der Stadt … beworben habe und eine Übernahme des Antragstellers durch die Stadt … konkret und zeitnah im Raum stehe. Mit Einverständnis des Antragsgegners gewährte das Gericht jeweils den erbetenen Aufschub einer Entscheidung.
Mit Schriftsatz vom 29.04.2021 teilte der Bevollmächtigte des Antragstellers mit, dass nunmehr doch eine gerichtliche Entscheidung erforderlich sei, weil die Stadt … ihre ursprüngliche Zusage, den Antragsteller in ein Beschäftigungsverhältnis zu übernehmen, nun vom Ausgang des gerichtlichen Verfahrens abhängig mache.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtssowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag, die sofortige Vollziehung des Bescheids vom 08.10.2020 auszusetzen, wird im wohlverstandenen Interesse des Antragstellers als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 08.10.2020 verstanden. Dieser Antrag ist zwar zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
a) Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gegen die Entlassungsverfügung des Antragsgegners vom 08.10.2020 ist statthafter Rechtsbehelf, da der Antragsgegner darin die sofortige Vollziehung der Entlassung des Antragstellers angeordnet hat.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen. Bei dieser Entscheidung hat es entsprechend § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen. Dabei sind auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Lässt sich schon bei summarischer Prüfung eindeutig feststellen, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist und den Betroffenen in seinen Rechten verletzt, sodass ein Widerspruch oder eine Klage wohl Erfolg haben werden, kann kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts bestehen. Kann im summarischen Verfahren noch keine eindeutige Antwort auf die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts gegeben werden, weil z.B. der der Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt noch weiterer Aufklärung bedarf oder weil sich die Erfolgsaussichten nicht ohne die Einholung eines (weiteren) Sachverständigengutachtens usw. beurteilen lassen, bedarf es einer Abwägung der öffentlichen Interessen am Sofortvollzug gegenüber den Interessen des Betroffenen an der eigentlich von Gesetzes wegen grundsätzlich vorgesehenen aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs. Erweist sich eine angefochtene Verfügung bereits bei summarischer Überprüfung im Aussetzungsverfahren als offensichtlich rechtmäßig, so überwiegt in der Regel das Interesse an ihrem sofortigen Vollzug. Zeigt sich im Rahmen der Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für oder gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts, kann auch dies zur Gewichtung der betroffenen Interessen herangezogen werden.
Nach der insoweit gebotenen summarischen Prüfung ist die Begründung der Anordnung des Sofortvollzuges nicht zu beanstanden (dazu unter b), es bestehen auch keine begründeten Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheides (dazu unter c), eine Interessenabwägung führt hier daher zu einem Überwiegen des Vollzugsinteresses der Antragsgegnerseite (dazu unter d).
b) Die Begründung für die Anordnung des Sofortvollzuges im streitgegenständlichen Bescheid genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die sich aus dieser Norm ergebende besondere Begründungspflicht dient dazu, die Behörde dazu anzuhalten, sich den Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung klar zu machen, den Betroffenen über die Gründe, die für die behördliche Entscheidung maßgebend gewesen sind, zu unterrichten und dem Gericht durch die Darlegung der verwaltungsbehördlichen Erwägungen für die sofortige Vollziehbarkeit eine ordnungsgemäße Rechtskontrolle zu ermöglichen. Ausgehend von diesen Funktionen sind formelhafte, für beliebige Fallgestaltungen passende Wendungen, formblattmäßige oder pauschale Argumentationsmuster oder die bloße Wiederholung des Gesetzestextes nicht ausreichend. Erforderlich ist vielmehr eine auf die Umstände des konkreten Falles bezogene Darlegung des besonderen Interesses gerade an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts. Die Vollziehbarkeitsanordnung muss erkennen lassen, dass sich die Behörde des rechtlichen Ausnahmecharakters der Anordnung bewusst ist. Das besondere Vollziehbarkeitsinteresse ist dabei gesondert zu begründen (vgl. Schoch in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: Juni 2017, § 80 Rn. 245, 247 m.w.N.).
Diesen Anforderungen genügt der streitgegenständliche Bescheid, da er auf die besondere Eilbedürftigkeit des Vollzuges im konkreten Fall eingeht. So wird z.B. dargelegt, dass die Verletzung der Funktionsfähigkeit der EDV der Zentrale des …, die massive Gefährdung der Sicherheit der Systeme sowie die Installation und Nutzung pornographischer Computerspiele dazu führe, dass die Weiterbeschäftigung des Antragstellers dem … nicht abverlangt werden könne. Die Ausbildung für den Einstieg in der 3. Qualifikationsebene im Geschäftsbereich des Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales erfolge bedarfsgemäß. Dies bedeute für das …, dass der Personalbedarf durch das Ausbildungskontingent zu bewältigen sei. Da man den Ausfall des Antragstellers kompensieren müsse, sei eine zeitnahe Nachbesetzung der offenen Beamtenplanstelle mit einem geeigneten Bewerber dringend erforderlich.
Diese Ausführungen, die keineswegs formelhaft sind, sondern auf den konkreten Fall sowie Folgen einer Entlassung des Antragstellers eingehen, genügen den oben dargelegten Anforderungen. Selbst wenn man das Abheben auf die bedarfsgemäße Ausbildung als auf jedwede Entlassung zutreffende Konsequenz ansehen wollte, so ist zu ergänzen, dass es angesichts des großen Personalkörpers der Antragsgegnerseite zu erwarten ist, dass eine entsprechende Konstellation immer wieder auftreten wird. Gerade dann, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehung aber auch darauf beschränken, die für diese Fallgruppen typische Interessenlage aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass diese Interessenlage nach ihrer Auffassung auch im konkreten Fall vorliegt (BayVGH, B.v. 9.2.2010 – 11 CS 09.1486 – juris Rn. 14; BayVGH, B.v. 10.3.2008 – 11 CS 07.3453 – juris Rn. 16).
c) Auch in materieller Hinsicht hat der Antrag keinen Erfolg, weil sich der angefochtene Bescheid nach der gebotenen summarischen Prüfung als formell wie materiell rechtmäßig erweist.
Unbeschadet des im Vorfeld eingeleiteten Disziplinarverfahrens ist § 23 BeamtStG als Rechtsgrundlage für die Entlassungsverfügung anwendbar. Das im Vorfeld durchgeführte Disziplinarverfahren hindert nicht ein später angestrengtes Entlassungsverfahren. Vielmehr haben Disziplinar- und Entlassungsverfahren vollkommen unterschiedliche Zielrichtungen.
Die Entlassung nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG wegen eines Dienstvergehens tritt nämlich an die Stelle einer Disziplinarmaßnahme. Bei der Entlassung nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG handelt es sich um keine disziplinarrechtliche Maßnahme, sondern um eine beamtenrechtliche Entscheidung. Die Entlassung soll nicht − wie eine Disziplinarmaßnahme − erzieherisch auf das künftige Verhalten des Beamten einwirken, sondern sein Beamtenverhältnis schlichtweg beenden (BeckOK BeamtenR, BeamtStG § 23 Rn. 51 m.w.N.).
Darüber hinaus legt auch Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayDG fest, dass Beamten auf Probe oder auf Widerruf nur Verweise erteilt und Geldbußen auferlegt werden können. § 23 Abs. 3 Nr. 1 und Abs. 4 BeamtStG bleiben gemäß Art. 6 Abs. 5 Satz 2 BayDG unberührt.
Weil die ursprünglich mögliche Kürzung der Dienstbezüge nach Ablauf der Probezeit nicht mehr gesetzlich vorgesehen ist, tritt bei schwereren Dienstvergehen, die mit Verweis oder Geldbuße nicht mehr angemessen geahndet werden können, bei Beamten auf Probe und Beamten auf Widerruf das Entlassungsverfahren nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 4 BeamtStG ein. Der Ausschluss der Kürzung der Dienstbezüge als zulässige Maßnahme stellt eine gewisse Verschärfung zu Lasten der Beamten auf Probe bzw. auf Widerruf dar. Dabei ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass der Bezügekürzung ein Dienstvergehen von einigem Gewicht zu Grunde liegt, das die Eignung für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit regelmäßig in Frage stellt. Diese Eignung soll in dem beamtenrechtlichen Verfahren nach § 23 BeamtStG geprüft werden, das kein Disziplinarverfahren ist (Findeisen, in: PdK Bayern, 2. Aufl., 2017, Nr. 3.4 zu Art. 6 BayDG).
Damit bewirkt aber die Vorschrift bzw. deren Anwendung durch den Antragsgegner keine ungerechtfertigte Benachteiligung von Probebeamten gegenüber Lebenszeitbeamten i.S.v. Art. 3 GG oder dem Allgemeinen Gleichstellungsgesetz. Die beiden Formen des Beamtenverhältnisses sind vielmehr grundlegend wesensverschieden und damit nicht vergleichbar. Ein Beamter auf Probe leistet gemäß § 4 Abs. 3 BeamtStG eine Probezeit zur späteren Verwendung auf Lebenszeit oder zur Übertragung eines Amtes mit leitender Funktion ab. In der Konsequenz ist das Beamtenverhältnis auf Probe nicht von Dauer, sondern lediglich ein Durchgangsstadium zu dem auf Dauer angelegten Beamtenverhältnis auf Lebenszeit (BVerwG, U. v. 25.02.1993 – Az.: 2 C 27/90 – BeckRS 9998, 166100).
§ 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG ermächtigt deshalb den Dienstherrn, sich von Beamten zu trennen, die den Anforderungen ihres Amtes nicht gewachsen sind. Namentlich die in Satz 1 Nr. 1 und 2 aufgeführten Entlassungstatbestände verdeutlichen das Regelungsziel des § 23 Abs. 3 BeamtStG: Die Sicherstellung, dass nur geeignete Personen zu Beamten auf Lebenszeit ernannt werden. Gleichzeitig dient § 23 Abs. 3 BeamtStG dem Schutz des Probebeamten, indem er die Entlassungstatbestände abschließend und damit auch einschränkend regelt (BeckOK BeamtenR, BeamtStG § 23 Rn. 46 f. m.w.N.).
aa) In Bezug auf die formelle Rechtmäßigkeit begegnet der streitgegenständliche Bescheid keinen Bedenken. Mit Schreiben vom 12.08.2020 hatte der Antragsgegner den Antragsteller unter Fristsetzung bis zum 31.08.2020 zur beabsichtigten Entlassung angehört. Der Personalrat wurde beteiligt und hat mit Schreiben vom 29.09.2020 sein Einverständnis mit der Entlassung des Antragstellers ebenso erklärt wie für die – nunmehr nicht mehr relevante – weitere Verlängerung der Probezeit für den Antragsteller.
bb) Schließlich stellt sich die angefochtene Entlassungsverfügung nach summarischer Prüfung auch als materiell rechtmäßig dar.
(1) Nach summarischer Prüfung liegen in der Person des Antragstellers die Voraussetzungen für eine Entlassung nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG vor; eine fehlerhafte Ermessensausübung von Seiten des Antragsgegners ist nicht ersichtlich.
Nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG können Beamte auf Probe entlassen werden, wenn sie eine Handlung begehen, die im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mindestens zu einer Kürzung der Dienstbezüge geführt hätte. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn der Beamte ein Dienstvergehen i.S.d. § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen hat, wenn er also schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt hat. Im Ergebnis wird ein Dienstvergehen mittlerer bis schwerer Art in Rede stehen (BeckOK BeamtenR BeamtStG § 23 Rn. 49).
Der Antragsteller hat – wie vom Antragsgegner zutreffend ausgeführt – mit dem ihm vorgeworfenen und von ihm eingeräumten Verhalten gegen die ihm obliegenden beamtenrechtlichen Pflichten verstoßen, sich mit vollem persönlichem Einsatz seinem Beruf zu widmen, § 34 Satz 1 BeamtStG, die ihm übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen gemäß § 34 Satz 2 BeamtStG wahrzunehmen sowie sich gemäß § 34 Satz 3 BeamtStG im Dienst achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten.
Im Rahmen der zeitlichen Komponente ist der Beamte nach § 34 BeamtStG über die volle Arbeitszeit zur ordnungsgemäßen Dienstleistung verpflichtet. Die Pflicht zum vollen persönlichen Einsatz im Beruf umfasst sowohl die Pflicht zur Anwesenheit während der vollen Arbeitszeit, als auch zur Erfüllung der übertragenen dienstlichen Aufgaben während der Anwesenheit. Die Dienstleistungspflicht wird in ihrer zeitlichen Ausprägung unbeschadet der geltenden Arbeitszeitbestimmungen durch ein sozialtypisches Verhalten begrenzt, das sich nach den rechtlichen und sozialen Verhältnissen unter Berücksichtigung des in der jeweiligen Verwaltung Üblichen bestimmt. So sind kleinere Unterbrechungen der Dienstleistung durch Pausen oder kurzzeitige Erledigung privater Angelegenheiten (z. B. ein privates Telefongespräch), solange sie einen vertretbaren Rahmen nicht überschreiten, auch für den öffentlichen Dienst als sozial adäquat und damit als nicht dienstpflichtwidrig zu erachten. Wie weit der Rahmen gesteckt ist, hängt von der Art der Dienstleistung und der vom Dienstvorgesetzten gebilligten Übung ab; auf keinen Fall darf der Dienstbetrieb gestört werden (Conrad, in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Februar 2021, § 34 BeamtStG Rn. 16 f.). Die Gewissenhaftigkeit nach § 34 Satz 2 BeamtStG bei der Erfüllung der dienstlichen Pflichten ist ein qualitativer Teilaspekt des vollen persönlichen Einsatzes im Beruf. Sie ist ein Qualitätsmerkmal der Dienstleistung und umfasst eine sorgfältige Arbeitsweise mit dem Ziel einer korrekten, gerechten und zweckmäßigen Entscheidungsfindung. Gegen das Gebot der Gewissenhaftigkeit wird durch eine bewusste Schlechterfüllung der dienstlichen Aufgaben verstoßen, gleichgültig, ob es sich um eine individuelle Schlechtleistung oder um eine kollektive Maßnahme wie beim sogenannten Dienst nach Vorschrift handelt (Conrad, a.a.O., § 34 Rn. 146 m.w.N.). Die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten nach Satz 3 schließlich ist ihrer Natur nach berufsbezogen. Von einem Beamten wird nicht erwartet, dass er sich als Mustermensch geriert, wohl aber, dass er nach seinem Verhalten so integer erscheint, dass von ihm eine ordnungsgemäße Erfüllung seiner Aufgaben erwartet werden kann. Insoweit besteht ein innerer Zusammenhang zwischen den Pflichten nach § 34 Satz 3 BeamtStG und den Pflichten nach § 34 Satz 1 und Satz 2 (Conrad, a.a.O., § 34 Rn. 149). Die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten bildet nicht nur – positiv betrachtet – die Grundnorm für das Verhalten der Beamten, sondern – negativ betrachtet – auch den disziplinarrechtlichen Grundtatbestand bei einem Verhalten, das den Anforderungen nicht entspricht. Durch § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG wird allerdings die disziplinarrechtliche Relevanz für den außerdienstlichen Bereich erheblich eingeschränkt. Als Grundtatbestand werden andere Dienstpflichten eingegrenzt und überlagert. Soweit die Dienstpflichten nicht konkretisiert sind (vgl. §§ 33 ff.), bildet § 34 Satz 3 BeamtStG die unmittelbare Rechtsgrundlage, aus der sich der Pflichtenrahmen ergibt (Conrad, a.a.O., § 34 Rn. 151). Die Pflicht zur Achtungswürdigkeit ist verhaltens- und nicht erfolgsbezogen. Sie wird bereits dann verletzt, wenn ein Verhalten seiner Natur nach geeignet ist, das Ansehen des Beamten oder der Beamtenschaft zu beeinträchtigen. Für die Bewertung eines Verhaltens ist es deshalb nicht entscheidend, ob es einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden ist oder wie einzelne Personen, denen es bekannt wurde, reagieren. Entscheidend ist der Eindruck, der im Falle eines nicht auszuschließenden Bekanntwerdens in der Öffentlichkeit entstehen kann und wie sich ein unvoreingenommener Bürger oder Kollege des Beamten bei Kenntnis des Sachverhalts gegenüber dem Beamten voraussichtlich in Bezug auf das Amt verhalten würde. Vertrauen bezieht sich auf das Verhalten eines Menschen; es betrifft die Einschätzung, dass sich jemand so verhält, wie es von ihm (im positiven Sinn) erwartet wird. Die Vertrauenswürdigkeit eines Beamten bezieht sich schwerpunktmäßig auf seine integre Stellung im innerdienstlichen Verhältnis. Das Vertrauensverhältnis zwischen dem Beamten und seinem Dienstherrn wird durch die dienstliche Zuverlässigkeit geprägt, denn davon hängt es ab, ob der Beamte für den Dienstherrn überhaupt (noch) tragbar ist und welche Aufgaben ihm übertragen werden können. Einen weiteren Aspekt neben der beruflichen Zuverlässigkeit bildet die Gewähr, dass die (allgemeinen) Dienstpflichten eingehalten werden (Conrad, a.a.O., § 34 Rn. 158 f. m.w.N.).
Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Antragsteller mit seinem Verhalten schuldhaft gegen diese Pflichten verstoßen und somit ein Dienstvergehen nach § 47 BeamtStG begangen. Der Antragsgegner durfte in der angefochtenen Entlassungsverfügung davon ausgehen, dass der Antragsteller einen für eine Entlassung hinreichenden Pflichtenverstoß begangen hat.
Die Verpflichtung, das dienstliche Internet während der Dienstzeit nicht zu den vom Antragsteller vorgenommenen Zwecken zu nutzen, ergibt sich bereits aus der vom Antragsteller mit Dienstbeginn am 01.10.2014 unterzeichneten Einwilligungserklärung. Hierin heißt es u.a.: „Mir ist bekannt, dass jede Nutzung unzulässig ist, […] die den Interessen der Dienststelle oder deren Ansehen in der Öffentlichkeit schaden oder die Sicherheit des Behördennetzes beeinträchtigen kann. […] Dies gilt weiter für das Abrufen oder Verbreiten von verfassungsfeindlichen, rassistischen, sexistischen, gewaltverherrlichenden, pornographischen, beleidigenden oder verleumderischen Inhalten.“
Ungeachtet dieser konkretisierten Pflichten durfte der Antragsgegner auch nach den eben dargestellten allgemeinen Grundsätzen von einem eine Dienstpflichtverletzung darstellenden Verstoß gegen die Pflichten aus § 34 BeamtStG ausgehen. Dass es sowohl das Vertrauen des Dienstherrn in das Verhalten eines Beamten als auch dessen Achtungswürdigkeit und – bei Bekanntwerden – sein Ansehen innerhalb wie außerhalb der Behörde – schwer beeinträchtigen kann, wenn während der Dienstzeit Dateien oder Programme mit in großen Teilen pornographischem Inhalt in einer Menge heruntergeladen werden, dass das gesamte Internet der Behörde quasi zum Erliegen kommt, bedarf keiner weiteren Erläuterung.
Dass der Antragsteller am 24.10.2016 an einer Schulung zum Thema „Internetsicherheit“ teilgenommen hat und zum Zeitpunkt seiner Handlungen im EDV-Bereich seiner Dienststelle eingesetzt war, sei hier lediglich ergänzend erwähnt.
Gegen die o.g. Pflichten hat der Antragsteller nachgewiesen und vorsätzlich verstoßen. Er hat insbesondere am 10.03.2020 von 6:03 bis 15:28 Uhr gearbeitet und dabei von 6:06 bis 15:01 Uhr das Internet benutzt. Im Zeitraum von 6:36 bis 10:44 Uhr fand eine „intensive und durchgehende, nichtdienstliche Nutzung des Internets durch den Antragsteller“ statt, in deren Zuge er eine Datenmenge von 76,235 GB heruntergeladen hat. Lediglich von 7:57 bis 8:01 Uhr und von 11:00 bis 11:36 Uhr war eine dienstliche Nutzung erkennbar. Auf dem Laufwerk „H:“ des Dienstrechners hat die forensische Auswertung 262 Bücher im PDF-Format mit militärhistorischem Inhalt zutage gefördert, daneben über 2000 Sport-Sammelbilder im JPEG-Format und schlussendlich 119 Dateien mit gezeichneten, leicht bekleideten Frauen sowie neun Dateien mit gezeichneten, unbekleideten Frauen. Auf dem Rechner des Antragstellers waren unter anderem die zwischenzeitlich gelöschten Installationen „Milftoon“, „Queen’s Brothel“, „Sugar Mom v 1.2“, „Darth Smut“, „EndlessTaboo“, „HenryTaiwan“, „Hentai Nation Games“, „ichigomaririn“, „LilHentaiGames“, „Mature Games“, „Naughty Games“, „PeachBeach2“, „PinkTea“ und „Pryorgara“ sowie die Downloads „Koikatsu Party“, „love_of_magic_0_3_16_pc“, „Milf in Time V10-PC“, „FreeloadingFamily-0.24-pc“, „PineFalls2-0.4-pc“, „Betrayed-0.55-pc“, „LongLiveThePrincess-0.29.0-pc“, „ComeInside-0.2-pc“, „Babysitter-0.2.1.-win“, „The_DeLuca_Family-0.05-pc“, „MythicManor-0.12-pc“, „DarkMagic-V.0.10.1-pc“, „HolidayIsland-0.2.0.0-pc“, „PhotoHunt-0.8.1-pc“, „LOP“, „TamasAwakening-0.02b-pc“ sowie „HungerForChaos-CH1-pc“ vorhanden gewesen. Zudem hat man im Download-Ordner insgesamt vier – zwischenzeitlich ebenfalls gelöschte -ausführbare Programme namens „GoodGirlGoneBad.exe“, „Queen’s Brothel.exe“, „Teen_Witches_Academy_0.02.exe“ sowie „West_Sweety.exe“ aufgefunden. Bereits am 17.02.2020 hatte der Antragsteller mit dem Internet-Browser Google Chrome – ebenfalls gelöschte – Inhalte mit den Bezeichnungen „facial.jpg“, „pussylickorgasm.mp4“, „showerbj.mp4“ und „threesome.jpg“ heruntergeladen.
Zu diesen Feststellungen ist der Antragsgegner durch eine zutreffende und fundierte Sachverhaltsermittlung gelangt. Die private Internetnutzung in erheblichem Umfang hat der Antragsgegner nicht nur durch ein in Auftrag gegebenes forensisches Gutachten sicher ermittelt. Auch der Antragsteller hat darüber hinaus das ihm zur Last gelegte Verhalten u.a. in seinem Entschuldigungsschreiben vom 07.08.2020 eingeräumt – nicht nur in Bezug auf das Datum vom 10.03.2020, sondern auch, wie er über seinen Bevollmächtigten schriftsätzlich mitteilen ließ, an weiteren Tagen. So teilte der Bevollmächtigte des Antragstellers beispielsweise im Schriftsatz vom 16.12.2020 mit, dass der Antragsteller „aus Langeweile und Frust […] auch immer wieder Zeit mit dem Internet [verbrachte]“.
Dieses Dienstvergehen hätte nach summarischer Prüfung bei einem Lebenszeitbeamten wohl auch mindestens zu einer Kürzung der Dienstbezüge geführt.
Diese Folge ist die geforderte Mindestvoraussetzung für die Zulässigkeit einer Entlassung eines Probebeamten. Das Dienstvergehen ist im Entlassungsverfahren zu würdigen; dabei ist ein Vergleich mit einem Lebenszeitbeamten vorzunehmen (Findeisen, in: PdK Bayern, 2. Aufl., 2017, Nr. 3.4 zu Art. 6 BayDG).
Sanktionen milderer Art wie ein Verweis oder eine Geldbuße rechtfertigen daher keine Entlassung. Anders verhält es sich hingegen bei weitergehenden Sanktionen: Hätte das Dienstvergehen bei einem Beamten auf Lebenszeit eine Zurückstufung oder sogar eine Entfernung aus dem Dienst zur Folge, sind die Entlassungsvoraussetzungen des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG ebenfalls erfüllt (BeckOK Beamtrenrecht Bund, § 23 BeamtStG Rn. 52, m.w.N.). Dass ein etwaiges Disziplinarverfahren gegen den Beamten nicht mit einer konkreten Disziplinarmaßnahme abgeschlossen wurde, ist unerheblich. § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG liegt schon im Regelfall eine hypothetische Bewertung zugrunde, weil das Verhalten eines Probezeitbeamten hypothetisch an den Maßstäben eines Disziplinarverfahrens gegen einen Lebenszeitbeamten zu messen ist (VG Neustadt a. d. Weinstraße, B. v. 25.9.2015 – Az.: 1 L 658/15.NW – BeckRS 2015, 52760).
Die Prüfung, ob eine dienstliche Verfehlung bei einem Beamten auf Lebenszeit mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge zur Folge hätte, ist anhand disziplinarrechtlicher Maßstäbe vorzunehmen. Die disziplinarrechtlichen Maßstäbe sind aus einer Gesamtschau der zum Disziplinarrecht ergangenen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung des jeweiligen Bundeslandes zu ermitteln. Nur wenn das Dienstvergehen bei einem Beamten auf Lebenszeit mit Sicherheit zu einer Kürzung der Dienstbezüge oder einer noch schwereren Sanktion geführt hätte, ist der Entlassungsgrund nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG gegeben. Erforderlich ist, dass das zuständige Disziplinargericht mit der erforderlichen Sicherheit bei einem Beamten auf Lebenszeit eine solche Maßnahme ausgesprochen hätte (BVerwG, U. v. 12.10.1989 – Az.: 2 C 22/87 – NVwZ 1990, 768 ff., 770). Fehlt es an einer einschlägigen disziplinarrechtlichen Rechtsprechung, müssen Behörde und Gericht unter Heranziehung disziplinarrechtlicher Grundsätze und der in der Rechtsprechung auch anderer Disziplinargerichte erkennbaren Maßstäbe und Tendenzen eine eigene Bewertung des dem Beamten zur Last gelegten Verhaltens vornehmen. Gefordert ist eine hypothetische Feststellung, wie die zuständige Behörde oder das zuständige Disziplinargericht entschieden hätte (BVerwG, Urt. v. 09.06.1981, Az.: 2 C 24/79, NVwZ 1982, 189 ff. 189).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des Antragsgegners, den Antragsteller aus dem Beamtenverhältnis auf Probe zu entlassen, nicht zu beanstanden.
So wurde beispielsweise in einem Fall, in dem ein Steuerobersekretär (BesGr. A 7) über einen Zeitraum von ca. drei Monaten hinweg an zahlreichen Arbeitstagen während der Dienstzeit das Internet am Arbeitsplatz zu privaten Zwecken genutzt und dabei entgegen der bestehenden Dienstvereinbarung über 6.400 Seiten mit pornographischem Inhalt aufgerufen hat, ein Disziplinarverfahren wegen Verstoßes gegen § 34 Sätze 1 und 3 BeamtStG und wegen eines Verstoßes gegen bestehende dienstliche Weisungen, die die private Nutzung des Internets am Arbeitsplatz untersagen bzw. jedenfalls den Aufruf von pornografischen Seiten verbieten, eingeleitet. Mit rechtskräftiger Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs wurde er dafür in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung in das Amt eines Steuersekretärs (BesGr. A 6) versetzt (BayVGH, U.v. 25.10.2017 – Az. 16a D 15.1110 – juris). Dabei hatte in dieser Konstellation der betroffene Beamte in den meisten Fällen entweder bereits vor Erscheinen an der Dienststelle Urlaub beantragt oder dies nachgeholt.
In einem anderen Fall wurde rechtskräftig auf die Entfernung eines Polizeibeamten aus dem Dienst erkannt, der über einen längeren Zeitraum hinweg Arbeitszeitbetrug begangen hat sowie während der Dienstzeit einer nichtgenehmigten Nebentätigkeit in hohem zeitlichen Umfang nachgegangen ist (BayVGH, U.v. 11.07.2007 – Az.16a D 06.71 – juris). Dabei wurde festgestellt, dass der Beamte über einen langen Zeitraum eine Vielzahl von Pflichtverletzungen begangen hat, die bereits bei isolierter Betrachtung sehr schwer wiegen.
Diese hier von der bayerischen obergerichtlichen Disziplinarrechtsprechung aufgestellten Maßstäbe zugrunde gelegt, gibt die angefochtene Entscheidung nach summarischer Prüfung weiter keinen Anlass zu Zweifeln an ihrer Rechtmäßigkeit.
(2) Nach summarischer Prüfung liegen in der Person des Antragstellers die Voraussetzungen für eine Entlassung nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG ebenfalls vor.
Die Vorschrift erlaubt die Entlassung eines Beamten auf Probe, der sich in der Probezeit nicht bewährt hat.
Der Entlassungstatbestand steht im Zusammenhang mit § 10 Satz 1 BeamtStG, wonach in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nur berufen werden darf, wer sich in der Probezeit hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bewährt hat (BayVGH, B. v. 15.4.2011 – 3 CS 11.5 – juris). Steht die fehlende Bewährung fest, ist der Beamte zu entlassen (Art. 12 Abs. 5 LlbG, vgl. BVerwG, U. v. 31.5.1990 – 2 C 35/88 – BVerwGE 85, 177; BayVGH, B. v. 29.7.2014 – 3 CS 14.917; BayVGH, B. v.16.3.2011 – 3 CS 11.13; BayVGH, B. v. 16.12.2015 – 3 CS 15.2220 – jeweils in juris). Die Beurteilung, ob sich der Beamte auf Probe bewährt hat, besteht in der prognostischen Einschätzung, ob er den Anforderungen, die mit der Wahrnehmung der Ämter seiner Laufbahn verbunden sind, voraussichtlich gerecht wird (BVerwG, U. v. 18.7.2001 – 2 A 5/00 – NVwZ-RR 2002, 49). Mangelnde Bewährung liegt bereits dann vor, wenn begründete Zweifel bestehen, dass der Beamte diese Anforderungen erfüllen kann (Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Februar 2021, § 23 BeamtStG, Rn. 136 m. w. N.).
Ausgehend hiervon stellt der Begriff der Bewährung einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, hinsichtlich dessen der Behörde ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zukommt (BayVGH, U. v. 13.1.2016 – 3 B 14.1487 – BeckRS 2016, 41747 Rn. 33, 34). Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob der Beamte sich in der Probezeit nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bewährt hat, ist ein Akt wertender Erkenntnis, so dass die Einschätzung über Bewährung und Nichtbewährung eines Beamten ausschließlich dem Dienstherrn vorbehalten ist und durch die Verwaltungsgerichte nicht ersetzt werden kann (BVerwG, U. v. 19.3.1998 – 2 C 5.97 – juris Rn. 20; BayVGH, U. v. 13.1.2016 – 3 B 14.1487 – BeckRS 2016, 41747 Rn. 34).
Die Prognoseentscheidung ist gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Begriff der mangelnden Bewährung und die gesetzlichen Grenzen des dem Dienstherrn zukommenden Beurteilungsspielraums verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde liegt und ob allgemeine Wertmaßstäbe beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind (BVerwG, U. v. 18.7.2001 – 2 A 5/00 – juris Rn. 15; U. v. 31.5.1990 a. a. O.). Die Zweifel müssen jedoch auf tatsächlichen Feststellungen und Erkenntnissen basieren und dürfen sich nicht im Bereich bloßer Mutmaßungen bewegen. Zweifel an der charakterlichen Eignung können sich grundsätzlich auch aus einem einzigen gravierenden Vorfall ergeben (BayVGH, U. v. 13.1.2016 – 3 B 14.1487 – BeckRS 2016, 41747 Rn. 34).
Gemessen an diesen Grundsätzen durfte der Antragsgegner aufgrund der bereits zu der Frage der Entlassung nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG vorgenommenen Würdigung seines Fehlverhaltens nach summarischer Prüfung die streitgegenständliche Entlassung auch rechtmäßig auf den Entlassungsgrund des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG stützen.
Wie bereits oben ausgeführt hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof für die Entlassung eines Probebeamten bereits den Umstand genügen lassen, dass der Betroffene sich krankgemeldet hat, weil er aufgrund einer entsprechenden Alkoholisierung nicht in der Lage gewesen war, seinen Dienst anzutreten. Hierin hat der Dienstherr zu Recht eine mangelnde charakterliche Eignung und damit fehlende Bewährung in der Probezeit gesehen. Im streitgegenständlichen Fall hat sich der Antragsteller nicht nur eine über lange Phasen der Dienstzeit dienstfremde Beschäftigung erlaubt, sondern noch dazu die Datensicherheit seiner Behörde mehrfach und umfangreich durch Downloads und die Installation von Spielen gefährdet. An vermutlich mehreren Tagen hat er damit die dienstliche Internetnutzung seiner Dienststelle verlangsamt und dadurch erschwert, am 10.03.2020 sogar zeitweise zum Erliegen gebracht. Dabei hat er sich nicht nur über lange Zeiten dienstfremd beschäftigt, sondern dabei auch noch mit Inhalten, die von der – von ihm unterzeichneten – Internetnutzungsvereinbarung ausdrücklich als verbotene Beschäftigung deklariert waren.
Der Antragsgegner durfte damit begründete Zweifel haben, dass der Antragsteller die an ihn gestellten Anforderungen voraussichtlich nicht erfüllen können wird. Da sich der Antragsteller noch während der Probezeit derartige Verfehlungen hat zuschulden kommen lassen, stellt sich die Frage, welche Verhaltensweisen er nach einer gedachten Ernennung auf Lebenszeit an den Tag legen wird. Die angefochtene Entscheidung des Antragsgegners ist damit nach summarischer Prüfung nicht zu beanstanden.
d) Schließlich war auch die Sofortvollzugsanordnung rechtmäßig. Umstände, die dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs den Vorrang einräumen könnten, sind nicht ersichtlich. Der Antragsgegner hat insbesondere der familiären Situation des Antragstellers durch die Festsetzung des Entlassungszeitpunktes im Bescheid vom 08.10.2020 auf den 31.12.2020 – also auf beinahe drei Monate nach Bescheidserlass – hinreichend Rechnung getragen.
Nach alledem war der Antrag abzulehnen. Da dadurch die Entlassung des Antragstellers bestätigt wird, kommt der zusätzlich aufgeworfenen Frage nach der Rechtmäßigkeit einer weiteren Probezeitverlängerung keine eigenständige Bedeutung mehr zu.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57). Anzusetzen war insoweit die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge nach Art. 19 ff. des Bayerischen Besoldungsgesetzes (BayBesG) i.V.m. Anlage 1 und 3 des BayBesG (Grundbetrag für Eingangsamt der Besoldungsgruppe A 9 – Regierungsinspektor – von 2.804,33 EUR); dieser Betrag war für das Verfahren des Eilrechtsschutzes nochmals zu halbieren.
4. Aufgrund der Erfolglosigkeit des Antrags in der Sache ist auch der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abzulehnen.


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