Verwaltungsrecht

Erneute Zwangsgeldandrohung, Verhältnis Baueinstellung – Baubeseitigung

Aktenzeichen  15 CS 21.3273

Datum:
28.1.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 1946
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 75 Abs. 1 S. 1, 76 S. 1
BayVwVfG Art. 43 Abs. 2
VwZVG Art. 31, 36

 

Leitsatz

Verfahrensgang

RN 6 S 21.1907 2021-12-08 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die kraft Gesetes sofort vollziehbare Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von 20.000 Euro zur Durchsetzung einer bestandskräftig gewordenen Baueinstellungsverfügung.
Mit Bescheid vom 2. Juli 2019 erteilte das Landratsamt Regen dem Antragsteller eine Baugenehmigung zur Sanierung des Wohngebäudes auf seinem im Außenbereich liegenden Grundstück FlNr. … Gemarkung D … Die Baugenehmigung stand unter der auflösenden Bedingung, dass das beigefügte Sanierungskonzept vom 10. April 2019 eingehalten wird.
Nachdem das Landratsamt bei einer Baukontrolle festgestellt hatte, dass das Sanierungskonzept nicht eingehalten worden war, stellte es am 24. September 2019 mündlich und mit Bescheid vom 25. September 2019 unter Androhung eines Zwangsgelds i.H.v. 2.500 Euro die Bauarbeiten ein. Rechtsmittel gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller nicht eingelegt. Mit Bescheid vom 22. April 2020 drohte das Landratsamt ein weiteres Zwangsgeld i.H.v. 5.000 Euro an, da weitere Bauarbeiten festgestellt wurden und stellte das Zwangsgeld i.H.v. 2.500 Euro fällig.
Mit Bescheid vom 14. Mai 2020 verpflichtete das Landratsamt den Antragsteller, das Wohngebäude und den Carport sowie die entsprechenden Bodenversiegelungen und die Stützwände aus Findlingssteinen zu beseitigen. Ein Sofortvollzug wurde nicht angeordnet. Der Antragsteller hat hiergegen Klage erhoben (Az. RN 6 K 20.977), über die das Verwaltungsgericht Regensburg noch nicht entschieden hat.
Nach einer weiteren Baukontrolle vom 7. Dezember 2020 stellte das Landratsamt das Zwangsgeld i.H.v. 5.000 Euro fällig und drohte mit Bescheid vom 10. Dezember 2020 für den Fall der Nichtbefolgung des Baueinstellungsbescheids ein weiteres Zwangsgeld i.H.v. 10.000 Euro an, da weitere Bauarbeiten vorgenommen worden seien. So seien alle vorhandenen Fenster entfernt und Fenster- und Türöffnungen vergrößert worden. Der Innen- und Außenputz sei abgeschlagen worden. In der Garage seien Granitplatten verlegt und die Garagenzufahrt gepflastert worden. Zudem seien eine Außentreppe mit Granitblockstufen ausgebildet sowie drei Außenleuchten und ein Brunnen aufgestellt worden. Gegen den Bescheid vom 10. Dezember 2020 hat der Antragsteller Klage (RN 6 K 21.50) erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Seinen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 19. Mai 2021 ab (RN 6 S 20.3192); die Beschwerde hiergegen blieb erfolglos (BayVGH, B.v. 8.7.2021 – 15 CS 21.1642).
Bei Baukontrollen im Februar und März 2021 stellte das Landratsamt weitere Bauarbeiten fest. Danach seien zwei Mastlaternen aufgestellt und eine Kabelbühne in der Garage angebracht (10.2.2021) sowie eine Sitzbankfläche befestigt worden (15.3.2021). Bei einer Baukontrolle am 21. Mai 2021 stellte das Landratsamt die Montage zweier Handläufe an der Außentreppe und einer Wasserverteilungsarmatur in der Garage fest. Mit Schreiben vom 27. Mai 2021 teilte das Landratsamt dem Antragsteller u.a. folgendes mit: „Wir weisen ausdrücklich und letztmalig darauf hin, sollten weitere Baumaßnahmen entgegen der unanfechtbaren Baueinstellung ausgeführt werden, sehen wir uns gezwungen weitere Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten.“
Am 2. September 2021 nahm das Landratsamt eine weitere Baukontrolle vor. Hierbei sei festgestellt worden, dass die Tür- und Fensteröffnungen im Erdgeschoss mittels OSB-Platten verschlossen und im Gebäudeinneren geplante Abmauerungen aufgezeichnet sowie Vorwandelemente für Waschbecken und Toiletten montiert worden seien. Das Landratsamt stellte daher das Zwangsgeld in Höhe von 10.000 Euro fällig und drohte mit Bescheid vom 3. September 2021, dem Bevollmächtigten des Antragstellers zugestellt am 7. September 2021, für den Fall der Nichtbefolgung des Baueinstellungsbescheids vom 25. September 2019 ein weiteres Zwangsgeld i.H.v. 20.000 Euro an. Bei einer Baukontrolle am 13. September 2021 stellte das Landratsamt fest, dass die Vorwandelemente abmontiert wurden und an den Wänden gelagert werden.
Gegen den Bescheid vom 3. September 2021 hat der Antragsteller Klage erhoben (RN 6 K 21.1908), über die noch nicht entschieden ist. Gleichzeitig hat er einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht gestellt, den dieses mit Beschluss vom 8. Dezember 2021 ablehnte. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass sich der Baueinstellungsbescheid vom 25. September 2019 nicht durch den Erlass der Baubeseitigungsanordnung vom 14. Mai 2020 erledigt habe. Der Antragsteller habe auch nach dem Bescheid vom 10. Dezember 2020, mit dem ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 10.000 Euro angedroht worden sei, weitere Bauarbeiten, zumindest in Form der Anbringung zweiter historisierter Metallhandläufe an der Außentreppe sowie die Ausbildung einer Edelstahl-Wasserarmatur in der Garage, durchgeführt.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde. Er ist der Ansicht, die Zwangsgeldandrohung sei offensichtlich rechtswidrig, weil die Zwangsgeldandrohung vom 10. Dezember 2020 noch nicht vollstreckt worden sei. Die Baueinstellung vom 25. September 2019 habe sich durch den Erlass der Baubeseitigungsanordnung vom 14. Mai 2020 in sonstiger Weise erledigt. Da sich Baueinstellung und Baubeseitigung auf dasselbe Bauwerk bezögen, liege kein unterschiedlicher Sachverhalt zugrunde. Der Zweck der Baueinstellung, formelle Baugenehmigungspflichten und materielles Baurecht durchzusetzen, sei weggefallen. Sobald die Behörde den Sachverhalt, der der Baueinstellung zugrunde lag, abschließend ermittelt und bewertet sowie Maßnahmen der Gefahrenabwehr ergriffen habe, habe die Baueinstellung ihren Zweck erfüllt. Ab dem Zeitpunkt einer Genehmigungserteilung wie auch einer Baubeseitigung bedürfe es daher keiner Baueinstellung mehr. Dass zwischen dem Zeitpunkt der Erledigung der Baueinstellung und dem Eintritt der Bestandskraft der Baubeseitigung ein gewisser Zeitraum verbleibe, sei gesetzlich vorgesehen und ein Weiterbau erfolge dann eben auf Risiko des Bauherrn; gegebenenfalls könne dies durch eine Anordnung des Sofortvollzugs der Beseitigungsanordnung umgangen werden. Es sei nicht Aufgabe der Behörden, sinnlose Aufwendungen des Bauherrn zu verhindern. Unabhängig davon, sei nicht gegen die Baueinstellungsverfügung verstoßen worden, da der Antragsteller nur Sicherungsmaßnahmen für eine gefahrloses Betreten des Grundstücks ergriffen habe. Zudem habe das Landratsamt mit dem Schreiben vom 27. Mai 2021 zum Ausdruck gebracht, dass erst weitere Baumaßnahmen weitere Vollstreckungsmaßnahmen nach sich zögen, weshalb die bei der Baukontrolle am 21. Mai 2021 festgestellten Verstöße nicht berücksichtigt werden dürften. Auf die am 2. September 2021 festgestellten montierten Vorwandelemente stütze das Verwaltungsgericht seine Entscheidung nicht, zumal diese – wie in der Baukontrolle am 13. September 2021 festgestellt – wieder abmontiert worden seien. Schließlich leide die Entscheidung des Verwaltungsgerichts an einem prozessualen Mangel, da die Feststellung der offensichtlichen Rechtmäßigkeit eine Abwägung nicht ersetzen könne.
Der Antragsteller beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 8. Dezember 2021 – RN 6 S 21.1907 – die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Zwangsgeldandrohungsbescheid des Landkreises Regen vom 3. September 2021 anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er ist der Ansicht, dass die Vollstreckung der vorangegangenen Zwangsgeldandrohung keine Voraussetzung für eine erneute Zwangsgeldandrohung darstelle. Die Baueinstellung vom 25. September 2019 habe sich auch nicht durch den Erlass der Baubeseitigung vom 14. Mai 2020 erledigt. Die Baubeseitigung sei nicht bestandskräftig und es lägen unterschiedliche Sachverhalte vor. Während die Baueinstellung ein Unterlassen des Weiterbaus erfordere, verlange die Baubeseitigung ein aktives Tun. Die Baueinstellung sei auf das Unterlassen weiterer, formell illegaler Arbeiten gerichtet, die mit dem Ergehen einer Baubeseitigung nicht endeten. Die Baueinstellung sei gerade auch darauf gerichtet, eine Vertiefung und Verfestigung weiterer Verstöße zu verhindern. Die Baueinstellung erledige sich daher erst mit Fertigstellung, Genehmigung oder Beseitigung, nicht aber mit der bloßen Anordnung einer Beseitigung. Bei den festgestellten Baumaßnahmen, insbesondere der Anbringung der Handläufe und der Wasserarmatur, handle es sich auch nicht um unerlässliche Sicherungsmaßnahmen zur Substanzerhaltung. Für eine Interessenabwägung gebe es keinen Bedarf, da der Bescheid offensichtlich rechtmäßig sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der auf Aufhebung der Zwangsgeldandrohung vom 3. September 2021 gerichteten Anfechtungsklage im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage unter Zugrundelegung des für die Beschwerdeentscheidung in erster Linie maßgebenden Beschwerdevorbringens (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) können die Erfolgsaussichten der Hauptsache allenfalls als offen angesehen werden. Die Abwägung der gegenseitigen Interessen fällt hier jedenfalls zu Lasten des Antragstellers aus.
Der Antragsteller macht geltend, die Zwangsgeldandrohung vom 2. September 2021 sei offensichtlich rechtswidrig, weil die Zwangsgeldandrohung vom 10. Dezember 2020 noch nicht vollstreckt sei und es keinen vollstreckbaren Grundverwaltungsakt mehr gebe. Denn die Baueinstellungsverfügung vom 25. September 2019 habe sich mit Erlass der Baubeseitigungsanordnung vom 14. Mai 2020 gemäß Art. 43 Abs. 2 Alt. 5 BayVwVfG auf andere Weise erledigt. Das Verwaltungsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass eine erneute Zwangsgeldandrohung erst zulässig ist, wenn die vorausgegangene Androhung des Zwangsmittels erfolglos geblieben ist (Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG). Es hat ebenso zu Recht darauf abgestellt, dass es auf eine Vollstreckung oder Beitreibung der vorausgegangenen Zwangsgeldandrohung hierbei nicht ankommt (vgl. BayVGH, B.v. 3.4.2020 – 15 ZB 19.1023 – juris Rn. 20).
Hinsichtlich der Erfolglosigkeit der vorangegangenen Zwangsgeldandrohung hat das Verwaltungsgericht in den Beschlussgründen sodann ausgeführt, dass es dahinstehen könne, ob die im Rahmen der Baukontrolle am 2. September 2021 festgestellten Maßnahmen des Einfügens von OSB-Platten in die Fenster- und Türöffnungen sowie die vollzogenen Einzeichnungen auf der Betonsohle Arbeiten i.S.d. Art. 75 Abs. 1 BayBO darstellen und ob die Vorwandelemente für Waschbecken und Toiletten, welche sich im Erdgeschoss des Gebäudes befunden haben, tatsächlich schon montiert und installiert oder lediglich gelagert waren, da in der Bescheidsbegründung jedenfalls auch auf die im Rahmen der Baukontrolle am 21. Mai 2021 festgestellten Maßnahmen – Anbringung von zwei historisierten Metallhandläufen an der Außentreppe sowie Ausbildung einer Edelstahl-Wasserarmatur in der Garage – abgestellt wurde, welche zweifelsohne unter den Begriff baulicher Arbeiten aus Art. 75 Abs. 1 BayBO fallen. Demgegenüber führt der Antragsteller aus, dass das Landratsamt mit Schreiben vom 27. Mai 2021 zum Ausdruck gebracht habe, dass in Kenntnis der am 21. Mai 2021 festgestellten Verstöße weitere Vollstreckungsmaßnahmen erst bei weiteren Baumaßnahmen eingeleitet würden. Dem Wortlaut des Schreibens vom 27. Mai 2021 folgend spricht einiges für diese Auslegung, zumal die bei der Baukontrolle am 21. Mai 2021 festgestellten Verstöße nicht die Qualität der anlässlich der Baukontrollen vom 21. April 2020 und 7. Dezember 2020 festgestellten Arbeiten erreichen dürften. Zwar können auch weniger gravierende Verstöße gegen die Baueinstellung vom 25. September 2019 zur Fälligstellung des angedrohten Zwangsgeldes führen, zumal der Antragsteller bereits wiederholt gegen die Baueinstellungsverfügung verstoßen hat. Es spricht aber einiges dafür, dass das Landratsamt nach der den vorläufigen Rechtsschutz gegen die Zwangsgeldandrohung vom 10. Dezember 2020 ablehnenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 19. Mai 2021 (RN 6 S 20.3192) dem Antragsteller Gelegenheit geben wollte, sich hierauf einzustellen und sich künftig an die Baueinstellungsverfügung vom 25. September 2019 zu halten. Damit kommt es aber – was vom Verwaltungsgericht offengelassen wurde – auf die Frage an, ob die bei der Baukontrolle am 2. September 2021 festgestellten Vorwandelemente im Gebäudeinneren montiert und wieder abgebaut (vgl. Art. 37 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 VwZVG) oder nur abgestellt wurden. Für Ersteres sprechen allerdings die anlässlich der Baukontrolle vom 2. September 2021 angefertigten Lichtbilder in der Akte, weshalb die Erfolgsaussichten nur bei Annahme eines weiteren Aufklärungsbedarfs als offen angesehen werden können.
Im Übrigen hält der Senat an seiner Entscheidung im vorangegangenen Beschwerdeverfahren zur Zwangsgeldandrohung vom 10. Dezember 2020 fest, wonach sich die Baueinstellung vom 25. September 2019 nicht durch den Erlass der Baubeseitigungsanordnung vom 14. Mai 2020 erledigt hat (vgl. BayVGH, B.v. 8.7.2021 – 15 CS 21.1642 – juris Rn. 11). Soweit das Beschwerdevorbringen insbesondere darauf abstellt, dass sich eine Baueinstellung mit Erlass einer Baugenehmigung erledige (vgl. BayVGH, B.v. 22.2.2017 – 1 ZB 14.1609 – juris Rn. 3; Decker in Busse/Kraus, BayBO, Stand September 2021, Art. 75 Rn. 32; BayObLG, B.v. 29.3.1988 – 3 Ob OWi 52/87 – juris Rn. 16), liegt dem – im Vergleich zur Beseitigungsanordnung – keine vergleichbare Situation zugrunde. Denn das öffentlich-rechtliche Hindernis, das für den Erlass der Baueinstellung maßgeblich war, ist – anders als bei Genehmigungserteilung – nicht entfallen. Wie gerade auch der vorliegende Fall und die Feststellungen anlässlich der Baukontrolle vom 21. Mai 2021 exemplarisch zeigen, ist der Zweck der Baueinstellungsverfügung zu verhindern, dass vollendete Tatsachen geschaffen werden und baurechtswidrige Zustände entstehen bzw. sich verfestigen (vgl. BayVGH, B.v. 29.10.2020 – 1 CS 20.1979 – juris Rn. 10), mit Erlass der Beseitigungsanordnung vom 14. Mai 2020 nicht obsolet geworden. Soweit der Antragsteller insoweit vorträgt, der Bauherr werde geradezu gedrängt, das Bauvorhaben fertigzustellen, um sich einer Vollstreckung der Baueinstellung zu entziehen, weil sich diese jedenfalls mit Fertigstellung des Bauvorhabens erledige (vgl. BayVGH, B.v. 29.3.1993 – 14 CE 93.434 – juris Rn. 23; B.v. 29.7.2003 – 26 CS 03.1578 – juris Rn. 12), ändert dies nichts daran, dass insbesondere die Intention einer Verhinderung der Verfestigung baurechtswidriger Zustände auch nach Erlass einer Beseitigungsanordnung fortbesteht. Dem kann auch nicht dadurch begegnet werden, dass der Antragsteller auf die Möglichkeit der Anordnung einer sofortigen Vollziehung der Beseitigungsanordnung nach § 80 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 VwGO hinweist. Denn diese benötigt bei der Beseitigungsanordnung im Hinblick auf den Eingriff in das Eigentum (Art. 14 GG) regelmäßig ein besonderes Vollzugsinteresse, das über das bloße Interesse am Erlass der Anordnung hinausgehen muss (vgl. BayVGH, B.v. 30.1.2019 – 9 CS 18.2533 – juris Rn. 23). Dass es nicht Aufgabe der Behörde ist, sinnlose Aufwendungen des Bauherrn zu verhindern, spricht schließlich im Hinblick auf den Regelungszweck der Baueinstellung weder für noch gegen die Annahme einer Erledigung bei Erlass einer nachfolgenden Baubeseitigungsanordnung. Zudem hat der Senat bereits darauf hingewiesen, dass die Anordnungen auf unterschiedliche Lebenssachverhalte und Pflichten abzielen; allein der Einwand hiergegen, es sei dasselbe Bauwerk, derselbe Bauherr und derselbe Baufortschritt betroffen, greift jedoch zu kurz, da gleichwohl ein unterschiedlicher Regelungszweck und unterschiedliche Pflichten verbleiben.
Geht man – im Hinblick auf die eventuell notwendige Aufklärung der bei der Baukontrolle am 2. September 2021 erfolgten Feststellungen – von offenen Erfolgsaussichten aus, fällt die vorzunehmende Interessenabwägung der gegenseitigen Interessen – ebenso wie die Interessenabwägung bei fehlenden Erfolgsaussichten der Hauptsache (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 17) – hier zu Lasten des Antragstellers aus. Denn unabhängig davon, dass keine Anhaltspunkte für einen von der Regel abweichenden Sonderfall vorgetragen und ersichtlich sind, ist auch die gesetzliche Wertung des Art. 21a VwZVG, wonach Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung von Gesetzes wegen sofort vollziehbar sind, zu berücksichtigen (vgl. BayVGH, B.v. 8.7.2021 – 15 CS 21.1642 – juris Rn. 16). Gegenstand der Hauptsacheklage ist zudem die Zwangsgeldandrohung vom 3. September 2021, deren Vollzug „nur“ die Fälligstellung und Beitreibung einer Geldforderung, darüber hinaus aber keine wesentlichen weiteren Nachteile für den Antragsteller erwarten lässt, zumal dieser die Einhaltung der Baueinstellungsverfügung vom 25. September 2019 jedenfalls seit dem Schreiben des Landratsamts vom 27. Mai 2021 behauptet. Schließlich wird durch die eventuelle Vollziehung der Zwangsgeldandrohung vom 3. September 2021 nichts Unabänderliches bewirkt und kommt bei späterer Aufhebung des angefochtenen Bescheids im Hauptsacheverfahren ein Anspruch auf Beseitigung der Vollstreckungsfolgen in Form von Rückzahlungsansprüchen gem. Art. 39 VwZVG in Betracht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.7.1 Satz 2 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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