Verwaltungsrecht

Listenhund mit Negativzeugnis, angeordnete Leinenpflicht, Beißvorfall mit rechtskräftigem Strafbefehl hinsichtlich einer fahrlässigen Körperverletzung, Zuverlässigkeitsbedenken gegenüber Hundehalter, Hund mehrfach streunend im Stadtbereich angetroffen, Zwangsgeldandrohungen bzgl.:, Unbefristete Haltungsuntersagung von Hunden mit einer Schulterhöhe von über 50 cm (sog. große Hunde) und Hunde, die in § 1 Abs. 2 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit aufgeführt sind (sog. Kampfhunde), Abgabeverpflichtung hinsichtlich des gehaltenen Hundes an einen geeigneten Halter, Pflicht zur Erbringung eines Nachweises der Abgabe an einen geeigneten Halter

Aktenzeichen  Au 8 S 21.445

Datum:
23.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 12288
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
LStVG Art. 7 Abs. 2 Nrn. 1 und 3
VwZVG Art. 18, 19, 29, 31, 35

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 625,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen mehrere Zwangsgeldandrohungen auf Grundlage einer Haltungsuntersagung für große Hunde und Kampfhunde sowie einer damit verbundenen Abgabeverpflichtung und Verpflichtung zur Erbringung eines Nachweises darüber.
Der Antragsteller ist Halter und Eigentümer des Hundes „…“, einem am 15. Juni 2016 geborenen männlichen Cane Corso Mischling (Schulterhöhe 70cm/55kg). Diese Rasse ist in § 1 Abs. 2 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit aufgeführt. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 27. Februar 2019 wurde bestätigt, dass „…“ nicht der Erlaubnispflicht nach Art. 37 Abs. 1 LStVG unterliegt („Negativzeugnis“). In Ziffer 2.1 dieses Bescheides ist eine zwangsgeldbewehrte Leinenpflicht für öffentliche Anlagen sowie öffentliche Wege, Straßen und Plätze angeordnet. Im Außenbereich von Ortschaften entfällt die Leinenpflicht unter gewissen Voraussetzungen, ebenso auf einem ausbruchsicher eingefriedeten Grundstück. In Gegenwart von unbekannten Personen ist der Hund permanent zu beaufsichtigen (Ziffer 2.4).
Mit Schreiben vom 26. Januar 2020 und 14. Februar 2020 setzte die Diensthundestaffel der Polizeiinspektion Ergänzungsdienste die Antragsgegnerin darüber in Kenntnis, dass sich am 7. Juni 2019 ein Beißvorfall mit dem Hund „…“ ereignet habe und im August 2019 dahingehend Strafanzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung gestellt worden sei. Der Geschädigte sei bei einer Abschiedsfeier, bei der auch Alkohol konsumiert worden sei, auf dem Anwesen des Antragstellers drei Mal von dem Hund „…“ gebissen worden, weshalb er sich in ärztliche Behandlung habe begeben müssen. Der Antragsteller habe sich nicht zu den Anschuldigungen geäußert.
Am 17. Dezember 2019 fand eine Überprüfung des Hundes „…“ durch die PI Ergänzungsdienste sowie eine Mitarbeiterin des Veterinäramtes auf dem Anwesen des Antragstellers statt. Den Überprüfungsprotokollen ist zu entnehmen, dass sich das Anwesen in einem verwahrlosten Zustand befunden habe. Der Hund habe sich den Prüfern gegenüber bereits ohne Reizlage aggressiv gezeigt. Der Antragsteller habe sich während der Überprüfung aggressiv und gereizt gezeigt. Infolge der Überprüfung seien tierschutzrechtliche Auflagen erlassen worden.
Bei einer Überprüfung dieser Auflagen am 22. Januar 2020 durch die PI Ergänzungsdienste sowie das Veterinäramt habe sich der Antragsteller ausweislich des Prüfungsprotokolls anfänglich nicht kooperationsbereit und eine Ablehnung und unterschwellige Aggression gegenüber den Anwesenden gezeigt. Der Antragsteller habe sichtlich Mühe gehabt, den Hund zu halten und habe diesen nicht kontrollieren können. Teilweise habe der Hund den Antragsteller hinter sich hergezogen und mit erheblicher Anstrengung versucht, zu einer anwesenden Veterinärin zu gelangen. „…“ habe eine niedrige Reizschwelle, eine hohe Reaktivität und Erregungslage aufgewiesen. Er habe im Ausdrucksverhalten offensive Angriffsbereitschaft gezeigt.
Mit Schreiben vom 13. November 2020 wurde der Antragsteller zu einem beabsichtigten Haltungsverbot samt ergänzender Anordnungen unter Schilderung u.a. der o.g. Vorfälle angehört. Bei einer Polizeikontrolle vom 13. Juli 2017 sei der Antragsteller alkoholisiert mit dem Listenhund „…“, für den er keine Erlaubnis habe vorlegen können, angetroffen worden. Daneben sei der Antragsteller in einem Ermittlungsbericht der Polizei vom 19. Juli 2017 als Angehöriger der örtlichen Trinkerszene identifiziert und erhebliche Bedenken seien hinsichtlich der Geeignetheit des Antragstellers zum Führen eines solchen Hundes wie „…“ geäußert worden. Das bei den amtstierärztlichen Kontrollen festgestellte Verhalten des Hundes entspreche nicht dem im Gutachten des Hundesachverständigen vom 31. Januar 2019 beschriebenen Verhalten, welches Grundlage für die Erteilung des Negativzeugnisses gewesen sei. Jedenfalls sei dieses hinsichtlich der Geeignetheit des Antragstellers als Halter anzuzweifeln. Am 19. August 2017 sowie am 2. Juli 2019 sei „…“ umherstreunend aufgegriffen und als herrenloser Hund in ein örtliches Tierheim verbracht worden. Mit Mitteilung vom 20. August 2020 habe die Polizeiinspektion bestätigt, dass der Antragsteller bei zahlreichen Einsätzen betrunken oder anderweitig berauscht angetroffen worden und es daher aus polizeilicher Sicht unverantwortlich sei, dem Antragsteller einen großen Hund an die Hand zu geben.
Der Antragsteller hat hierzu geäußert, dass diese Polizeikontrolle lange her sei und die Anschuldigung, dass er betrunken gewesen sei, nicht stimme. Das Gutachten zur Erteilung des Negativzeugnisses sei korrekt, sein Hund nicht aggressiv. Dass es zu einem Beißvorfall gekommen sei, tue ihm leid, aber man schlage auch keine Tiere.
Mit Bescheid vom 4. Dezember 2020 untersagte die Antragsgegnerin dem Antragsteller nach Ablauf von drei Wochen ab Bekanntgabe des Bescheides die Haltung von Hunden mit einer Schulterhöhe von über 50 cm (sog. große Hunde) und Hunden, die in § 1 Abs. 2 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit aufgeführt sind (sog. Kampfhunde), unbefristet (Ziffer 1.1). In Ziffer 1.2 legte die Antragsgegnerin fest, dass der Antragsteller bis spätestens drei Wochen ab Bekanntgabe des Bescheides den von ihm gehaltenen Cane Corso-Rüden an einen zuverlässigen und geeigneten Halter abzugeben hat. In Ziffer 1.3 ist festgelegt, dass der Antragsteller bis spätestens vier Wochen nach Bekanntgabe des Bescheides dem Bürgeramt der Antragsgegnerin einen Nachweis mit Namen, Anschrift und Unterschrift des neuen Halters vorzulegen hat. In Ziffer 2 ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 an. In Ziffer 3 drohte die Antragsgegnerin die Ersatzvornahme an, wenn der Antragsteller der Verpflichtung in Ziffer 1.2 nicht nachkommt. In Ziffer 4 verwies die Antragsgegnerin auf die beiliegende Rechtsbehelfsbelehrung:als Bestandteil des Bescheides.
Zur Begründung ist unter Schilderung der im Anhörungsschreiben genannten Vorfälle angeführt, dass der Antragsteller seinen Hund unter- und die eigenen Fähigkeiten überschätze. Gepaart mit dem regelmäßigen Alkohol- und Drogenkonsum in unmittelbarem Zusammenhang mit der Hundehaltung sei es zur Verwirklichung der objektiven Tatbestände von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten gekommen, darunter fahrlässige Körperverletzung sowie Verstöße gegen die Grünanlagensatzung der Antragsgegnerin. Die angeordneten Maßnahmen stützten sich auf Art. 7 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 LStVG und dienten der Verhütung weiterer derartiger Taten, für deren Begehung eine konkrete (Wiederholungs-)Gefahr vorliege. Eine solche konkrete Gefahr bestehe bei der Hundehaltung des Antragstellers für Schutzgüter des Lebens und der Gesundheit von Menschen oder Sachwerte. Die Erkenntnisse ließen darauf schließen, dass der Antragsteller dauerhaft bzw. zumindest überwiegend nicht in der Lage sei, einen großen Hund oder einen Kampfhund zu halten. Der Antragsteller verstoße nach polizeilicher Aktenlage konsequent gegen die Weisung eines Alkohol- und Betäubungsmittelverbots im Rahmen einer Führungsaufsicht. Durch die Entwicklung des Hundes „…“ zu einem gesteigert aggressiven und unberechenbar gewordenen Hund sowie seine körperliche Verfassung habe der Antragsteller dargelegt, dass seine Haltung von großen Hunden bzw. Kampfhunden eine konkrete Gefahr darstelle. Dies ergebe sich auch aus der Einschätzung eines Hundeführers der Diensthundestaffel der Polizeiinspektion Ergänzungsdienste sowie der Amtstierärztinnen des Veterinäramtes der Antragsgegnerin. Das Ermessen werde hinsichtlich einer Haltungsuntersagung für große Hunde und Kampfhunde ausgeübt. Die angeordneten Maßnahmen seien verhältnismäßig. Gleich geeignete Anordnungen kämen nicht in Betracht, um die weitere rechtswidrige Verwirklichung von Taten, die den Tatbestand einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verwirklichen würden, zu verhindern. Aufgrund des Einflusses von Alkohol und Drogen sei anzunehmen, dass der Antragsteller geringere Maßnahmen, etwa Leinen- oder Maulkorbzwänge, nicht befolgen würde. Dem Antragsteller bliebe die Möglichkeit, Hunde mit einer Schulterhöhe von unter 50 cm zu halten.
Die sofortige Vollziehung sei im öffentlichen Interesse angeordnet worden. Insbesondere das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit von Menschen sei gefährdet, weshalb das Interesse des Antragstellers an einem Zuwarten bis zur abschließenden gerichtlichen Klärung zurückstehen müsse.
Mit Bescheid vom 12. Januar 2021 wiederholte die Antragsgegnerin die Verfügungen 1.1 sowie 1.2 des Bescheides vom 4. Dezember 2020 in Ziffern 1 bzw. 2 jeweils unter Verweis auf die Regelungen im Bescheid vom 4. Dezember 2020. In Ziffer 3 stellte die Antragsgegnerin fest, dass die Androhung der Ersatzvornahme in Ziffer 3 des Bescheides vom 4. Dezember 2020 nichtig und somit unwirksam ist. In Ziffer 4 des Bescheides drohte die Antragsgegnerin die Ersatzvornahme an, sollte der Antragsteller der Verpflichtung in Ziffer 2 dieses Bescheides bis spätestens drei Tage ab dem Tag nach der Bekanntgabe nicht nachkommen und veranschlagte die voraussichtlich dafür anfallenden Kosten.
Nachweise über die Abgabe des Hundes „…“ lägen nicht vor. Die in der Androhung der Ersatzvornahme enthaltene Frist von drei Tagen sei widersprüchlich zur in Ziffer 1.3 des Bescheides vom 4. Dezember 2020 enthaltenen Verpflichtung und der diesbezüglichen Frist gewesen, weshalb insoweit ein schwerwiegender Fehler vorliege, der zudem offenkundig sei, was zur Nichtigkeit der Androhung der Ersatzvornahme geführt habe. Die nunmehrige Androhung der Ersatzvornahme unter Ziffer 4 dieses Bescheides stütze sich auf Art. 18, 19, 29, 30, 32 und 36 VwZVG.
Mit weiterem Bescheid vom 10. Februar 2021 nahm die Antragsgegnerin die Androhung der Ersatzvornahme unter Ziffer 4 des Bescheides vom 12. Januar 2021 mit Wirkung für die Zukunft mit Bekanntgabe dieses Bescheides zurück (Ziffer 1). In den Ziffern 2 und 3 des Bescheides drohte sie ein Zwangsgeld in Höhe von 200,- EUR an, falls der Antragsteller der Verpflichtung unter Ziffer 1.1 bzw. Ziffer 1.2 des Bescheides vom 4. Dezember 2020 ab drei Tagen nach Bekanntgabe dieses Bescheids zuwiderhandelt. In Ziffer 4 des Bescheides drohte die Antragsgegnerin ein Zwangsgeld in Höhe von 50,- EUR an, falls der Antragsteller der Verpflichtung unter 1.3 des Bescheides vom 4. Dezember 2020 ab acht Tagen nach Bekanntgabe dieses Bescheids zuwiderhandelt.
Zur Begründung führte die Antragsgegnerin an, dass dem Antragsteller mit Bescheid vom 4. Dezember 2020 die Haltung sog. großer Hunde und sog. Kampfhunde untersagt und er zur Abgabe seines Hundes „…“ verpflichtet worden sei. Dieser Aufforderung sei der Antragsteller nicht nachgekommen und habe keine entsprechenden Nachweise über die Abgabe des Hundes vorgelegt. Er habe gegenüber dem örtlichen Tierheim am 16. Dezember 2020 telefonisch und gegenüber der Ordnungsbehörde der Antragsgegnerin am 19. Dezember 2020 schriftlich mitgeteilt, dass er seinen Hund nicht abgeben wolle. Mit Schreiben vom 26. Januar 2021 habe der Antragsteller um die Aufhebung des Halteverbotes für „…“ gebeten. Im Rahmen der Sachverhaltsaufarbeitung habe die Antragsgegnerin zu Gunsten des Antragstellers beschlossen, die Ersatzvornahme aufzuheben und stattdessen eine Zwangsgeldandrohung vorzunehmen. Die Androhung der Zwangsgelder unter den Ziffern 2 – 4 des Bescheides stütze sich auf Art. 18, 19, 29, 31, 35 VwZVG. Die Zwangsgelder seien zur Durchsetzung der Unterlassungs- und Handlungsverpflichtungen zulässig. Bei der Bemessung habe sich die Antragsgegnerin an dem wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers orientiert und dieses berücksichtigt.
Der Antragsteller hat am 19. Januar 2021 Klage erheben lassen (Au 8 K 21.111) und beantragt nach Klageerweiterungen vom 1. Februar 2021 (Antrag zu Ziffer II) und vom 28. Februar 2021 (Antrag zu Ziffer III) zuletzt:
I.
Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 12. Januar 2021, Gz., wird aufgehoben.
II.
Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 4. Dezember 2020, Gz., wird aufgehoben.
III.
Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. Februar 2021, Gz., wird in Ziffern 2 – 4 aufgehoben.
Über diese Klagen ist noch nicht entschieden.
Der Antragsteller ließ am 19. Januar 2021 im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zunächst beantragen (Au 8 S 21.112):
Die aufschiebende Wirkung der am 18. Januar 2021 erhobenen Klage des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 12. Januar 2021 wird angeordnet.
Das Verfahren Au 8 S 21.112 ist nach der Aufhebung der Ziffer 4 des Bescheides vom 12. Januar 2021 durch Ziffer 1 des Bescheides vom 10. Februar 2021 und nach dahingehender übereinstimmender Erledigungserklärung der Beteiligten mit Beschluss vom 16. März 2021 eingestellt worden.
Der Antragsteller ließ im vorliegenden Verfahren am 28. Februar 2021 im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes weiter beantragen,
Die aufschiebende Wirkung der am 28. Februar 2021 erhobenen Klageerweiterung des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. Februar 2021 in Ziffern 2-4 wird angeordnet.
Zur Begründung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wurde von der Bevollmächtigten des Antragstellers bereits mit Schriftsatz im Verfahren Au 8 S 21.112 angeführt, der Antragsteller sei Halter und Eigentümer des Hundes „…“. Während der Haltung durch den Antragsteller sei es lediglich zu einem Vorfall am 7. Juni 2019 auf dessen Anwesen gekommen. Der Antragsteller habe bei einem Grillabend mit mehreren Personen seinen Hund vorsichtshalber in der Wohnung belassen wollen. Der Geschädigte habe den Hund jedoch ohne Erlaubnis des Antragstellers aus der Wohnung geholt und diesen in einem solchen Ausmaß provoziert und geschlagen, dass es zu einem Beißvorfall gekommen sei. Dieser Beißvorfall beruhe nur auf der Provokation bzw. den Schlägen des Geschädigten. Weitere Beißvorfälle habe es nicht gegeben.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Bescheid der Antragsgegnerin sei rechtswidrig, die formelhafte Begründung genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen. Das Interesse des Antragstellers, von den angeordneten Maßnahmen bis zum Abschluss des Klageverfahrens verschont zu bleiben, überwiege des öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Anordnung. Der Bescheid der Antragsgegnerin erweise sich bei summarischer Prüfung als rechtswidrig.
Die erhobene Klage sei zulässig, insbesondere auch fristgerecht erhoben. Weder dem Bescheid vom 4. Dezember 2020 noch dem Bescheid vom 12. Januar 2020 sei eine Rechtsbehelfsbelehrung:beigefügt gewesen. Die Klage sei auch begründet. Die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen lägen nicht vor. Der Bescheid der Antragsgegnerin erweise sich als unverhältnismäßig und damit ermessensfehlerhaft. Nur im Fall schwerster Verletzungen, die ein Hund verursacht habe, könne die sofortige Untersagung der Haltung und Abgabe des Hundes geboten sein. Aus dem einmaligen Vorfall könne kein erhöhtes Aggressionspotenzial hergeleitet werden, da der Hund von dem Geschädigten provoziert und geschlagen worden sei. Insbesondere liege für den Hund ein Negativzeugnis vor. Die Antragsgegnerin habe keine Argumente angeführt, weshalb dieses Gutachten anzuzweifeln sei. Die Behörde hätte vor dem Haltungsverbot zuerst mildere Mittel des Leinen- und Maulkorbzwangs oder der ausbruchsicheren Verwahrung ergreifen müssen. Weitere konkretisierende Einzelfallanordnungen nach Art. 18 LStVG seien nicht von vornherein ungeeignet gewesen, um die Gefahrenlage zu beseitigen. Von Seiten der Behörde seien noch nicht erfolglos Zwangsmittel zur Durchsetzung von Anordnungen zur Haltung von Hunden eingesetzt worden.
Der Bescheid vom 10. Februar 2021 sei rechtswidrig und verletze den Antragsteller in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Er sei aufzuheben. Bereits die Höhe des Zwangsgeldes sei nicht verhältnismäßig und die Frist nicht angemessen, Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG. Das Interesse des Antragstellers, von der angeordneten Maßnahme bis zum Abschluss des gerichtlichen Klageverfahrens verschont zu bleiben, überwiege das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Anordnung.
Es werde zudem bestritten, dass der Antragsteller rechtmäßig angehört worden sei. Soweit die Antragsgegnerin auf mehrere Vor-Ort-Termine sowie diverse Stellungnahmen der Veterinärverwaltung Bezug nehme, werde bestritten, dass diese erfolgt seien.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Es sei ergänzend zu den Ausführungen in den Bescheiden darauf hinzuweisen, dass es sich nicht nur um einen Vorfall in der Haltung des Hundes handele. Vielmehr sei, wie sich der Begründung des Bescheids vom 4. Dezember 2020 entnehmen lasse, eine Gesamtschau des Verhaltens des Hundes und des Antragstellers, die sich aus mehreren Vor-Ort-Terminen sowie aus diversen Stellungnahmen der Veterinärverwaltung der Antragsgegnerin und der Polizei ergeben würden, als Grundlage für die angeordneten Maßnahmen herangezogen worden.
Der Bescheid vom 4. Dezember 2020 sei am 8. Dezember 2020 zugestellt worden und daher seit 8. Januar 2021 bestandskräftig. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Bescheid vom 4. Dezember 2020 könne daher nicht mehr angefochten werden. Hilfsweise werde darauf hingewiesen, dass die Anordnung den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entspreche. Die Begründung sei konkret auf den Einzelfall des Antragstellers bezogen. Unter anderem sei dies durch Bezugnahme auf die Gründe des Bescheides, die dadurch auch als Gründe für die sofortige Vollziehung herangezogen würden, erfolgt. Es bestehe insoweit eine (Teil) identität.
Die Vollstreckungsvoraussetzungen lägen vor. Da der Bescheid vom 4. Dezember 2020 bestandskräftig sei, könne er auch vollstreckt werden. Der Antragsteller sei den Handlungsverpflichtungen, u.a. Abgabe des Hundes „…“, aus dem Bescheid vom 4. Dezember 2020 nicht rechtzeitig nachgekommen (Art. 18 Abs. 1, 19 Abs. 1 und 2 VwZVG).
Aufgrund einer Gesamtschau des Verhaltens des Hundes „…“ sowie des Antragstellers, die sich aus mehreren Vor-Ort-Terminen sowie aus diversen Stellungnahmen der Veterinärverwaltung sowie der Polizei ergebe, bestehe die begründete Gefahr, dass erneut rechtswidrige Taten, insbesondere Körperverletzungen durch die Haltung von großen Hunden oder Hunden, die unter § 1 Abs. 2 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit aufgeführt seien, begangen werden. Die Antragsgegnerin könne Anordnungen treffen, um Gefahren abzuwehren, die Leben und Gesundheit von Menschen bedrohen oder verletzen. Die eingeschränkte Haltungsuntersagung bzgl. bestimmter Hundearten sei notwendig und auch verhältnismäßig. Dem Antragsteller sei die Hundehaltung nicht generell untersagt worden.
Auf Anfrage des Gerichts, die Bescheide vom 4. Dezember 2020 und vom 12. Januar 2021 vollständig und insbesondere mit den Rechtsbehelfsbelehrung:en zu übersenden, hat der Antragsteller die Bescheide ohne jegliche Anlagen und ohne Rechtsbehelfsbelehrung:en dem Gericht übersenden lassen. Die Bevollmächtigte des Antragstellers teilte dem Gericht mit, der Antragsteller habe nur die Bescheide in der dem Gericht übermittelten Form ohne Anlagen erhalten.
Die zuständige Sachbearbeiterin der Antragsgegnerin teilte dazu in einer Stellungnahme vom 27. Januar 2021 mit, dass diese den Bescheid vom 4. Dezember 2020 an diesem Tag erstellt habe. Aufgrund der Folgenschwere und seiner Brisanz sei ihr dies gut in Erinnerung geblieben, da der Bescheid an die Polizeidienststelle habe weitergeleitet werden müssen und bereits mit einer Gegenwehr des Betroffenen zu rechnen gewesen sei. Aufgrund der Stellungnahmen der Polizei und der Amtsveterinärinnen zur mit Nachdruck beschriebenen Gefährlichkeit des Hundes sei ihr der Tag der Erstellung des Bescheides gut im Gedächtnis geblieben. Sie habe diesem sorgsam die Rechtsbehelfsbelehrung:sowie einen Zahlschein beigelegt, den Bescheid samt Anlagen kuvertiert, die Postzustellungsurkunde erstellt und zum Postauslauf (Montag, den 7. Dezember 2020) ins Vorzimmer verbracht. Die Richtigkeit ihrer Angaben versichere sie auf Dienstpflicht. Der Stellungnahme beigefügt waren erstellte Nachdrucke des Zahlscheins sowie einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung:.
Wegen des o.g. Beißvorfalls vom 7. Juni 2019 ist gegen den Antragsteller durch das Amtsgericht … Strafbefehl wegen fahrlässiger Körperverletzung gem. §§ 223 Abs. 1, 229, 230 Abs. 1, 13 Abs. 1 StGB ergangen. Dieser Strafbefehl ist seit dem 19. März 2020 rechtskräftig.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, auch in den Verfahren Au 8 K 21.111 und Au 8 S 21.112, sowie der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Gegenstand des vorliegenden Eilverfahrens sind die mit Bescheid vom 10. Februar 2021 in Ziffern 2 – 4 verfügten Zwangsgeldandrohungen. Insoweit ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft (vgl. Art. 21a VwZVG, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO). Hinsichtlich der für sofort vollziehbar erklärten Haltungs- und Abgabeverfügung sowie Nachweiserbringung über die Abgabe im Bescheid vom 4. Dezember 2020 wurde durch den anwaltlich vertretenen Antragsteller zwar zwischenzeitlich im Wege der Klageerweiterung Klage eingereicht, ausweislich des klar formulierten Antrags vom 28. Februar 2021 hingegen nicht um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Der Rechtsbehelf wurde damit – entgegen der Regelvermutung des Art. 38 Abs. 1 Satz 2, 1. HS VwZVG – ausdrücklich auf die Androhung des Zwangsmittels beschränkt (vgl. Art. 38 Abs. 1 Satz 2, 2. HS VwZVG).
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei seiner Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten der Hauptsache als wesentliches, wenn auch nicht alleiniges Indiz für die vorzunehmende Interessenabwägung zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Hauptsacherechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, so verbleibt es bei der Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden öffentlichen bzw. privaten Interessen.
Gemessen hieran hat der Antrag in der Sache keinen Erfolg. Vorliegend erweist sich die gegen die drei Zwangsgeldandrohungen gerichtete Klage als voraussichtlich erfolglos, da diese sich nach summarischer Prüfung als rechtmäßig erweisen und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Die Zwangsgeldandrohungen im Bescheid vom 10. Februar 2021 (dort Ziffern 2 bis 4) sind dem Grunde nach rechtmäßig erfolgt (vgl. Art. 18, 19, 29, 31 und Art. 36 VwZVG).
Mit der für sofort vollziehbar erklärten (Ziffer 2) Haltungsuntersagung (Ziffer 1.1), Abgabeverfügung (Ziffer 1.2) und Verpflichtung zur Erbringung eines Abgabenachweises (Ziffer 1.3) vom 4. Dezember 2020 lagen jeweils wirksame Grundverwaltungsakte mit vollstreckungsfähigem Inhalt vor (vgl. Art. 18, Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG). Der Bescheid vom 4. Dezember 2020 in der Fassung, die er durch den Bescheid vom 10. Februar 2021 erhalten hat, erweist sich bei summarischer Prüfung im Übrigen auch als rechtmäßig. Gem. Art. 19 VwZVG können Verwaltungsakte vollstreckt werden, wenn sie nicht mehr mit einem förmlichen Rechtsbehelf angefochten werden können (Nr. 1), wenn der förmliche Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat (Nr. 2) oder wenn die sofortige Vollziehung angeordnet ist (Nr. 3).
a) Zwar ist der Bescheid vom 4. Dezember 2020 nach summarischer Prüfung noch nicht bestandskräftig. Gegen Verwaltungsakte, bei denen wie hier das Vorverfahren nach § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. Art. 15 Abs. 2, Abs. 1 AGVwGO nicht statthaft ist, kann gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO grundsätzlich innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes Klage erhoben werden. Ist der angefochtene Bescheid nicht mit einer (ordnungsgemäßen) Rechtsbehelfsbelehrung:versehen, gilt gem. § 58 Abs. 2 VwGO eine Jahresfrist.
Für den Nachweis, dass einem schriftlichen Verwaltungsakt eine Rechtsbehelfsbelehrung:beigefügt war, gelten die allgemeinen Beweisregeln, insbesondere die des Indizienbeweises (vgl. BFH, B.v. 14.9.2000 – X B 58/00 – BFH/NV 2001, 322 = juris Rn. 11). Dabei trägt nach allgemeinen Regeln die Behörde die Beweislast dafür, dass der fragliche Bescheid mit einer – ordnungsgemäßen – Rechtsbehelfsbelehrung:versehen war.
Zwischen den Beteiligten besteht Uneinigkeit darüber, ob der Bescheid vom 4. Dezember 2020 mit einer Rechtsbehelfsbelehrung:versehen war. Der Bescheid vom 4. Dezember 2020 verweist zwar in seinem verfügenden Teil in Ziffer 4 sowie unter der Überschrift „Anlagen“ auf eine („beiliegende“) Rechtsbehelfsbelehrung:, enthält bis zur Unterschrift jedoch keine Rechtsbehelfsbelehrung:. Der Antragsteller hat konkret unter Vorlage von Kopien des ihm zugegangenen Originalbescheides vorgetragen, den Bescheid ohne Anlagen erhalten zu haben. Die Antragsgegnerin ließ durch die zuständige Sachbearbeiterin zwar „auf ihre Dienstpflicht versichern“, dass sie sowohl den Bescheid als auch die dazugehörige Rechtsbehelfsbelehrung:in das Kuvert verpackt habe. Dem trat der Antragsteller entgegen und bestätigte schriftlich, dass er „bzgl. des Falles [s]eines Hundes (…) keinerlei Rechtsbehelfsbelehrung:in irgendeinem Schreiben bekommen habe“. Der Behördenakte ist weder eine Aktennotiz zum Ausdruck/zur Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung:zu entnehmen, noch ist der lediglich mit der handschriftlichen Anmerkung „am 07.12.2020 p. PZU z. Post“ versehene Bescheid (Bl. 159 der Behördenakte) in der Behördenakte mit einer (beiliegenden) Rechtsbehelfsbelehrung:versehen. Es ist daher nach summarischer Prüfung der Aktenlage nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen davon auszugehen, dass dem Bescheid vom 4. Dezember 2020 keine Rechtsbehelfsbelehrung:beilag. Das Gericht ist im Eilverfahren regelmäßig auch nicht zur (weiteren) Beweiserhebung verpflichtet, sondern trifft seine Entscheidung im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit anhand der präsent verfügbaren Beweismittel (BayVGH, B.v. 15.3.2001 – 10 ZE 01.320 – NVwZ-RR 2001, 477 = juris Rn. 5).
b) Hinsichtlich der Ziffer 1 des Bescheides vom 4. Dezember 2020 hat die Antragsgegnerin jedoch in Ziffer 2 die sofortige Vollziehung angeordnet. Einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 4. Dezember 2020 hat der anwaltlich vertretene Antragsteller ausweislich des klaren Wortlauts des Antrags nicht gestellt. Der förmliche Rechtsbehelf der Klage gegen den Bescheid vom 4. Dezember 2020 hat daher keine aufschiebende Wirkung, die Voraussetzungen der Art. 19 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 VwZVG liegen damit vor.
c) Dessen ungeachtet ist die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs der Ziffer 1 des Bescheides vom 4. Dezember 2020 auch ausreichend. Sie setzt sich hinreichend mit den Besonderheiten des Einzelfalls unter Berücksichtigung der typischen Interessenlage bei einer sicherheitsrechtlichen (teilweisen) Haltungsuntersagung mit konkretem Bezug zum Antragsteller und den Gesamtumständen unter Berücksichtigung einer effektiven Gefahrenabwehr unter Abwägung u.a. des Rechtsguts der körperlichen Unversehrtheit auseinander.
d) Die im Bescheid vom 4. Dezember 2020 verfügte Haltungsuntersagung für große Hunde und Kampfhunde (Ziffer 1.1) sowie darauf bezogene Abgabeverpflichtung (Ziffer 1.2) und Verpflichtung zur Erbringung eines Abgabenachweises (Ziffer 1.3) sind nach summarischer Prüfung voraussichtlich auch rechtmäßig.
(a) Rechtsgrundlage für die genannten Anordnungen sind Art. 7 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 LStVG. Insbesondere greifen nicht die spezialgesetzlichen Regelungen nach Art. 18 Abs. 2 oder Art. 37 Abs. 2 LStVG. Art. 18 Abs. 2 LStVG scheidet hier als Rechtsgrundlage deshalb aus, weil danach nur Anordnungen für den Einzelfall zur Haltung von Hunden, also bzgl. der Art und Weise der Haltung des entsprechenden Hundes, getroffen werden können. Auch eine Heranziehung des Art. 37 LStVG scheidet vorliegend aus, da der Hund des Antragstellers nicht erlaubnispflichtig im Sinne des Art. 37 Abs. 1 LStVG ist, was die Antragsgegnerin mit bestandskräftigem Bescheid vom 27. Februar 2019 festgestellt hat. Dieses Negativzeugnis ist bisher nach Aktenlage auch nicht widerrufen.
(b) Der Antragsteller wurde vor Erlass des Bescheides vom 4. Dezember 2020 mit Schreiben vom 13. November 2020 ordnungsgemäß angehört. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller nicht ordnungsgemäß angehört worden sein soll, hat dieser nicht geltend gemacht.
(c) Die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 2 LStVG liegen vor. Nach dieser Vorschrift können, soweit eine besondere gesetzliche Ermächtigung nach Abs. 1 nicht vorliegt, die Sicherheitsbehörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben für den Einzelfall Anordnungen treffen, um rechtswidrige Taten, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen, zu verhüten oder Gefahren abzuwehren, die Leben Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder Sachwerte, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheint, bedrohen oder verletzen. Die konkrete Gefahr definiert sich als eine im Einzelfall bestehende Sachlage, die bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung eines Schutzguts der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führt (vgl. 2.2. VollzBekPAG). Dabei umfassen die öffentliche Sicherheit und Ordnung als Schutzgüter die Unversehrtheit der objektiven Rechtsordnung, der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen und die Funktionsfähigkeit von Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist.
Ungeachtet der Begründung im streitgegenständlichen Bescheid unterliegt die von der Antragsgegnerin getroffene Einschätzung hinsichtlich der Gefahrenprognose in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle (vgl. BayVGH, U.v. 15.3.2005 – 24 BV 04.2755 – juris Rn. 22).
Der Antragsteller hat im Zusammenhang mit der Haltung seines Hundes nach Aktenlage rechtswidrige Taten im Sinne des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG begangen. Durch den Beißvorfall vom 7. Juni 2019 hat sich der Antragsteller im Zusammenhang mit der Haltung seines Hundes einer fahrlässigen Körperverletzung gemäß §§ 229, 230 StGB schuldig gemacht und damit eine Straftat begangen (AG, Strafbefehl v. 25.2.2020 -, rechtskräftig seit dem 19.3.2020). Allein dieser Vorfall indiziert die konkrete Gefahr weiterer Vorfälle (vgl. Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand Oktober 2019, Art. 18 Rn. 42 m.w.N.) und rechtfertigt die Gefahrenannahme i.S. des Art. 7 Abs. 2 LStVG. Soweit der Antragsteller vortragen lässt, der Gesundheitsschaden sei durch das Fehlverhalten eines Besuchers eingetreten, ist die fahrlässige Körperverletzung durch den Antragsteller rechtskräftig festgestellt. Dass der Vorfall alleine auf die Provokation bzw. das bewusste und gezielte Reizen des Hundes durch einen Dritten zurückzuführen wäre, ist dem rechtskräftigen Strafbefehl nicht zu entnehmen.
Auch Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG ist vorliegend erfüllt. Es ist davon auszugehen, dass von großen Hunden, die auf öffentlichen Straßen und Wegen mit relevantem Publikumsverkehr frei umherlaufen, vom Führen derartiger Hunde durch eine hierzu nicht befähigte Person oder durch eine nicht ausbruchsichere Unterbringung dieser Hunde in der Regel eine konkrete Gefahr für Leib und Leben Dritter ausgeht (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 13.11.2018 – 10 CS 18.1780 – juris Rn. 10; B.v. 11.2.2015 – 10 ZB 14.2299 – juris Rn. 5; U.v. 9.11.2010 – 10 BV 06.3053 – juris Rn. 25; U.v. 15.3.2005 – 24 BV 04.2755 – juris). Der streitgegenständliche Hund „…“ wurde bereits mehrfach herrenlos streunend aufgegriffen und in das örtliche Tierheim verbracht (vgl. Vorfälle vom 19.8.2017, 2.7.2019 und Juni/Juli 2020, Bl. 73, 74, 84, 85 der Behördenakte). Diese Vorfälle sind dem Antragsteller auch zuzurechnen, der hier jedenfalls auch die angeordnete Leinenpflicht und die sichere Unterbringung des Hundes auf einem ausbruchsicher eingefriedeten Grundstück verletzt hat. Hinzu kommt, dass der Antragsteller nach Aktenlage am 13. Juli 2019 auch erheblich alkoholisiert mit dem streitgegenständlichen Hund angetroffen wurde (Bl. 78 der Behördenakte). Aus dem Bericht über die amtstierärztliche Begutachtung vom 13. August 2020 (Bl. 91 – 96 der Behördenakte) geht hervor, dass eine Gefahr für Dritte bestehe (Bl. 95 der Behördenakte). Der Antragsteller ordne das Ausdrucksverhalten des Hundes falsch ein und unterschätze generell die Gefahr, die von seinem Hund für Dritte ausgehen könne. Er besitze weder Sachkunde noch Bereitschaft und Willen, das potenziell gefährliche Verhalten seines Hundes durch geeignete erzieherische Maßnahmen zu kanalisieren und zu korrigieren. Der Antragsteller sei dem Hund körperlich kaum gewachsen. Nach Angaben seines Vaters gegenüber den Kontrolleuren sei der Antragsteller schwerer Alkoholiker. Es sei davon auszugehen, dass der Antragsteller unter für Dritte wahrnehmbarem Einfluss von Suchtmitteln das Verhalten seines Hundes noch weniger einschätzen und ihn körperlich weder im normalen Umgang noch im Notfall kontrollieren könne. Die vorliegende Hundehalter-Hund-Konstellation berge nach Ansicht der Veterinärin das Potenzial, dass Dritte massiv geschädigt werden. Ähnliche Aussagen trifft der Aktenvermerk der PI Ergänzungsdienste vom 14. Februar 2020 hinsichtlich der Hundeüberprüfungen am 17. Dezember 2019 und 22. Januar 2020. Dem Antragsteller sei das Halten des Hundes an der Leine schwergefallen. Der Hund habe sich aggressiv gezeigt. Es sei anzuzweifeln, dass der Antragsteller aufgrund einer Alkoholsucht seinen Hund in bestimmten Situationen unter Kontrolle habe.
Davon ausgehend ist die von der Antragsgegnerin vorgenommene Gefahrenprognose, dass es bei der vorliegenden Halter-Hund-Konstellation mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu einer (erneuten) Verletzung der besonders schutzwürdigen Rechtsgüter des Lebens und der Gesundheit von Menschen kommen wird, gerichtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere steht dem auch nicht die Erteilung eines Negativzeugnisses entgegen, da dieses den Hund lediglich von der Erlaubnispflicht des Art. 37 LStVG freistellt, einer Einzelfallanordnung jedoch nicht entgegensteht (vgl. BayVGH, U.v. 15.3.2005 – 24 BV 04.2755 – juris Rn. 24) und insbesondere auch keine Aussage zur Zuverlässigkeit der Person des Halters trifft.
(d) Die auf Grundlage von Art. 7 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 LStVG getroffenen Entscheidungen in Form der Untersagung der Haltung von großen Hunden und Kampfhunden sowie die Verpflichtung zur Abgabe des Hundes des Antragstellers sind angesichts der Gesamtumstände des Einzelfalls (vgl. dazu schon unter 1. d) (c)) auch ermessensgerecht und stehen im Einklang mit den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aus Art. 8 Abs. 1 LStVG.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung, der sich das erkennende Gericht anschließt, davon aus, dass die umfassende Untersagung der Hundehaltung für den Betroffenen die einschneidendste denkbare Maßnahme zur Verhütung und Unterbindung einer von einer Hundehaltung ausgehenden Gefahr und daher in der Regel nur dann verhältnismäßig i.S.d. Art. 8 Abs. 1 LStVG ist, wenn sich der Hundehalter dauerhaft und hartnäckig weigert, einer bestehenden sicherheitsbehördlichen Anordnung nachzukommen (BayVGH, B.v. 26.2.2014 – 10 ZB 13.2476 – juris Rn. 4 m.w.N.; für ein Pferdehaltungsverbot: B.v. 21.3.2014 – 10 ZB 12.740 – juris Rn. 11 m.w.N.). Vor Erlass einer solchen Haltungsuntersagung muss die Behörde deshalb grundsätzlich zunächst erfolglos Zwangsmittel zur Durchsetzung von Anordnungen zur Haltung von Hunden eingesetzt haben. Nur in Einzelfällen kann ausnahmsweise die Haltungsuntersagung als allein geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr in Betracht kommen. Dies ist jedoch bei einer umfassenden Haltungsuntersagung nur dann der Fall, wenn von vornherein feststeht, dass der Halter nicht geeignet für die Haltung von Hunden ist. In einem solchen Fall ist jedoch im Bescheid genau zu begründen, weshalb die Haltungsuntersagung die einzig sinnvolle und erfolgversprechende Maßnahme ist und weshalb weniger einschneidende Maßnahmen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG nicht ausreichen (BayVGH, B.v. 6.3.2015 – 10 ZB 14.2166 – juris Rn. 8; B.v. 29.9.2011 – 10 ZB 10.2160 u.a. – juris Rn. 13). Ebenso ist genau zu prüfen, ob es ausreicht, nur die Haltung des auffällig gewordenen Hundes zu untersagen, ob die Untersagung der Haltung von Hunden bestimmter Rassen oder einer bestimmten Größe erforderlich, aber auch ausreichend ist, oder ob die Gefahrenlage eine generelle Untersagung der Hundehaltung erforderlich macht (vgl. BayVGH, B.v. 12.3.2018 – 10 ZB 18.103 – juris Rn. 8 ff.).
Die umfassende Haltungsuntersagung ist auch gerechtfertigt bei gravierenden Eignungsmängeln des Hundehalters (vgl. Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand Oktober 2019, Art. 18 Rn. 81a m.w.N.). Entscheidend ist, dass das in der Vergangenheit gezeigte Verhalten des Hundehalters darauf schließen lässt, dass dieser seiner Verantwortung im Hinblick auf das mit der Haltung eines auffälligen, insbesondere gefährlichen Hundes verbundene Risiko nicht gerecht wird. Gerechtfertigt ist eine (umfassende) Haltungsuntersagung auch bei alkohol- bzw. drogenbedingten Führungsmängeln (VG Würzburg, U.v. 10.9.2009 – W 5 K 08.1929 – juris), bei einem deutlichen Aggressions- oder Gewaltpotenzial des Hundehalters oder bei Straffälligkeit des Hundehalters, wenn die von ihm begangene Straftat auf die fehlende Haltereignung schließen lässt (vgl. Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand Oktober 2019, Art. 18 Rn. 81a m.w.N.).
In Anwendung dieser Grundsätze ist die angeordnete Haltungsuntersagung für große Hunde und Kampfhunde gerichtlich nicht zu beanstanden. Der Antragsteller bietet nicht die nötige Gewähr für eine verantwortungsbewusste Haltung und Vorgehensweise im Umgang mit (großen) Hunden und Kampfhunden.
Der Antragsteller weist zwar darauf hin, dass es mit einem Leinenzwang oder der Verpflichtung zur sicheren Verwahrung ein milderes Mittel gegeben hätte, übersieht aber dabei, dass mit bestandskräftigem Bescheid vom 27. Februar 2019 zwar ein Negativzeugnis ausgestellt wurde, in Ziffer 2.1 jedoch bereits eine Leinenpflicht für öffentliche Anlagen und Wege, Straßen und Plätze angeordnet ist. Lediglich im Außenbereich von Ortschaften entfällt der Leinenzwang unter bestimmten Voraussetzungen, ebenso wie auf einem ausbruchsicher eingefriedeten Grundstück. Hiergegen hat der Antragsteller jedoch bereits (mehrfach) verstoßen. Aktenkundig sind u.a. ein Vorfall vom 2. Juli 2019, bei dem der Hund … unangeleint und streunend von der Polizei eingefangen und als herrenloses Tier in ein Tierheim verbracht werden musste (Bl. 74 der Behördenakte) sowie ein Vorfall aus dem Juni/Juli 2020, bei der der Hund streunend eingefangen werden musste (Bl. 73 der Behördenakte). Zwar hat die Antragsgegnerin vorliegend nach Aktenlage noch kein Zwangsgeld fällig gestellt. Der Vorfall aus dem Sommer 2020 geschah aber bereits nach dem Eindruck eines eingeleiteten Strafverfahrens und sogar nach Rechtskraft eines Strafbefehls wegen fahrlässiger Körperverletzung hinsichtlich des o.g. Beißvorfalls vom 7. Juni 2019. Auch die dort verhängte Geldstrafe in Höhe von insgesamt EUR 1.350,00 hat den Antragsteller offenbar nicht dazu angehalten, für den notwendigen sicheren Umgang mit seinem Hund zu sorgen.
Auch im Übrigen bietet der Antragsteller nach Aktenlage keine Gewähr für einen sicheren Umgang mit einem großen Hund bzw. einem Kampfhund. Sowohl polizeilich als auch durch seinen Vater ist der Antragsteller dahingehend beschrieben worden, dass dieser regelmäßig erheblich alkoholisiert ist. Bei den Vor-Ort-Kontrollen habe der Antragsteller den streitgegenständlichen Hund nicht sicher halten können. Ausschlaggebende Erwägungen der Antragsgegnerin für die Haltungsuntersagung waren, dass es sich bei „…“ um einen schwierigen Hund handle und der Antragsteller nicht die erforderliche Halterzuverlässigkeit besitze. Diese Erwägungen stützt die Antragsgegnerin auf mehrfache Begutachtungen durch eine Amtstierärztin (Bl. 91 bis 97 der Behördenakte) sowie mehrere polizeiliche Aktenvermerke und Stellungnahmen von Polizeibeamten der Diensthundestaffel (u.a. Bl. 74 – 82 der Behördenakte, Stellungnahmen verschiedener Diensthundeführer und eines Diensthundeausbilders), die bei den Kontrollen durch das Veterinäramt anwesend waren. In seinem Verhalten und der (jedenfalls teilweisen) Führungsmängel manifestiert sich die fehlende Eignung des Antragstellers zur Haltung großer Hunde und Kampfhunde. Der Antragsteller besitzt weder Sachkunde noch Bereitschaft und Willen, das potenziell gefährliche Verhalten seines Hundes durch geeignete erzieherische Maßnahmen zu kanalisieren und zu korrigieren (Bl. 95 der Behördenakte). Der Antragsteller gehöre nach Polizeiangaben der örtlichen Trinkerszene an, nach Angaben seines Vaters sei er schwerer Alkoholiker (ebd). Es komme regelmäßig vor, dass sich der Antragsteller bewusstlos trinke. Der über 80-jährige Vater des Antragstellers gehe mit dem Hund Gassi, wenn sein Sohn durch übermäßigen Alkoholkonsum nicht dazu in der Lage sei. Den Hund lasse er hierbei frei ohne Leine laufen, da er ihn an der Leine körperlich nicht halten könne (ebd.). Der Hund „…“ habe den Antragsteller bei der Kontrolle hinter sich hergezogen und sich gegen den Zaun geworfen. Der Hund habe auf Leineneinwirkungen keinerlei Reaktion gezeigt. Es sei klar ersichtlich gewesen, dass der Antragsteller seinen Hund nicht abhalten können würde, sollte der Hund sich dazu entscheiden zu attackieren (Bl. 93 der Behördenakte).
Um dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen, hat die Antragsgegnerin das Haltungsverbot auf große Hunde und solche mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit beschränkt, um dem Antragsteller die Haltung eines Hundes zu ermöglichen, der nicht allein schon wegen seiner Größe eine Gefahr für die in Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG geschützten Rechtsgüter darstellt. Dem Antragsteller bleibt es damit unbenommen, Hunde mit einer Schulterhöhe von bis zu 50 cm zu halten. Angesichts der besonderen Umstände in der Person des Antragstellers als Hundehalter wäre, wie dargestellt, u.a. auch eine Maulkorbpflicht kein gleich effektives, jedoch milderes Mittel zur Haltungsuntersagung für große Hunde und Kampfhunde.
(e) Damit erweisen sich bei summarischer Prüfung auch die Ziffern 1.2 und 1.3 des Bescheides vom 4. Dezember 2020 als rechtmäßig.
Wird die Haltung von (bestimmten) Hunden untersagt, ist zugleich auch nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG die Abgabe solcher Hunde innerhalb einer bestimmten Frist anzuordnen. Die Sicherheitsbehörde kann verfügen, dass der Halter die betreffenden Hunde an eine geeignete Person oder beispielsweise ein Tierheim übergeben muss. Die Behörde kann auch die Vorlage eines Nachweises der Abgabe fordern. Zum Zweck des Nachweises kann sie die Benennung des Empfängers verlangen (vgl. Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand Oktober 2019, Art. 18 Rn. 82 m.w.N).
Nach diesen Grundsätzen sind die Ziffern 1.2 und 1.3 des Bescheides vom 4. Dezember 2020 bei summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. Auch die gesetzten Fristen von drei (Ziffern 1.1 und 1.2) bzw. vier (Ziffer 1.3) Wochen sind angemessen.
e) Entgegen der Auffassung der Antragstellerseite erweisen sich die Zwangsgeldandrohungen im Bescheid vom 10. Februar 2021 auch nicht ihrer Höhe nach als ermessensfehlerhaft.
Nach Art. 31 Abs. 2 VwZVG beträgt das Zwangsgeld mindestens 15,- EUR und höchstens 50.000,- EUR (Satz 1). Das Zwangsgeld soll das wirtschaftliche Interesse, dass der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, erreichen (Satz 2). Das wirtschaftliche Interesse des Pflichtigen ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu schätzen (Satz 4). Das Verwaltungsgericht hat innerhalb der Grenzen des § 114 VwGO nur zu prüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Dazu ist festzustellen, ob die Behörde in ihre Ermessenserwägung all das eingestellt hat, was nach Lage der Dinge einzustellen ist, ob sie dabei von einem richtig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist und die sodann vorgenommene relative Gewichtung sachgerecht ist. Je höher der Betrag des Zwangsgeldes angesetzt wird, desto höher ist auch das Begründungserfordernis bei der Darlegung der Ermessenserwägungen.
Vorliegend bewegen sich die angedrohten Zwangsgelder in Höhe von EUR 200 bzw. EUR 80 im unteren Bereich des gesetzlichen Rahmens. Die Antragsgegnerin hat das ihr zustehende Ermessen erkannt und ausgeführt, dass sie das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers sowie die infrage stehenden Schutzgüter in ihre Ermessenserwägungen jeweils eingestellt hat. Dies ist gerichtlich nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin hat auch für die Haltungsuntersagung und Abgabeverfügung ein höheres Zwangsgeld von EUR 200 angedroht als für den bloßen Nachweis der Abgabe des Hundes, was unter Beachtung des Grundsatzes der effektiven Gefahrenabwehr gerichtlich nicht zu beanstanden ist.
f) Auch die gesetzten Fristen sind bei summarischer Prüfung voraussichtlich nicht zu beanstanden.
Die Androhung eines Zwangsgeldes verlangt gemäß Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG die Bestimmung einer Frist, innerhalb derer dem Pflichtigen der Vollzug billigerweise zugemutet werden kann. Maßstab für die Fristsetzung sind die Dringlichkeit des Vollzuges, z. B. öffentliche oder private Interessen, weiter, als subjektive Elemente, die dem Pflichtigen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und Mittel (BayVGH, B.v. 22.10.2009 – 20 CS 09.2006 – juris Rn. 35 m.w.N.)
Daran gemessen ist die dem Antragsteller gesetzte kurze Frist von drei bzw. acht Tagen nach Bekanntgabe des Bescheides vom 10. Februar 2021 angemessen. Wie oben dargestellt geht von der Haltung des Hundes durch den Antragsteller eine konkrete Gefahr aus, weshalb der Vollzug im öffentlichen Interesse im Rahmen einer effektiven Gefahrenabwehr dringlich ist und die Frist auch kurz bemessen werden konnte. Das erkennende Gericht hält es für möglich und zumutbar für den Antragsteller, seinen Hund „…“ innerhalb von drei Tagen einem Berechtigten zu überlassen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich bei „…“ zwar um einen Listenhund nach § 1 Abs. 2 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität handelt, für diesen jedoch ein Negativzeugnis ausgestellt worden ist, so dass gerade keine behördliche Erlaubnis zur Haltung des Hundes nötig ist (Art. 37 Abs. 1 Satz 2 LStVG). Im Rahmen der Feststellung der Angemessenheit einer Frist im Einzelfall ist weiter zu berücksichtigen, dass dem Antragsteller bereits mit Bescheid vom 4. Dezember 2020 die Haltung großer Hunde und Kampfhunde untersagt und er zur Abgabe seines Hundes verpflichtet wurde. Die Antragsgegnerin hat diesbezüglich auch die sofortige Vollziehbarkeit angeordnet. Ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist nicht gestellt worden, so dass die Ziffer 1 des Bescheides vom 4. Dezember 2020 weiter sofort vollziehbar ist. Insofern ist zu berücksichtigen, dass dem Antragsteller hinsichtlich der Haltungsuntersagung von großen Hunden und Kampfhunden (Ziffer 1.1) sowie der Abgabeverpflichtung (Ziffer 1.2) jeweils eine Frist von drei Wochen eingeräumt worden ist. Hinsichtlich des Nachweises der Überlassung (Ziffer 1.3) wurde ursprünglich eine Frist von vier Wochen eingeräumt. Die nunmehrige kurze Frist im Rahmen der Androhung eines Zwangsgeldes von drei Tagen hinsichtlich der Anordnungen in Ziffern 1.1 und 1.2 und von acht Tagen hinsichtlich der Anordnung in Ziffer 1.3 des Bescheides vom 4. Dezember 2020 erweist sich daher in Würdigung aller Gesamtumstände voraussichtlich als rechtmäßig.
g) Die offensichtliche Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohungen stellt ein starkes Indiz dar für das Überwiegen des öffentlichen Vollzugsinteresses gegenüber dem Interesse des Antragstellers auf Aussetzung des Vollzugs. Zudem ergibt sich bei Betrachtung der widerstreitenden Interessen, dass die Gefahr für die Gesundheit von Menschen aufgrund der mehrfachen Vorfälle und der Person des Antragstellers hier so konkretisiert ist, dass die Abwägung zugunsten des öffentlichen Interesses an der effektiven Gefahrenabwehr und somit der Vollziehung des Bescheides ausfallen muss. Dem Umstand, dass die Abgabe des Hundes für den Antragsteller sicherlich einen großen Verlust bedeutet, kann angesichts der durch den Hund verursachten Gesundheitsschäden und der fehlenden Bereitschaft und/oder Fähigkeit des Antragstellers, auf das Verhalten des Hundes angemessen zu reagieren, keine entscheidende Bedeutung zukommen. Insoweit überwiegt die Verpflichtung der Antragsgegnerin, Gefahren für die Gesundheit von Menschen abzuwehren, das Interesse des Antragstellers, „…“ bei sich zu behalten.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Das Gericht hat bei der Höhe des Streitwertes die Ziffern 35.2, 1.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit berücksichtigt.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben