Verwaltungsrecht

Maskenpflicht im Freien auf stark frequentierten öffentlichen Plätzen

Aktenzeichen  RN 14 S 20.2756

Datum:
18.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 31515
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
8. BayIfSMV § 24
IfSG § 28

 

Leitsatz

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der noch zu erhebenden Anfechtungsklage gegen die Nummern 1.3, 2 und 3 der Allgemeinverfügung der Stadt Passau vom 3.11.2020 „zur Änderung der Allgemeinverfügung der Stadt Passau für öffentliche Versammlungen vom 17.7.2020 und zur Änderung der Allgemeinverfügung zur Festlegung der stark frequentierten öffentlichen Plätze gemäß § 25 a der 7. BayIfSMV für die Stadt Passau vom 17.10.2020“ wird angeordnet, soweit darin die Maskenpflicht im Freien auf stark frequentierten öffentlichen Plätzen geregelt wird.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,– EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer noch zu erhebenden Anfechtungsklage gegen die Allgemeinverfügung der Stadt Passau vom 3.11.2020 „zur Änderung der Allgemeinverfügung der Stadt Passau für öffentliche Versammlungen vom 17.7.2020 und zur Änderung der Allgemeinverfügung zur Festlegung der stark frequentierten öffentlichen Plätze gemäß § 25 a der 7. BayIfSMV für die Stadt Passau vom 17.10.2020“, soweit darin die Maskenpflicht im Freien auf stark frequentierten öffentlichen Plätzen geregelt wird.
Die Siebte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (7. BayIfSMV) vom 1. Oktober 2020 (BayMBl. Nr. 562, BayRS 2126-1-11-G), die zuletzt durch Verordnung vom 18. Oktober 2020 (BayMBl. Nr. 589) geändert wurde, enthält auszugsweise folgende Regelungen:
㤠1 Allgemeines Abstandsgebot, Mund-Nasen-Bedeckung
(1) Jeder wird angehalten, die physischen Kontakte zu anderen Menschen auf ein Minimum zu reduzieren und den Personenkreis möglichst konstant zu halten. Wo immer möglich, ist ein Mindestabstand zwischen zwei Personen von 1,5 m einzuhalten. Wo die Einhaltung des Mindestabstands im öffentlichen Raum nicht möglich ist, soll eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen werden. In geschlossenen Räumlichkeiten ist stets auf ausreichende Belüftung zu achten.“
(2) Soweit in dieser Verordnung die Verpflichtung vorgesehen ist, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen (Maskenpflicht), gilt:
1. Kinder sind bis zum sechsten Geburtstag von der Tragepflicht befreit.
2. Personen, die glaubhaft machen können, dass ihnen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung aufgrund einer Behinderung oder aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich oder unzumutbar ist, sind von der Trageverpflichtung befreit.
3. Das Abnehmen der Mund-Nasen-Bedeckung ist zulässig, solange es zu Identifikationszwecken oder zur Kommunikation mit Menschen mit Hörbehinderung oder aus sonstigen zwingenden Gründen erforderlich ist.
§ 24 Regelungen bei einer Sieben-Tage-Inzidenz größer 35
Das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege gibt täglich auf seiner Internetseite unter https://www.stmgp.bayern.de die Landkreise und kreisfreien Städte bekannt, in denen laut Feststellung des Robert Koch-Instituts oder des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit eine Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 von 35 pro 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen überschritten wird oder vor weniger als sechs Tagen noch überschritten worden ist. In diesen Landkreisen und kreisfreien Städten gilt ab dem Tag, der auf den Tag der erstmaligen Nennung folgt, bis zum Ablauf des Tages der letztmaligen Nennung über die §§ 1 bis 23 hinaus Folgendes:
1. Es besteht Maskenpflicht auf von der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde festzulegenden stark frequentierten öffentlichen Plätzen, auf den Begegnungs- und Verkehrsflächen einschließlich der Fahrstühle von öffentlichen Gebäuden sowie von Freizeiteinrichtungen nach § 11 Abs. 1, Kulturstätten nach § 23 Abs. 1 und sonstigen öffentlich zugänglichen Gebäuden, für die in dieser Verordnung keine besonderen Regelungen vorgesehen sind.
Da die Anzahl an Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 von 35 pro 100.000 Einwohnern im Stadtgebiet Passau innerhalb von sieben Tagen überschritten wurde, erließ die Antragsgegnerin am 17.10.2020 die Allgemeinverfügung zur Festlegung der stark frequentierten öffentlichen Plätze gemäß § 25 a der 7. BayIfSMV für die Stadt Passau. Diese Allgemeinverfügung wurde im Amtsblatt Nr. 45/2020 der Stadt Passau vom 17.10.2020 bekannt gemacht. Sie gilt nach deren Nr. 2 ab Bekanntgabe zunächst bis zum Ablauf des 30.4.2021.
Die Allgemeinverfügung enthält auszugsweise folgende Regelungen:
„1. Die Stadt Passau legt als „stark frequentierte Plätze“ im Sinne des § 25 a Abs. 1 Satz 2 Nummer 1 der 7. BayIfSMV (betreffend der Maskenpflicht) im Stadtgebiet Passau diejenigen Straßen (einschließlich der Gehsteige), Plätze und sonstige öffentlich zugängliche Flächen im Freien fest, die sich in dem (als Bestandteil dieser Allgemeinverfügung beigefügten Anlage) bezeichneten Bereich befinden.
2. Die Allgemeinverfügung gilt ab Bekanntgabe zunächst bis zum Ablauf des 30.04.2021.“
Die Festlegung der stark frequentierten Plätze in der Allgemeinverfügung begründete die Antragsgegnerin folgendermaßen:
„Rechtsgrundlage für die in Ziffer 1. getroffenen Anordnungen ist § 25 a der 7. BayIfSMV.
Öffentliche Plätze im Sinne der Vorschrift, die nach Maßgabe der Zielrichtung der Verordnung auszulegen ist, können alle öffentlich zugänglichen Flächen im Freien sein, die stark frequentiert sind und bei denen daher ein erhöhtes Infektionsrisiko gegeben ist (vergleiche auch die Pressemitteilung „Bericht aus der Kabinettssitzung vom 15.10.2020“, die daher beispielsweise auch Fußgängerzonen als solch einen „öffentlichen Platz“ bezeichnet).
Die Festlegung der unter Ziffer I. genannten Örtlichkeiten werden durch die sachlich und örtlich zuständige Stadt Passau im pflichtgemäßen Ermessen erlassen. Sie sind geeignet, erforderlich und angemessen, die Gefahr der unkontrollierten Weiterentwicklung des Infektionsgeschehens im Stadtgebiet zu verhindern.
Eine örtlich engere Eingrenzung würde den Zweck der Maßnahme nicht gleich gut erfüllen. Die genannten Flächen, auf denen die Regelungen gelten, sind der Umgriff im öffentlichen Raum, in welchem erfahrungsgemäß der Mindestabstand von 1,5 m nicht durchgehend eingehalten wird. Die Bereiche weisen eine Vielzahl von Geschäften, Gastronomiebetrieben, Behörden und Bildungseinrichtungen etc. auf. Der Bereich wird daher neben den dort wohnenden und beschäftigten Personen auch von Besuchern stark frequentiert. Der genannte Bereich lädt auch zum Verweilen ein.
Die Maßnahme ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Während mit dem Schutz der Gesundheit und der Verhinderung eines (deutlich strengere Maßnahmen nach sich ziehenden) noch stärkeren Anstiegs der Infektionszahlen überragend wichtige Rechtsgüter in Rede stehen, führt die bloße Verschärfung der Maskenpflicht zu einer nur maßvollen Beeinträchtigung im Alltagsleben. Dies gilt zumal deshalb, als das Tragen der Maske im derzeitigen Regelungsrahmen ständig eingefordert wird.“
Die Allgemeinverfügung enthält als Anlage einen Auszug des Stadtplans der Stadt Passau, auf dem der Innenstadtbereich farbig markiert ist. Der Auszug des Stadtplans enthält weder eine Legende noch einen Maßstab oder die Angabe der Quelle.
Am 2.11.2020 trat die Achte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (8. BayIfSMV) vom 30. Oktober 2020 (BayMBl. 2020 Nr. 616) in Kraft. Die 8. BayIfSMV regelt unter anderem das Außerkrafttreten der 7. BayIfSMV mit Ablauf des 1.11.2020 (vgl. § 28 Satz 2 der 8. BayIfSMV) und enthält auszugsweise folgende weitere Regelungen:
§ 2 Mund-Nasen-Bedeckung
Soweit in dieser Verordnung die Verpflichtung vorgesehen ist, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen (Maskenpflicht), gilt:
1. Kinder sind bis zum sechsten Geburtstag von der Tragepflicht befreit.
2. Personen, die glaubhaft machen können, dass ihnen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung aufgrund einer Behinderung oder aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich oder unzumutbar ist, sind von der Trageverpflichtung befreit.
3. Das Abnehmen der Mund-Nasen-Bedeckung ist zulässig, solange es zu Identifikationszwecken oder zur Kommunikation mit Menschen mit Hörbehinderung oder aus sonstigen zwingenden Gründen erforderlich ist.
§ 24 Weitergehende Maskenpflicht und Alkoholverbot
(1) Es besteht Maskenpflicht auf von der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde festzulegenden stark frequentierten öffentlichen Plätzen, auf den Begegnungs- und Verkehrsflächen einschließlich der Fahrstühle von öffentlichen Gebäuden sowie von sonstigen öffentlich zugänglichen Gebäuden, für die in dieser Verordnung keine besonderen Regelungen vorgesehen sind, auf den Begegnungs- und Verkehrsflächen der Arbeitsstätte, insbesondere in Fahrstühlen, Fluren, Kantinen und Eingängen; Gleiches gilt für den Arbeitsplatz, soweit der Mindestabstand von 1,5m nicht zuverlässig eingehalten werden kann.
(…)
(4) Die zuständige Kreisverwaltungsbehörde kann in begründeten Einzelfällen Ausnahmen zulassen, soweit dies aus infektionsschutzrechtlicher Sicht vertretbar ist.
Da seit Inkrafttreten der 8. BayIfSMV eine Maskenpflicht unabhängig von einem bestimmten 7-Tage-Inzidenzwert pro 100.000 Einwohner besteht, erließ die Antragsgegnerin am 3.11.2020 die Allgemeinverfügung zur Änderung der Allgemeinverfügung der Stadt Passau für öffentliche Versammlungen vom 17.7.2020 und zur Änderung der Allgemeinverfügung zur Festlegung von stark frequentierten öffentlichen Plätzen gemäß § 25 a der 7. BayIfSMV für die Stadt Passau vom 17.10.2020 (veröffentlicht im Amtsblatt der Stadt Passau Nr. 48/2020 vom 3.11.2020, Seite 507 ff.).
Die Allgemeinverfügung enthält auszugsweise folgende Regelungen:
„1.3. Ziffer II. wird wie folgt neu gefasst:
Die Anordnung tritt mit Bekanntmachung in Kraft und gilt bis 30.4.2021.
2. Ziff. 1 der Allgemeinverfügung zur Festlegung der stark frequentierten öffentlichen Plätze gemäß § 25 a der 7. BayIfSMV für die Stadt Passau vom 17.10.2020 (Amtsblatt 2020 Nummer 45) wird wie folgt neu gefasst:
„Die Stadt Passau legt als „stark frequentierte öffentliche Plätze“ im Sinne von § 24 Abs. 1 Nummer 1 der 8. BayIfSMV (betreffend der Maskenpflicht) im Stadtgebiet Passau folgende Straßen (einschließlich der Gehsteige; unabhängig von der Widmung), Plätze und sonstige öffentlich zugängliche Flächen im Freien fest:
Am Schanzl
…(Es folgt eine Auflistung der einzelnen Straßennamen)
Zinngießergasse und Zwinger.
Zur Begründung der Allgemeinverfügung führt die Antragsgegnerin aus:
„Im Nachgang zur Allgemeinverfügung zur Festlegung der stark frequentierten öffentlichen Plätze gemäß § 25 a der 7. BayIfSMV für die Stadt Passau vom 17.10.2020 war diese der 8. BayIfSMV anzupassen.
Die Anpassung an die Normen der 8. BayIfSMV ist dabei insoweit redaktioneller Natur (…).
Die vom Geltungsbereich erfassten Straßen, Plätze und sonstige öffentlich zugängliche Flächen sind aufgelistet, um die betroffenen Bereiche klarer zu fassen. Zusätzlich bleiben sie weiterhin in einem Lageplan veranschaulicht. Die Stadt Passau geht davon aus, dass bei pauschalierender Betrachtung die in Ziffer 1 der Allgemeinverfügung genannten Bereiche als „stark frequentiert“ im Sinne von § 24 Abs. 1 Nr. 1 sowie Abs. 3 der 8. BayIfSMV eingestuft werden können.
Die Verfügung tritt mit Bekanntgabe in Kraft. Rechtzeitig vor Ablauf der Geltung wird eine erneute Risikoeinschätzung stattfinden.“
Der Antragsteller wandte sich am 13.11.2020 mit einem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz an das Verwaltungsgericht Regensburg. Zur Begründung trägt er vor, er lebe und arbeite mit seiner Familie – Ehefrau und 2 Söhne im Alter von 4 Jahren und einem Jahr – im A* … in der Passauer Altstadt und betreibe dort auch eine Rechtsanwaltskanzlei. Sein Leben und Arbeiten finde zum größten Teil in der Passauer Altstadt statt. Der ältere Sohn gehe in den …kindergarten, der Antragsteller gehe mit seiner Familie auf die Spielplätze der Altstadt und er gehe am Inn spazieren und joggen. Im Altstadtbereich befinde sich auch das Amtsgericht Passau, das Landgericht Passau und die Justizvollzugsanstalt Passau, die der Antragsteller mehrmals in der Woche aufsuche.
Die Allgemeinverfügung der Stadt Passau sei unverhältnismäßig, da die Stadt bei Erlass der Allgemeinverfügung keine Betrachtung vorgenommen habe, wo es in der Innenstadt und Altstadt überhaupt Engstellen gebe. Außerdem habe sie nicht in ihre Erwägungen eingestellt, in welchem Maße die Altstadt und die Innenstadt derzeit überhaupt von Menschen aufgesucht werde. Die Passauer Altstadt sei zum größten Teil als Fuß- und Radweg bzw. als Fußgängerzone ausgewiesen, sodass der Fußgängerverkehr nicht auf die Gehsteige begrenzt sei. Es sei daher ohne weiteres möglich, einen Abstand von 1,5 m einzuhalten. Zudem sei die Passauer Altstadt und Innenstadt derzeit leer. Sowohl die sonst anwesenden zahlreichen Touristen als auch viele Studenten hielten sich derzeit nicht in Passau auf. Die Stadt Passau habe bei ihren Allgemeinverfügungen nicht berücksichtigt, dass es in Teilen der Altstadt nur wenig Gastronomie gebe und die bestehenden Gastronomiebetriebe mit starken Auflagen hinsichtlich ihres Platzangebotes belegt seien.
Das Übertragungsrisiko im Freien werde vom Robert Koch-Institut und auch allen namhaften Virologen als äußerst gering eingeschätzt, soweit ein Abstand von 1,5 m eingehalten werde. Es sei davon auszugehen, dass die in Passau entstandenen Infektionen nicht im Freien geschehen seien. Die Infektionszahlen in Passau hätten sich seit Beginn der Einführung der Maskenpflicht in der Altstadt und Innenstadt im Freien verschlechtert und nicht verbessert, sodass Übertragungen im Freien nicht der Treiber der Infektionszahlen seien könnten.
Der Antragsteller habe unter Hinweis auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 9.11.2020 hinsichtlich der Allgemeinverfügung der Stadt Landshut beim Rechtsamt der Stadt Passau nachgefragt, ob eine Änderung der Allgemeinverfügung angedacht sei. Eine Perspektive für eine derartige Änderung sei nicht benannt worden. Daher halte der Antragsteller einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz für notwendig.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung einer noch zu erhebenden Anfechtungsklage gegen die Allgemeinverfügung vom 3.11.2020 zur Änderung der Allgemeinverfügung der Stadt Passau für öffentliche Versammlungen vom 17.7.2020 und zur Änderung der Allgemeinverfügung zur Festlegung der stark frequentierten öffentlichen Plätze gemäß § 25 a der 7. BayIfSMV für die Stadt Passau vom 17.10.2020 anzuordnen, soweit darin die Maskenpflicht im Freien auf stark frequentierten öffentlichen Plätzen geregelt wird.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antrag sei bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer noch zu erhebenden Anfechtungsklage sei unzulässig, nachdem bisher keine Anfechtungsklage erhoben worden sei. Der streitgegenständliche Bescheid sei zwischenzeitlich seinem wesentlichen Inhalt nach unanfechtbar. Die mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung:versehene Allgemeinverfügung zur Festlegung der stark frequentierten öffentlichen Plätze gemäß § 25 a des 7. BayIfSMV für die Stadt Passau vom 17.10.2020 sei im Amtsblatt der Stadt Passau Nummer 45 am 17.10.2020 bekannt gemacht worden. Damit habe die Monatsfrist des § 58 i.V.m. § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO mit Ablauf des 17.11.2020 geendet. Folglich sei die Allgemeinverfügung vom 17.10.2020 zwischenzeitlich bestandskräftig geworden. Die Allgemeinverfügung vom 3.11.2020 enthalte lediglich redaktionelle Änderungen im Hinblick auf die Normen der 8. BayIfSMV.
Überdies wäre die Anfechtungsklage in der Hauptsache unbegründet, weil die Ausweisung der streitgegenständlichen Flächen als „stark frequentierte öffentliche Plätze“ im Sinne des § 24 Abs. 1 Nr. 1 der 8. BayIfSMV rechtmäßig sei. Ein ganz maßgeblicher Faktor bei der Gewichtung dessen, was vor Ort noch als „stark frequentiert“ bewertet werden könne, sei das jeweilige Infektionsgeschehen. Die Maskenpflicht sei kein Selbstzweck, sondern in Bezug zu setzen zu der konkreten Gefahrensituation. In Anbetracht der Wucht der Infektionszahlen in Passau könne kein Zweifel daran bestehen, dass die streitgegenständlichen Bereiche derzeit als „stark frequentiert“ zu werten seien. Die 7-Tage Inzidenz in Passau habe am 16.11.2020 einen Höchststand von 295,4 pro 100.000 Einwohner erreicht. Es handele sich um ein diffuses Ausbruchsgeschehen. Die Quellen der Ausbrüche seien nur in den seltensten Fällen nachvollziehbar. Im Klinikum Passau befänden sich derzeit 42 Patienten in stationärer Behandlung (zzgl. 5 weiterer Verdachtsfälle). Ein Rückgang der Infektionszahlen sei eine Woche nach dem Lockdown immer noch nicht erkennbar.
In allen in der Allgemeinverfügung festgelegten Bereichen finde sich (noch immer) ein reger Verkehr von Fußgängern und Radfahrern, und zwar in einem in Anbetracht der Inzidenzzahlen als sehr kritisch zu bewertenden Umfang.
Die Antragsgegnerin machte im Rahmen der Antragserwiderung umfangreiche Ausführungen zum festgelegten örtlichen Umgriff der Allgemeinverfügung. Zur Festlegung der stark frequentierten Bereiche sei am 17.10.2020 die „Arbeitsgruppe Corona“ einberufen worden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen in der Antragserwiderung vom 18.11.2020 Bezug genommen.
Bei der Auslegung der streitgegenständlichen Norm sei eine pauschalierende Betrachtungsweise zulässig. Dies ergebe sich aus der ratio legis. Schließlich liege die Schwierigkeit der Normunterworfenen auf der Hand, noch nachvollziehen zu können, wann wo welche Regelungen zum Infektionsschutz gälten. Einzig ein nachvollziehbarer Umgriff sichere die praktische Anwendbarkeit. Ein kleinteiliger Umgriff wäre kein milderes Mittel. Er wäre nicht gleich effektiv, weil mangels Nachvollziehbarkeit das Gesamtgebiet schlechter geschützt werde.
Eine zeitliche Begrenzung des Maskengebots scheide aus, diese sei in der Ermächtigungsnorm (aktuell § 24 Abs. 1 Nr. 1 der 8. BayIfSMV) gar nicht vorgesehen. Dies gelte vor allem vor dem Hintergrund, dass im Gegensatz dazu für die Abgabe von alkoholischen Getränken gemäß § 24 Abs. 2, Abs. 3 der 8. BayIfSMV explizit eine zeitliche Beschränkung vorgesehen sei. Außerdem enthielten die vom Verwaltungsgericht Regensburg in seinem Beschluss vom 9.11.2020 (RN 14 S 20.2676) herangezogenen Allgemeinverfügungen anderer Städte auch keine zeitliche Beschränkung. Schließlich sei es evident, dass eine zeitliche Differenzierung zu einer deutlichen Verunsicherung über die Reichweite der Maskenpflicht führen würde. Selbstverständlich würde die kontrollierende Polizei bei etwaigen Bußgeldverfahren mit dem notwendigen Fingerspitzengefühl agieren und es sei erkennbar abwegig, dass die Polizei einen Maskenverstoß etwa um 4:24 Uhr nachts an einem menschenleeren Platz mit einem Bußgeld belegen würde.
Zur Geltungsdauer bis 31.4.2021 sei auszuführen, dass die Antragsgegnerin die Entwicklung des Pandemiegeschehens beobachte und regelmäßig eine Bewertung der aktuellen Situation durchführe. Dies schließe auch die Entscheidung darüber mit ein, ob die Allgemeinverfügung gegebenenfalls vor Ablauf der ohnehin vorhandenen zeitlichen Befristung aufgehoben werde oder nicht.
Soweit der Antragsteller in seiner Antragsschrift ausgiebig dazu Stellung beziehe, inwiefern er von der Maskenpflicht betroffen sei, sei auszuführen, dass der Antragsteller in keiner Weise dargelegt habe, inwieweit er von der Maskenpflicht gerade zur Nachtzeit betroffen sein könnte. Die von dem Antragsteller zitierten Tätigkeiten fänden allesamt tagsüber oder am frühen Abend statt.
Selbst wenn man die Rechtmäßigkeit der Allgemeinverfügung auf der Grundlage des § 24 Abs. 1 Nr. 1 der 8. BayIfSMV zu Unrecht scheitern lassen würde, könnte die Maßnahme zumindest auf § 25 S. 1 der 8. BayIfSMV gestützt werden.
Die streitgegenständliche Allgemeinverfügung sei in der Stadtratssitzung der Antragsgegnerin am 16.11.2020 erneut ausführlich diskutiert worden. Sämtliche Redner quer durch die Fraktionen hätten sich unisono für die Beibehaltung der bisherigen Allgemeinverfügung ausgesprochen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, insbesondere die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist begründet.
Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erforderlichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage ist die Allgemeinverfügung vom 3.11.2020 zur Änderung der Allgemeinverfügung der Stadt Passau für öffentliche Versammlungen vom 17.7.2020 und zur Änderung der Allgemeinverfügung zur Festlegung der stark frequentierten öffentlichen Plätze gemäß § 25 a der 7. BayIfSMV für die Stadt Passau vom 17.10.2020 im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung voraussichtlich rechtswidrig, soweit sie sich mit der Festlegung der stark frequentierten öffentlichen Plätze befasst und verletzt den Antragsteller in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1. Der Antrag ist zulässig.
a) Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist die richtige Antragsart und daher statthaft.
Das Antragsbegehren ist gemäß §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass sich der Antragsteller nicht grundsätzlich gegen die Maskenpflicht wendet, sondern nur gegen die konkrete Umsetzung der Ausweisung der stark frequentierten öffentlichen Plätze in der Stadt Passau. Sein Rechtsschutzziel ist daher nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes im Normenkontrollverfahren gemäß § 47 Abs. 6 VwGO gegen die Regelungen der 8. BayIfSMVinsbesondere § 24 Abs. 1 der 8. BayIfSMV, der Ermächtigungsgrundlage für die Allgemeinverfügung der Stadt Passauzu erreichen. Der Antragsteller begehrt die Aufhebung einer ihn belastenden Regelung in Form der Allgemeinverfügung vom 3.11.2020 der Stadt Passau in der die Ausweisung der stark frequentierten öffentlichen Plätze zu einer weitergehenden Maskenpflicht im Freien führt. Richtige Klageart in der Hauptsache ist daher die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO gerichtet gegen die Allgemeinverfügung vom 3.11.2020.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse von der Behörde angeordnet worden ist gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Vorliegend hat die Antragsgegnerin zu Recht darauf hingewiesen, dass die Anordnung gemäß § 28 Abs. 3 i. V. m. § 16 Abs. 8 IfSG sofortig vollziehbar ist. Dies hat zur Folge, dass die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs und der Anfechtungsklage entfällt (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), weshalb der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft ist.
b) Der Antrag ist auch zulässig, da der Antragsteller in der Hauptsache in Bezug auf die streitgegenständliche Regelung nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt ist. Der Antragsteller ist gemeinsam mit seiner Familie in dem Bereich der Innenstadt wohnhaft, der der Maskenpflicht in der Allgemeinverfügung unterliegt und er betreibt in diesem Bereich auch seine Rechtsanwaltskanzlei. Sobald der Antragsteller sein Wohngebäude verlässt, ist er durch die weitergehende Maskenpflicht beschwert und folglich antragsbefugt. Es ist nicht erforderlich, dass der Antragsteller für sämtliche von ihm vorgetragene Rechtswidrigkeitsgründe seine Klagebefugnis im Einzelnen nachweist.
c) Der Antrag kann gemäß § 80 Abs. 5 Satz 2 VwGO auch schon vor Erhebung der Anfechtungsklage eingereicht werden. Das Gebot effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG und die Eilbedürftigkeit der Entscheidung gebieten es im vorliegenden Fall, dass die Möglichkeit vorläufigen Rechtsschutzes nicht erst dann einsetzt, wenn auch ein Rechtsbehelf in der Hauptsache eingelegt ist. Diese Möglichkeit sieht § 80 Abs. 5 Satz 2 VwGO explizit vor und dies ergibt sich auch aus einer entsprechenden Anwendung des Rechtsgedankens des § 123 Abs. 1 VwGO (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 80 Rn. 139). Die zur Entscheidung berufene Kammer teilt insoweit nicht die von der 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Regensburg vertretene abweichende Rechtsauffassung (RO 4 S 20.2767). Im vorliegenden Fall ist aufgrund der Eilbedürftigkeit der Entscheidung von vornherein absehbar, dass die Entscheidung in der Hauptsache nicht rechtzeitig ergehen kann. In einem derartigen Fall parallel die Erhebung einer Anfechtungsklage zu fordern ist weder mit dem Grundsatz der Prozessökonomie noch aus Kostengründen zu rechtfertigen. Nachdem von vornherein absehbar ist, dass eine Entscheidung in der Hauptsache nicht rechtzeitig ergehen kann, hält die zur Entscheidung berufene Kammer den Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO auch unabhängig von einer Klageerhebung zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts für zulässig.
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin war zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung die Rechtsbehelfsfrist noch nicht abgelaufen und die streitgegenständliche Allgemeinverfügung war daher noch nicht bestandskräftig. Maßgeblich kommt es insoweit nicht auf die Allgemeinverfügung der Stadt Passau vom 17.10.2020, sondern auf die Allgemeinverfügung der Stadt Passau vom 3.11.2020 an, die im Amtsblatt der Stadt Passau Nr. 48/2020 vom 3.11.2020, Seite 507 ff. bekannt gemacht wurde. Es handelt sich dabei nicht lediglich um eine redaktionelle Änderung der ursprünglich am 17.10.2020 erlassenen und bekannt gemachten Allgemeinverfügung. Die Allgemeinverfügung vom 3.11.2020 enthält erstmals die Festlegung der „stark frequentierten öffentlichen Plätze“ auf der Grundlage der 8. BayIfSMV. Die Anforderungen an die Festlegung dieser Flächen am Maßstab der 7. BayIfSMV und der 8. BayIfSMV unterscheidet sich voneinander. Mit dieser Allgemeinverfügung werden zudem erstmals die einzelnen Straßen und Plätze namentlich bezeichnet. Der betroffene Bürger muss daher eine Möglichkeit haben gegen die Allgemeinverfügung vom 3.11.2020 gesondert Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Die Klagefrist ist bezüglich der Allgemeinverfügung vom 3.11.2020 noch nicht abgelaufen.
2. Der Antrag ist auch begründet.
Im Rahmen seiner Entscheidung hat das Gericht eine Interessenabwägung zwischen dem Vollzugsinteresse der Allgemeinheit sowie dem Interesse des Antragstellers, die Anordnungen bis zur Entscheidung über die Hauptsache nicht befolgen zu müssen, vorzunehmen. Im Rahmen dieser Interessenabwägung spielen die Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage eine entscheidende Rolle. Ergibt die summarische Prüfung, dass die angefochtene Allgemeinverfügung offensichtlich rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, kann kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung bestehen.
Vorliegend wird die Hauptsacheklage voraussichtlich erfolgreich sein, da die streitgegenständliche Allgemeinverfügung voraussichtlich rechtswidrig ist und der Kläger hierdurch in seinen Rechten verletzt wird, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
a) Zweifel bestehen bereits daran, ob die Allgemeinverfügung der Stadt Passau vom 3.11.2020 auf einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage beruht.
Die Stadt Passau hat in der Allgemeinverfügung als Ermächtigungsgrundlage § 24 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 sowie § 25 S. 1 der 8. BayIfSMV i.V.m. §§ 32 S. 1, 28 Abs. 1 IfSG angegeben und eine Geltung der Allgemeinverfügung bis 30.4.2021 angeordnet. Die der Allgemeinverfügung zugrunde liegende 8. BayIfSMV hat demgegenüber nur einen Geltungszeitraum bis zum 30.11.2020. Das Gericht geht davon aus, dass die Allgemeinverfügung keinen über den Geltungszeitraum der zugrunde liegenden Ermächtigungsgrundlage geltenden Geltungszeitraum haben kann.
Selbst wenn man die Ermächtigungsgrundlage in §§ 32 S.1, 28 IfSG sehen wollte, dann bliebe ohne die Geltung der 8. BayIfSMV nur eine isoliert sinnlose Regelung. Ohne die Regelungen der §§ 24 Abs. 1 Nr. 1, 25 S. 1 BayIfSMV bliebe nur die Festlegung sogenannter stark frequentierte öffentlicher Plätze, ohne dass klar wäre, welche Konsequenzen damit verbunden sein sollen.
Es spricht daher viel dafür, dass der Allgemeinverfügung der Stadt Passau vom 3.11.2020 bereits die erforderliche Ermächtigungsgrundlage fehlt, nachdem der Geltungszeitraum über den Geltungszeitraum der der Allgemeinverfügung zugrundeliegenden Ermächtigungsgrundlage hinausgehen soll.
Dies kann aber dahinstehen, nachdem die Allgemeinverfügung auch aus anderen Gründen rechtswidrig ist.
b) Jedenfalls ist die Allgemeinverfügung der Stadt Passau vom 3.11.2020 wegen Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz des § 37 Abs. 1 VwVfG rechtswidrig.
Hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts bedeutet, dass der Inhalt der getroffenen Regelung gegebenenfalls im Zusammenhang mit den Gründen und den sonstigen bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umständen insbesondere für die Adressaten des Verwaltungsakts so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, dass sie ihr Verhalten danach ausrichten können und dass auch die mit dem Vollzug betrauten oder sonst mit der Angelegenheit befassten Behörden und deren Organe den Inhalt etwaigen Vollstreckungsmaßnahmen oder sonstigen weiteren Entscheidungen zugrunde legen können (Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 37 Rn. 5; BVerwG, U. v. 27.6.2012 – 9 C 7/11 – juris Rn. 14).). Unklarheiten und Mehrdeutigkeiten gehen zulasten der Behörde. Für die inhaltliche Bestimmtheit genügt es, dass aus dem gesamten Inhalt des Verwaltungsakts und aus dem Zusammenhang, vor allem aus der von der Behörde gegebenen Begründung und aus den Beteiligten bekannten näheren Umständen des Erlasses im Wege einer an den Grundsätzen von Treu und Glauben orientierten Auslegung hinreichende Klarheit gewonnen werden kann. Bei bußgeldbewehrten Vorschriften sind besonders strenge Anforderungen an die Wahrung des Bestimmtheitsgrundsatzes zu stellen, nachdem der Verstoß gegen eine derartige Regelung mit einer Strafe belegt ist.
Die streitgegenständliche Allgemeinverfügung der Stadt Passau genügt diesem Bestimmtheitsgrundsatz des § 37 Abs. 1 VwVfG nicht in dem erforderlichen Maße. Nach Nummer 2 der Allgemeinverfügung vom 3.11.2020 legt die Stadt Passau als „stark frequentierte öffentliche Plätze“ im Sinne von § 24 Abs. 1 Nr. 1 der 8. BayIfSMV (betreffend der Maskenpflicht) im Stadtgebiet Passau eine Aufzählung von Straßen (einschließlich der Gehsteige; unabhängig von der Widmung), Plätzen und sonstigen öffentlich zugänglichen Flächen im Freien fest. Die betroffenen Flächen werden in einem als Anlage beigefügten Lageplan, der Bestandteil der Allgemeinverfügung ist, veranschaulicht. In diesem Lageplan ist eine zusammenhängende Fläche des Stadtgebiets von Passau, das zwischen Donau und Inn liegt, gekennzeichnet. Markiert wurden in diesem Lageplan sämtliche in diesem Bereich liegende Flächen, auch der Bereich der Gebäude und private Flächen. Ausführungen dazu, wo und für wen konkret in diesen Bereichen eine Maskenpflicht gilt, enthält die Allgemeinverfügung nicht.
Damit bleiben nach Auffassung des Gerichts in einzelnen Bereichen Zweifel, ob eine Maskenpflicht tatsächlich besteht. Es ist aus der Allgemeinverfügung und ihrer Begründung nicht zu entnehmen, was unter „sonstige öffentlich zugängliche Flächen im Freien“ zu verstehen ist. Die vollständige Ausweisung der Innenstadt führt dazu, dass beispielsweise auch Hinterhöfe, private Parkplätze und Grundstückseinfahrten umfasst sind. Es ist nicht ersichtlich, ob hier die Maskenpflicht gilt oder nicht. Es bleibt unklar, ob für die Annahme der öffentlichen Zugänglichkeit bereits genügt, dass der Zugang nicht durch eine Barriere oder ein Verbotsschild untersagt ist oder ob darüber hinaus eine Widmung der betroffenen Fläche erforderlich ist.
Außerdem ist nicht klar, für wen eine Maskenpflicht besteht. Soll die Maskenpflicht nur für Fußgänger gelten oder auch für Fahrradfahrer und Fahrer von Elektrofahrzeugen (beispielsweise Elektroroller) und wenn ja, gilt diese beispielsweise auch auf der Straße oder nur auf dem Gehweg? Für wen die Maskenpflicht gilt, ist auch aus einer Zusammenschau mit § 24 Abs. 1 Nr. 1 der 8. BayIfSMV nicht erkennbar. Auch § 24 Abs. 1 Nr. 1 der 8. BayIfSMV spricht nur von einer Maskenpflicht ohne genauer zu konkretisieren, für wen diese Maskenpflicht besteht.
Insbesondere vor dem Hintergrund der Bußgeldbewährung der Maskenpflicht sind an die Bestimmtheit der Allgemeinverfügung strenge Anforderungen zu stellen. Die streitgegenständliche Allgemeinverfügung genügt diesen strengen Anforderungen nicht.
Dem Antragsgegner mag darin zuzustimmen sein, dass eine entsprechende Regelung sinnvollerweise in der Ermächtigungsgrundlage des § 24 Abs. 1 Nr. 1 der 8. BayIfSMV erfolgen hätte sollen. Solange dies nicht geschehen ist, muss aber zumindest aus einer Zusammenschau der Ermächtigungsgrundlage mit der Regelung der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde erkennbar sein, was von dem einzelnen Bürger verlangt wird. Dies ist derzeit mit der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung der Stadt Passau nicht der Fall. Diese verstößt daher gegen den Bestimmtheitsgrundsatz des § 37 Abs. 1 VwVfG.
c) Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die konkrete Festlegung der „stark frequentierten öffentlichen Plätze“ im Sinne des § 24 Abs. 1 Nr. 1 der 8. BayIfSMV und die fehlende zeitliche Einschränkung der bestehenden Maskenpflicht zur Rechtswidrigkeit der Allgemeinverfügung wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit führt. Nachdem bereits der Bestimmtheitsgrundsatz des § 37 VwVfG nicht gewahrt ist, kommt es darauf streitentscheidend nicht an.
Das Verwaltungsgericht sieht in diesem Eilverfahren aus prozessökonomischen Gründen von einer Darstellung und Entscheidung über zahlreiche schwierige Rechtsfragen ab, die nicht entscheidungserheblich sind.
d) Der Antragsteller wird durch die streitgegenständliche Regelung auch in seinen Rechten verletzt. Er ist durch die Verpflichtung zum Tragen einer Maske zumindest in seinem Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit verletzt.
Die aufschiebende Wirkung der noch zu erhebenden Anfechtungsklage gegen die Allgemeinverfügung vom 3.11.2020 war aus den vorgenannten Gründen anzuordnen, soweit sie sich auf die Festlegung der stark frequentierten öffentlichen Straßen und Plätze bezog. Nur darauf beschränkte der Antragsteller seinen Eilantrag. Eine teilweise Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kommt dann in Betracht, wenn die Gesamtregelung teilbar ist. Dies ist hier der Fall.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abrufbar auf der Homepage des BVerwG). Das Gericht hat vorliegend von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, wegen der Vorwegnahme der Hauptsache den Streitwert bis zur Höhe des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts anzuheben.


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