Verwaltungsrecht

unzulässiger Asylantrag bei vorheriger Schutzzuerkennung in Italien, keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung für alleinstehenden, arbeitsfähigen Mann

Aktenzeichen  W 4 K 21.30647

Datum:
5.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 43236
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 2
AufenthG § 60 Abs. 5
AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1
AsylG § 36
GrCh Art. 4
EMRK Art. 3

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Das Gericht konnte im vorliegenden Fall über die Klage entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten bei der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die Klage hat zum hier maßgeblichen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 AsylG) keinen Erfolg.
1. Die Klage ist ganz überwiegend zulässig.
Unzulässig ist die Klage allerdings hinsichtlich des klägerischen Hauptantrags, soweit er sich auf Ziffer 3, Satz 4 des streitgegenständlichen Bescheids („Der Antragsteller darf nicht nach Somalia abgeschoben werden.“) bezieht, da diese Feststellung für den Kläger lediglich rechtlich vorteilhaft ist und damit eine Klagebefugnis des Klägers mangels Rechtsverletzung nicht gegeben ist.
Statthafte Klageart hinsichtlich der Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung der gesetzlichen Regelungssystematik, wie sie beispielsweise in § 37 Abs. 1 AsylG zum Ausdruck kommt, die (isolierte) Anfechtungsklage (vgl. hierzu etwa BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4.16 – juris Rn. 16 ff.).
2. Soweit die Klage zulässig ist, ist sie jedoch nicht begründet.
Der Bescheid des Bundesamts vom 13. August 2018 ist abgesehen von der dort festgesetzten 30-tägigen Ausreisefrist (Ziffer 3, Satz 1) rechtmäßig und verletzt den Kläger schon deswegen nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 5 Satz 1 VwGO). Hinsichtlich der Ausreisefrist von 30 Tagen fehlt es jedoch an einer Beschwer des Klägers, so dass auch insoweit keine Rechtsverletzung vorliegt.
2.1. Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides ist rechtmäßig, denn der Asylantrag des Klägers in Deutschland ist gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG unzulässig.
Gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt hat. Hiermit wird Art. 33 der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes – Asylverfahrensrichtlinie – (RL 2013/32/EU) umgesetzt, welcher in seinem Absatz 2 abschließend regelt, unter welchen Voraussetzungen die Mitgliedstaaten einen Asylantrag als unzulässig betrachten dürfen (vgl. OVG NRW, U.v. 24.8.2016 – 13 A 63/16.A – juris Rn. 30). Dies ist nach Art. 33 Abs. 2 Buchst. a) Asylverfahrensrichtlinie u.a. dann der Fall, wenn ein anderer Mitgliedstaat bereits internationalen Schutz gewährt hat.
Dies ist hier der Fall. Ausweislich des Schreibens des italienischen Innenministeriums vom 7. August 2018 wurde dem Kläger in Italien bereits subsidiärer Schutz zuerkannt und eine entsprechende Aufenthaltserlaubnis erteilt (vgl. Blatt 82 BA).
2.2. Der Ablehnung des Asylantrags als unzulässig gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG steht auch nicht Art. 4 der Grundrechtscharta (GrCh) i.V.m Art. 3 EMRK (vgl. Art. 52 Abs. 3 GrCh) entgegen (vgl. hierzu EuGH, B.v. 13.11.2019 – C-540/17 u.a. – juris). Eine ernsthafte Gefahr, eine gegen Art. 4 GrCh verstoßende, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung in Italien zu erfahren, besteht für den Kläger als jungen, gesunden und arbeitsfähigen Mann zur Überzeugung des Gerichts unter Berücksichtigung aktueller Erkenntnismittel nicht.
Bei der Prüfung, ob Italien hinsichtlich der Behandlung von rücküberstellten Schutzberechtigten gegen Art. 4 GrCh i.V.m. Art. 3 EMRK verstößt, ist ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. EuGH, U.v. 19.3.2019 – C-297/17 – juris; OVG Lüneburg, B.v. 21.12.2018 – 10 LB 201/18 – BeckRS 2018, 33662; U.v. 29.1.2018 – 10 LB 82/17 – juris Rn. 28). Denn Italien unterliegt als Mitgliedstaat der Europäischen Union deren Recht und ist den Grundsätzen einer gemeinsamen Asylpolitik sowie den Mindeststandards des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems verpflichtet. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und in der EMRK finden. Daraus hat der Europäische Gerichtshof die Vermutung abgeleitet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (vgl. hierzu aus jüngerer Zeit etwa EuGH, U.v. 19.3.2019 – C-297/17 u.a. juris Rn. 83 f.).
Diese Vermutung ist zwar nicht unwiderleglich. Eine Widerlegung dieser Vermutung hat der Europäische Gerichtshof aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft. Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder jeder Verstoß gegen die Aufnahmerichtlinie (RL 2013/33/EU), die Qualifikationsrichtlinie (RL 2011/95/EU) oder die Verfahrensrichtlinie (RL 2013/32/EU) genügt, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu hindern. Denn Mängel des Asylsystems können nur dann gegen das Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung verstoßen, wenn sie eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreichen.
Diese Schwelle ist nach der Rechtsprechung des EuGH im Anschluss an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 3 EMRK (vgl. Art. 6 Abs. 3 EUV und Art. 52 Abs. 3 GrCh) erst dann erreicht, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats zur Folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre (vgl. EuGH, U.v. 19.3.2019 – C-297/17 u.a. – juris Rn.89 ff.; aus der Rechtsprechung des EGMR siehe etwa EGMR, U.v. 4.11.2014 – 29217/12 – NVwZ 2015, 127 ff.).
Selbst große Armut oder eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse erreichen diese Schwelle nicht, wenn sie nicht mit extremer materieller Not verbunden sind, aufgrund deren diese Person sich in einer solch schwerwiegenden Situation befindet, dass sie einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichgestellt werden kann (EuGH, U.v. 19.3.2019 – C-297/17 u.a. – juris Rn. 89 ff.). Verstöße gegen Bestimmungen des Kapitels VII der Anerkennungsrichtlinie genügen hierfür nicht (EuGH, U.v. 19.3.2019 – C-297/17 u.a. – juris Rn. 92). Auch der Umstand, dass der Schutzberechtigte in dem Mitgliedstaat, der dem Asylantragsteller diesen Schutz gewährt hat, keine oder im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten nur in deutlich eingeschränktem Umfang existenzsichernde Leistungen erhalten, ohne jedoch anders als die Angehörigen dieses Mitgliedstaats behandelt zu werden, kann nur dann zu der Feststellung führen, dass dieser dort tatsächlich der Gefahr ausgesetzt wäre, eine gegen Art. 4 GrCh verstoßende Behandlung zu erfahren, wenn dieser Umstand zur Folge hat, dass sich dieser Schutzberechtigte aufgrund seiner besonderen Verletzbarkeit unabhängig von seinem Willen und seinen persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände (EuGH, U.v. 19.3.2019 – C-297/17 u.a. – juris Rn. 93).
Ist dagegen ernsthaft zu befürchten, dass die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber bzw. anerkannte Schutzberechtigte im zuständigen Mitgliedstaat derartige Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Personen im Sinne von Art. 4 GrCh bzw. Art. 3 EMRK zur Folge haben, ist eine Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar (vgl. EuGH, U.v. 19.3.2019 – C-297/17 u.a. – juris Rn. 87; BVerwG, B.v. 19.3.2014 -10 B 6.14 – juris Rn. 6).
Hinsichtlich der Gefahrenprognose ist im Rahmen des Art. 4 GrCh bzw. Art. 3 EMRK auf den Maßstab des „real risk“ der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte abzustellen (vgl. EGMR, Große Kammer, U.v. 28.2.2008 – Nr. 37201/06, Saadi – NVwZ 2008, S. 1330 Rn. 129; BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – juris Rn. 32); das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 5.09 – BVerwGE 136, S. 377 Rn. 22 m.w.N. stRspr).
Der Tatrichter muss sich unter Berücksichtigung des Untersuchungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO) somit zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der GrCh sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Absatz 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylsystems oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 5.09 – BVerwGE 136, S. 377 Rn. 22 m.w.N.) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird.
Das erfordert eine aktuelle Gesamtwürdigung der zur jeweiligen Situation vorliegenden Berichte und Stellungnahmen, wobei regelmäßigen und übereinstimmenden Berichten von internationalen Nichtregierungsorganisationen besondere Bedeutung zukommt (BVerfG, B.v. 21.4.2016 – 2 BvR 273/16 – juris Rn. 11; vgl. auch EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 und C-493/10 – juris Rn. 90 f.). Das gilt insbesondere für die Stellungnahmen des UNHCR angesichts der Rolle, die diesem in Hinblick auf die Überwachung der Einhaltung der GFK (vgl. dort Art. 35) übertragen worden ist (vgl. EuGH, U.v. 30.5.2013 – C-528/11 – juris Rn. 44).
2.3. Nach diesen strengen Maßstäben bestehen zur Überzeugung des Gerichts in Italien im Hinblick auf die Aufnahmebedingungen für anerkannte Schutzberechtigte keine derartigen Mängel, die die Annahme rechtfertigen würden, dass gesunden, arbeitsfähigen anerkannten Schutzberechtigten – wie dem Kläger – bei einer Abschiebung nach Italien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Situation extremer materieller Not und damit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 GrCh bzw. Art. 3 EMRK droht (in diesem Sinne aus jüngerer Zeit etwa auch OVG RhPf, U.v. 15.12.2020 – 7 A 11038/18 – juris; VG Berlin, U.v. 19.5.2021 – 28 K 84.18 A – juris; VG Stuttgart, U.v. 25.2.2021 – A 4 K 1044/20 – juris; a.A. OVG Münster, U.v. 20.7.2021 – 11 A 1674/20.A – juris, jedenfalls sofern keine Möglichkeit der Unterbringung in einem SAI-Zentrum mehr besteht; noch weiter gehend VG Oldenburg, U.v. 2.7.2021 – 6 A 2745/19 – juris).
Die Aufnahmebedingungen in Italien stellen sich dabei unter Berücksichtigung aktueller Erkenntnismittel wie folgt dar:
2.3.1. Anerkannte Schutzberechtigte erhalten in Italien eine Aufenthaltserlaubnis, die für fünf Jahre gültig ist und die in der Folge erneuert bzw. verlängert werden kann (vgl. hierzu Aida, Country Report: Italy, Stand: 31.12.2020, S. 169; BFA, Länderinformation der Staatendokumentation, Italien, 11.11.2020, S. 22). Die Erneuerung – oder im Falle des Verlusts die Ausstellung einer Kopie – beantragt man durch das Ausfüllen entsprechender Formulare und deren Versand per Post an die zuständige Questura (AIDA, Country Report: Italy, Stand: 31.12.2020, S. 169). Für den Verlängerungs- bzw. Erneuerungsantrag benötigt man zudem einen eingetragenen Wohnsitz oder eine sogenannte „Erklärung der Gastfreundschaft“ („dichiarazione di ospitalita“, vgl. hierzu ACCORD, Anfragenbeantwortung zu Italien: 18.9.2020, S. 5). Eine solche Erklärung der Gastfreundschaft kann dabei insbesondere auch von Privatpersonen abgegeben werden (vgl. ACCORD, 18.9.2020, S. 5). Bei der Erneuerung einer Aufenthaltserlaubnis kommt es nach vorliegenden Erkenntnismitteln jedenfalls in einigen Provinzen zu ganz erheblichen Zeitverzögerungen. Dies stellt im Alltag aber in aller Regel deswegen kein Problem dar, weil Antragsteller nach der Beantragung eine Bestätigung (sog. „cedolino“) erhalten, die in allen Fällen, in denen eine Aufenthaltserlaubnis benötigt wird, vorgezeigt werden kann und allgemein akzeptiert wird (vgl. hierzu ACCORD, Anfragenbeantwortung zu Italien, 18.9.2020, S. 5).
2.3.2. Was die Unterkunftssituation anbelangt, so können anerkannte Flüchtlinge bzw. Schutzberechtigte in Italien für einen Zeitraum von sechs Monaten in einem sog. SAI-Zentrum (vorher SIPROIMI-Zentren) untergebracht werden, sofern es dort freie Plätze gibt und die Person nicht bereits zuvor in einem System der Zweitaufnahme untergebracht war.
Dieses Unterbringungssystem besteht derzeit aus 760 kleineren, dezentralisierten Projekten und ist primär für die Unterbringung für bereits anerkannte Schutzberechtigte und unbegleitete Minderjährige vorgesehen (Aida, Country Report: Italy, 21.12.2020, S. 180 f.) Im Januar 2021 gab es in SAI-Zentren 30.049 Unterkunftsplätze, von denen zum 31. Dezember 2020 25.574 belegt waren (vgl. hierzu Aida, Country Report: Italy, 21.12.2020, S. 182 u. 180).
Auch Rückkehrern mit einem abgelaufenen Aufenthaltstitel kann dabei eine Unterkunft in einem SAI-Zentrum zugeteilt werden. Jeder Fall eines internationalen Schutztitelinhabers, der sich in einen anderen EU-Staat begeben hatte und dort nochmal Asyl beantragt hat und in der Folge nach Italien rücküberstellt wird, wird vom sog. „Servizio Centrale“ geprüft. Bei der Prüfung durch den Servizio Centrale ist es aber nicht unbedingt nötig, im Besitz eines gültigen Aufenthaltspapiers zu sein; wichtig ist vielmehr, dass das Aufenthaltspapier ohne rechtliche Probleme verlängerbar ist. Rückkehrerinnen und Rückkehrer können dabei auch bereits im Vorfeld vor ihrer Rückkehr nach Italien einen Antrag beim Servizio Centrale stellen (vgl. hierzu VG Berlin, U.v. 19.5.2021 – 28 K 84.18 A – juris Rn. 29; ACCORD, Anfragenbeantwortung zu Italien, 18.9.2020, S. 7 f).
Die gesetzlich vorgesehene Aufenthaltsdauer von sechs Monaten in einem SAI-Zentrum kann dabei um sechs weitere Monate verlängert werden, beispielsweise um Integrationsmaßnahmen abzuschließen oder wenn besondere Umstände, wie z.B. gesundheitliche Probleme, vorliegen. Gleiches gilt für vulnerable Personen, zu denen unter anderem unbegleitete Minderjährige, Behinderte, ältere Menschen, schwangere Frauen, Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern, Opfer von Menschenhandel sowie Menschen mit ernsthaften Krankheiten oder psychischen Störungen zählen. Bei schwerwiegenden gesundheitlichen Einschränkungen kann der Aufenthalt im SAI-Zentrum sogar ein zweites Mal um sechs Monate verlängert werden (vgl. hierzu Aida, Country Report: Italiy, 31.12.2020, S. 182).
In den SAI-Zentren stehen anerkannten Schutzberechtigten spezielle Integrationsmaßnahmen zur Verfügung, bestehend aus Sprachtraining, Vermittlung von Grundkenntnissen zu Rechten und Pflichten, die in der Verfassung der Italienischen Republik verankert sind, Orientierung bezüglich wesentlicher öffentlicher Dienstleistungen sowie Orientierung bezüglich der Arbeitsvermittlung (vgl. SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, 10.6.2021, S. 12, AIDA, Country Report, 31.12.2020, S. 183).
Die Möglichkeit über ein SAI-Zentrum Unterstützung zu erhalten hängt dabei vor allem davon ab, ob und in welchem Umfang ein Schutzberechtigter bereits Leistungen der Sekundärunterbringung in Anspruch genommen hat. Das Recht auf Unterbringung in einem SAI-Zentrum besteht insbesondere dann nicht mehr, wenn einer Person bereits dort untergebracht war oder aber wenn eine Person die ihr vom Servizio-Centrale zugewiesene Unterkunft trotz entsprechender Zuteilung nicht genutzt hat und ihr daher der entsprechende Anspruch entzogen wurde (vgl. hierzu SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, Januar 2020, S. 56; zu den Entzugsgründen im Einzelnen vgl. AIDA, Country Report: Italy, 31.12.2020, S. 183).
Neben den staatlich finanzierten SAI-Projekten gibt es für anerkannte Schutzberechtigte auch die Möglichkeit eine Sozialwohnung zu beantragen. Ein solcher Antrag ist direkt in der jeweiligen Stadt bzw. Gemeinde zu stellen, wobei die Zugangsvoraussetzungen unterschiedlich geregelt sind. Dabei hat jede Provinz in Italien ein Netzwerk von Sozialdiensten (ACCORD, Anfragenbeantwortung zu Italien, 18.9.2020, S. 9).
Anerkannte Flüchtlinge und Schutzberechtigte haben dabei das selbe Recht auf Zugang zu sozialen Wohnraum wie italienische Staatsbürger (vgl. hierzu Aida, Country Report: Italy, 31.12.2020, S. 183 f; ACCORD, Anfragenbeantwortung zu Italien, 18.9.2020, S. 9 f.). In einigen Regionen Italiens erfordert der Zugang zu Sozialwohnungen jedoch einen Mindestaufenthalt im Land, wie z.B. in der Region Friaul – Venezien, wo der Zugang zu Sozialwohnungen auf Personen beschränkt ist, die nachweislich und ununterbrochen fünf Jahre in der Region gewohnt haben. Darüber hinaus ist die Warteliste für derartige Sozialwohnungen vielerorts lang, in Rom beispielsweise beträgt die entsprechende Wartezeit rund sieben Jahre. Zudem muss regelmäßig nachgewiesen werden, dass bereits ein Wohnsitz in der Gemeinde besteht, in der eine Sozialwohnung beantragt wird. Das bedeutet in der Praxis, dass es Personen mit internationalem Schutzstatus regelmäßig sehr schwer fällt, Zugang zu öffentlichem Wohnraum bzw. Sozialwohnungen zu erhalten (vgl. hierzu ACCORD, Anfragenbeantwortung zu Italien, 18.9.2020, S. 9 f.).
Darüber hinaus bieten NGOs und Wohltätigkeitsorganisationen auch Schlafplätze an, deren Kapazitäten jedoch beschränkt sind. Nicht selten leben Menschen mit internationalem Schutzstatus jedenfalls vorübergehend auch in Notunterkünften, die lediglich einen Platz zum Schlafen anbieten und die nicht speziell für Flüchtlinge gewidmet sind, sondern auch italienischen Staatsbürgern in Notsituationen offenstehen (vgl. BFA, Länderinformation der Staatendokumentation, Italien, 11.11.2020, S. 23).
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Angaben besteht für anerkannte Schutzberechtigte in Italien zwar die Gefahr der (vorübergehenden) Obdachlosigkeit (vgl. SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, 10.6.2021, S. 12 f.). Es liegen jedoch keine Erkenntnismittel vor, wonach tatsächlich ein größerer Teil der anerkannten Schutzberechtigten obdachlos ist. Vielmehr ist ein im Verhältnis zu ihrer Gesamtzahl ein eher kleiner Teil der Migranten tatsächlich obdachlos bzw. lebt in besetzten Häusern. Nach Schätzungen der MÈDECINS SANS FRONTIÈRES (= Ärzte ohne Grenzen) gibt es in Italien ungefähr 10.000 obdachlose Menschen (MSF, „OUT of sight“ – Second edition, Stand: 8.2.2018), unter denen sich auch anerkannte Schutzberechtigte befinden. Dass anerkannt Schutzberechtigte damit regelhaft bzw. systematisch der Obdachlosigkeit anheimfallen würden, lässt sich den aktuellen Erkenntnismitteln somit gerade nicht entnehmen, selbst wenn es auch unter diesen immer wieder zu Obdachlosigkeit kommen kann (vgl. hierzu BFA, Länderinformationsblatt – Italien, Stand: 26.2.2019, S. 25).
2.3.3. Durch die anerkannten Schutzberechtigten erteilte Aufenthaltserlaubnis haben diese Zugang zum italienischen Arbeitsmarkt bzw. zu einer Berufsausübung wie italienische Staatsangehörige. Das italienische Asylsystem geht dabei davon aus, dass anerkannte Schutzberechtigte durch eigene Arbeit ihren Lebensunterhalt selbst besorgen. Besondere Bedeutung für die Integration von anerkannten Flüchtlingen bzw. subsidiär Schutzberechtigten in den Arbeitsmarkt kommt dabei den örtlichen Arbeitsämtern sowie den SAI-Zentren zu. Anerkannte Personen können sich bei den örtlichen Arbeitsämtern anmelden und werden nach einer entsprechenden Registrierung über Stellenangebote informiert (ACCORD, Anfragenbeantwortung zu Italien, 18.9.2020, S. 10).
Anerkannte Schutzberechtigte haben somit rein rechtlich den gleichen Zugang zum Arbeitsmarkt wie italienische Staatsangehörige. Die Situation für Arbeitssuchende stellt sich in Italien aufgrund der hohen Arbeitslosenzahl jedoch generell als schwierig dar. Dieser Umstand wurde durch die Corona-Pandemie und deren wirtschaftliche Auswirkungen noch weiter verschärft (vgl. hierzu etwa SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, 10.6.2021, S. 13 f.). Weitere tatsächliche Zugangshindernisse zum Arbeitsmarkt stellen häufig fehlende Sprachkenntnisse und eine fehlende Berufsqualifikation bzw. die fehlende Anerkennung von solchen Qualifikationen dar (vgl. ACCORD, Anfragenbeantwortung zu Italien, 18.9.2020, S. 10). Nicht selten finden Schutzberechtigte nur Arbeit auf dem „informellen Arbeitsmarkt“, wo sie häufig ausgebeutet werden (vgl. hierzu etwa SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, 10.6.2021, S. 13).
Unabhängig von der insbesondere im Vergleich zur Bundesrepublik deutlich schwierigeren Arbeitsmarktsituation in Italien, die sich durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie zunächst deutlich verschlechtert hat, ging die Erwerbslosenquote in Italien zuletzt allerdings wieder auf 9, 3 Prozent zurück (vgl. Eurostat, Arbeitslosenquote im Euroraum im Juli 2021, 1.9.2021) und liegt damit aktuell sogar unter den Arbeitslosenquoten in den Jahren 2019 und früher, als die Arbeitslosigkeit in Italien durchgängig (und teilweise deutlich) über 10,0 Prozent lag (vgl. Eurostat, Arbeitslosigkeit nach Geschlecht und Alter (1992-2020) – jährliche Daten; abgerufen am 14.9.2021: https://appsso.eurostat.ec.europa.eu/nui/show.do?dataset=une_rt_a_h& lang=de). Die Wirtschaft Italiens ist im Jahr 2021 wieder gewachsen, und dies voraussichtlich sogar stärker als zunächst prognostiziert (die Wachstumsprognose für Italien lag bei 5,8 Prozent; vgl. hierzu etwa Wirtschaftswoche, Italienische Regierung hält 2021 stärkstes Wirtschaftswachstum seit Jahrzehnten für möglich, 5.9.2021). Insbesondere im Handwerk und im Hotel- und Gaststättengewerbe, fehlt es an Arbeitskräften. So fehlten im Hotel- und Gaststättengewerbe zuletzt 50.000 Arbeitskräfte (vgl. hierzu Reuters, Harder to attract staff than visitors at Italy`s tourist hotspots, 29.6.2021; Südtirol-News, Handwerk in Südtirol: Zwischen Tradition und Digitalisierung, 8.4.2021). Auch im Handwerk besteht jedenfalls regional ein erheblicher Bedarf an entsprechenden Fachkräften und Lehrlingen (vgl. hierzu etwa Eures, Arbeitsmarktinformationen zu Italien nach Regionen, Stand: 11/2020; Nachrichten für Südtirol, Handwerk in Südtirol: Zwischen Tradition und Digitalisierung, 8.4.2021, zuletzt abgerufen am 13.9.2021 unter: www.stol.it/artikel/wirtschaft/handwerk-in-suedtirol-zwischen-tradition-und-digitalisierung). Für ungelernte Arbeiterinnen und Arbeiter bleiben zudem in den Bereichen Hausarbeit, Reinigungsgewerbe und insbesondere Landwirtschaft, in dem die Corona-Pandemie sogar zeitweise eine stark erhöhte Nachfrage zur Folge hatte, weil die sonst regelmäßig nach Italien reisenden Saisonarbeiter in Folge der eingeschränkten Mobilität in Europa ausgeblieben sind, auch weiterhin Arbeitsmöglichkeiten (vgl. hierzu EURES, Kurzer Überblick über den Arbeitsmarkt in Italien, Stand: 11/2020). Auch wenn gerade im Bereich der italienischen Landwirtschaft eine nicht unerhebliche Quote an illegal Beschäftigten anzutreffen sein dürfte (vgl. hierzu etwa SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, 10.6.2021, S. 13), so liegen doch keine Erkenntnismittel vor, dass in diesem Bereich auch nur überwiegend allein eine illegale Beschäftigung möglich wäre (in diesem Sinne aber wohl OVG Münster, U.v. 20.7.2021 – 11 A 1674/20.A – juris Rn. 166).
Darüber hinaus haben anerkannte Schutzberechtigte in Italien zwar keinen Anspruch auf staatliche Sozialhilfe, die mit der in Deutschland gewährten Sozialhilfe vergleichbar wäre (SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, 8/2016, S. 52). Einen solchen Anspruch haben aber auch italienische Staatsangehörige nicht. Das italienische Sozialsystem ist insgesamt sehr schwach ausgebildet, was daran liegt, dass es auf die in Italien traditionell starken Familienstrukturen aufsetzt und daher insbesondere keinerlei Nothilfen garantiert (vgl. hierzu BFA, Länderinformation der Staatendokumentation: Italien, 11.11.2020, S. 24 f.).
Gleichwohl gibt es seit März 2019 eine Art Grundeinkommen, ein sog. Bürgergeld. Voraussetzung für dessen Bezug ist jedoch, dass man mindestens die letzten zehn Jahre in Italien gewohnt hat, so dass anerkannt Schutzberechtigte diese Voraussetzungen in aller Regel nicht erfüllen (vgl. hierzu ACCORD, Anfragenbeantwortung zu Italien, 18.9.2020 S. 11; BFA, Länderinformation der Staatendokumentation: Italien, 11.11.2020, S. 24).
Darüber hinaus gibt es in Italien einzelne, in den Zuständigkeitsbereich der Regionen oder Kommunen fallende Fürsorgeleistungen, die hinsichtlich ihrer Voraussetzungen, des Empfängerkreises und der Leistungshöhe jedoch stark variieren (Raphaelswerk, 6/2020, S. 14 f.; ACCORD, Anfragenbeantwortung zu Italien, 18.9.2020 S. 11 f.).
2.3.4. Hinsichtlich der medizinischen Versorgung haben Anerkannte in Italien die gleichen Rechte und Pflichten wie italienische Staatsbürger, sobald sie beim Nationalen Gesundheitsdienst registriert sind. Die Registrierung gilt für die Dauer der Aufenthaltsberechtigung und erlischt auch nicht in der Verlängerungsphase. Für die Registrierung ist dabei eine gültige Aufenthaltserlaubnis oder ein Nachweis, dass die Verlängerung bzw. Ausstellung angefordert wurde, ein Wohnnachweis oder bei Nichtvorhandensein eine Erklärung zum aktuellen Wohnort sowie eine Steuernummer notwendig (ACCORD, Anfragenbeantwortung zu Italien, 18.9.2020 S. 11). Nach der neueren Rechtslage ist die Einschreibung beim Nationalen Gesundheitsdienst jedoch bereits auf Basis des sog. „domicilio“ garantiert, der üblicherweise im Aufnahmezentrum liegt (vgl. BFA, Länderinformation der Staatendokumentation, Italien, 11.11.2020, S. 20).
Unabhängig davon besteht auch für anerkannte Schutzberechtigte bis zur Registrierung im Gesundheitssystem ein Zugang zu medizinischen Basisleistungen und insbesondere einer medizinischen Notfallversorgung (vgl. BFA, Länderinformation der Staatendokumentation, Italien, 11.11.2020, S. 19 u. S. 20).
2.3.5. Unter Berücksichtigung der dargestellten Aufnahmebedingungen in Italien und der persönlichen Umstände des Klägers ist zur Überzeugung des Gerichts nicht davon auszugehen, dass dieser im Falle seiner Rückkehr nach Italien dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GrCh bzw. Art. 3 EMRK ausgesetzt zu werden.
Der Kläger hat nach einigen Jahren Schulbesuch in Somalia in Deutschland erfolgreich die Mittelschule abgeschlossen. Darüber hinaus hat der Kläger Kenntnisse in mehreren Fremdsprachen. Englisch kann er lesen und schreiben. Neben Arabisch hat er kürzlich zudem auch Italienischkenntnisse auf dem Niveau A1. Darüber hinaus hat der Kläger seine K* …-Prüfung bestanden. Gerade auf dem Gesundheitssektor besteht auch in Italien ein großer Bedarf an Arbeitskräften (vgl. hierzu etwa: Italy is short on healthcare workers – Quartz (qz.com), vom 24.11.2020 sowie Italian associations call for hiring foreign health workers with work permit – InfoMigrants, vom 11.11.2020; beides zuletzt abgerufen am 27.9.2021).
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben auch noch einen Anspruch auf Unterbringung in einem SAI-Zentrum haben dürfte. Denn in solchen Zentren werden auf Antrag primär anerkannte Schutzberechtigte untergebracht (siehe hierzu nochmals oben unter 2.3.2.). Dass der Kläger einen solchen Antrag bei der zuständigen Behörde bereits gestellt hätte, ist nicht ersichtlich, zumal er nach eigenen Angaben schon gar keine Kenntnis davon gehabt habe, ob er in Italien überhaupt anerkannt worden sei (vgl. Seite 2 der Niederschrift vom 28.9.2021). Damit ist davon auszugehen, dass der Kläger im Falle seiner Rückkehr zunächst für sechs Monate in einem SAI-Zentrum unterkommen kann. Dass dort derzeit keine Plätze verfügbar wären, ist unter Berücksichtigung der oben unter 2.3.2. in Bezug genommenen Erkenntnismittel nicht erkennbar. Dem Kläger steht damit eine sechsmonatige Übergangszeit zur Verfügung, in der er sich um bessere Italienischkenntnisse, eine Arbeitsstelle, ggf. die Anerkennung seiner bisherigen Berufsqualifikation und eine Unterkunft bemühen kann. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass dies dem Kläger ein hohes Maß an Eigeninitiative und einiges an Anstrengungen abverlangen wird. Dass der Kläger hierzu als junger, gesunder Mann nicht in der Lage wäre bzw. ihm dies nicht zumutbar wäre, ist nicht ersichtlich.
Aufgrund der vorstehenden Feststellung steht unter Berücksichtigung des hier maßgeblichen Zeitpunkts (§ 77 Abs. 1 Satz 1) Art. 4 GrCh i.V.m. Art. 3 EMRK der Ablehnung des Asylantrags als unzulässig nicht entgegen.
3. Auch einen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG hat der Kläger nicht.
3.1. Die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG hat das Bundesamt zu Recht verneint. Einen entsprechenden Anspruch hat der Kläger zum hier maßgeblichen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht.
Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
Da dem Kläger als gesundem, arbeitsfähigem Mann in Italien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 4 GrCh bzw. Art. 3 EMRK droht, scheidet auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG zu seinen Gunsten aus. Insoweit wird auf die Ausführungen unter 2.3. Bezug genommen. Die Verletzung sonstiger Konventionsrechte ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Das Bundesamt hat die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG somit zu Recht verneint.
3.2. Auch die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG sind nicht gegeben. Nach Satz 1 dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nach § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG allerdings nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, vor. Für eine derart schwerwiegende Erkrankung fehlen im Falle des Klägers, jegliche Anhaltspunkte. Insbesondere ist es auch nicht ausreichend wahrscheinlich, dass der Kläger als junger, gesunder Mann ernsthaft an Covid-19 erkranken wird (vgl. hierzu etwa Report of the WHO-China Joint Mission on Coronavirus Disease 2019 (COVID-19), 24.2.2020, S. 12).
4. Hinsichtlich der Abschiebungsandrohung hat der Kläger keine Rechtsfehler geltend gemacht. Die Festsetzung der Ausreisefrist auf 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens widerspricht zwar den gesetzlichen Vorgaben des § 36 Abs. 1 AsylG. Die dem Kläger zu setzende Ausreisefrist hätte demnach nur eine Woche betragen dürfen. Da der Kläger vorliegend durch die insoweit im angefochtenen Bescheid getroffene Regelung jedoch bessergestellt ist als gesetzlich vorgesehen, fehlt es insoweit an der erforderlichen Beschwer des Klägers (so auch OVG Lüneburg, B.v. 21.12.2018 – 10 LB 201/18 – BeckRS 2018, 3362; VG Göttingen, U.v. 15.10.2018 – 3 A 745/17 – BeckRS 2018, 26544 m.w.N.). Die Klage ist daher auch insoweit nicht begründet.
Rechtsfehler hinsichtlich der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Klage war somit vollumfänglich abzuweisen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83b AsylG.


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