Verwaltungsrecht

Unzureichende Darlegung der Vaterschaft eines Unionsbürgerkindes durch kosovarischen Staatsangehörigen im Beschwerdeverfahren

Aktenzeichen  10 CS 21.493

Datum:
31.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 16245
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5, § 146 Abs. 4
AufenthG § 55

 

Leitsatz

Da die zukünftige Vaterschaft eines Unionsbügerkindes für einen Drittstaatsangehörigen einen aufenthaltsrechtlich günstigen Umstand darstellt, wird dieser erfahrungsgemäß den Behörden und Gerichten gegenüber unmittelbar nach Kenntniserlangung angezeigt. (red. LS Clemens Kurzidem)

Verfahrensgang

Au 1 S 20.2806 2021-01-26 Bes VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird verworfen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,– Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller im Wesentlichen seinen vor dem Verwaltungsgericht erfolglosen Eilantrag weiter, die aufschiebende Wirkung seiner Klage hinsichtlich der Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis und hinsichtlich der gleichzeitig erlassenen Abschiebungsandrohung anzuordnen.
Dem am … 1992 geborenen Antragsteller, einem kosovarischen Staatsangehörigen, wurde am 7. August 2012 eine bis zum Jahr 2022 befristete slowenische Daueraufenthaltsberechtigung ausgestellt. Am 9. Januar 2018 reiste er in das Bundesgebiet ein und beantragte bei der Antragsgegnerin eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 38a AufenthG, welche ihm diese am 15. März 2018 befristet auf ein Jahr erteilte. Am 25. Februar 2019 beantragte er die Verlängerung dieser Aufenthaltserlaubnis.
Der Antragsteller wurde im Bundesgebiet mehrfach straffällig.
Mit Bescheid vom 10. Dezember 2020 lehnte die Antragsgegnerin die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ab (Nr. 1 d. Bescheidstenors), setzte eine Ausreisefrist bis zum 31. Dezember 2020 (Nr. 2) und drohte für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise dem Antragsteller die Abschiebung in die Republik Kosovo oder jeden anderen Staat an, in den der Antragsteller einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist (Nr. 3).
Mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2020 hat der Antragsteller − neben der hiergegen erhobenen Klage − im Wesentlichen beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Mit angegriffenem Beschluss vom 26. Januar 2021 hat das Verwaltungsgericht den Eilantrag des Antragstellers abgelehnt.
Mit Schriftsatz vom 11. Februar 2021 hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt der Sache nach mit dem Antrag,
unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung trägt er vor, dass er ein Bleibeinteresse habe. Seine Lebensgefährtin, Frau M. B., eine tschechische Staatsangehörige, erwarte in wenigen Wochen ein Kind von ihm. Die vorgeburtliche Vaterschaftsanerkennung und ein gemeinsames Sorgerecht seien bislang coronabedingt nicht möglich gewesen. Das Jugendamt habe erst zum 31. März 2021 einen Termin zur Beurkundung vergeben, der jedoch auf den Geburtstermin falle. Für die Ausübung des gemeinsamen Sorgerechts sei es unerlässlich, dass der Antragsteller im Bundesgebiet verbleibe. Beigefügt waren eine Kopie einer Bestätigung der als Lebensgefährtin bezeichneten Person sowie eine Kopie eines auf deren Namen lautenden Mutterpasses.
Mit Schreiben vom 30. März 2021 hat die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Dazu führt sie aus, es sei bislang nicht bekannt gewesen, dass der Antragsteller eine Lebensgefährtin habe. Der Antragsteller habe dies auch nicht bei der Anhörung zu dem streitbefangenen Bescheid am 31. August 2020 mitteilen lassen, obwohl die ärztlichen Untersuchungen (erg. in dem Mutterpass – Anm. d. Senats) bereits am 7. August 2021 erfolgt seien. Auch nach Erlass des streitbefangenen Bescheides am 10. Dezember 2020 habe der Antragsteller nicht mitgeteilt, dass er Vater eines Unionsbürgerkindes werden würde. Bis zum jetzigen Zeitpunkt liege weder eine Vaterschaftsanerkennung noch eine Sorgerechtserklärung des Antragstellers vor. Eine telefonische Nachfrage bei den Jugendämtern der Landeshauptstadt München, des Landkreises München sowie der Antragsgegnerin habe ergeben, dass die als Lebensgefährtin bezeichnete Person dort nirgends einen Termin für die Vaterschaftsanerkennung und die Abgabe einer Sorgerechtserklärung vereinbart habe. Der Antragsgegnerin erschließe sich nicht, warum der Antragsteller die behauptete Vaterschaft nicht schon vorher vorgetragen habe und warum die Vaterschaftserkennung seit Kenntnis von der Schwangerschaft Anfang August 2020 nicht möglich gewesen sein soll. Aus genannten Gründe bezweifele die Antragsgegnerin die tatsächliche Vaterschaft des Antragstellers.
Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die Gerichts- und Behördenakte verwiesen.
II.
1. Die dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof seine Prüfung nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen keine Abänderung des angefochtenen Beschlusses.
Die Beschwerde ist § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO zu verwerfen, weil sie den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht genügt. Das Beschwerdevorbringen des Antragstellers, das sich auf die nachträgliche Geltendmachung eines Bleibeinteresses zu seinen Gunsten gemäß § 55 Abs. 2 Nrn. 3 und 5 AufenthG beschränkt und den Beschluss des Verwaltungsgerichts im Übrigen nicht angreift, ist unsubstantiiert.
Die Beschwerdeschrift wiederholt lediglich die vagen und pauschalen Aussagen in der beigefügten Kopie der Bestätigung der als Lebensgefährtin bezeichneten Person. Diese Bestätigung entbehrt jeglicher konkreter Angaben zu der nunmehr behaupteten Eigenschaft des Antragstellers als Lebensgefährte und zukünftiger Vater eines gemeinsamen Kindes, insbesondere zu Zeiten und Orten sowie Zusammenhängen und Hintergründen (vgl. Senatsakte, Bl. 18: „… bestätige ich, …, von Herrn … ein Kind zu erwarten“ u. „Wir wollten beides bereits vorgeburtlich regeln, haben jedoch Corona bedingt erst für den 31.03.2021 einen Termin beim Jugendamt München erhalten“). Die Bestätigung bleibt zudem auch in Bezug auf das behauptete weitere Vorgehen lediglich im Ungefähren (vgl. Senatsakte, Bl. 18: „wissen noch nicht, ob wir diesen Termin einhalten können“ u. „Gegebenenfalls werden wir die Formalitäten dann nach erfolgter Geburt erledigen“ u. „Wir planen des Weiteren in der nächsten Zeit zusammenzuziehen“). Entsprechende Nachweise hierfür fehlen sämtlich.
Das Vorbringen ist des Weiteren, worauf die Antragsgegnerin zutreffend hingewiesen hat, unplausibel und widersprüchlich. Laut den vorgelegten Unterlagen war die Schwangerschaft der als Lebensgefährtin bezeichneten Person und damit auch einem etwaigen Lebensgefährten spätestens nach der Durchführung der ärztlichen Untersuchungen am 7. August 2020 bekannt. Da ein derartiger Umstand für den Betroffenen aufenthaltsrechtlich günstig ist, wird dieser erfahrungsgemäß den Behörden und Gerichten gegenüber unmittelbar darauf angezeigt. Es wäre also zu erwarten gewesen, dass der Antragsteller jedenfalls der Antragsgegnerin gegenüber im Verwaltungsverfahren oder im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren dem Verwaltungsgericht gegenüber die zukünftige Vaterschaft geltend macht. Dies ist jedoch nicht geschehen. Der Antragsteller hat diese von der Antragsgegnerin aufgezeigten offenkundigen Widerspruche und Unplausibilitäten nicht aufgelöst, obwohl das Beschwerdeverfahren hierzu Gelegenheit bot.
Schließlich ist die in Aussicht gestellte Übersendung einer Vaterschaftsanerkennung und einer Sorgeerklärung − ohne Angabe von Gründen − ausgeblieben. Die Antragstellerseite hat auf die Beschwerdeerwiderung der Antragsgegnerin nicht reagiert, den behaupteten Geburtstermin des gemeinsamen Kindes verstreichen lassen und dem Senat auch in der Folge bis zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung nunmehr zwei Monate danach keinerlei Mitteilung gemacht. Nach alledem sieht der Senat das Beschwerdevorbringen als den Darlegungsanforderungen nicht genügend an.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit Nrn. 8.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
4. Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.


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