Arbeitsrecht

Bewilligung, Schadensersatz, Beschwerde, Prozesskostenhilfe, Leistungen, Anrechnung, PKH, Beiordnung, Kostenfestsetzungsverfahren, RVG, Klageverfahren, Umsatzsteuer, Erstattung, Verfahren, Sicherung des Lebensunterhalts, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, Bewilligung von PKH

Aktenzeichen  L 12 SF 161/20

Datum:
24.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 4134
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

S 19 SF 33/20 E 2020-04-28 Bes SGNUERNBERG SG Nürnberg

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 28. April 2020, S 19 SF 33/20 E, sowie die Vergütungsfestsetzung der Urkundsbeamtin vom 15. Januar 2020 abgeändert. Die dem Beschwerdeführer aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung wird auf 630,40 € festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.
Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH), insbesondere die Anrechnung einer Geschäftsgebühr für das Vorverfahren auf die Verfahrensgebühr des Klageverfahrens.
Der Beschwerdeführer (Bf) vertrat beide Kläger, Mutter und Sohn, in den Verfahren S 10 AS 421/15, S 10 AS 422/15 und S 10 AS 423/15. Gegenstand der Klagen war die Aufhebung der Bewilligung, Ablehnung und Erstattung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) nach einem Erbfall. Der Bf erhob jeweils am 19.2.2015 Klage zum SG Halle und beantragte die Bewilligung von PKH. Nach Verweisung der Streitigkeiten an das zuständige SG Nürnberg wurden die Klagen mit Beschluss vom 4.5.2015 unter dem führenden Aktenzeichen S 10 AS 421/15 verbunden. Eine ausführliche Klagebegründung erfolgte durch den Bf mit Schriftsatz vom 14.3.2017. Nachdem den Klägern mit Beschluss vom 14.3.2017 ab Klageerhebung Prozesskostenhilfe bewilligt und der Bf zu den Bedingungen eines im Bezirk des Sozialgerichts Nürnberg ortsansässigen Rechtsanwaltes beigeordnet worden war, gab der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung am 17.3.2017 (Dauer 13.30 Uhr bis 14.30 Uhr unter Beiziehung eines Dolmetschers) ein Teilanerkenntnis ab. Im Übrigen wurden die Klagen für erledigt erklärt. Der Beklagte erklärte sich bereit, die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger zu tragen.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28.9.2017 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die von dem Beklagten an die Kläger für die drei Verfahren zu erstattenden außergerichtlichen Kosten auf insgesamt 1.518,98 € (= 1/2 von 3.037,96 €) unter Zugrundelegung von jeweils einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 VV RVG sowie einer Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 300,00 € zuzüglich Erhöhungstatbestand für mehrere Auftraggeber nach Nr. 1008 VV RVG in Höhe von 90,00 € und der Anrechnung einer Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG in Höhe von jeweils 175,00 € fest. Die hiergegen erhobene Erinnerung des Bf mit dem Begehren, eine Anrechnung – wie beantragt – lediglich in Höhe von 75,00 € vorzunehmen, da der Beklagte lediglich die Hälfte der Geschäftsgebühren zu zahlen habe, blieb ohne Erfolg (Beschluss des SG Nürnberg vom 4.4.2019, S 17 SF 278/18 E). Der Beklagte erstattete dem Bf sodann am 27.10.2017 den festgesetzten Betrag von 1.518,98 € zuzgl. Zinsen. Hierbei zahlte der Beklagte auf die Geschäftsgebühr jeweils 195,- € und auf die Verfahrensgebühr jeweils 107,50 € (zzgl. USt.)
Am 28.3.2017 beantragte der Bf, die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung für das führende Verfahren S 10 AS 421/15 (einschließlich der hinzuverbundenen Verfahren S 10 AS 422/15 und S 10 AS 423/15) auf 805,93 € festzusetzen. Wie schon im Antrag auf Kostenfestsetzung nahm er bei der Verfahrensgebühr, die er für jedes Verfahren mit 300,00 € ansetzte, eine Anrechnung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG jeweils in Höhe von 75,00 € (= 1/2 der von dem Beklagten gezahlten Geschäftsgebühr in Höhe von 150,- €) vor.
Mit Beschluss vom 15.1.2020 setzte die zuständige Urkundsbeamtin die Vergütung im Verfahren S 10 AS 421/15 auf 502,48 € fest. Abweichend vom Antrag des Bf setzte sie die Verfahrensgebühr für die hinzuverbundenen Verfahren S 10 AS 422/15 und S 10 AS 423/15 auf lediglich jeweils 200,00 € zuzüglich des Erhöhungstatbestandes von 60,00 € fest und nahm für jedes der drei Verfahren eine Anrechnung nach Vorbem. 3 Abs. 4 in Höhe von 97,50 € vor. Die Festsetzung der übrigen Gebühren und Auslagen erfolgte antragsgemäß. Aus dem so errechneten Gesamtbetrag von 1.004,96 € ergäbe sich bei einer Quote von 1/2 der Betrag von 502,48 €.
Hiergegen wandte sich der Bf am 31.1.2020 mit seiner Erinnerung und beantragte nunmehr, den Anrechnungsbetrag auf 0,00 € zu reduzieren. Im Kostenfestsetzungsverfahren sei zu Unrecht eine Anrechnung in Höhe des Maximalbetrages, den der Bf gar nicht erhalten habe, erfolgt. Im Rahmen der Vergütungsfestsetzung der aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung habe daher keine Anrechnung mehr zu erfolgen, da der Bf durch die Anrechnung nicht erhaltener Zahlungen Nachteile erlangen würde. Zur Begründung seines Vorbringens führte der Bf mehrere Rechenbeispiele an.
Das SG hat mit Beschluss vom 28.4.2020 unter Abänderung des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses vom 15.1.2020 die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung des Bf auf 628,92 € festgesetzt und die Erinnerung im Übrigen zurückgewiesen. Grundsätzlich sei die von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vorgenommene Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr unter Berücksichtigung auch des Erhöhungstatbestandes der Nr. 1008 VV RVG nicht zu beanstanden. Dies bedeute aber nicht, dass die Verfahrensgebühr bei der Vergütungsfestsetzung nach § 48 RVG in jedem Fall um den Anrechnungsbetrag zu kürzen sei, unabhängig davon, ob und in welcher Höhe Zahlungen geleistet wurden. Anzurechnen auf die Verfahrensgebühr seien vielmehr nur tatsächlich geleistete Zahlungen auf die Geschäftsgebühr. Vorliegend seien dem Bf von dem Beklagten für die Verfahren S 10 AS 421/15, S 10 AS 422/15 und S 10 AS 423/15 zur Erfüllung seiner Vergütungsansprüche auf die Geschäftsgebühren nach Nr. 2302 VV RVG jeweils 195,00 € zugeflossen. Höhere Beträge als diese von dem Beklagten der Ausgangsverfahren gezahlten Geschäftsgebühren müsse sich der Bf bei der Vergütungsfestsetzung nicht entgegenhalten lassen. Die Verfahrensgebühren für die gerichtlichen Verfahren seien vielmehr grundsätzlich um jeweils 97,50 € zu mindern, weil das RVG maximal eine hälftige Anrechnung vorsehe. Genau diese Anrechnung habe die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ihrem Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 15.1.2020 zugrunde gelegt. Das Begehren des Bf, den Anrechnungsbetrag auf 0,00 € zu reduzieren, stehe im klaren Widerspruch zur Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG und den diesbezüglichen Ausführungen des Bayerischen Landessozialgerichts in seinem Grundsatzbeschluss vom 22.5.2019, L 12 SF 282/14 E. Allerdings dürfe bei der Anrechnung der Höchstbetrag von 175,00 € nicht überschritten werden. Würde es bei der von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vorgenommenen Anrechnung der Geschäftsgebühr in Höhe von jeweils 97,50 € verbleiben, würde der Gesamtbetrag der vom Erinnerungsführer verdienten Verfahrensgebühren jeweils um insgesamt 185,00 € (1/2 von 175,00 € = 87,50 € im Rahmen der Kostenfestsetzung gegenüber dem Beklagten zuzüglich 97,50 € im Rahmen der Vergütungsfestsetzung gegenüber der Staatskasse) vermindert werden. Die vorliegend streitgegenständlichen Anrechnungsbeträge seien daher um jeweils 10,00 € auf 87,50 € zu reduzieren.
Das SG errechnete sodann unter Zugrundelegung der im Übrigen nicht im Streit stehenden Gebühren und Auslagen des Bf die von der Staatskasse zu erstattenden Kosten wie folgt:
„S 10 AS 421/15
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG
300,00 €
Erhöhungstatbestand, Nr. 1008 VV RVG
90,00 €
Gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG anzurechnen
– 87,50 €
Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG
320,00 €
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG
20,00 €
Pauschale für Kopien und Ausdrucke, Nr. 7000 VV RVG
29,50 €
Summe
672,00 €
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG
127,68 €
Summe mit Umsatzsteuer
799,68 €
S 10 AS 422/15
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG
200,00 €
Erhöhungstatbestand, Nr. 1008 VV RVG
60,00 €
Gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG anzurechnen
– 87,50 €
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG
20,00 €
Summe
192,50 €
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG
36,58 €
Summe mit Umsatzsteuer
229,08 €
S 10 AS 423/15
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG
200,00 €
Erhöhungstatbestand, Nr. 1008 VV RVG
60,00 €
Gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG anzurechnen
– 87,50 €
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG
20,00 €
Summe
192,50 €
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG
36,58 €
Summe mit Umsatzsteuer
229,08 €
Gesamtbetrag
1.257,84 €
Davon X wie beantragt
628,92 €
Gegen den am 30.4.2020 zugestellten Beschluss des SG richtet sich die Beschwerde des Bf vom 13.5.2020, in der zur Begründung zunächst auf die bisherigen Ausführungen, insbesondere die verschiedenen Rechenbeispiele verwiesen wird. Die im Kostenfestsetzungsbeschluss bezüglich des Beklagten sowie vom SG in dem angefochtenen Beschluss vorgenommene Anrechnung in einer Gesamthöhe, die er nicht erhalten habe, sei eine Benachteiligung gegenüber dem Prozessbevollmächtigten, der einen Leistungsempfänger ausschließlich im Klageverfahren vertreten habe.“
Der Beschwerdegegner (Bg) hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.
Im Übrigen wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie des Erinnerungsverfahrens mit dem Az.: S 19 SF 33/20 E und die beigezogenen Akten des SG mit den Az.: S 10 AS 421/15, S 10 AS 422/15 und S 10 AS 423/15 verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist im tenorierten Umfang erfolgreich.
1) Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerden ist zwar prinzipiell der Einzelrichter (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG). Jedoch entscheidet wegen grundsätzlicher Bedeutung der hier vorliegenden Angelegenheit gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG der Senat als Gesamtspruchkörper. Die Entscheidung ergeht ohne die Mitwirkung ehrenamtlicher Richter (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 3 RVG).
2) Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall die Regelungen des RVG in der ab dem 1.8.2013 geltenden Fassung gemäß dem Zweiten Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (Zweites Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – 2. KostRMoG) vom 23.7.2013 (BGBl S. 2586, 2681 ff.), denn der unbedingte Auftrag i.S.v. § 60 Abs. 1 RVG ist dem Bf nach dem 31.7.2013 erteilt worden.
3) Die Beschwerde ist zulässig.
Sie ist statthaft, weil das SG die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen hat (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 2 RVG). Die Beschwerde ist auch fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden.
4) Die Beschwerde ist aber nur zum Teil begründet.
Die angegriffenen Vergütungsfestsetzungen des SG waren abzuändern, da sie die Vergütung des Bf zu niedrig festgesetzt haben. Dem Bf steht abweichend von den bisherigen Festsetzungen eine aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung in Höhe von 630,40 € zu.
a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen – wie hier – das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Staatskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Die Höhe der Vergütung errechnet sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zum RVG. Bei Rahmengebühren bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1). Bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm ein Spielraum bzw. eine Toleranzgrenze von 20 % zusteht (BSG, Urteil vom 1.7.2009, B 4 AS 21/09 R, BSGE 104, 30-41; zur Berechnung der 20 %-Toleranzgrenze vgl. Beschluss des Senats vom 24.3.2020, L 12 SF 271/16 E). Im Fall einer nicht verbindlichen, d.h. nicht der Billigkeit entsprechenden Bestimmung der Gebühr durch den Rechtsanwalt, wird die Gebühr im Vergütungsfestsetzungsverfahren bestimmt. Der gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 RVG zuständige Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (Kostenbeamter), im Fall der Erinnerung das gemäß § 56 Abs. 1 RVG zuständige Gericht und im Fall der Beschwerde das Beschwerdegericht gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG sind befugt und verpflichtet, die von dem Rechtsanwalt bestimmten Gebühren auf ihre Billigkeit hin zu überprüfen und bei Feststellung der Unbilligkeit die Gebühr selbst festzusetzen.
b) Unter Berücksichtigung dieser Kriterien erweist sich zunächst eine Festsetzung der Verfahrensgebühr (Nr. 3102 VV RVG) in den hinzuverbundenen Verfahren S 10 AS 422/15 und S 10 AS 423/15 auf 200,- € zuzüglich 60,- € Erhöhungstatbestand für einen weiteren Auftraggeber statt der beantragten Mittelgebühren von 300,- € zuzüglich 90,- Erhöhungstatbestand als zutreffend. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Ausführungen im Beschluss der Urkundsbeamtin vom 15.1.2020 – insbesondere zu den zu beachtenden Synergieeffekten – verwiesen, denen sich der Senat anschließt, § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG. Der Bf hat auch keine Argumente vorgetragen, die zu einer anderen Entscheidung führen könnten. Die übrigen Gebühren und Auslagen wurden antragsgemäß berücksichtigt und sind nicht streitig.
c) Die in diesem Verfahren im Wesentlichen im Streit stehende Anrechnung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG ist vom SG in korrekter Höhe (87,50 €) berücksichtigt worden.
Nach der einschlägigen Bestimmung in der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG wird eine Geschäftsgebühr nach Teil 2 VV RVG zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet, soweit sie wegen desselben Gegenstandes entsteht. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, da der Bf die Kläger der Ausgangsverfahren bereits in den den Klageverfahren vorausgehenden Widerspruchsverfahren vertreten hatte. Im vorliegenden Fall ist für die Tätigkeit des Bf in den den Klageverfahren vorausgegangenen Widerspruchsverfahren jeweils eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 VV RVG in Höhe von 300,- € zuzüglich des Erhöhungstatbestandes nach Nr. 1008 VV RVG von 90,- € entstanden. Die Regelung in der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG kennt keine weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen. Auf die Erfüllung der anwaltlichen Vergütungsforderung kommt es zu diesem Zeitpunkt nicht an, so dass auf die Verfahrensgebühren der gerichtlichen Verfahren grundsätzlich jeweils ein Betrag von 175,- € (1/2 von 390,- € = 195,- €, begrenzt auf den Anrechnungsbetrag von 175,- €) anzurechnen ist. Soweit der Bf einwendet, dass der Beklagte tatsächlich entsprechend der vereinbarten Kostenquote nur 195,- € gezahlt hat, spielt dies für die Frage der grundsätzlichen Anrechnung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG zunächst keine Rolle.
Für das Ergebnis entscheidend ist vielmehr, welche Wirkung diese Anrechnungsregelung nach sich zieht (Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 17.6.2019, L 2 AS 241/18 B; SG Marburg, Beschluss vom 15.3.2019, S 10 SF 54/17 E, beide juris). Diese Frage war bei Inkrafttreten des RVG nicht ausdrücklich geregelt. Daraufhin ist die Rechtsprechung überwiegend davon ausgegangen, eine Verfahrensgebühr, auf die eine andere Gebühr teilweise anzurechnen sei, sei nur in der verringerten Höhe (also der Differenz) entstanden. Diese Rechtsprechung, die sich in Kostenfestsetzungsverfahren zugunsten des Kostenschuldners und damit im Ergebnis zu Lasten des im Übrigen zahlungspflichtigen Mandanten des Rechtsanwalts ausgewirkt hat, ist durch den Gesetzgeber sodann bewusst durch die Einfügung von § 15a RVG, der die Wirkung der Anrechnung im Innenverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Auftraggeber regelt, korrigiert worden. Durch die nachträgliche Einfügung des § 15a RVG sollten „unerwünschte Auswirkungen der Anrechnung zum Nachteil des Auftraggebers“ vermieden werden. Dabei ging der Gesetzgeber ausweislich der Materialien (BT-Drucks. 16/12717 S. 58) von folgender Zielsetzung aus:
„Die Vorschrift beschränkt die Wirkung der Anrechnung auf den geringst möglichen Eingriff in den Bestand der betroffenen Gebühren. Beide Gebührenansprüche bleiben grundsätzlich unangetastet erhalten. Der Rechtsanwalt kann also beide Gebühren jeweils in voller Höhe geltend machen. Er hat insbesondere die Wahl, welche Gebühr er fordert und – falls die Gebühren von verschiedenen Personen geschuldet werden – welchen Schuldner er in Anspruch nimmt. Ihm ist lediglich verwehrt, insgesamt mehr als den Betrag zu verlangen, der sich aus der Summe der beiden Gebühren nach Abzug des anzurechnenden Betrags ergibt. Soweit seine Forderung jenen Betrag überschreitet, kann ihm der Auftraggeber die Anrechnung entgegenhalten. Mehr ist nicht erforderlich, um die Begrenzung des Vergütungsanspruchs zu erreichen, die mit der Anrechnung bezweckt wird.“
Nach § 15a Abs. 1 RVG kann der Rechtsanwalt daher alle Gebühren fordern, in der Summe jedoch nicht mehr als den um die Anrechnungsquote reduzierten Betrag. Im vorliegenden Fall verlangte der Bf im Verfahren S 10 AS 421/15 eine Verfahrensgebühr und eine Geschäftsgebühr (einschließlich des zu beachtenden Erhöhungstatbestandes nach Nr. 1008 VV RVG) in Höhe von je 390,- €. Dabei hat das SG zutreffend die wegen Nr. 1008 VV RVG erhöhte Geschäftsgebühr nur gedeckelt auf den Maximalbetrag von 175,- € auf die Verfahrensgebühr angerechnet. Bei der Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG handelt es sich nicht um eine eigenständige Gebühr, sondern es wird vielmehr lediglich der Mindest- und Höchstbetrag der entsprechenden Betragsrahmengebühr erhöht (Forbriger in Hartmann/Toussaint, Kostenrecht, 50. Aufl. 2020, VV 1008 RVG Rn. 12). Für eine Erhöhung der maximal anzurechnenden Gebühr von 175,- € lässt das Gesetz keinen Raum. Die Regelung der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 2 VV RVG bestimmt insoweit eine eindeutige Höchstgrenze, welche einer Auslegung nicht zugänglich ist (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 22.6.2007, 22 S 439/06). Dies hat das SG zutreffend berücksichtigt. Für das Verfahren S 10 AS 421/15 ergibt sich daher ein abstrakter Gesamtbetrag in Höhe von 605,- € (390,-. € zuzgl. 390,- € ./. 175,- €). Allerdings kann – wie vorliegend geschehen – die Staatskasse die unbillige Bestimmung der Gebühren geltend machen und in die abstrakte Berechnung des Gesamtbetrags die aus ihrer Sicht angemessenen Gebühren einstellen (§ 14 Abs. 4 RVG). § 15a Abs. 1 RVG stellt mithin auf den in der Höhe zutreffend bestimmten abstrakten Gesamtbetrag ab. Für die Verfahren S 10 AS 422/15 sowie S 10 AS 423/15 beträgt der abstrakte Gesamtbetrag daher nur 475,- € (390,- € Geschäftsgebühr zuzgl. 260,- € Verfahrensgebühr ./. 175,-).
§ 15a Abs. 2 RVG betrifft hingegen die Wirkungen der Anrechnung im Verhältnis zu Dritten, die nicht am Mandatsverhältnis beteiligt sind, sondern etwa für entstandene Gebühren Schadensersatz zu leisten oder sie nach prozessrechtlichen Vorschriften zu erstatten haben. Da die Anrechnung bereits die entstandenen Gebühren im Innenverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Auftraggeber unberührt lässt, wirkt sie sich insoweit auch Dritten gegenüber nicht aus (BT-Drs. 16/12717, S. 58). Dritte können sich aber auf diese Zahlung und sodann auf die Anrechnung berufen, soweit von ihnen weitere Zahlungen auf Gebühren verlangt werden. Durch die vom Gesetzgeber erfolgte Neuregelung sollte auch sichergestellt werden, dass ein Dritter nicht über den Betrag hinaus auf Ersatz oder Erstattung in Anspruch genommen wird, den der Rechtsanwalt von seinem Auftraggeber verlangen kann (BT-Drs. 16/12717, S. 58). So könnte sich hier der Beklagte des Ausgangsverfahrens darauf berufen, dass er 195,- € auf die Geschäftsgebühr sowie 107,50 € auf die Verfahrensgebühr gezahlt hat, wenn er zu weiteren Zahlungen in Anspruch genommen würde. Die Staatskasse als Prozesskostenhilfeschuldnerin ist nicht „Dritte“ i.S.d. § 15a Abs. 2 RVG, da sie mit ihrer Einstandspflicht an die Stelle des eigentlichen Auftraggebers tritt (BayLSG, Beschluss vom 21.6.2016, L 15 SF 39/14 E; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4.1.2016, L 10 SB 57/15 B; beide juris). Eine Anrechnung, also eine Reduzierung der geforderten Verfahrensgebühr, kann der Bg über diese Norm daher nicht geltend machen.
Maßgeblich im Verhältnis zwischen der Staatskasse und dem Rechtsanwalt ist vielmehr § 15a Abs. 1 RVG (vgl. auch Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 24. Aufl. 2019, § 15a, Rn. 11). Dies bedeutet einerseits, dass auch die Staatskasse im Ergebnis keine Zahlungen erbringen muss, die über dem Gesamtbetrag der zu fordernden Gebühren liegen. Andererseits bedeutet es aber auch, dass das Wahlrecht des Rechtsanwalts, welche Gebühren er von welchem Gebührenschuldner fordert, ohne Einschränkungen besteht, solange er den Gesamtbetrag nicht übersteigt. Die Staatskasse kann sich mithin nicht auf eine direkte Anrechnung gemäß der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG berufen und von der von ihr geforderten Verfahrensgebühr aufgrund von § 15a Abs. 1 RVG die hälftige Geschäftsgebühr in Abzug bringen, auch nicht die hälftige der gezahlten Geschäftsgebühr (anders insoweit noch im Ergebnis im Beschluss des Senats vom 22.5.2019, L 12 SF 282/14 E). Denn § 15a Abs. 1 RVG enthält eine solche Anrechnungsregelung gerade nicht (Hessisches LSG, Beschluss vom 17.6.2019, L 2 AS 241/18 B, juris).
Anders jedoch als § 15a Abs. 1 RVG für den Auftraggeber, der sich ausschließlich auf die Überschreitung des Gesamtbetrages berufen kann, enthält § 58 RVG für die Staatskasse eine echte Anrechnungsnorm. Insoweit ist für die Erstattung in sozialgerichtlichen Verfahren § 58 Abs. 2 RVG einschlägig. Hiernach gilt, dass Vorschüsse und Zahlungen, die der Rechtsanwalt vor oder nach der Beiordnung erhalten hat, zunächst auf die Vergütungen anzurechnen sind, für die ein Anspruch gegen die Staatskasse nicht oder nur unter den Voraussetzungen des § 50 RVG besteht. Diese Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass es einen gequotelten Anspruch aus der Prozesskostenhilfe nicht gibt, dieser vielmehr immer voll entsteht. Tatsächliche Zahlungen Dritter auf gleiche Gebühren wie diejenigen, die im Rahmen der Prozesskostenhilfe zu erstatten sind, werden nach dieser Norm angerechnet und somit die schon eingetretene Erfüllung des Gebührenanspruchs durch Dritte im Rahmen der Prozesskostenhilfegewährung berücksichtigt. Allerdings sind Vorschüsse und Zahlungen, die der Rechtsanwalt erhalten hat, nur nachrangig auf die Vergütung gegenüber der Staatskasse anzurechnen. Vorrangig erfolgt eine Verrechnung auf die Differenzvergütung des Rechtsanwalts, das heißt auf Beträge, für welche ein Anspruch gegen die Staatskasse nicht oder nur im Umfang des § 50 RVG besteht. Die Intention des Gesetzgebers ist hierbei, die Grundansprüche des Rechtsanwalts gegenüber der Staatskasse aus der Beiordnung zunächst nicht zu schmälern. Eine Anrechnung der Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG auf die Verfahrensgebühr gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG kommt unter dem Rechtsgedanken des § 58 Abs. 2 RVG im Verhältnis zur Staatskasse nur dann und insoweit in Betracht, wenn ansonsten der Rechtsanwalt mehr als seine vollen Regelanwaltsgebühren erhalten würde (Hessisches LSG, Beschluss vom 17.6.2019, L 2 AS 241/18 B, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 17. Oktober 2012, 14 W 88/12, NJW-RR 2013, 319 m.w.N.; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, Kommentar RVG, 24. Auflage 2019, § 58 Rn. 33 ff.). Für die Staatskasse tritt daher bei regelgerechter Anrechnung gemäß § 58 Abs. 2 RVG das gleiche Gesamtergebnis ein, welches der Auftraggeber über § 15a Abs. 1 RVG erreicht.
Die Staatskasse, die nach § 45 Abs. 1 Satz 1 RVG Gebührenschuldner wird, tritt insoweit an die Stelle des Auftraggebers. Der Rechtsanwalt hat anzugeben, welche Zahlungen auf etwaig anzurechnende Gebühren geleistet worden sind, wie hoch diese Gebühren sind und aus welchem Wert sie entstanden sind. Durch diese Angaben sollen dem Rechtspfleger nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/12717, S. 59) für die Festsetzung der Vergütung die Daten zur Verfügung gestellt werden, die er benötigt, um zu ermitteln, in welchem Umfang die Zahlungen nach § 58 Abs. 1 und 2 RVG auf die anzurechnende Gebühr als Zahlung auf die festgesetzte Gebühr zu behandeln sind. Da in § 58 Abs. 2 RVG nur tatsächliche Zahlungen berücksichtigt werden, kommt es nicht zu fiktiven Anrechnungen. Denn eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr ist nur dann vorzunehmen, wenn und soweit die Geschäftsgebühr auch gezahlt worden ist. Damit wird dem Rechtsanwalt – entsprechend der gesetzgeberischen Intention – die Wahlfreiheit belassen, welche Gebühr er in voller Höhe fordern will und welche er dann infolge der Deckelung durch die Höchstsumme infolge der Anrechnung nur beschränkt verlangt.
In Bezug auf die Anrechnung ergibt sich aus den genannten Grundzügen zunächst folgende Berechnung:
Verfahrensgebühr, die von der Staatskasse verlangt werden kann zuzüglich
tatsächlich auf Verfahrens- und Geschäftsgebühr gezahlter Gebühren anderer Kostenschuldner
Abzüglich abstrakter Gesamtbetrag gemäß § 15a Abs. 1 RVG
von der Staatskasse in Abzug zu bringender Anrechnungsbetrag
Für das vorliegende Verfahren bedeutet dies für die von der Staatskasse vorzunehmende Anrechnung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG auf die Verfahrensgebühr folgende Berechnung:
S 10 AS 421/15
Verfahrensgebühr, die von der Staatskasse verlangt werden kann zuzüglich
390,00 €
tatsächlich auf Verfahrens- und Geschäftsgebühr gezahlter Gebühren anderer Kostenschuldner
(390,- € GG zuzgl. 390 € VG ./. 175 € max. Anrechn : 2)
302,50 €
abzüglich
Abstrakter Gesamtbetrag nach § 15a RVG
605,00 €
= Anrechnung Vorb. 3 Abs. 4 auf Verfahrensgebühr
87,50 €
S 10 AS 422/15 und S 10 AS 423/15
Da es bei der Anrechnung der Zahlungen nach § 58 Abs. 2 RVG nicht darauf ankommt, in welcher Höhe Zahlungen geschuldet sind, sondern nur darauf, in welcher Höhe sie tatsächlich geleistet wurden (BayLSG, Beschluss vom 19.5.2020, L 12 SF 15/17 E), finden in dieser Berechnung die von dem Beklagten auch auf die erhöhte Verfahrensgebühr erfolgten Zahlungen Berücksichtigung wie folgt:
Verfahrensgebühr, die von der Staatskasse verlangt werden kann
260,00 €
zuzüglich
tatsächlich auf Verfahrens- und Geschäftsgebühr gezahlter
Gebühren anderer Kostenschuldner
(390,- € GG zuzgl. 390 € VG ./. 175 € max. Anrechn : 2)
302,50 €
abzüglich
Abstrakter Gesamtbetrag nach § 15a RVG
475,00 €
Anrechnung Vorb. 3 Abs. 4 auf Verfahrensgebühr
87,50 €
d) Über die Verfahrensgebühren nach Nr. 3102 VV RVG hinaus stehen dem Bf die beantragten Auslagen sowie im Verfahren S 10 AS 421/15 eine Terminsgebühr in Höhe von 320,- € zu. Unter Anrechnung nach § 58 Abs. 2 RVG der von dem Beklagten erhaltenen Zahlungen auf diese Gebühren und Auslagen ergibt sich sodann folgende Berechnung:
S 10 AS 421/15
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG
300,00 €
Erhöhungstatbestand, Nr. 1008 VV RVG
90,00 €
Anrechnung Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG
– 87,50 €
abzgl. Erstattung durch Beklagten
– 107,50 €
= für Verfahrensgebühr
195,00 €
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG
(320,00 € ./. 160,00 € =) 160,00 €
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG
(20,00 € ./. 10,00 € =) 10,00 €
Pauschale für Kopien und Ausdrucke Nrn. 7000 VV RVG
(29,50 € ./. 14,75 € =) 14,75 €
Summe
379,75 €
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG
72,15 €
Summe
451,90 €
S 10 AS 422/15
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG
200,00 €
Erhöhungstatbestand, Nr. 1008 VV RVG
60,00 €
Anrechnung Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG
– 87,50 €
abzgl. Erstattung durch Beklagten
– 107,50 €
= für Verfahrensgebühr
65,00 €
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG
(20,00 € ./. 10,00 € =) 10,00 €
Summe
75,00 €
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG
14,25 €
Summe
89,25 €
S 10 AS 423/15
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG
200,00 €
Erhöhungstatbestand, Nr. 1008 VV RVG
60,00 €
Anrechnung Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG
– 87,50 €
abzgl. Erstattung durch Beklagten
– 107,50 €
= für Verfahrensgebühr
65,00 €
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG
10,00 €
(20,00 € ./. 10,00 € =)
Summe
75,00 €
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG
14,25 €
Summe
89,25 €
Gesamtbetrag
630,40 €
Eine Halbierung der Gesamtkosten entsprechend der vereinbarten Quote von 1/2 findet bei dieser Berechnung nicht mehr statt, da die Zahlungen des Beklagten bereits berücksichtigt wurden.
e) Soweit der Bf geltend macht, durch die Anrechnung würde ihm eine geringere Gebühr zustehen, als einem Rechtsanwalt, der die Kläger nur im Klageverfahren vertreten hätte, da eine doppelte Anrechnung stattfinden würde, geht er mit dieser Ansicht fehl. Denn nicht außer Acht gelassen werden darf, dass die PKH nur für das Klageverfahren gewährt wird, die Staatskasse also lediglich hinsichtlich der hierfür festgesetzten Gebühren an die Stelle des Auftraggebers rückt. Die Vergütung für das Vorverfahren ist von der Prozesskostenhilfe nicht mit umfasst. Soweit – wie hier – ein Dritter die außergerichtlichen Kosten zur Hälfte übernimmt, verbleibt es u.a. hinsichtlich der für das Vorverfahren entstandenen Geschäftsgebühr daher bei einer Vergütungslücke, die der Rechtsanwalt nur gegenüber seinem Mandanten geltend machen kann. Dies ist vorliegend ein Betrag von 107,50 €, für den weder der Beklagte (wegen nur hälftiger Kostenübernahme) noch die Staatskasse (keine PKH für das Vorverfahren) einstehen muss und der sich wie folgt errechnet:
Geschäftsgebühr Nr. 2302 VV RVG (inkl. Nr. 1008 VV RVG)
390,00 €
Anrechnung Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG
– 175,00 €
Summe
215,00 €
davon ½ Kostenerstattung durch Beklagten
– 107,50 €
Noch vom Auftraggeber zu erstatten
107,50 €
Unter Berücksichtigung dieses gegen den Auftraggeber verbleibenden Vergütungsanspruchs erhält der Bf für die Geschäfts – sowie die Verfahrensgebühr genau den Betrag, der ihm maximal auch insgesamt gegen seinen Mandanten zustehen würde. Denn der Bf kann im Verfahren S 10 AS 421/15 gegen diesen unter Berücksichtigung auch des Vorverfahrens maximal einen Betrag von 605,- € geltend machen. Hiervon hat der Beklagte 302,50 € und die Staatskasse 195,- € vergütet. Die somit verbleibende Lücke in Höhe von 107,50 € aus der hälftigen
Geschäftsgebühr muss der Bf gegen seinen Mandanten geltend machen. In den Verfahren S 10 AS 422/15 und S 10 AS 423/15 beträgt der abstrakte Gesamtbetrag jeweils 475,- €, von dem auf den Beklagte 302,50 € und auf die Staatskasse 65,- entfallen. Auch hier verbleibt es letztlich nur bei dem durch den Mandanten zu zahlenden Betrag von jeweils 107,50 €. Würde eine Anrechnung unterbleiben, müsste die Staatskasse in Höhe von 87,50 € für die Geschäftsgebühr einstehen, für die sie nicht in Anspruch genommen werden kann. Zudem erhielte der Bf unter Berücksichtigung der allein gegen den Mandanten gerichteten Forderung aus der hälftigen Geschäftsgebühr einen höheren als den ihm zustehenden Gesamtbetrag. Der Bf übersieht zudem, dass die Abweichung zu der von ihm gegenüber der Staatskasse beantragten Vergütungsfestsetzung in Höhe von 805,93 € nicht auf die Anrechnung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG zurückzuführen ist, sondern auf die vom Antrag abweichende niedrigere Festsetzung der Verfahrensgebühr in den Verfahren S 10 AS 422/15 und S 10 AS 423/15.
Die Beschwerde war daher im Übrigen zurückzuweisen.
5) Einer Entscheidung über die Kosten bedarf es nicht, weil das Verfahren über die Beschwerde gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden, § 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG.
6) Der Beschluss ist unanfechtbar, eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).


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