Arbeitsrecht

Gewährung rechtlichen Gehörs und keine Erschöpfung des Rechtsweges

Aktenzeichen  Vf. 96-VI-14

Datum:
22.8.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 52504
Gerichtsart:
VerfGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verfassungsgerichtsbarkeit
Normen:
BV Art. 91 Abs. 1, Art. 118 Abs. 1
VwGO § 152a
VfGHG Art. 51 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

1. Das Unterlassen einer Anhörungsrüge führt zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde, wenn der Beschwerdeführer eine Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör nicht ausdrücklich rügt, seine auf andere Grundrechte bezogenen Rügen der Sache nach aber den Schutzbereich des Grundrechts auf rechtliches Gehör betreffen. Es kann nicht zur Disposition des Beschwerdeführers stehen, den Umfang des zu erschöpfenden Rechtswegs dadurch zu beeinflussen, dass er seine den Schutzbereich des Grundrechts auf rechtliches Gehör betreffenden Rügen anderen Grundrechten zuordnet. (amtlicher Leitsatz)
2 Es bleibt offen, ob das Unterlassen der Anhörungsrüge wegen des Grundsatzes der Subsidiarität zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde insgesamt, also auch bezüglich nicht das Grundrecht auf rechtliches Gehör betreffender Verletzungsrügen, führt. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

2 C 13.1324 2014-08-14 Bes VGHMUENCHEN VG Regensburg

Tenor

1. Die Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen.
2. Dem Beschwerdeführer wird eine Gebühr von 1.000 € auferlegt.

Gründe

I.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 24. Mai 2013 Az. RN 6 V 12.1880, durch den der Antrag des Beschwerdeführers auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes wegen Verstoßes gegen Verpflichtungen aus einem Prozessvergleich abgewiesen wurde, und gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. August 2014 Az. 2 C 13.1324, durch den die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen wurde.
Der Beschwerdeführer und die Raiffeisenbank P.-R. e.G. sind Grundstücksnachbarn. Der Beschwerdeführer betreibt auf seinem Grundstück einen Landgasthof mit Pension. Das Grundstück der Bank, auf dem sich auch ein Lagerhaus mit Getreidesiloanlage und eine Waage für landwirtschaftliche Produkte und Zuchtvieh befinden, verfügt nicht über einen unmittelbaren Zugang zu einer öffentlichen Straße. Für den Gewerbebetrieb der Bank besteht ein Geh- und Fahrtrecht am Grundstück des Beschwerdeführers.
1. Im Jahr 2000 erteilte das Landratsamt Landshut der Bank eine Baugenehmigung für die Erweiterung der Siloanlage. Der Beschwerdeführer erhob hiergegen Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg und beantragte die Aufhebung der Baugenehmigung. Die Bank wurde zu dem Verfahren beigeladen.
Am 20. April 2004 schlossen die Verfahrensbeteiligten zur Erledigung des Rechtsstreits einen gerichtlichen Vergleich. Dieser regelt die Pflichten der Bank wie folgt:
1. Die Beigeladene zu 1) verpflichtet sich, ab 1.1.2005 auf ihrem Lagerhausgelände die Benutzung der Kraftfahrzeugwaage in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr zu verhindern. Sie verpflichtet sich außerdem, in dieser Zeit keinen sonstigen Kraftfahrzeugverkehr zum, vom und auf dem Lagerhausgelände zuzulassen. Der PKW-Verkehr von Bankkunden zur Erledigung von Bankgeschäften (z. B. Einwurf von Überweisungen, Bedienung des Geldautomaten oder Kontoauszugsdrucker) ist davon ausgenommen.
2. Im Juli 2005 beantragte der Beschwerdeführer beim Verwaltungsgericht die Verurteilung der Bank zur Zahlung eines „Zwangsgeldes“ wegen einer Vielzahl von Verstößen gegen die Pflichten aus dem Vergleich. Das Gericht deutete den Antrag dahin um, dass die Bewehrung der im Vergleich geregelten Unterlassungspflicht mit einem Ordnungsgeld nach § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 890 Abs. 1 ZPO begehrt werde. Durch Beschluss vom 22. September 2005 wurde der Bank für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen ihre Verpflichtung aus Nr. 1 des gerichtlichen Vergleichs ein Ordnungsgeld von 5.000 € angedroht.
3. In einem weiteren Verfahren erstrebte der Beschwerdeführer wegen zwölf nächtlicher Verstöße zwischen dem 23. Dezember 2006 und dem 24. Juli 2007 die Festsetzung eines Ordnungsgeldes. Mit Beschluss vom 1. Februar 2008 lehnte das Gericht den Antrag ab. Es liege kein der Bank zurechenbarer schuldhafter Verstoß gegen die Verpflichtung aus dem Vergleich vor. Sie habe mit den von ihr vorgetragenen Maßnahmen (Nutzung der Waage nur mit Chipkarte; Einbau einer Zeitschaltuhr, die eine Sperrung der Waage zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr bewirke; telefonische Information aller Chipkarteninhaber über das nächtliche Fahrverbot; Hinweis auf die Abschaltung der Waage zur Nachtzeit durch Anbringung eines deutlich erkennbaren Schildes) ihrer Verpflichtung Genüge geleistet. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof durch Beschluss vom 5. Juni 2008 als unbegründet zurück.
4. Im Dezember 2012 beantragte der Beschwerdeführer im Ausgangsverfahren RN 6 V 12.1880 wiederum die Festsetzung eines Ordnungsgeldes. Am 17. Dezember 2009 um 23.10 Uhr und am 22. August 2011 um 23.55 Uhr hätten zwei namentlich bezeichnete Personen die Straße zum Lagerhausgelände befahren. Bei einer weiteren Befahrung am 17. Juli 2012 sei sogar der Sohn des Beschwerdeführers am Fuß verletzt worden. Wegen Wiegebetriebs um 6.45 Uhr und 7.30 Uhr am 15. August 2012, dem Feiertag Mariä Himmelfahrt, sei gegen den Fahrer ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet worden. Übernachtungsgäste hätten sich über Störungen durch Fahrzeuglärm beklagt. Als Beleg hierfür legte der Beschwerdeführer ein Schreiben des Gastes K. vom 5. März 2012 vor. An welchen Tagen die behaupteten Fahrten stattgefunden haben sollen, ergibt sich daraus nicht.
Die Bank erwiderte, selbst wenn es die behaupteten Verstöße gegeben haben sollte, seien diese ihr nicht zurechenbar. Sie habe alles ihr nach Lage der Dinge Zumutbare unternommen, um ihre Kunden auf das Nachtfahrverbot hinzuweisen und sie von Verstößen abzuhalten. Insbesondere sei eine entsprechende Beschilderung angebracht worden. Dass der Beschwerdeführer nur noch drei unter den Vergleich fallende Verstöße behaupten könne, zeige, dass die getroffenen Maßnahmen gut wirkten.
Das Verwaltungsgericht gab dem Beschwerdeführer wiederholt auf, ausführlich darzulegen, worin er eine schwerwiegende schuldhafte Pflichtverletzung der Bank sehe. Daraufhin führte er im Wesentlichen aus, das von der Bank angebrachte Hinweisschild sei mit einer Größe von etwa 60 cm x 60 cm offensichtlich so unscheinbar, dass es nicht beachtet werde. Auf einem als Anlage vorgelegten Lichtbild sei zwar ein weiteres Hinweisschild zu sehen. Dieses habe aber er selbst aus Haftungsgründen aufgestellt. Es wäre ein Leichtes gewesen, die Waage von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr außer Betrieb zu setzen. Die Bank akzeptiere schuldhaft eine vergleichswidrige Nutzung. Der Beschluss vom 5. Juni 2008 stelle auf ein funktionierendes System mit Chipkarte und Zeitschaltuhr ab. Wie die Vorgänge aus den Jahren 2009, 2011 und 2012 zeigten, setze die Bank entweder die Zeitschaltuhr vorsätzlich außer Betrieb oder lasse dies zumindest zu. Andernfalls könnte es nicht zu Wiegevorgängen nach 22.00 Uhr kommen.
Mit dem angegriffenen Beschluss vom 24. Mai 2013 wies das Verwaltungsgericht den Antrag zurück. Eine der Bank zurechenbare Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus dem Prozessvergleich sei nicht feststellbar. Die Bank könne ihrer Verpflichtung nur nachkommen, indem sie ihren Kunden gegenüber Maßnahmen ergreife. Es seien alle nach den Umständen möglichen, erforderlich erscheinenden und der Bank zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um eine Verletzung der Unterlassungsverpflichtung auszuschließen. Dazu gehöre, dass eingeschaltete Personen entsprechend informiert würden und konkrete, klare Weisungen gegebenenfalls auch mit etwaigen Sanktionsandrohungen erhielten. Mit den von der Bank vorgetragenen Maßnahmen (Abschließen der Waage und Installation eines Chipkartensystems; Einbau einer Zeitschaltuhr; Betätigung nur durch einen Personenkreis, der darauf hingewiesen wurde, dass der Betrieb der Waage zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr nicht zulässig sei; Aufstellen entsprechender Hinweisschilder; Hinweis auf Anzeige bei Zuwiderhandlung) werde der übernommenen Verpflichtung Genüge geleistet. Es zeige sich, dass die Maßnahmen weitestgehend wirksam seien, da sich die Anzahl vorgetragener unzulässiger Fahrten im Vergleich zu den in den vorherigen Verfahren vorgetragenen Verstößen nochmals erheblich verringert habe. Während damals drei konkrete bzw. zwölf protokollierte Ereignisse binnen sieben Monaten im Zeitraum vom 23. Dezember 2006 bis 24. Juli 2007 vorgetragen worden seien, würden nunmehr nur drei Vorfälle innerhalb von 31 Monaten angeführt. Außer Acht bleiben müssten die Fahrten an Mariä Himmelfahrt 2012, da sie nicht während der Nachtzeit stattgefunden hätten. In den anderen drei Fällen sei nicht erkennbar, inwieweit diese auf einem Versäumnis der Bank beruhten. Die Bank könne für Handlungen Dritter nur haften, soweit ihr eigenes Verhalten dafür (mit)ursächlich sei, nicht aber für jedes Fehlverhalten von Kunden verantwortlich gemacht werden. Dies gelte besonders für in der Vergangenheit aufgetretene Eskalationen, die ausschließlich im Verantwortungsbereich der vor Ort befindlichen Personen gelegen hätten. Es ergäben sich im Übrigen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die vorgetragenen drei Vorfälle auf einem Verschulden der Bank beruhten.
5. a) Der Beschwerdeführer erhob gegen diese Entscheidung Beschwerde zum Verwaltungsgerichtshof. Zur Begründung nahm er auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug und trug ergänzend vor, es sei zwischenzeitlich zu zwei weiteren Verstößen gekommen, nämlich am Montag, dem 22. April 2013 um 5.00 Uhr und am Sonntag, dem 9. Juni 2013, zwischen 16.00 Uhr und 16.30 Uhr. Bei diesen Vorfällen hätten auch Wiegevorgänge stattgefunden. Für die Verstöße benannte er drei Zeugen.
Die Sachverhaltsermittlung durch das Verwaltungsgericht sei mit Blick auf das rechtliche Gehör unverständlich und geradezu unerträglich. Er habe darauf hingewiesen, dass es keine „Hinweisschilder“, sondern allenfalls ein unscheinbares Schild gebe und dass die Zeitschaltuhr offensichtlich außer Betrieb gesetzt worden sei. Damit habe sich das Gericht nicht auseinandergesetzt. Die „konkreten, klaren Weisungen“ seien „in keinster Weise“ festgestellt worden. Ebenso fehlten Feststellungen dazu, warum die Waage nicht schlichtweg in der Nachtzeit außer Betrieb gesetzt worden sei. Es gehe auch nicht um „nur drei Vorfälle innerhalb von 31 Monaten“. Das Verwaltungsgericht übergehe, dass es beispielsweise durch den Vorgang vom 17. Juli 2012 sogar zu einer Körperverletzung gekommen sei. Es habe Sachvortrag und den Beweisantritt des Beschwerdeführers zur Zahl der Verstöße übergangen und auch hierdurch das Prozessgrundrecht auf rechtliches Gehör verletzt. Soweit das Gericht Sonn- und Feiertage völlig ausblende, sei zwar richtig, dass diese nicht explizit in den Vergleich aufgenommen worden seien. Dies sei aber auch nicht erforderlich gewesen. Die Zulassungswirkung der vormals angegriffenen Baugenehmigung sei von vornherein auf die Betriebszeiten beschränkt. Weil das Lagerhaus an Sonn- und Feiertagen aber geschlossen sei, sei es bei dem Vergleichsvorschlag von Anfang an nur um die verbleibenden Werktage gegangen. Es lägen mit den Neuverstößen jedenfalls sechs Zuwiderhandlungen vor, zu denen noch die Beschwerden der Übernachtungsgäste kämen.
Die Argumentation des Verwaltungsgerichts stelle auch einen Verstoß gegen Denkgesetze dar. Einerseits würden die nunmehr beklagten Verstöße in Relation zu denjenigen der Vergangenheit sinngemäß als nicht nennenswert eingestuft, andererseits werde angenommen, dass kein Versäumnis der Bank vorliege, weil es nur „ganz ausnahmsweise“ zu Verstößen gekommen sei. Richtig sei jedoch, dass es nach wie vor zu regelmäßigen Verstößen komme, dass die Bank diese kenne und keine Abhilfe schaffe, obwohl ihr klar sei, wie dies geschehen könne. Dafür sei Beweis angetreten worden. Die Bank handle fahrlässig. Warum für das Gericht anderes feststehe, sei nicht ersichtlich und erscheine willkürlich.
Mit weiteren Schriftsätzen trug der Beschwerdeführer unter Benennung von drei Zeugen zusätzliche Vorfälle am 23. Februar 2012 um 23.45 Uhr und am Sonntag, dem 11. August 2013, um 6.45 Uhr vor. Hinzu kämen Fahrten durch von der Bank eingesetzte Räum- und Streufahrzeuge überwiegend vor 6.00 Uhr morgens. Die Bank habe bislang nicht vorgetragen, ob und wie die Zeitschaltuhr funktioniere und ob und wie die behauptete Sperrung der Waage zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr gesichert sei oder aufgehoben werden könne. Es sei davon auszugehen, dass es möglich sei, die Zeitschaltuhr außer Kraft zu setzen. Dies werde durch die Einnahme eines gerichtlichen Augenscheins, durch ein Sachverständigengutachten und vier Zeugen bewiesen werden. Nach den Regeln der gestuften Beweislast, wenn nicht sogar eine Beweislastumkehr anzunehmen sei, wäre es Aufgabe der Bank, zum Betrieb der Zeitschaltuhr näher vorzutragen.
b) Die Bank erwiderte im Wesentlichen, die Beschilderung und die Sperrung durch eine Zeitschaltuhr seien seit der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 5. Juni 2008 unverändert. Das Hinweisschild im Einfahrtsbereich sei deutlich sichtbar. Die Zeitschaltuhr mit Sperrvorrichtung sei bislang stets funktionstüchtig gewesen und nie außer Betrieb genommen worden. Sie sei von einem Elektrofachbetrieb im März 2006 eingebaut worden und werde von der Firma auf Funktionsfähigkeit überprüft. Dies sei letztmals am 22. Mai 2014 geschehen. Zum Beweis legte die Bank eine entsprechende Bestätigung des Fachbetriebs vom 23. Juli 2014 vor.
c) Mit Verfügung vom 21. Juli 2014 bat der richterliche Berichterstatter die Landesanwaltschaft Bayern um Vorlage der Akten des Landratsamts (Bauantrag) und der Regierung. Die Akten gingen beim Gericht am 6. August 2014 mit einem Zuleitungsschreiben der Landesanwaltschaft vom 5. August 2014 ein. Dieses lautet:
Wie erbeten, legen wir die Akten der Regierung von Niederbayern (Az. …) und des Landratsamts Landshut (Bauantrag …) vor.
Der Berichterstatter verfügte am 12. August 2014 die Übermittlung des Schreibens an die Parteien mit der Bitte um Kenntnisnahme und etwaige Äußerung. Eine Frist zur Stellungnahme bestimmte er nicht. Die Verfügung ging den Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers am 18. August 2014 zu.
d) Mit dem angefochtenen Beschluss vom 14. August 2014 wies der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde als unbegründet zurück. Der Bank sei kein Verschulden vorzuwerfen. § 890 ZPO enthalte auch strafrechtliche Elemente, weshalb die Festsetzung von Ordnungsmitteln ein Verschulden voraussetze. Ein Verschulden wäre der Bank dann vorzuwerfen, wenn sie gegenüber Dritten nicht das zur Unterbindung von Verstößen gegen das Unterlassungsgebot Mögliche und Zumutbare unternommen hätte. Dies habe sie jedoch getan.
Die vorgetragenen Vorfälle vom 15. August 2012 sowie vom 9. Juni und 11. August 2013 müssten außer Betracht bleiben, weil sie nach dem eigenen Vortrag des Beschwerdeführers außerhalb der vom Vergleich erfassten Zeit stattgefunden hätten. Eine Sonderregelung für Sonn- und Feiertage enthalte Nr. 1 des Vergleichs nicht. Damit verblieben höchstens sechs Vorfälle im Zeitraum von über sechs Jahren seit der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 5. Juni 2008. Selbst wenn man den Vortrag des Beschwerdeführers als wahr unterstelle, könne bei einer so geringen Zahl nicht von einem schuldhaften Verstoß gegen den gerichtlichen Vergleich ausgegangen werden. Die Bank könne auf die Wirksamkeit der von ihr ergriffenen Maßnahmen vertrauen. Sie habe eine Zeitschaltuhr für die Waage eingebaut, die den Betrieb zur Nachtzeit sperre, und ein Chipkartensystem installiert. Nach ihrem Vortrag würden die Funktionsfähigkeit und die Sperrzeit von einer Fachfirma überprüft, letztmals am 22. Mai 2014. Diesem Vorbringen sei der Beschwerdeführer nicht substanziiert entgegengetreten.
Das von ihm selbst vorgelegte Foto zeige eine hinreichende Beschilderung. Weitergehende Maßnahmen, insbesondere die Sperrung der Straße, könnten der Bank nicht angesonnen werden, da die Straße auch der Erschließung weiterer Grundstücke diene. Bei der notwendigen Räumtätigkeit handle es sich nicht um sonstigen Kraftfahrzeugverkehr im Sinn des Vergleichs. Die Bank sei im Rahmen ihrer Verkehrssicherungspflicht gehalten, für geräumte und gestreute Straßenflächen zu sorgen, bevor um 6.00 Uhr der Lagerhausbetrieb öffne. Der Beschluss ging den Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers am 22. August 2014 zu.
II.
1. Mit der am 21. Oktober 2014 eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung des Willkürverbots. Der Verwaltungsgerichtshof habe in Bestätigung der Annahmen des Verwaltungsgerichts das Vorbringen des Beschwerdeführers in vielerlei Hinsicht nicht einmal im Ansatz gewürdigt, nicht ernst genommen und gleich in vierfacher Hinsicht das Grundrecht aus Art. 118 Abs. 1 BV verletzt.
a) Er unterstelle zwar den Vortrag zur Anzahl der behaupteten Verstöße als wahr, qualifiziere deren Zahl aber gleichwohl als gering. Dabei lasse er – wie auch schon das Verwaltungsgericht – jedoch diejenigen Verstöße außen vor, die der Beschwerdeführer unter Vorlage des Schreibens des Zeugen K. vom 5. März 2012 vorgetragen habe.
Unverständlich sei auch, warum der Verwaltungsgerichtshof die Schneeräumfahrzeuge völlig ausblende. Mit „sonstigem Kraftfahrzeugverkehr“ im Sinn der Nr. 1 des Vergleichs sei jeglicher Verkehr von Kraftfahrzeugen, damit auch derjenige von Räumfahrzeugen gemeint.
b) Auch hinsichtlich der Zeitschaltuhr folge der Verwaltungsgerichtshof einseitig dem Vorbringen der Bank mit der Begründung, deren Vorbringen sei der Beschwerdeführer nicht substanziiert entgegengetreten. Das treffe nicht zu. Der Beschwerdeführer habe die Einnahme eines Augenscheins, die Einholung eines Sachverständigengutachtens und die Einvernahme von vier Zeugen zum Beweis dafür angeboten, dass die Uhr nicht funktioniere und außer Kraft gesetzt werden könne. Es gehe um Verstöße in der Zeit zwischen Dezember 2009 und Juni 2013. Der Verwaltungsgerichtshof folge jedoch den von der Bank vorgelegten Bestätigungen, die aus den Jahren 2006, 2008 und 2014 datierten und mit den verfahrensgegenständlichen Verstößen deshalb nichts zu tun hätten. Die Beweisanträge des Beschwerdeführers habe das Gericht willkürlich unter den Tisch fallen lassen.
c) Der Verwaltungsgerichtshof und das Verwaltungsgericht verwiesen auf „Hinweisschilder“, die es nicht gebe. Es existiere nur ein einziges völlig unterdimensioniertes Schild, keine „Beschilderung“. Ein zweites Schild habe der Beschwerdeführer selbst aufgestellt, nicht die Bank.
d) Vollends willkürlich sei das Verfahren des Verwaltungsgerichtshofs, soweit er mit Verfügung vom 12. August 2014 eine Äußerung zu vorgelegten Akten anheimgestellt, dann aber über die Beschwerde entschieden habe, noch bevor die Verfügung dem Beschwerdeführer zugegangen sei. Die Gelegenheit zur Äußerung sei nur vordergründig eingeräumt worden. Ohne diesen Verfassungsverstoß hätte der Verwaltungsgerichtshof dem Begehren des Beschwerdeführers jedenfalls stattgegeben. Dies sei immerhin nicht auszuschließen.
2. Das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr hält die Verfassungsbeschwerde für teilweise unzulässig und im Übrigen für unbegründet.
III.
Die Verfassungsbeschwerde ist jedenfalls teilweise mangels Erschöpfung des Rechtswegs (Art. 51 Abs. 2 Satz 1 VfGHG) unzulässig, da der Beschwerdeführer den Rechtsbehelf der Anhörungsrüge gemäß § 152 a VwGO nicht erhoben hat.
1. Macht ein Beschwerdeführer mit der Verfassungsbeschwerde geltend, das zuletzt angerufene Fachgericht habe sein Recht auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV) verletzt, so gehört zum Rechtsweg auch die Anhörungsrüge nach § 152 a VwGO (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 25.2.2010 VerfGHE 63, 28/31; vom 30.5.2012 VerfGHE 65, 113/115 f.; vom 5.3.2013 VerfGHE 66, 22/26; vom 17.7.2014 BayVBl 2015, 16 Rn. 15; vom 9.2.2015 BayVBl 2015, 779 Rn. 43; vom 2.5.2016 – Vf. 93-VI-14 – juris Rn. 43). Allerdings rügt der Beschwerdeführer der Formulierung seiner Verfassungsbeschwerde zufolge keine Verletzung seines Grundrechts auf rechtliches Gehör, sondern eine Verletzung des Willkürverbots (Art. 118 Abs. 1 BV). Die Erhebung einer Anhörungsrüge ist aber zur Erschöpfung des Rechtswegs auch in Ansehung der Rüge einer Verletzung anderer Grundrechte erforderlich, wenn diese Rügen inhaltlich über die zugleich erhobene Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht hinausgehen (VerfGHE 65, 113/116 zu Art. 118 Abs. 1 und Art. 101 BV). Gleiches muss für den Fall gelten, dass der Beschwerdeführer eine Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör nicht ausdrücklich rügt, seine auf andere Grundrechte bezogenen Rügen der Sache nach aber den Schutzbereich des Grundrechts auf rechtliches Gehör betreffen. Es kann nicht zur Disposition des Beschwerdeführers stehen, den Umfang des zu erschöpfenden Rechtswegs dadurch zu beeinflussen, dass er seine den Schutzbereich des Grundrechts auf rechtliches Gehör betreffenden Rügen anderen Grundrechten zuordnet.
2. Die vom Beschwerdeführer erhobenen Rügen betreffen der Sache nach weitgehend das Grundrecht auf rechtliches Gehör, so dass die Verfassungsbeschwerde jedenfalls insoweit mangels Erschöpfung des Rechtswegs unzulässig ist.
a) Das Grundrecht auf rechtliches Gehör untersagt es dem Gericht zum einen, seiner Entscheidung Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde zu legen, zu denen sich die Beteiligten nicht äußern konnten (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 29.10.1993 VerfGHE 46, 293/296; vom 21.2.1997 VerfGHE 50, 9/13 f.; vom 6.4.2001 VerfGHE 54, 29/31; vom 4.12.2012 VerfGHE 65, 262/265; vom 22.3.2012 – Vf. 50-VI-11 – juris Rn. 22; vom 17.11.2015 – Vf. 12-VI-15 – juris Rn. 25; vom 30.5.2016 – Vf. 58-VI-15 – juris Rn. 49). Wird vom Gericht keine Frist zur Stellungnahme auf neuen Prozessstoff gesetzt, muss auf eine erwartete oder angekündigte Stellungnahme eine angemessene Zeit gewartet werden, um das Grundrecht auf rechtliches Gehör zu wahren (vgl. VerfGHE 65, 262/265 f.).
Damit betrifft die Rüge des Beschwerdeführers, der Verwaltungsgerichtshof habe ihm mit Verfügung vom 12. August 2014, dem Beschwerdeführer zugegangen am 18. August 2014, eine Äußerung zu den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten anheimgestellt, aber bereits am 14. August 2014 über seine Beschwerde abschließend entschieden, den Schutzbereich des Grundrechts auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV), so dass zur Erschöpfung des Rechtswegs (Art. 51 Abs. 2 Satz 1 VfGHG) der Rechtsbehelf der Anhörungsrüge nach § 152 a VwGO einzulegen gewesen wäre.
b) Zum anderen gibt das Grundrecht auf rechtliches Gehör den Beteiligten einen Anspruch darauf, dass rechtzeitiges und möglicherweise erhebliches Vorbringen vom Gericht zur Kenntnis genommen und bei der Entscheidung in Erwägung gezogen wird, soweit es aus verfahrens- oder materiellrechtlichen Gründen nicht ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muss oder kann (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 31.3.2008 VerfGHE 61, 66/70; vom 26.1.2010 VerfGHE 63, 10/13; vom 19.7.2013 – Vf. 88-VI-12 – juris Rn. 19; vom 7.10.2014 – Vf. 110-VI-13 – juris Rn. 17; vom 9.1.2015 – Vf. 1 -VI-14 – juris Rn. 22). In diesem Sinn kann das Grundrecht auf Gewährung rechtlichen Gehörs auch dann verletzt sein, wenn das Gericht einem entscheidungserheblichen Beweisantrag nicht folgt und die Nichterhebung des Beweises auf einer Auslegung und Handhabung des Verfahrensrechts beruht, die unter Berücksichtigung des Art. 91 Abs. 1 BV unvertretbar ist (VerfGH vom 26.4.2005 VerfGHE 58, 108/111; vom 19.8.2010 VerfGHE 63, 144/152; vom 25.5.2011 VerfGHE 64, 61/67; vom 2.4.2015 FamRZ 2016, [316]/318).
Unter diesen Gesichtspunkten betreffen weitere Rügen des Beschwerdeführers den Schutzbereich des Grundrechts auf rechtliches Gehör mit der Folge, dass zur Erschöpfung des Rechtswegs auch insoweit die Erhebung der Anhörungsrüge erforderlich gewesen wäre.
aa) Das gilt zunächst für die Behauptung, der Verwaltungsgerichtshof habe die Zahl der Verstöße gegen den Vergleich deshalb als gering qualifiziert, weil er „die Verstöße außen vor [gelassen habe], die der Beschwerdeführer unter Vorlage eines Zeugenschreibens [habe] vorbringen [lassen]“ (S. 7 der Verfassungsbeschwerde). Hiermit macht der Beschwerdeführer geltend, das letztinstanzliche Gericht habe entscheidungserheblichen Vortrag samt Beweisangebot nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung nicht in Erwägung gezogen.
bb) Genauso verhält es sich mit der Rüge, es treffe nicht zu, dass der Beschwerdeführer dem Vortrag der Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens hinsichtlich der Zeitschaltuhr nicht substanziiert entgegengetreten sei. Der Beschwerdeführer habe vielmehr unter Beweisantritt vorgetragen, dass die Zeitschaltuhr nicht funktioniere und außer Kraft gesetzt werden könne, aber der Verwaltungsgerichtshof sei „dem Vorbringen der Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens gefolgt, obwohl dieses mit den hier anhängigen […] Verstößen überhaupt nichts zu tun hat; umgekehrt hat er Beweisanträge des Beschwerdeführers schlicht unter den Tisch fallen lassen“ (S. 8 der Verfassungsbeschwerde).
cc) Schließlich betrifft der Vortrag des Beschwerdeführers zur Annahme hinreichender Hinweisschilder durch den Verwaltungsgerichtshof im Schwerpunkt das Grundrecht auf rechtliches Gehör. Auch insoweit bemängelt der Beschwerdeführer in erster Linie, sein mehrfaches Vorbringen sei vom Verwaltungsgerichtshof nicht beachtet worden (S. 9 der Verfassungsbeschwerde zu cc).
3. Ob das Unterlassen der Anhörungsrüge wegen des Grundsatzes der Subsidiarität darüber hinaus zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde insgesamt, also auch wegen nicht das Grundrecht auf rechtliches Gehör betreffender Verletzungsrügen führt (so BVerfG vom 25.4.2005 NJW 2005, 3059; VerfGH Sachsen vom 28.2.2007 – Vf. 122-IV-07 – juris Rn. 8; vgl. dazu Heinrichsmeier, NVwZ 2010, 228), hat der Verfassungsgerichtshof bisher ausdrücklich offengelassen (VerfGH vom 28.2.2011 BayVBl 2011, 530/531; vom 15.9.2011 – Vf. 137-VI-10 -juris Rn. 17; vom 5.10.2011 – Vf. 134-VI-10 – juris Rn. 12; VerfGHE 65, 113/116; VerfGH BayVBl 2015, 779 Rn. 49; vom 22.7.2015 BayVBl 2016, 227 Rn. 22; vom 15.2.2016 – Vf. 45-VI-15 – juris Rn. 20). Diese Frage kann auch hier dahinstehen.
IV.
Die Verfassungsbeschwerde ist im Übrigen, also soweit der Beschwerdeführer rügt, es sei unverständlich, „warum der Verwaltungsgerichtshof die Schneeräumfahrzeuge völlig ausblendet“ (S. 7 der Verfassungsbeschwerde), jedenfalls unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht gegen das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV) verstoßen.
1. Eine Verletzung des Willkürverbots könnte nur dann festgestellt werden, wenn die Entscheidung bei Würdigung der die Verfassung beherrschenden Grundsätze nicht mehr verständlich wäre und sich der Schluss aufdrängte, sie beruhe auf sachfremden Erwägungen. Die Entscheidung dürfte unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar sein; sie müsste vielmehr schlechthin unhaltbar, offensichtlich sachwidrig, eindeutig unangemessen sein. Selbst eine zweifelsfrei fehlerhafte Anwendung einfachen Rechts begründet deshalb für sich allein noch keinen Verstoß gegen das Willkürverbot als Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 8.12.2000 VerfGHE 53, 187/193; vom 11.3.2003 VerfGHE 56, 22/25; vom 13.1.2005 VerfGHE 58, 37/41; vom 14.9.2012 FamRZ 2013, 1131; vom 26.10.2012 NJW-RR 2013, 413/414; VerfGH BayVBl 2016, 227 Rn. 31)
2. Die Erwägung des Verwaltungsgerichtshofs, bei der notwendigen Räumtätigkeit handle es sich nicht um sonstigen Kraftfahrzeugverkehr im Sinn des Vergleichs, da die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens im Rahmen ihrer Verkehrssicherungspflicht gehalten sei, für geräumte und gestreute Straßenflächen zu sorgen, bevor um 6.00 Uhr der Lagerhausbetrieb öffne (S. 4 des angegriffenen Beschlusses), ist nachvollziehbar und damit nicht im dargelegten Sinn willkürlich. Es ist im Gegenteil naheliegend, die Bestimmungen des Vergleichs so auszulegen, dass die daran Beteiligten nicht gehindert sind, ihren sonstigen rechtlichen Verpflichtungen nachzukommen.
V.
Es ist angemessen, dem Beschwerdeführer eine Gebühr von 1.000 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG).


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