Baurecht

Bürgerbegehren, Erfolgloser Eilantrag, Bauleitplanung, Irreführung, Unbestimmtheit

Aktenzeichen  M 7 E 21.4633

Datum:
27.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 42388
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123
GO Art. 18a

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragsteller begehren als Vertreter der Unterzeichnenden die Zulassung des „Bürgerbegehrens T. Stopp der Verstädterung“.
Bei der Antragsgegnerin gingen am 20. Juli 2021 Unterschriftslisten mit 1.212 Unterschriften für das auf den Listen formulierte Bürgerbegehren „Stopp der Verstädterung“ ein.
Auf der Vorderseite der Unterschriftslisten befindet sich folgender Text:
„Bürgerbegehren Taufkirchen Stopp der Verstädterung Mit meiner Unterschrift beantrage ich einen Bürgerentscheid zu folgender Frage:
Sind Sie für die Grundsatzentscheidung, dass kein neues Wohnbaurecht für den freien Privatmarkt ermöglicht werden darf, solange das genehmigte nicht realisiert wurde und dass danach für diesen Markt höchsten 4.000 qm Geschossfläche pro Jahr ermöglicht werden dürfen mit mindestens 0,5 qm Grünfläche je 1 qm Geschossfläche? Begründung Das Rathaus irritiert mit einer nicht existenten „Verpflichtung, Wohnraum zu schaffen“. Überdies lassen der Bürgermeister und eine große Ratsmehrheit offen, wer sich die Preise am Privatmarkt noch leisten kann und wer wirklich profitiert. Aber vor allem: Unsere Einwohnerzahl stieg von 1.500 um das Zwölffache auf über 18.000. Wir rangieren an 5. Stelle aller 29 Landkreiskommunen mit durchschnittlich nur 12.000 Einwohnern. Bei uns verfügt jeder Bürger über nur 216 qm Siedlungsfläche, wogegen es im Landkreisschnitt 278 qm sind (PV). Folglich:
Wir haben nicht nur 50% mehr Einwohner als alle anderen, sondern wir wohnen auch um fast 30% dichter zusammen.
Mit 4.500 Einwohnern plant das Rathaus einen enormen Zuwachs von 25% allein bis ca. 2025. Diese Entwicklung führt zur gesichtslosen Vorstadt und zu weiterer Verkehrslast auf unseren dörflichen Straßen. Die in Planung/Vorgesprächen befindlichen neuen Großsiedlungen an der W. straße, beidseits Lindenring, auf dem Gelände der Grundschule, auf den Kegelfeldern, zwischen Dorf- und M. Straße, zwischen Dorf- und T2. Landstraße weisen in Richtung Versiegelung und Siedlungsbrei, wie am Berghamer Ortsrand zu besichtigen.
Mit diesem Begehren biete sich die vielleicht letzte Chance, den Lebenswert unserer mit Freiräumen durchzogenen Gemeinde zu wahren. Mit ca. 100 Einwohnern/Jahr in den 4.000 qm wachsen wir organisch und schränken die Anzahl der sozialen Wohnungsbauten nicht ein.
Die Vertreter dürfen redaktionelle Änderungen am Begehren für dessen Zulässigkeit vornehmen.
Als Vertreter/in werden benannt: Als Stellvertreter/in werden benannt:
Name und Adresse der Antragsteller] [Name und Adresse der Stellvertreter .
Jeder Taufkirchner ab 18 Jahren kann teilnehmen“
Darunter befindet sich eine Tabelle mit drei Spalten für Name, Adresse und Unterschrift, die jeweils vier mit Nrn. 1 bis 4 bezeichnete Unterschriftszeilen enthält. Unter der Tabelle erfolgt u.a. ein Hinweis, dass weitere Hinweise auf der Rückseite enthalten seien.
Auf der Rückseite ist ein Lageplan abgedruckt zu Arealen, in denen Vorgespräche liefen und großenteils bereits konkrete Planungen (bestünden), im Einzelnen: B.-straße, P.-straße, L.-ring, W.-straße, K., O.-weg, H. M. Straße, H. D.-straße, D.-straße, Z.-weg und R.-weg. Zudem befindet sich dort folgender Text:
„Hat dem zugezogenen Bürgermeister niemand berichtet, dass wir uns bereits verzwölffacht haben? Dass in derselben Zeit Bayern um 30% wuchs, der Landkreis um 113% und Taufkirchen um sagenhafte 1.100%? Oder fungiert er nur als Marionette von CSU, SPD, FDP, FW, die uns vorgaukeln, dass „viel Wohnraum billigen Wohnraum“ schafft? Diese Fantasie-Formel hat südlich von München noch nie funktioniert – ablesbar an den aktuellen Neubau-Angeboten: Miete € 18/ qm kalt zzgl. aller Nebenkosten, Kauf € 9.000/ qm incl. Garage. Das Bürgerbegehren zielt allein auf diesen freien Markt und seine Versiegelungen.
Preiswerte Sozialwohnungen werden nicht eingeschränkt.
Die [daneben abgebildete] Grafik zeigt, dass ein moderates Wachstum wie in den bürgernahen Wahlperioden 2002-2014 zur verträglichen Mehrung von ca.1.000 Einwohnern in 10 Jahren führt. Mehr werden unsere engen Straßen ohne Radwege, unsere jetzt schon prekäre Finanzlage und unsere mühsam aufgebauten sozialen Netze aller Generationen und Ortsteile kaum verkraften. Und jetzt sollen noch 4.500 in nur vier Jahren hinzukommen! Wenn der heutige Bürgermeister eine Verpflichtung fühlt, dann könnte er danke sagen für die beispiellosen Vorleistungen unserer Bürgerinnen und Bürger. Zielführend wäre auch, die zögerlichen Kommunen zu ermuntern, unserer bisherigen Dynamik nachzueifern, um den Siedlungsdruck zu mindern.
Unsere beiden Vereine [die auf der Vorderseite benannten „Bund Naturschutz in Bayern e.V. OG Taufkirchen“ und „ILT Initiative Lebenswertes Taufkirchen e.V.“] haben bereits einige erfolgreiche Bürgerbegehren und -entscheide in die Wege geleitet. Sie, verehrte Bürgerinnen und Bürger von Taufkirchen konnten mit Ihrer breiten Zustimmung bewirken, dass der Gemeinderat seinen Beschluss aufheben musste, im Heizkraftwerk Potzham chemisch behandeltes Altholz zu verbrennen und uns mit Luftschadstoffen zu belasten. Sodann bestätigten Sie unsere Initiative, die schöne Landschaft südlich des Sportparks dauerhaft freizuhalten und als Landschaftsschutzgebiet ausweisen zu lassen. Auch den Freiraum Kegelfelder haben Sie mit uns gerettet gegen alle anderen Ratsfraktionen, gegen die privaten und industriellen Grundeigentümer und mächtige Investoren, die aufwändige Kampagnen starteten, um alles zu verbauen. Jetzt steht uns noch viel mehr bevor! Mit Ihrer Unterschrift können Sie das Rathaus erneut verpflichten, ein vernünftiges Maß einzuhalten.“
Mit Bescheid vom 23. August 2021 wies die Antragsgegnerin nach entsprechender Beschlussfassung des Gemeinderats am 12. August 2021 das Bürgerbegehren als unzulässig zurück. Der beantragte Bürgerentscheid werde nicht durchgeführt. Kosten für den Bescheid würden nicht erhoben.
Zur Begründung wurde ausgeführt, die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens ergebe sich im Wesentlichen aus einem Verstoß gegen das Koppelungsverbot. Dieses beinhalte das Verbot, in einer Fragestellung verschiedene Teilfragen zusammenzufassen, die ohne engen sachlichen Zusammenhang stünden. Dies sei vorliegend der Fall. Die Verbindung beider Fragestellungen in einem Bürgerbegehren wäre nur zulässig, wenn beide Materien sachlich in einer Weise innerlich eng zusammenhingen. Vorliegend liege zwar eine im weiteren Sinne einheitliche Materie vor (Umfang der Baulandentwicklung in Taufkirchen), gleichwohl bestehe zwischen der Frage eines Planungsstopps einerseits und der zukünftigen Planinhalte kein enger Zusammenhang. Zudem könnte man selbst die zweite Teilfrage als erneute inhaltliche Koppelung verstehen, da nicht nur die Obergrenze der Geschossfläche, sondern auch damit unmittelbar zusammenhängend das Mindestmaß an Grünfläche festgelegt werden solle. Letzteres sei vorliegend aber nicht zu entscheiden, da insbesondere die Verbindung zwischen dem Planungsstopp und zukünftigen Planungsinhalten zwei verschiedene Materien seien, die in keinem engen sachlichen Zusammenhang stünden. Eine einheitliche Abstimmung über die beiden Teilfragen des Bürgerbegehrens würde zu einer Verfälschung des Bürgerwillens führen und sei damit unzulässig. Dieser Mangel könne auch nicht im Nachhinein durch die Vertreter des Bürgerbegehrens geheilt werden. Das Koppelungsverbot erfasse bereits das Sammeln der Unterschriften. Eine nachträgliche Teilung der Abstimmungsgegenstände oder gar Streichung von Teilbereichen wäre durch die Unterschriften der Befürworter des Begehrens nicht gedeckt und scheide daher aus.
Die Bevollmächtigten der Antragsteller erhoben am 31. August 2021 Klage (M 7 K 21.4631). Am 1. September stellten sie zudem einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Zu dessen Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, die Antragsgegnerin habe bereits für zwei Bebauungspläne Nr. … und Nr. … Satzungsbeschlüsse gefasst, die aber noch nicht bekannt gemacht worden seien. Das Bürgerbegehren sei zulässig. Auch inhaltlich sei die Fragestellung korrekt. Es liege kein Verstoß gegen das Koppelungsverbot vor. Wann verschiedene Einzelmaterien so eng aufeinander bezogen seien, dass sie in einem Bürgerbegehren gebündelt werden dürften, bestimme sich nach materiellen Kriterien. Maßgeblich sei, ob die Teilfragen oder -maßnahmen nach objektiver Beurteilung innerlich eng zusammenhingen und eine einheitliche Materie bildeten. Gemessen hieran begegne die streitgegenständliche Fragestellung keinen Bedenken. Nach § 30 Abs. 1 BauGB sei für die Frage der Zulässigkeit eines Vorhabens im Geltungsbereich eines Bebauungsplans u.a. das Maß der baulichen Nutzung und die überbaubaren Grundstücksflächen entscheidend. Wenn also die grundsätzliche Frage der Zulassung von weiterem Wohnbaurecht mit der Frage der Quantität dieser Bebauung verknüpft werde, so hingen diese Fragen innerlich eng zusammen. Es liege eine „einheitliche Materie“ vor und es könne von einem sachlichen Zusammenhang gesprochen werden. Auch wenn mehrere Teilfragen oder -maßnahmen in einem Bürgerbegehren zu einer einzigen (Grundsatz-)Frage verbunden würden, werde auch derjenige, der die Teilaspekte an sich unterschiedlich beantworten möchte, vor die Entscheidung gestellt, einheitlich mit Ja oder Nein zu stimmen. Dies allein stehe aber der Verknüpfung mehrerer sachlich zusammenhängender Materien in einer allgemein formulierten Fragestellung nicht entgegen.
Die Antragsteller beantragen,
Die Antragsgegnerin wird im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO verpflichtet, bis zur rechtskräftigen (Hauptsache-) Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens „Stopp der Verstädterung!“ eine Bekanntmachung von Satzungsbeschlüssen zu Bebauungsplänen, insbesondere zu den Bebauungsplänen Nr. … „Am R.-weg II“ und Nr. … „R.-weg/B.-straße“, zu unterlassen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
Der Antrag wird abgelehnt.
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 22. September 2021 wurde hierzu ausgeführt, es sei bereits fraglich, ob ein Anordnungsgrund vorliege, jedenfalls fehle es an einem Anordnungsanspruch. Das Bürgerbegehren sei nicht wirksam beantragt worden. Die Unterschriftenlisten seien am 20. Juli 2021 mit einem Schreiben des Bund Naturschutz e.V. vorgelegt, also von diesem eingereicht worden. Ob die Unterzeichnerin dieses Schreibens, die auch Vertreterin zu 1) des Bürgerbegehrens sei, für den Bund Naturschutz habe handeln dürfen, sei zumindest zweifelhaft. Die Unwirksamkeit der Antragstellung ergebe sich auch daraus, dass nur die Vertreterin des Bürgerbegehrens zu 1) und ihre Stellvertreterin den Antrag unterschrieben hätten. Die Vertreter des Bürgerbegehrens dürften aber nur gemeinsam handeln. Eine Einzelvertretung wäre nur dann zulässig, wenn in den Unterschriftenlisten darauf ausdrücklich hingewiesen und mit Unterschrift eine Ermächtigung der Vertreter zur Einzelvertretung erfolgt wäre. Daran fehle es vorliegend. Unerheblich sei, dass das Schreiben auch von der Stellvertreterin unterzeichnet worden sei. Auch sei die Vertretereigenschaft unklar. Als Vertreter eines Bürgerbegehrens kämen nur natürliche Personen in Betracht. Die Einreichung durch den Bund Naturschutz e.V. und die Gestaltung der Unterschriftenlisten erweckten unzweifelhaft den Eindruck, dass es sich vorliegend um das Bürgerbegehren von den zwei dort an prominenter Stelle benannten Vereinen handele. Die Vertreter des Bürgerbegehrens seien jeweils Mitglieder in diesen Vereinen. Ein weiterer Formfehler bestehe darin, dass ein Hinweis darauf fehle, in welchem Ort die Vertreter wohnten, auch wenn es naheliege, dass dies Taufkirchen sei. Es wäre für den Unterzeichner aber gleichwohl relevant zu wissen, ob ortsfremde Vertreter des Bürgerbegehrens – eine zulässige Vertretereigenschaft – oder Ortsansässige die Initiatoren des Bürgerbegehrens seien. Wie in dem Bescheid ausgeführt, ergebe sich die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens im Wesentlichen aus einem Verstoß gegen das Koppelungsverbot. Weiterhin sei die Fragestellung zu unbestimmt. Es sei völlig unklar, was diese unter einem „Wohnbaurecht für den freien Privatmarkt“ verstehe. Falls mit dem Adressaten des freien Privatmarkts der Ersteller/Verkäufer/Vermieter als der „private Bürger“ gemeint sein sollte, wären gewerbliche Grundstücksentwickler, etwa Bauträger, ausdrücklich von der Fragestellung ausgeklammert. Falls die Fragestellung auf den Nutzer abzielen sollte, müsste jeglicher privater Wohnungsmarkt (einschließlich Behindertenwohnen, Altenwohnen) ausgeschlossen werden. Undefiniert bleibe zudem, was unter einem „freien Privatmarkt“ zu verstehen sei. Selbst wenn man unter Berücksichtigung der Begründung zum Bürgerbegehren dem freien Privatmarkt den Begriff der Sozialwohnung gegenüberstelle, werde der Inhalt der Fragestellung nicht klar. Insbesondere fehle es an einer Definition, was man tatsächlich unter einer „Sozialwohnung“ verstehe (etwa nur Wohnungen der Einkommensgruppe I der einkommensorientierten Förderung oder alle Einkommensgruppen). Der Begriff der Sozialwohnung sei nämlich nicht definiert. Des Weiteren bleibe unklar, was man unter einem „genehmigten Wohnbaurecht“ verstehen solle. Es sei unklar, ob dieser Begriff auf erteilte Baugenehmigungen abstelle, ob das bestehende Wohnbaurecht im Innenbereich und in Bebauungsplänen gemeint sei, oder sich der Begriff nur auf Bebauungspläne beziehe. Weder der in der Materie bewanderte Leser von Fragestellung und Begründung könne den Begriff „genehmigtes Wohnbaurecht“ zuordnen, erst recht aber dann nicht die „normalen“ Bürger als Adressaten der Fragestellung. Auch ergebe sich eine unzulässige Beschränkung des bauplanungsrechtlichen Erforderlichkeitsprinzips. Nach § 1 Abs. 3 BauGB hätten die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich sei. Es handele sich mithin um eine Planungspflicht, die sich auf das „Ob“, den Umfang („Wie“) und den Zeitpunkt („Wann“) beziehe. Die Fragestellung würde in ihrer ersten Teilfrage auf einen uneingeschränkten Planungsstopp hinauslaufen. Die Beschränkung wäre inhaltlich (kein neues Wohnbaurecht) und zeitlich (bis das genehmigte Wohnbaurecht realisiert sei) ausgeschlossen. Da in zeitlicher Hinsicht in keinster Weise absehbar sei – unabhängig von der fehlenden Bestimmtheit der Begriffe „freier Wohnungsmarkt“ und „genehmigtes Wohnbaurecht“ – wie lange dieser Planungsstopp gelten solle, sei mit der Fragestellung sowohl inhaltlich als auch zeitlich eine unzulässige Beschränkung des städtebaulichen Erforderlichkeitsprinzips verbunden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass dieser Planungsstopp nicht nur auf ein bestimmtes Gemeindegebiet bezogen werden solle, sondern sich auf das gesamte Gemeindegebiet in zeitlich unabsehbarer Weise erstrecken werde. Nach einer sachgerechten Lesart dürfte auf unabsehbare Zeit kein besonderes Wohngebiet, kein reines Wohngebiet, kein allgemeines Wohngebiet, kein Mischgebiet, kein Dorfgebiet, kein dörfliches Wohngebiet, kein Kerngebiet, auch kein urbanes Gebiet ausgewiesen werden. Mit all diesen Gebietsausweisungen sei von der Zweckbestimmung der Gebiete her zumindest auch eine Schaffung von neuem Wohnbaurecht verbunden. Nach der Begründung des Bürgerbegehrens solle wohl nur der soziale Wohnungsbau von dieser Beschränkung ausgenommen sein. Es wäre daher auf unabsehbare Zeit ausschließlich der Bau von Sozialwohnungen möglich. Auch dies sei eine Planungsvorgabe, die mit städtebaulichen Grundsätzen nicht vereinbar sei. Es sei allgemein anerkannt, dass reine „Sozialsiedlungen“ aufgrund der sich daraus ergebenden Probleme gesellschaftlicher Art unerwünscht seien. Darüber hinaus würde die Fragestellung in ihrer zweiten Teilfrage eine unzulässige Verkürzung der Abwägungsentscheidung darstellen. Wichtiges Kennzeichen einer bauleitplanerischen Entscheidung sei ein notwendig durchzuführender Abwägungsprozess. Dies schränke die Zulässigkeit von Bürgerbegehren im Zusammenhang mit einer Bauleitplanung ein. Zulässiger Gegenstand könnten daher zunächst nur verfahrensleitende Maßnahmen sein. In engem Rahmen könnten auch inhaltliche Vorgaben im Rahmen einer Fragestellung festgelegt werden. Den Abwägungsprozess könne ein Bürgerbegehren nicht ersetzen. Bei Vorfestlegung müsse ein Planungsspielraum von substanziellem Gewicht verbleiben. Diesen rechtlichen Vorgaben werde die zweite Teilfrage nicht gerecht. Sie gebe für jegliche Wohnbaulandausweisung im gesamten Gemeindegebiet eine maximale Flächenobergrenze gleichzeitig gekoppelt mit einer Mindestgrünfläche je Quadratmeter Geschossfläche vor. Die Abwägungsentscheidung würde daher unzulässig verkürzt. Es wäre der Gemeinde verwehrt, eine baugebietsbezogene Differenzierung – orientiert an der konkreten Planungssituation – vorzunehmen. Durch eine zwingende inhaltliche Vorgabe für jegliche Bauleitplanung für eine Wohnnutzung könnten die Planungsleitsätze, wie der Grundsatz der Innenverdichtung und der Grundsatz, mit Grund und Boden sparsam umzugehen, im Rahmen der Abwägung nicht mehr mit dem ihnen zukommenden Gewicht berücksichtigt werden. Das Bürgerbegehren sei auch unzulässig, weil es eine irreführende Begründung enthalte, die geeignet sei, den Bürgerwillen zu verfälschen. Aus der Begründung gehe hervor, dass es den Initiatoren im Wesentlichen darum gehe, keinen Bevölkerungszuwachs zu erreichen. Bei den diesbezüglichen Angaben handele es sich jeweils um zum Teil unzutreffende und zum Teil aus dem Zusammenhang gegriffene Zahlen. Diese seien für die Fragestellung und die Zielsetzung des Bürgerbegehrens erheblich. Eine Einwohnerzahl von 1.500 habe Taufkirchen letztmals vor dem Jahr 1950 (damals 1.786 Einwohner) gehabt. In den letzten 20 Jahren sei die Einwohnerzahl nicht einmal ein Prozent pro Jahr von 17.400 auf knapp 18.000 gestiegen. Damit rangiere Taufkirchen innerhalb der Landkreisgemeinden auf einem der letzten Plätze. Der Planungsverband habe ermittelt, dass in der Zeit 2009 bis 2019 Taufkirchen mit seinem Einwohnerzuwachs selbst in absoluten Zahlen an viertletzter Stelle von 29 Gemeinden im Landkreis gestanden sei, in relativen Zahlen sogar an vorletzter Stelle. Auch die Aussage, dass Taufkirchen nicht nur 50% mehr Einwohner als alle anderen hätte, sondern diese auch um fast 30% dichter zusammenwohnen würden, sei irreführend. Insbesondere seien 18.000 Einwohner zu 12.000 Einwohnern im Durchschnitt nicht 50%. Vor diesem Hintergrund sei auch die Aussage, dass „Bayern in gleicher Zeit um 30% gewachsen sei, der Landkreis um 113% und Taufkirchen um sagenhafte 1.100%“ irreführend. Der Wachstumssprung in den 1970er Jahren habe auf einer einzigen Maßnahme basiert. Ab den achtziger Jahren sei das Wachstum Taufkirchens deutlich geringer als der Durchschnitt im Landkreis gewesen. Soweit das Bürgerbegehren behaupte, dass es sich um die letzte Chance handele, den Lebenswert der Freiräume zu wahren, sei festzustellen, dass nach Auffassung des Gemeinderats der Lebenswert von Taufkirchen gerade durch ein moderates Wachstum sichergestellt werde. Eine Beteiligung aller Bürger und somit eine Berücksichtigung der Belange sei durch das angestoßene öffentliche Beteiligungsverfahren im Laufe der aktuell laufenden Neuerstellung des Flächennutzungsplans sichergestellt. In dem hierzu beigefügten Auszug aus dem Bürgerjournal Juli/August 2021 der Gemeinde sei auch die Einwohnerentwicklung sachgerecht dargestellt, die in den letzten Jahren eher stagniert habe. Vor diesem Hintergrund sei die Begründung des Bürgerbegehrens auch unzutreffend, als eine Überplanung in diesen maßgeblichen Bereichen bereits feststünde. Richtig sei lediglich, dass ein Diskussionsprozess angestoßen worden sei, in dem unter Beteiligung der Bürger die gemeindliche Entwicklung in den nächsten 15 bis 20 Jahren diskutiert und vorbereitet werden solle. Umsetzungszeitpunkte seien zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erkennbar. In einer Gesamtschau lasse sich feststellen, dass die Fragestellung des Bürgerbegehrens in mehrfacher Hinsicht unzulässig sei. Maßgeblich und entscheidend sei, dass das Bürgerbegehren in die Kernkompetenz der gemeindlichen Planungshoheit eingreife, dass eine den Planungspflichten des § 1 Abs. 3 BauGB entsprechendes Tätigwerden nicht mehr möglich sei.
Die Bevollmächtigten der Antragsteller erwiderten mit Schriftsatz vom 10. September 2021. Ein Anordnungsgrund sei gegeben. Die Bekanntmachung der Satzungsbeschlüsse habe unmittelbar bevorgestanden. Bei den beiden Bebauungsplänen handele es sich um insgesamt ca. 12.000 qm Geschossfläche als „Wohnbaurecht für den freien Privatmarkt“. Damit überschreite dieses Maß der baulichen Nutzung das von dem Bürgerbegehren gewollte von 4.000 qm um ca. 8.000 qm als Jahreshöchstgrenze. Unabhängig davon bestehe nicht realisiertes Wohnbaurecht für den freien Privatmarkt derzeit für mindestens weitere 12.000 qm Geschossfläche durch den am 28. Juli 2021 bekannt gemachten Bebauungsplan Nr. … Es komme bei der Einreichung nicht darauf an, ob dem Bürgerbegehren überhaupt ein Anschreiben beigefügt sei und auch nicht, mit welchem Inhalt oder Briefkopf. Aus dem Anschreiben ergebe sich mit keinem einzigen Wort, dass die „ILT“ oder der „Bund Naturschutz“ ein Bürgerbegehren eingereicht habe. Aus dem Unterschriftenblatt ergebe sich eindeutig, wer Vertreter des Bürgerbegehrens sei. Der Bund Naturschutz e.V. sei zwar Initiator des Bürgerbegehrens, habe aber ansonsten keine Funktion, vor allem nicht als Vertreter und werde auch nicht so bezeichnet. Sein Name wie auch der ILT stehe unterhalb der Unterschriftenzeilen, was eine Vertreterfunktion ohnehin ausschließe. Letztlich handele die Antragsgegnerin widersprüchlich, wenn sie sachlich entscheide, ohne auf die nunmehr vorgebrachten Umstände abzustellen, und jedem einzelnen Vertreter den Bescheid zustelle, andererseits nicht der „ILT“ und dem „Bund Naturschutz“. Es gebe vorliegend keine unklare Vertretereigenschaft. Die Benennung von Initiatoren und Unterstützern sei üblich, zumindest nicht ungewöhnlich und zumal unterhalb der Unterschriftenzeilen für die Zulässigkeit des Begehrens nicht hinderlich. Alle Unterzeichner hätten nachweislich gewusst, dass die Straßenanschriften in Taukirchen lägen, da ihre Unterschriften ansonsten nicht in den Briefkästen der Vertreter gelandet wären (siehe letzte Zeile des Unterschriftenblattes: „Bitte baldmöglichst bei einer der obigen Adressen einwerfen oder zur Abholung anrufen“). Die Antragsgegnerin benenne keine Fundstelle für eine zulässigkeitsvoraussetzende Notwendigkeit des Ortsnamens der Vertreterwohnsitze, zumal es, wie sie selbst einräume, naheliege, dass dies Taufkirchen sei. Es liege kein Verstoß gegen das Koppelungsverbot vor. Es handele sich bei den Fragen um sachlich durchaus zusammenhängende Regelungsvorschläge zur Thematik „künftige Ausweisung von Bauland“, die rechtmäßig verknüpft werden könnten. Es gehe darum, unter welchen Voraussetzungen neues Baurecht dann, wenn dies grundsätzlich möglich sei, wie umgesetzt werde. Auf Beispielsfälle in der Rechtsprechung zu als zulässig angesehenen Verknüpfungen wurde hingewiesen. Es sei fraglich, ob der Gemeinderat entschieden habe im Sinne des Art. 18a Abs. 8 GO. In dem Ablehnungsbescheid werde vollständig und wortwörtlich die „Expertise“ der anwaltlichen Vertretung wiederholt, die dem Gemeinderat als alleinige Entscheidungsgrundlage vorgelegt worden sei, und die Antragsgegnerin gehe mit keiner Silbe auf die Argumente der Antragsteller ein. Die Antragsgegnerin verweise in ihrer eigenen Homepage selbst darauf, dass das Bauplanungsrecht festlege, ob, in welchem Ausmaß und unter welchen Voraussetzungen ein Grundstück bebaut werden dürfe. Die Fragestellung des Bürgerbegehrens betreffe dieses „ob“ (nicht bevor bereits Genehmigtes realisiert sei), das Ausmaß (4000 qm Geschossfläche pro Jahr) und die Voraussetzungen (0,5 qm Grünfläche je 1,0 qm Geschossfläche) und beinhalte damit genau diesen inhaltlich engen Zusammenhang. Auch der Einwand der fehlenden Bestimmtheit der Fragestellung greife nicht durch. Es sei das Wesen der Zulässigkeit von Grundsatzentscheidungen, dass sie eben gerade nicht den Bestimmtheitsgrad einer konkreten Frage zu einem konkreten Einzelfall erfüllen müssten. Die Antragsgegnerin unterschlage in ihren Ausführungen die im direkten Zusammenhang stehende Kommentarstelle, wonach die Fragestellung keineswegs so konkret unterbreitet werden brauche, dass zur Umsetzung des Bürgerentscheids nur noch der Vollzug der Entscheidung durch den ersten Bürgermeister notwendig sei und der Bedarf an weiteren ausführenden Entscheidungen eine ausreichende Bestimmtheit und damit die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens nicht ausschließe. Naturgemäß verblieben der Gemeinde umso mehr Entscheidungsspielräume, je grundsätzlicher die Fragestellung sei, was einen weiteren Widerspruch in der Argumentation der Antragsgegnerin verdeutliche, da sie hier eine nicht ausreichende Bestimmtheit, aber andererseits diese unter den späteren Ausführungen („Unzulässige Verkürzung einer Abwägungsentscheidung“) als zu eng moniere. Der „freie Privatmarkt“ sei in der Fragestellung nicht eingeschränkt und damit unabhängig davon, wer die von der Antragsgegnerin hineinkonstruierten Handelnden seien. Ebenso umfassend seien „soziale Wohnungsbauten“, die Nutzer wie „Behinderte, Alte“, so die Antragsgegnerin, einbezögen. Die Antragsgegnerin fordere eine bestimmte Definition, räume aber im selben Absatz ein, dass es keine solche gebe. Eine „Grundsatzentscheidung“ beinhalte naturgemäß grundsätzliche Gesichtspunkte. Dementsprechend verstehe jeder „normale“ Bürger unter „genehmigtem Wohnbaurecht für den freien Privatmarkt“ nichts anderes, als jegliches genehmigte Wohnbaurecht für den freien Privatmarkt. Die von der Antragsgegnerin geforderte begriffliche Differenzierung würde genau das erfordern, was sie zu Recht als Zumutung moniere, nämlich einen im Baurecht „bewanderten Leser“. Eine unzulässige Beschränkung des Erforderlichkeitsprinzips liege nicht vor. Unzulässig sei ein auf eine Bauleitplanung gerichtetes Bürgerbegehren dann, wenn dessen Fragestellung auf konkrete grundstücksbezogene Festsetzungen im Sinne des § 9 Abs. 1 BauGB bzw. der Baunutzungsverordnung abziele, die der noch zu beschließende Bebauungsplan unverändert übernehmen solle. Dies sei hier nicht der Fall. Es würden keinerlei derartige Vorabbindungen begehrt, sondern lediglich Rahmenfestlegungen, die der Antragsgegnerin durchaus noch substantiellen Abwägungsspielraum beließen. Es fehle schon an einer konkreten Darlegung durch die Antragsgegnerin, wo und in welchem Maße sie sich an der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung durch das Bürgerbegehren derart gehindert fühle, dass ein Aufschub um wenige Jahre unzumutbar wäre. Es sei ihre Entscheidung gewesen, eine Woche nach Einreichung des seit Monaten bekannten Bürgerbegehrens noch schnell den Bebauungsplan Nr. 58 in Kraft zu setzen. Damit entfalle, zumindest relativiere sich ihr Anspruch auf andere vorrangige Erforderlichkeiten. Nach Ablauf der möglichen Eigenblockade durch die hastige In-Kraft-Setzung des Bebauungsplans Nr. … könne sie nach dessen Realisierung bis 4.000 qm neue Geschossfläche pro Jahr ermöglichen und verfüge damit über mehr Erforderlichkeits-Spielräume als im unstreitigen Durchschnitt der letzten 20 Jahre. Es sei der Sinn und vor allem das Recht eines jeglichen Bürgerbegehrens, etwas anderes zu beabsichtigen als das Rathaus. In diesem Falle stehe eine stärkere Durchgrünung und die Fortsetzung des organischen Wachstums (deutlich unter 1%) zur Debatte contra 25% in den nächsten vier Jahren laut vom Gemeinderat mitgetragener offizieller Bürgermeister-Verlautbarung. In Bezug auf die Frage einer Definition des Begriffs „Sozialwohnung“ sei wiederholt, dass für „soziale Wohnungsbauten“ in einer Grundsatzfragestellung naturgemäß Grundsätzliches gelte, also jeglichen sozialen Wohnzweck umfassend. Durch das Bürgerbegehren werde § 1 Abs. 7 BauGB nicht verletzt. Bei einer Grundsatzfrage würden auch nur Grundsatzkriterien gelten, also innerhalb eines Plangebiets und bei Plangebieten untereinander würden substantielle Spielräume für unterschiedliche Abwägungen, z.B. im Maß der Nutzung, der Bauweise etc. verbleiben, solange die Gesamtrelation eingehalten werde. Auch widerspreche es dem Sinn des Bürgerbegehrens nicht, wenn die Gemeinde in einem Jahr z.B. nur 3.000 qm Geschossfläche ermöglichen würde und in einem anderen dafür 5.000 qm. Derselbe Spielraum ergebe sich bei unterschiedlichen und sich ausgleichenden Geschossflächenzahlen im selben oder in verschiedenen Baugebieten. Da das Bürgerbegehren weder ein konkretes Grundstück noch eine konkrete Bauleitplanung noch überhaupt ein konkretes Gebiet betreffe, verbleibe für die Abwägung mehr Planungsspielraum als bei zulässigen konkreten Vorgaben zu konkreten Vorhaben. Verwirrend mute die Argumentation der Antragsgegnerin an, wonach sie eine „Gewichtseinbuße der Abwägung zugunsten der Innenverdichtung“ beklage, handele sie doch seit Jahren gegen diese Richtlinie und errichte direkt am Ortsrand am kilometerbreiten Regionalen Grünzug, der Frischluftschneise für München, eine urbane Großsiedlung mit vierstöckigen Wohnblöcken und verstetige diese Planung jüngst mit dem Bebauungsplan Nr. … Die Antragsgegnerin bestätige jede in der Begründung benannte Zahl als zutreffend, zumindest bestreite sie keine einzige außer einer, was aus einem rechnerischen Defizit resultiere. Denn 6.000 Einwohner mehr als 12.000 seien 50% mehr. Laut des auch von der Antragsgegnerin in Anspruch genommenen Planungsverbands Äußerer Wirtschaftsraum München (aktuellste Daten von 2017/2018) betrage die Siedlungsfläche in Taufkirchen 389 ha und die Einwohnerzahl 17.970, die Siedlungsfläche des Landkreises 9708 ha und 348.871 Einwohner. Damit erweise sich der Begründungstext zum Wohnen in Taufkirchen „fast 30% dichter“ als zutreffend. Auch die Werte auf der Rückseite des Unterschriftenblatts seien richtig, wobei diese – räumlich nach den Unterschriftszeilen – ausdrücklich als „Weitere Hinweise auf der Rückseite“ betitelt seien und als Begründung unzulässig, zumindest irrelevant wären. Das offiziell im Gemeindeblatt vom Bürgermeister verlautbarte und vom Gemeinderat mitgetragene Wachstum von 25% in vier Jahren sei objektiv nicht „moderat“. Eine Bürgerbeteiligung während der Neuerstellung eines Flächennutzungsplans mit zulässiger Ablehnung von Bürgerideen ersetze keinen Bürgerentscheid mit unmöglicher Ablehnung durch den Gemeinderat. Der Artikel im Bürgerjournal sei ersichtlich allein entstanden, um die laufende Unterschriftenabgabe für das Bürgerbegehren zu erschweren. Die Antragsgegnerin handele nicht sonderlich seriös, wenn sie dem Gericht das Journal vom März vorenthalte, in dem der Bürgermeister wörtlich ausführe: „Wir erwarten eine Steigerung der Einwohnerzahl bis in die Mitte der 20er Jahre von etwa 22.500 Einwohnern“, was in die zutreffende Feststellung auf der Rückseite des Begehrens gemündet habe, dass „jetzt noch 4.500 in nur vier Jahren hinzukommen“ sollten. Im Text des Bürgerbegehrens werde an keiner Stelle festgestellt, dass „eine Überplanung in diesen maßgeblichen Bereichen bereits feststünde“. Abgesehen davon, dass die Antragsgegnerin offenlasse, welche Bereiche sie als maßgeblich einstufe, laute der Text in der Begründung: „Die in Planung/Vorgesprächen befindlichen neuen Großsiedlungen (…).“ Dies sei zutreffend, denn die Bebauungspläne Nrn. …, …, … seien zu diesem Zeitpunkt bereits in konkreten Verfahren und Planungen auf anderen Arealen in Vorgesprächen gewesen, teilweise darüber hinaus. Nicht zuletzt sei die Übersichtskarte auf der Rückseite zutreffend übertitelt.
Die Bevollmächtigten der Antragsgegnerin äußersten sich hierzu mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2021. Hierauf erwiderten die Bevollmächtigten der Antragsteller nochmals mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2021.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte im Klageverfahren M 7 K 21.4631 sowie die vorgelegten Verfahrensakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
Die Antragsteller haben einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 Abs. 1 ZPO sind dabei sowohl ein Anordnungsanspruch, d.h. der materielle Grund, für den der Antragsteller vorläufig Rechtsschutz sucht, als auch ein Anordnungsgrund, der insbesondere durch die Eilbedürftigkeit der Regelung begründet wird, bzw. die für diese maßgeblichen Tatsachen glaubhaft zu machen. Maßgebend sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. BayVGH, B.v. 29.6.2007 – 21 CE 07.1224 – juris Rn. 3; Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Auflage 2019, § 123 Rn. 6).
Eine solche vorläufige, gerichtlich angeordnete Schutzwirkung nach § 123 VwGO betreffend Bürgerbegehren kann vor dem Eintritt der gesetzlichen Sperrwirkung des Art. 18a Abs. 9 GO erreicht werden, wenn aufgrund einer konkreten Abwägung gesichert erscheint, dass das Bürgerbegehren zulässig ist und nicht im Einzelfall sachliche Gründe für ein alsbaldiges Handeln auf der Seite der Gemeindeorgane den Vorzug verdienen. Der Inhalt einer Sicherungsanordnung darf allerdings nicht über den Umfang der gesetzlichen Sperrwirkung des Art. 18a Abs. 9 GO hinausgehen (vgl. BayVGH, B.v. 25.6.2012 – 4 CE 12.1224 – juris Rn. 22 m.w.N.). Es gilt der Grundsatz, dass bei Bürgerbegehren, die sich gegen den Erlass einer Rechtsnorm wenden, eine auf Unterlassung der Bekanntmachung gerichtete Sicherungsanordnung ausreicht. Ein auf die Vermeidung vollendeter Tatsachen gerichteter Sicherungsanspruch der Vertreter des Bürgerbegehrens kann daher hier zutreffend nur darauf gerichtet sein, die Bekanntmachung von Bebauungsplänen bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu unterlassen. (vgl. BayVGH, B.v. 5.3.2020 – 4 CE 20.278 – juris Rn. 27 f. m.w.N.).
Ein Sicherungsanspruch des Bürgerbegehrens auf Durchführung des Bürgerentscheids besteht jedoch nicht, wenn das Bürgerbegehren unzulässig ist. Denn über ein unzulässiges Bürgerbegehren darf nicht durch Bürgerentscheid abgestimmt werden, Art. 18a Abs. 10 Satz 1 GO (vgl. BayVGH, B.v. 10.11.1997 – 4 CE 97.3392 – juris Rn. 17).
Hier dürfte von der Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens Taufkirchen „Stopp der Verstädterung“ auszugehen sein.
Das Bürgerbegehren dürfte bei einer Gesamtbetrachtung auch bei wohlwollender Auslegung jedenfalls schon nicht den Mindestanforderungen entsprechen, die bei einer verfassungskonformen Auslegung der Vorschriften über Bürgerbegehren und Bürgerentscheide an ein zulässiges Bürgerbegehren zu stellen sind. Es dürfte gegen das aus der verfassungsrechtlich gewährleisteten Abstimmungsfreiheit (Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 BV) folgende Täuschungs- und Irreführungsverbot verstoßen. Da auf die Fragestellung der ersten Teilfrage („solange das genehmigte [„Wohnbaurecht für den freien Privatmarkt“] nicht realisiert wurde“) in der Begründung des Bürgerbegehrens nicht eingegangen wird und diese auch aus sich selbst heraus nicht hinreichend verständlich ist, dürfte davon auszugehen sein, dass die Bürger die Auswirkungen des Bürgerbegehrens nicht überblicken und die wesentlichen Vor- und Nachteile nicht abschätzen können. Das Bürgerbegehren dürfte daher auch an einer defizitären Begründung leiden. Weiterhin dürfte die Fragestellung zu unbestimmt sein. Im Übrigen liegen zudem begründete Anhaltspunkte dafür vor, dass das Ziel des Bürgerbegehrens mit materiellem Bauplanungsrecht nicht in Einklang steht. Hierauf sowie auf evtl. weitere formelle und materielle Mängel kommt es jedoch nicht mehr entscheidungserheblich an.
Nach Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO muss ein Bürgerbegehren eine (auf allen Unterschriftenlisten gleichlautende) Begründung enthalten. Damit soll sichergestellt werden, dass die Gemeindebürger, wenn sie zur Unterschriftsleistung aufgefordert werden, schon in dieser ersten Phase des direktdemokratischen Verfahrens die Bedeutung und Tragweite der mit Ja oder Nein zu entscheidenden Fragestellung erkennen können (vgl. zum Volksgesetzgebungsverfahren BayVerfGH, E.v. 13.4.2000 – Vf.4-IX-00 – VerfGHE 53, 81/105). Da bereits mit der Unterzeichnung eines Bürgerbegehrens das Recht auf Teilhabe an der Staatsgewalt in Gestalt der Abstimmungsfreiheit (Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 BV) ausgeübt wird, ergeben sich aus der Bayerischen Verfassung auch Mindestanforderungen an die Richtigkeit der Begründung. Die Stimmberechtigten können sowohl bei der Frage, ob sie ein Bürgerbegehren unterstützen und diesem zur erforderlichen Mindestunterschriftenzahl verhelfen (Art. 18a Abs. 6 GO), als auch bei der nachfolgenden Abstimmung über den Bürgerentscheid nur dann sachgerecht entscheiden, wenn sie den Inhalt des Begehrens verstehen, seine Auswirkungen überblicken und die wesentlichen Vor- und Nachteile abschätzen können. Mit diesen Grundsätzen ist es nicht vereinbar, wenn in der Fragestellung oder in der Begründung eines Bürgerbegehrens in einer für die Abstimmung relevanten Weise unzutreffende Tatsachen behauptet werden oder die geltende Rechtslage unzutreffend oder unvollständig erläutert wird (vgl. BayVGH, U.v. 17.5.2017 – 4 B 16.1856 – juris Rn. 33 m.w.N., B.v. 20.1.2012 – 4 CE 11.2771 – juris Rn. 31 m.w.N.). Das Gleiche muss gelten, wenn die Folgen einer angestrebten Rechtsänderung so lückenhaft oder missverständlich dargestellt werden, dass die Bürger, soweit sie nicht über spezielle Vorkenntnisse verfügen, den eigentlichen Inhalt des Regelungsvorschlags nicht erfassen können (vgl. BayVGH, B.v. 20.1.2012 – 4 CE 11.2771 – juris Rn. 31). Eine Irreführung kann daher schon dann vorliegen, wenn eine unausweichliche rechtliche Konsequenz der angestrebten Regelung – wie etwa die endgültige Verhinderung statt der bloßen Änderung eines umstrittenen Vorhabens – in dem Bürgerbegehren an keiner Stelle auch nur ansatzweise zum Ausdruck kommt (vgl. BayVGH, B.v. 20.1.2012 – 4 CE 11.2771 – juris Rn. 28; Zöllner, BayVBl 2013, 129/135).
In ähnlicher Weise verhält es sich auch hier. Zwar soll mit dem streitgegenständlichen Bürgerbegehren keine Rechtsänderung, sondern eine Selbstbindung der Gemeinde (wohl) in der künftigen Bauleitplanung herbeigeführt werden. Allerdings hätte eine Entscheidung für das Bürgerbegehren als Konsequenz aus der ersten Teilfrage zur Folge, dass eine künftige Bauleitplanung (einschließlich Änderungen bestehender Bauleitpläne) zu „Wohnbaurechten für den freien Privatmarkt“ überhaupt frühestens erst nach einem längeren, im Übrigen völlig unbestimmten und auch nicht näher prognostizierbaren Zeitraum zulässig wäre, zumal nach dem Vortrag der Antragsteller erst kürzlich am 28. Juli 2021 ein Bebauungsplan mit „nicht realisiertem Wohnbaurecht für den freien Privatmarkt mit mindestens 12.000 qm Geschossfläche“ bekannt gemacht worden ist. Eine Bebauungspflicht besteht grundsätzlich nicht. Auch der Erlass von Baugeboten (vgl. § 176 BauGB) ist nicht uneingeschränkt zulässig. Die Gemeinde hat somit auch keinerlei effektiven Einfluss darauf, wann und ob überhaupt ein „genehmigtes Wohnbaurecht für den freien Privatmarkt“ realisiert wird.
Die Begründung des Bürgerbegehrens geht auf den Inhalt der ersten Teilfrage und deren Konsequenz an keiner Stelle ein (vgl. zu einer insoweit vergleichbaren Fallgestaltung einer defizitären Begründung bezüglich eines gewichtigen Teils der Fragestellung auch BayVGH, B.v. 16.4.2012 – 4 CE 12.517 – juris Rn. 25 ff.). Es wird vielmehr eher noch suggeriert, dass ein (stetiges) Wachstum von 100 Einwohnern pro Jahr erfolgen kann. So wird zunächst ausgeführt, dass das Rathaus mit 4.500 Einwohnern einen enormen Zuwachs von 25% allein bis ca. 2025 plane und im Folgenden, dass man (hingegen) mit ca. 100 Einwohnern/Jahr in den (zu erlaubenden) 4.000 qm organisch wachse. Auch in dem Text auf der Rückseite der Unterschriftenlisten findet sich die Aussage, dass die Grafik zeige, dass ein moderates Wachstum wie in den bürgernahen Wahlperioden 2002-2014 zur verträglichen Mehrung von ca. 1.000 Einwohnern in 10 Jahren führe. Auch dies vermittelt den Eindruck, dass es in Folge des erfolgreichen Bürgerbegehrens zu einem (stetigen) moderaten Wachstum kommen werde. Ein Hinweis darauf, dass die Gemeinde erst einmal über einen längeren Zeitraum, möglicherweise etliche Jahre bis Jahrzehnte hinweg – wenn überhaupt jemals – gar kein „neues Wohnbaurecht für den freien Privatmarkt“ mehr ermöglichen dürfte, fehlt vollständig. Dabei ist davon auszugehen, dass sich die tatsächliche Konsequenz der Bejahung der ersten Teilfrage für den baurechtlich nicht vorgebildeten Leser auch nicht unmittelbar bereits aus der Fragestellung oder auch dem Gesamtzusammenhang ableiten lässt. Vielmehr ist anzunehmen, dass sich dieser hierzu gar keine konkreten Vorstellungen macht bzw. machen kann. Wenn sich der Unterzeichner (mit der zweiten Teilfrage und entsprechend der Begründung) für ein moderates Wachstum ausspricht, ist damit nicht denklogisch zunächst die Herbeiführung eines völligen Planungsstopps auf unabsehbare Dauer (in Bezug auf das benannte „neue Wohnbaurecht für den freien Privatmarkt“) verbunden. Es handelt sich vielmehr um einen eigenständigen, inhaltlich sehr weit darüberhinausgehenden Entscheidungsinhalt. Die Tragweite der Entscheidung in ihrer faktischen Auswirkung ist für den Bürger daher nicht deutlich erkennbar.
Die erheblichen Folgen der ersten Teilfrage können somit weder der Fragestellung noch der Begründung des Bürgerbegehrens entnommen werden, sodass die Bürger die Auswirkungen des Bürgerbegehrens nicht überblicken können. Es liegt insoweit eine Irreführung der abstimmungsberechtigten Bürger vor, aus der sich die Unzulässigkeit der konkreten Fragestellung ergibt (vgl. in diesem Sinne BayVGH, B.v. 20.1.2012 – 4 CE 11.2771 – juris Rn. 31). Da auf den Unterschriftslisten eine Begründung zur ersten Teilfrage nicht enthalten ist, liegt zudem hierzu ein völliger Begründungsausfall vor, der im Hinblick auf den von Art. 18a Abs. 4 GO verfolgten Zweck der Begründungspflicht auch wohl für sich genommen schon zur Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens führen dürfte (vgl. BayVGH, B.v. 16.4.2012 – 4 CE 12.517 – juris Rn. 27).
Nicht zuletzt angesichts des insoweit eindeutigen Wortlauts der ersten Teilfrage der Fragestellung („kein neues Wohnbaurecht für den freien Privatmarkt ermöglicht werden darf, solange das genehmigte nicht realisiert wurde“), deren objektiver Erklärungswert – nicht eine evtl. abweichende subjektive Vorstellung der Initiatoren – maßgeblich ist, können die Ausführungen im letzten Schriftsatz der Bevollmächtigten der Antragsteller hierzu nicht nachvollzogen werden. Danach deute die Antragsgegnerin in das Bürgerbegehren einen Planungsstopp hinein, den es nicht gebe, und weder der Fragestellung noch der Begründung noch den weiteren Hinweisen sei zu entnehmen, dass die Gemeinde an Planungen, insbesondere an Bauleitplanungen gehindert werden solle und die Beachtung einer ab einem positiven Bürgerentscheid wirksamen abschnittsweisen Obergrenze sei kein Planungsstopp. Weiterhin sei dem Begehren mehrfach ausdrücklich zu entnehmen, dass es „Wohnbaulandausweisungen“ gebe, die von dem Begehren nicht betroffen und damit in keiner Weise eingeschränkt seien. Nach dieser Lesart würde der Inhalt des ersten Teils der Fragestellung in nicht zulässiger Weise völlig ausgeblendet. Zuzustimmen ist dem nur insoweit, als – wie ausgeführt – sich in der Begründung und den weiteren Hinweisen keine Ausführungen hierzu finden. Im Übrigen stehen diese Aussagen auch im Widerspruch zum vorherigen eigenen Vorbringen, als es sich auch nach den Ausführungen im Schriftsatz vom 10. Oktober 2021 bei dem Inhalt des ersten Teils der Fragestellung um eine Bedingung für die Schaffung neuen Baurechts handeln soll. Es gehe darum, unter welchen Voraussetzungen neues Baurecht dann, wenn dies grundsätzlich möglich sei (erste Teilfrage), wie umgesetzt werde (zweite Teilfrage). Die Fragestellung des Bürgerbegehrens betreffe (im Zusammenhang mit dem Bauplanungsrecht) das „ob“ (nicht bevor bereits Genehmigtes realisiert ist), das Ausmaß (4000 qm Geschossfläche pro Jahr) und die Voraussetzungen (0,5 qm Grünfläche je 1,0 qm Geschossfläche). Sobald also eine derartige Bedingung geschaffen wird, ergibt sich hieraus zwangsläufig die Folge eines Planungsstopps, solange die Voraussetzungen für den Bedingungseintritt nicht erfüllt sind.
Weiterhin dürfte die Fragestellung des Bürgerbegehrens auch nicht den Anforderungen an eine ausreichende Bestimmtheit genügen.
Da dem (erfolgreichen) Bürgerentscheid nach Art. 18a Abs. 13 GO die Wirkung eines Beschlusses des Gemeinderats zukommt, kann sich ein Bürgerbegehren grundsätzlich auf alles beziehen, was auch durch Gemeinderatsbeschluss bestimmt werden könnte (vgl. BayVGH, U.v. 10.12.1997 – 4 B 97.89 u.a. – BayVBl 1998, 242/243 m.w.N.). Auch Grundsatzentscheidungen, die noch der Ausführung und Ausfüllung durch spätere Detailentscheidungen bedürfen, können grundsätzlich durch Bürgerentscheid getroffen werden (vgl. BayVGH, U.v. 19.2.1997 – 4 B 96.2928 – BayVBl. 1997, 276/277; U.v. 21.3.2012 – 4 B 11.221 – juris Rn. 22).
Ein Bürgerbegehren kann jedoch nur zugelassen werden, wenn die mit ihm unterbreitete Fragestellung ausreichend bestimmt ist. Das bedeutet zwar nicht zwingend, dass es zum Vollzug des Bürgerentscheids nur noch der Ausführung durch den Bürgermeister im Rahmen der laufenden Angelegenheiten nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO bedarf, da mit einem Bürgerentscheid gerade auch Grundsatzentscheidungen getroffen werden können, die erst noch durch nachfolgende Detailregelungen des Gemeinderates ausgefüllt werden müssen, wie dies etwa bei einem Planaufstellungsbeschluss nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB der Fall ist. Die Fragestellung muss aber in jedem Fall so bestimmt sein, dass die Bürger zumindest in wesentlichen Grundzügen erkennen können, wofür oder wogegen sie ihre Stimme abgeben und wie weit die gesetzliche Bindungswirkung des Bürgerentscheids (Art. 18a Abs. 13 GO) im Falle eines Erfolgs reicht. Die auf eine Grundsatzentscheidung abzielenden Bürgerbegehren unterliegen damit strengeren Bestimmtheitsanforderungen als entsprechende Beschlussanträge im Gemeinderat, der an seine früheren Entscheidungen in keiner Weise gebunden ist und nicht vollzugsfähige Beschlüsse jederzeit präzisieren kann (vgl. BayVGH, U.v. 13.3.2019 – 4 B 18.1851 – juris Rn. 36 m.w.N.; U.v. 17.5.2017 – 4 B 16.1856 – juris Rn. 24; vgl. auch NdsOVG, B.v. 7.5.2009 – 10 ME 277/08 – juris Rn. 20; OVG NW, U.v. 23.4.2002 – 15 A 5594/00 – juris Rn. 24 und 30; Becker/Bomba, BayVBl 2002, 167/168). Es muss mit anderen Worten erkennbar sein, welchen Inhalt die spätere, durch den Bürgerentscheid herbeizuführende Entscheidung haben wird, denn nur dann ist sie hinreichend direktdemokratisch legitimiert. Eine klare und eindeutige Fragestellung ist auch im Hinblick auf die erforderliche Umsetzung notwendig (vgl. NdsOVG, B.v. 7.5.2009 – 10 ME 277/08 – juris Rn. 20; OVG NW, U.v. 23.4.2002 – 15 A 5594/00 – juris Rn. 20). Die Gemeindeorgane, die den (erfolgreichen) Bürgerentscheid später zu vollziehen oder jedenfalls zu beachten haben, müssen dem Abstimmungstext entnehmen können, inwieweit sie an das Bürgerbegehren gebunden sind (vgl. Zöllner, BayVBl 2013, 129/132).
Gemessen an diesem Maßstab dürfte sich die Fragestellung des von den Antragstellern vertretenen Bürgerbegehrens auch unter Berücksichtigung der Begründung als nicht ausreichend bestimmt erweisen. Dem Bestimmtheitserfordernis ist nicht genügt, da nicht deutlich erkennbar ist, welchen Inhalt die spätere, durch den Bürgerentscheid herbeizuführende Entscheidung haben wird. Auch bei wohlwollender Auslegung dürften Teile des konkreten Entscheidungsgegenstands zu unbestimmt bleiben.
Da das Rechtsinstitut Bürgerbegehren/Bürgerentscheid so angelegt ist, dass die Fragestellung von Gemeindebürgern ohne besondere verwaltungsrechtliche Kenntnisse formuliert werden können soll, kann es notwendig sein und ist zulässig – wie bei Willenserklärungen und Gesetzen auch -, den Inhalt einer Frage durch Auslegung zu ermitteln. Bei der Auslegung hält die Rechtsprechung eine „wohlwollende Tendenz“ für gerechtfertigt, weil das Rechtsinstitut für die Bürger handhabbar sein soll, solange nur das sachliche Ziel des Begehrens klar erkennbar ist. Für die Auslegung gilt, dass nicht die subjektive, im Lauf des Verfahrens erläuterte Vorstellung der Initiatoren vom Sinn und Zweck und Inhalt des Bürgerbegehrens, sondern nur der objektive Erklärungsinhalt, wie er in der Formulierung und Begründung der Frage zum Ausdruck gebracht und von den Unterzeichnern verstanden werden konnte und musste, maßgeblich ist (vgl. BayVGH, U.v. 19.2.1997 – 4 B 96.2928 – BayVBl 1997, 276/277; B.v. 26.6.2012 – 4 CE 12.1224 – juris Rn. 27).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze bleibt jedoch auch bei wohlwollender Auslegung jedenfalls unklar, was in der ersten Teilfrage unter der formulierten Bedingung „solange das genehmigte (Wohnbaurecht für den freien Privatmarkt) nicht realisiert wurde“ zu verstehen ist.
Mag man den Begriff der Ermöglichung neuen Wohnbaurechts für den freien Privatmarkt im Gesamtzusammenhang ggf. noch dahingehend auslegen können, dass davon (nur) die (allgemeine) Schaffung von Wohnbaurecht durch den Erlass (oder ggf. die Änderung oder die Zustimmung zu Befreiungen von Festsetzungen) von Bebauungsplänen (mit Ausnahme von sozialem Wohnungsbau im weiteren Sinn und vermutlich auch sog. Einheimischen-Modellen) gemeint sein soll, bleibt jedenfalls unklar, was genau unter „genehmigt“ und „nicht realisiert“ zu verstehen sein soll. Da insoweit nach dem Wortlaut auf eine Genehmigung abgestellt wird und nicht auf eine Planung, könnte gemeint sein, dass es sich um (für beplante Gebiete) bereits erteilte Baugenehmigungen handelt. Sollten damit (nur) die sich aus dem Plan grundsätzlich ergebenden Baurechte gemeint sein, was die Ausführungen des Bevollmächtigten der Antragsteller in Bezug auf den kürzlich in Kraft gesetzten Bebauungsplan Nr. … nahelegen, bliebe gleichwohl weiterhin unbestimmt, was unter der „Realisierung“ zu verstehen sein soll. Es könnte sich dann hierbei um die Beantragung bzw. Erteilung von Baugenehmigungen handeln oder aber auch (wohl eher) um die tatsächliche Fertigstellung von Gebäuden. Soweit der Bevollmächtigte der Antragsteller in seinem Schriftsatz vom 10. Oktober 2021 zur Problematik der hinreichenden Bestimmtheit ausführt, jeder „normale“ Bürger verstehe unter „genehmigtem Wohnbaurecht für den freien Privatmarkt“ nichts anderes als „jegliches genehmigte Wohnbaurecht für den freien Privatmarkt“ führt dies nicht weiter, sondern legt vielmehr den Eindruck nahe, dass – entgegen der oben genannten Auslegung – möglicherweise jegliches (genehmigte) Wohnbaurecht, also z.B. auch im (unbeplanten) Innenbereich (vgl. § 34 BauGB) gemeint sein könnte. Dann dürfte der Begriff „genehmigt“ jedenfalls im Rechtssinne gemeint sein, da nur so eindeutig wäre, welche „Wohnbaurechte“ im Zeitpunkt des Bürgerentscheids konkret erfasst wären.
Das Bürgerbegehren dürfte im Übrigen auch auf ein unzulässiges Ziel gerichtet sein, ohne dass es hierauf jedoch noch entscheidungserheblich ankäme.
Mit Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden können zwar Verfahren zur Aufstellung, Änderung oder Aufhebung von Bebauungs- und Flächennutzungsplänen eingeleitet, von der Gemeinde beabsichtige Planverfahren verhindert, bereits begonnene gemeindliche Planungen bis zum Ende des Planaufstellungsverfahrens eingestellt und/oder andere mit Bürgerbegehren konkretisierte Planungen vorgeben werden (vgl. Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Stand: April 2021, Art. 18a Abs. 1 GO, Nr. 13.01 Anm. 2 e) aa) m.w.N.). Ein Bürgerbegehren, welches jedoch (wie hier jedenfalls auch) auf eine – auch unabhängig von einer städtebaulichen Begründung – vollständige Verhinderung von Wohnbaurechten für den „freien Privatmarkt“ auf unabsehbare Zeit gerichtet ist, dürfte mit den gesetzlichen bauplanungsrechtlichen Vorgaben nicht in Einklang stehen und damit auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet sein.
Bei der Entscheidung über die Zulassung eines Bürgerbegehrens sind nicht nur die in Art. 18a Abs. 1 bis 6 GO ausdrücklich aufgeführten Zulässigkeitsvoraussetzungen zu prüfen, vielmehr setzt die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens auch voraus, dass die mit dem Bürgerbegehren verfolgten Ziele mit der Rechtsordnung in Einklang stehen; denn eine möglichst frühzeitige Überprüfung der Vereinbarkeit des Bürgerbegehrens mit dem materiellen Recht dient dazu, unnötigen Verwaltungsaufwand und Kostenrisiken zu vermeiden (sog. materielles Prüfungsrecht, vgl. BayVGH, U.v. 8.5.2006 – 4 BV 05.756 – juris Rn. 21 unter Verweis auf BayVGH, B.v. 10.11.1997 – 4 CE 97.3392 – juris Rn. 18). Daher ist zu prüfen, ob die mit dem Bürgerbegehren verlangte Maßnahme rechtlichen Vorschriften oder vertraglich eingegangenen Verpflichtungen widerspricht. Dies ergibt sich, auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung, bereits aus dem Rechtsstaatsprinzip. Gemäß Art. 56 Abs. 1 GO muss die gesamte gemeindliche Verwaltungstätigkeit mit der Verfassung und den Gesetzen in Einklang stehen. Es wäre unbefriedigend und unökonomisch, einen Bürgerentscheid zuzulassen, der im Falle seiner Annahme rechtswidrig wäre und daher beanstandet und aufgehoben werden müsste (vgl. VG Ansbach, U.v. 6.7. 2006 – AN 4 K 06.00437 – juris Rn. 39 mit Verweis auf BayVGH, U.v. 10.12.1997- 4 B 97.89-93 – BayVBl 1998, 243; vgl. auch VG Göttingen, U.v. 22.11.2019 – 1 A 394/17 – juris Rn. 33 m.w.N.).
Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 BauGB haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Nach dem durch das Gesetz zur Mobilisierung von Bauland mit Wirkung vom 23. Juni 2021 eingefügten weiteren Halbsatz dieser Vorschrift kann die Aufstellung insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Ziel dieses Gesetzes ist es, die Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden zu stärken. Insbesondere sollen sie leichter auf Flächen für den Wohnungsbau Zugriff nehmen können. Es soll verdeutlicht werden, dass es Aufgabe der Gemeinde ist, Bauleitpläne für die Ausweisung von Wohnbauflächen aufzustellen. Daher wurde in § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ergänzend geregelt, dass eine Bauleitplanung insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen kann (vgl. BT-Drs. 19/24838 S. 18 f.). Die Gemeinden sind zur Aufstellung von Bebauungsplänen für die Schaffung von Wohnraum aufgerufen, wenn in der jeweiligen Gemeinde ein Bedarf an Flächen für den Wohnungsbau besteht und es soll nicht mehr (nur) grundsätzlich den Vorstellungen der Gemeinde überlassen bleiben, ob sie Bauleitplanung betreibt (vgl. BT-Drs. 19/24838, S. 24). Eine Differenzierung zwischen unterschiedlichen Arten des Wohnungsbaus erfolgt dabei nicht.
Den Bevollmächtigten der Antragsgegnerin dürfte daher wohl zuzustimmen sein, soweit sie darauf hinweisen, dass mit der Fragestellung sowohl inhaltlich sowie zeitlich eine unzulässige Beschränkung des städtebaulichen Erforderlichkeitsprinzips verbunden sein dürfte.
§ 1 Abs. 3 BauGB stellt die Planungsbefugnis der Gemeinden unter den Vorbehalt der städtebaulichen Erforderlichkeit und wirkt damit in zweierlei Weise auf das gemeindliche Planungsermessen ein. Nach seinem eindeutigen Wortlaut verpflichtet § 1 Abs. 3 BauGB zur Aufstellung eines Bebauungsplans, sobald und soweit dies aus städtebaulichen Gründen erforderlich ist. Der Gesetzgeber bringt damit zum Ausdruck, dass sich das planerische Ermessen der Gemeinde aus städtebaulichen Gründen objektivrechtlich zu einer strikten Planungspflicht verdichten kann; das gilt grundsätzlich für die erstmalige Planung im Innen- oder Außenbereich ebenso wie für die inhaltliche Änderung oder Aufhebung eines bestehenden Bauleitplans. Zugleich setzt der Maßstab der städtebaulichen Erforderlichkeit der Ausübung der Planungsbefugnis inhaltliche Schranken. § 1 Abs. 3 BauGB verbindet somit das Gebot erforderlicher Planungen mit dem Verbot nicht erforderlicher Planungen. Die Ansicht, § 1 Abs. 3 BauGB statuiere nicht mehr als eine „Pflicht zu konsequenter Planung“, erschöpft den pflichtbegründenden Regelungsgehalt der Vorschrift nicht. Es ist zwar denkbar, dass § 1 Abs. 3 BauGB (unter näher zu bestimmenden Voraussetzungen städtebaulicher Erforderlichkeit) im Einzelfall auch die Rechtspflicht einer Gemeinde begründet, die planerische Umsetzung ihrer eigenen städtebaulichen Konzeption einzuleiten oder in Übereinstimmung mit ihren konzeptionellen Vorgaben abzuschließen; dieser Planungspflicht könnte die Gemeinde sich jedoch vielfach durch eine städtebaulich gerechtfertigte Änderung ihrer Planungskonzeption selbst entziehen. Die eine Handlungspflicht auslösende Wirkung des § 1 Abs. 3 BauGB gewinnt ihre eigentliche Bedeutung erst in den Fällen, in denen die städtebauliche Entwicklung und Ordnung ein planerisches Einschreiten der Gemeinde erfordert, diese aber entweder kein umsetzbares städtebauliches Konzept besitzt oder „konzeptionell“ an einer Genehmigungspraxis auf der Grundlage von §§ 34, 35 BauGB festhalten will. Mit diesem Inhalt konkretisiert § 1 Abs. 3 BauGB das in Absatz 1 der Vorschrift bezeichnete Planmäßigkeitsprinzip. Das Baugesetzbuch bestimmt in § 1 Abs. 1 BauGB die Bauleitplanung zum zentralen städtebaulichen Gestaltungsinstrument. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die städtebauliche Entwicklung nicht vollständig dem „Spiel der freien Kräfte“ oder isolierten Einzelentscheidungen nach §§ 34 und 35 BauGB überlassen bleiben soll, sondern der Lenkung und Ordnung durch Planung bedarf. Die Regelungen in §§ 34 und 35 BauGB sind kein vollwertiger Ersatz für einen Bebauungsplan: Sie gelten als Planersatzvorschriften, nicht als Ersatzplanung. Wenn sich die Planmäßigkeit der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung auch nicht strikt durchhalten lässt, so schließt sie doch in letzter Konsequenz – und unter besonderen Voraussetzungen – auch die Verdichtung des gemeindlichen Planungsermessens zu einer strikten Planungspflicht mit ein. Die prinzipielle Verankerung dieser Planungspflicht in § 1 Abs. 3 BauGB ist mit der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) vereinbar. Die Bauleitplanung ist der Gemeinde nicht zu beliebiger Handhabung, sondern als öffentliche Aufgabe anvertraut, die sie nach Maßgabe des Baugesetzbuchs im Interesse einer geordneten städtebaulichen Entwicklung zu erfüllen hat (vgl. BVerwG, U.v. 17.9.2003 – 4 C 14/01 – juris Rn. 10 ff.).
Wollte man die Erforderlichkeit „nach Maßgabe“ der gemeindlichen Planungsvorstellungen als Grundvoraussetzung für das Bestehen einer gemeindlichen Planungspflicht ansehen, würde dies unausweichlich zu dem unhaltbaren Ergebnis führen, dass eine konzeptionslose Gemeinde niemals zum Erlass eines Bebauungsplans verpflichtet sein könnte und eine planungsunwillige Gemeinde ebenso wenig zur Planung angehalten werden könnte. Das Planungsermessen der Gemeinde verdichtet sich (im unbeplanten Innenbereich) zur strikten Planungspflicht, wenn qualifizierte städtebauliche Gründe von besonderem Gewicht vorliegen. Ein qualifizierter (gesteigerter) Planungsbedarf besteht, wenn die Genehmigungspraxis auf der Grundlage von § 34 Abs. 1 und 2 BauGB städtebauliche Konflikte auslöst oder auszulösen droht, die eine Gesamtkoordination der widerstreitenden öffentlichen und privaten Belange in einem förmlichen Planungsverfahren dringend erfordern. Die Gemeinde muss planerisch einschreiten, wenn ihre Einschätzung, die planersetzende Vorschrift des § 34 BauGB reiche zur Steuerung der städtebaulichen Ordnung und Entwicklung aus, eindeutig nicht mehr vertretbar ist. Dieser Zustand ist jedenfalls dann erreicht, wenn städtebauliche Missstände oder Fehlentwicklungen bereits eingetreten sind oder in naher Zukunft einzutreten drohen (vgl. BVerwG, U.v. 17.9.2003 – 4 C 14/01 – juris Rn. 15 f.).
Nach diesen Maßgaben dürfte eine Selbstbindung der Gemeinde wohl rechtlich nicht zulässig sein, die dahingeht, dass jegliche Bauleitplanung, die (auch) „Wohnbaurecht für den freien Privatmarkt“ betrifft, nur dann durchgeführt wird, sobald das „genehmigte“ (Wohnbaurecht für den freien Privatmarkt) „realisiert“ wurde. Die Einleitung einer Bauleitplanung stünde damit unter einer aufschiebenden Bedingung, die zum einen jedenfalls unmittelbar nichts mit dem Erfordernis für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung zu tun hätte und deren zeitlich völlig unbestimmter Eintritt zum anderen allein davon abhängig wäre, ob „genehmigtes Wohnbaurecht“ von dem Begünstigten tatsächlich realisiert wird, worauf die Gemeinde jedoch keinen effektiven Einfluss hat. Es spricht daher vieles dafür, dass damit die Grenzen zulässigen Planungsermessens – auch vor dem Hintergrund der jüngsten Gesetzesänderung – überschritten sein dürften.
Es kann im Ergebnis hier weiterhin dahinstehen, ob sich auch die Fragestellung in der zweiten Teilfrage inhaltlich als unzulässig darstellt, weil sie zu einer unzulässigen Verkürzung der Abwägungsentscheidung im Rahmen der Bauleitplanung (vgl. § 1 Abs. 7 BauGB) führen würde. Denn eine nachträgliche Änderung der Fragestellung dahingehend, dass auf die erste Teilfrage verzichtet würde, dürfte rechtlich nicht möglich sein.
So dürfte es sich bereits nicht um eine (nur) redaktionelle Änderung handeln, für die (allein) die Unterzeichner die Vertreter ausweislich des Texts des Bürgerbegehrens ermächtigt haben.
Eine ausdrückliche Ermächtigung ist zunächst unabdingbare Voraussetzung für die rechtliche Zulässigkeit einer Umformulierung der Fragestellung, die von den Unterzeichnern des Bürgerbegehrens mit ihrer Unterschrift befürwortet worden ist. Allerdings deckt eine solche notwendige Ermächtigung nicht von vornherein jede geänderte Fragestellung. In einem zweistufigen Verfahren ist vielmehr zu prüfen, ob – 1. – eine Ermächtigung zur Änderung besteht und ob sich – 2. – die konkrete Umformulierung die durch diese Ermächtigung gesteckten Grenzen beachtet. Um den Willen der Unterzeichner eines Bürgerbegehrens nicht zu verfälschen und sie vor einer aus ihrer Sicht missbräuchlichen Verwendung ihrer Unterschriften zu schützen, kann die Fragestellung in redaktioneller Hinsicht und zur Behebung falscher Bezeichnungen unproblematisch verändert werden, eine inhaltliche Änderung hingegen kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht (vgl. BayVGH, U.v. 22.6.2007 – 4 B 06.1224 – juris Rn. 41 m.w.N.). Die Streichung einzelner Teile der Fragestellung kann dann als zulässig angesehen werden, wenn ein Teil der Fragestellung sich tatsächlich oder rechtlich überholt hat und wenn der nach der Streichung verbleibende Teil für sich allein noch sinnvoll ist. Bei einer solchen Fallkonstellation kann nämlich unterstellt werden, dass die Verfolgung von Zielen, die tatsächlich oder rechtlich nicht mehr erreichbar sind, bei verständiger Würdigung nicht dem mutmaßlichen Willen der Unterzeichner entspricht (vgl. BayVGH, U.v. 22.6.2007 – 4 B 06.1224 – juris Rn. 41).
Hier dürfte davon auszugehen sein, dass es sich bei einer Streichung der ersten Teilfrage nicht um eine nur redaktionelle Änderung der Fragestellung handeln würde, sondern vielmehr um eine wesentliche Änderung deren Inhalts. Die Fragestellung könnte daher auch im Nachhinein nicht auf das evtl. zulässige Maß begrenzt werden. Denn der Mangel erfasst bereits das Sammeln der Unterschriften. Eine nachträgliche Streichung von Teilen der Fragestellung wäre durch die Unterschriften der Befürworter des Bürgerbegehrens nicht gedeckt und scheidet daher aus, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass es den Unterzeichnern auch um den Inhalt der ersten Teilfrage ging (vgl. BayVGH, B.v. 16.4.2012 – 4 CE 12.517 – juris Rn. 34; U.v. 28.5.2007 – 4 BV 07.1981 – juris Rn. 34).
Da sich das Bürgerbegehren aus den dargestellten Gründen als unzulässig erweisen dürfte, kommt es für die Entscheidung auch nicht mehr darauf an, ob die Fragestellung gegen das Koppelungsverbot verstößt und es im Übrigen ggf. weitere durchgreifende formelle oder materielle Mängel aufweist, wie eine von den Bevollmächtigten der Antragsgegnerin geltend gemachte fehlerhafte Antragstellung, unklare Vertretereigenschaft und unzutreffende Begründung.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 159 Satz 2 VwGO abzulehnen.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und Nr. 22.6 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.


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