Baurecht

Entscheidungserheblicher Zeitpunkt für die Verlängerung einer Baugenehmigung

Aktenzeichen  1 ZB 13.1441

Datum:
22.3.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB BauGB § 31 Abs. 1, Abs. 2
BauNVO BauNVO § 11 Abs. 3

 

Leitsatz

1 Für die Verlängerung einer Baugenehmigung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Verlängerungsantrag der Baugenehmigung maßgeblich (ebenso VGH München BeckRS 2010, 31596). (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB für einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb kommt nicht in Betracht, wenn er sondergebietspflichtig ist, da § 11 Abs. 3 BauNVO vorsieht, dass solche Vorhaben nur in Kerngebieten oder in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig sind. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 168.357 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger begehrt die Verlängerung einer ihm erteilten Baugenehmigung.
Er ist Eigentümer des Grundstücks FlNr. …/… Gemarkung E. Mit Bescheid des Landratsamtes Freising vom 6. April 2006 erhielt er die Baugenehmigung zur Nutzungsänderung eines bestehenden Betriebsgebäudes in einen Elektronik- und Computermarkt mit einer Verkaufsfläche von 1.122,67 m². Die Gesamtfläche wurde im Bauantrag mit 1.923,43 m² angegeben. Die Beigeladene hatte zu dem Bauvorhaben das Einvernehmen zunächst verweigert, später aber erteilt. Die Baugenehmigung wurde nicht ausgenutzt. Am 30. März 2010 stellte der Kläger einen Antrag auf Verlängerung der Baugenehmigung. Nach der Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens verlängerte das Landratsamt Freising mit Bescheid vom 21. April 2010 die Gültigkeit der Baugenehmigung bis zum 6. April 2012.
Am 4. April 2012 reichte der Kläger bei der Bauaufsichtsbehörde einen erneuten Verlängerungsantrag ein. Die Beigeladene verweigerte nach Weiterleitung des Antrags durch das Landratsamt Freising mit Schreiben vom 16. Mai 2012 mit Beschluss des Bauausschusses vom 3. Juli 2012 ihr Einvernehmen. Das Vorhaben widerspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 3 „Gewerbegebiet E.-…“. Dem Vorhaben werde nur zugestimmt, wenn sich der Kläger in einem städtebaulichen Vertrag verpflichte, einen angemessenen finanziellen Beitrag zu den Kosten der Herstellung des Autobahnzubringers zu übernehmen, der das Gebiet erschließe. Das verweigerte der Kläger mit Schreiben vom 18. Dezember 2012. Das Landratsamt Freising hat über den Verlängerungsantrag nicht entschieden.
Die hiergegen erhobene Verpflichtungsklage hat das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 19. Juni 2013 abgewiesen. Eine Verlängerung der Geltungsdauer der Genehmigung sei nur möglich, wenn das Vorhaben zu dem Zeitpunkt, zu dem über den Antrag entschieden werde, noch den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspreche. Das Vorhaben widerspreche den Bebauungsplanfestsetzungen. Obwohl der Bebauungsplan in seiner textlichen Festsetzung C.1.c in den Gewerbe- und Industriegebietsflächen unter bestimmten Voraussetzungen eine Ausnahme von dem Verbot vorsehe, dort Betriebe mit Verkauf an Endverbraucher zuzulassen und das Vorhaben des Klägers zwar dem Grunde nach darunterfalle, sei es gleichwohl nicht im Wege einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB zuzulassen, weil es unabhängig davon wegen seiner Sondergebietspflichtigkeit am vorgesehenen Standort nicht realisiert werden könne. Ob zusätzlich die Voraussetzungen für eine Befreiung im Sinn des § 31 Abs. 2 BauGB gegeben seien, sei letztlich nicht von ausschlaggebender Bedeutung, da sowohl für eine Ausnahme als auch für eine Befreiung nach § 36 Abs. 1 BauGB das Einvernehmen der Gemeinde erforderlich sei. Das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 31 Abs. 1 bzw. Abs. 2 BauGB unterstellt, habe die Beigeladene vorliegend ihr Einvernehmen in rechtmäßiger Weise verweigert. Es sei rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beigeladene die Erteilung ihres Einvernehmens davon abhängig gemacht habe, dass der Kläger zum Abschluss eines städtebaulichen Vertrags im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 3 BauGB bereit sei. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien erfüllt, insbesondere sei ein gemeindlicher Selbstbehalt für die Fremdnützlichkeit einer städtebaulichen Maßnahme und das Allgemeininteresse nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei Folgekostenverträgen im Sinn des § 11 Abs. 1 BauGB nicht erforderlich. Das Bundesverwaltungsgericht habe mit Bindungswirkung (§ 121 VwGO) zwischen Kläger und Beigeladener festgestellt, dass die konkreten städtebaulichen Maßnahmen, deren Umlegungsfähigkeit vom Kläger bestritten werde, Gegenstand eines Nachfolgelastenvertrages sein könnten. Es bestehe keine Veranlassung, hiervon abzuweichen. Der Kläger könne daher mit seinen Beweisanträgen, die – etwas verkürzt ausgedrückt – darauf gerichtet seien festzustellen, dass die tatsächlichen Verhältnisse für die zugunsten der Beigeladenen ergangenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts unzutreffend ermittelt worden seien, nicht gehört werden.
Der Kläger beantragt, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen. Er trägt im Wesentlichen vor, dass die Beigeladene die Erteilung des Einvernehmens zu Unrecht davon abhängig gemacht habe, dass er über den Abschluss eines städtebaulichen Vertrags zur Erschließung des Gebiets einen finanziellen Beitrag zu den Kosten der Herstellung des Autobahnzubringers übernehme. Das Bundesverwaltungsgericht habe über die „tatsächlichen Verhältnisse“ nicht entschieden, er selbst und die Gerichte seien von der Beigeladenen hinsichtlich des Verfahrens zur Durchsetzung von Erschließungszuschüssen („Baurecht nur gegen Abschluss eines städtebaulichen Vertrages“), über die Baulast und Klassifizierung einer Gemeindestraße sowie über die anderweitige Deckung der Kosten des Zubringers getäuscht worden. Die Beigeladene habe nicht ausreichend dargelegt, welche Kosten ihr durch das überörtliche Verkehrsnetz angeblich entstanden seien. Der Kläger macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts geltend. Darüber hinaus macht der Kläger die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, der Abweichung des Urteils von Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sowie des Verfahrensmangels geltend.
Der Beklagte und die Beigeladene verteidigen das angefochtene Urteil.
Auf die Mitteilung des Beklagten, die Beigeladene habe aus den im vorliegenden Verfahren bekannten Gründen das Einvernehmen zu dem neuen Antrag des Klägers auf Nutzungsänderung für das streitgegenständliche Grundstück (Nutzungsänderung eines Elektronikmarkts in einen Möbelmarkt) von Oktober 2015 verweigert, entgegnete der Kläger, dass er weiterhin ein Interesse an der begehrten Verlängerung der streitgegenständlichen Baugenehmigung habe, selbst wenn er nunmehr eine (alternative) Genehmigung beantragt habe, weil der Mietinteressent des Elektromarkts zurückgetreten sei. Er sei in keinem Fall bereit, das 2012 begonnene Verfahren wieder von vorn beginnen zu lassen, um sich – unabhängig von der Art der Baugenehmigung – den Einwand entgegenhalten zu lassen, er erhalte das Baurecht nur gegen Abschluss eines städtebaulichen Vertrags. Eine Hauptsacheerledigung sei daher nicht eingetreten.
II.
Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, ist zulässig. Eine Erledigung der Hauptsache ist nicht eingetreten. Ein Verpflichtungs- oder sonstiges Leistungsbegehren erledigt sich, wenn der geltend gemachte Anspruch erfüllt, weggefallen, erloschen oder auf andere Weise gegenstandslos geworden ist, beispielsweise durch Zurücknahme des Antrags (vgl. Gerhardt in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand Oktober 2015, § 113 Rn. 100). Ungeachtet des neuen Antrags des Klägers auf Nutzungsänderung für das streitgegenständliche Grundstück (Nutzungsänderung eines Elektronikmarkts in einen Möbelmarkt) von Oktober 2015 hat der Kläger seinen Sachantrag aufrechterhalten und nicht auf die Verlängerung der streitgegenständlichen Baugenehmigung verzichtet. Insoweit ist angesichts des wirtschaftlichen Interesses des Klägers an der Verlängerung der streitgegenständlichen Baugenehmigung auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse des Klägers gegeben. Der Antrag, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt aber ohne Erfolg. Die innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist, liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Ernstliche Zweifel im Sinn dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B. v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B. v. 10.03.2004 – 7 AV 4/03 – DVBl 2004, 838). Das ist nicht der Fall.
Dabei kann offen bleiben, ob der Vortrag des Klägers, der sich zu den Tatbestandsmerkmalen des § 31 Abs. 1 bzw. Abs. 2 BauGB nicht verhält, dem Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entspricht (vgl. BVerfG, B. v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546). Der Kläger trägt zur grundlegenden Annahme des Verwaltungsgerichts, in materiell-rechtlicher Hinsicht gelte für die Verlängerung der Geltungsdauer der Genehmigung nichts anderes als für die erstmalige Erteilung, nichts vor. Das Verwaltungsgericht weist zu Recht darauf hin, dass für die Verlängerung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Verlängerung der Baugenehmigung maßgebend ist, unabhängig von der erstmaligen Erteilung der Baugenehmigung und ihren jeweiligen Verlängerungen (vgl. BayVGH, B. v. 12.8.2010 – 14 ZB 10.1005 – juris; U. v. 17.10.2003 – 2 B 99.2667 – BayVBl 2004, 216). Es ist deshalb zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger keinen Anspruch auf die Verlängerung der Baugenehmigung über den 6. April 2012 hinaus hat.
1.1 Das Vorhaben des Klägers, das im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 3 der Beigeladenen in der Fassung vom 6. November 2012 liegt, widerspricht den Bebauungsplanfestsetzungen. Für das Grundstück des Klägers ist „Gewerbegebiet“ festgesetzt. Bei dem Vorhaben des Klägers handelt es sich jedoch um einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb, der im Sinn von § 11 Abs. 3 BauNVO raumordnungsrechtlich relevant ist, da er mit einer angegebenen Verkaufsfläche von 1.122,67 m² die insoweit relevante Verkaufsfläche von 800 m² deutlich überschreitet (vgl. BVerwG, U. v. 24.11.2005 – 4 C 10.04 – NVwZ 2006, 452) und deshalb nicht in einem Gewerbegebiet zulässig ist. Auch die Geschossfläche überschreitet die in § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO aufgeführte Geschossfläche von 1.200 m². Dazu, dass die in § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO enthaltene Vermutung der raumordnungsrechtlichen Relevanz widerlegt wäre, wurde ausweislich der zutreffenden Feststellung des Verwaltungsgerichts weder vorgetragen noch ist dies ersichtlich.
1.2 Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB liegen erkennbar nicht vor. Zwar sieht der Bebauungsplan in seiner textlichen Festsetzung C.1.c die Möglichkeit vor, in den Gewerbe- und Industriegebietsflächen eine Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB von dem Verbot zu erteilen, dort Betriebe mit Verkauf an Endverbraucher zuzulassen, und zwar dann, wenn die Größenordnung des Verkaufs, die Art der zu verkaufenden Waren, das Verhältnis des Umsatzes des Verkaufs an Endverbraucher zum Gesamtumsatz, die Lage und Art des Betriebes, die Verkaufszeiten, die Art und Größe des Kundenaufkommens eine wesentliche Beeinträchtigung der Versorgungsfunktion des E. Ortskerns und eine Verschlechterung der Verkehrssituation nicht erwarten lassen und auch nicht zu befürchten ist, dass sich hieraus eine Erweiterung der Zahl und Größe der vorhandenen großflächigen Einzelhandelsbetriebe ergibt. Aufgrund der Sondergebietspflichtigkeit des Vorhabens des Klägers hat dieser jedoch am vorgesehenen Standort keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB.
1.3 Gleichermaßen scheidet aber auch die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB aus. Eine Befreiung von § 11 Abs. 3 BauNVO kommt angesichts der Sondergebietspflichtigkeit nicht in Betracht. Denn § 11 Abs. 3 BauNVO bestimmt unabhängig davon, welche Festsetzungen der Bebauungsplan trifft, dass die dort bezeichneten großflächigen Betriebe nur in Kerngebieten oder in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig sind (vgl. BVerwG, B. v. 29.11.2005 – 4 B 72/05 – juris Rn. 6). Eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann daher die Geltung des § 11 Abs. 3 BauNVO nicht suspendieren.
Aber selbst bei Annahme, die raumordnungsrechtliche Relevanz des Vorhabens des Klägers sei ungeachtet der Geschossfläche nach § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO widerlegt, käme die Erteilung einer Befreiung im vorliegenden Fall nicht in Betracht. § 31 Abs. 2 BauGB knüpft die Befreiung an genau umschriebene Voraussetzungen an und stellt damit sicher, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans insbesondere wegen der erforderlichen Wahrung des Gebietscharakters nicht beliebig durch Verwaltungsakt außer Kraft gesetzt werden. Im vorliegenden Fall scheitert die Befreiung bereits daran, dass die Grundzüge der Planung berührt werden. Das Konzept des Bebauungsplans sieht vor, die im Bebauungsplan von 1980 überwiegend festgesetzte gewerbliche Nutzung auf einigen Grundstücken umzunutzen zugunsten der Sonstigen Sondergebiete (nunmehr insgesamt elf Sonstige Sondergebiete, wobei das Sondergebiet SO 7 nicht festgesetzt wurde) mit der Folge, dass diese zusammen eine Fläche von ca. 22,84 ha umfassen und etwa ein Fünftel des gesamten Geltungsbereichs beanspruchen. Gleichzeitig wird in der Begründung zum Bebauungsplan ausgeführt, dass die Sonstigen Sondergebiete durch ihren Publikumsverkehr gegenüber der gewerblichen Nutzung einen überdurchschnittlich hohen Anteil am gesamten Verkehrsaufkommen entstehen lassen. Ausnahmen sind nach der textlichen Festsetzung C.1.c (nur) unter bestimmten Voraussetzungen möglich.
Gemessen daran würde die Nutzung des Grundstücks des Klägers als weiteres Sonstiges Sondergebiet dieses Konzept der Beigeladenen, das sich auch in der textlichen Festsetzung C.1.c widerspiegelt, erkennbar in Frage stellen. Dies gilt umso mehr, als sich im unmittelbaren Umgriff zum streitgegenständlichen Grundstück im Bereich der L…straße und der D…straße neben den dort ausgewiesenen Sonstigen Sondergebieten außer dem Grundstück des Klägers nur noch vier weitere Gewerbegebiete (FlNr. …/…, …/…, … und …) befinden.
Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass es auf die weiteren vom Kläger aufgeworfenen Fragen, insbesondere ob die Beigeladene vorliegend ihr Ermessen nach § 36 Abs. 1 BauGB in rechtmäßiger Weise verweigert hat, ob die Beigeladene die Erteilung des Einvernehmens von dem Abschluss eines städtebaulichen Vertrags abhängig machen durfte bzw. ob das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.3.2011 – 4 C 11.10 Bindungswirkung entfaltet angesichts der vom Kläger unterstellten Täuschungen durch die Beigeladene, nicht entscheidungserheblich ankommt.
2. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn eine im Zulassungsantrag formulierte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits von Bedeutung, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus relevant ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (vgl. BVerwG, B. v. 30.3.2005 – NVwZ 2005, 709; B. v. 9.6.1999 – NVwZ 1999, 1231). Die vom Kläger als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfenen Fragen, die sämtlich im Zusammenhang mit der Zulässigkeit des Abschlusses eines städtebaulichen Vertrags und der Mitfinanzierung der zu erschließenden Straßen stehen, sind aus den unter 1. genannten Gründen nicht entscheidungserheblich. Darüber hinaus ist nicht erkennbar, worin ein über den vorliegenden Einzelfall hinausgehender Klärungsbedarf liegen sollte.
3. Ferner ist die Berufung nicht wegen einer Divergenz nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen. Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO setzt voraus, dass das angefochtene Urteil mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem eben solchen Rechtssatz eines in der Vorschrift genannten Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Im Zulassungsantrag muss ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet werden und einem Rechtssatz des anderen Gerichts unter Darlegung der Abweichung gegenüber gestellt werden (vgl. BVerwG, B. v. 11.8.1998 – NVwZ 1999, 406; B. v. 28.1.2004 – NVwZ 2004, 889; B. v. 26.6.1995 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO Nr. 2).
Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen im Zulassungsantrag nicht. Die von dem Kläger behauptete Abweichung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts von den Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U. v. 15.2.2005 – 8 A 03.40044 – BayVBl 2006, 118; U. v. 24.2.1999 – 8 B 98.1627 und 8 B 98.1631 – BayVBl 2000, 242 und U. v. 8.8.2001 – 8 N 00.690 – BayVBl 2002,495) ist weder dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), noch kommt es – wie ausgeführt – entscheidungserheblich auf eine mögliche Abweichung an.
4. Es liegt schließlich kein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Die vom Kläger gerügten Verstöße gegen den Amtsermittlungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 VwGO und die Zurückweisung von entscheidungserheblichen Beweisanträgen gehen ins Leere. In diesem Zusammenhang beruft sich der Kläger zusammengefasst maßgeblich auf eine vermeintliche Täuschung der Beigeladenen über die Klassifizierung der Anbinders an das Gewerbegebiet und dessen Finanzierung bzw. die seiner Ansicht nach bereits erfolgte Deckung der Herstellungskosten der Straßenerschließung des Gewerbegebiets und begehrt insoweit Akteneinsicht. Diese mit dem Zulassungsantrag wiederholten und vertieften Umstände sind aber aus den unter 1. genannten Gründen nicht aufklärungsbedürftig, weil sie weder für das Verwaltungsgericht entscheidungserheblich waren noch der Klärung in einem Berufungsverfahren bedürfen.
5. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, weil sein Zulassungsantrag erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Denn sie hat im Wesentlichen nur auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Bezug genommen.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1 sowie § 52 Abs. 1 GKG.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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