Baurecht

Fehlende Erforderlichkeit eines Bebauungsplans für ein Wochenendhaus-Sondergebiet

Aktenzeichen  15 N 20.1412

Datum:
9.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 16271
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 1 Abs. 3 S. 1, Abs. 7, Abs. 8, § 214 Abs. 3 S. 2
VwGO § 47 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

Einem Bebauungsplan fehlt wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB die Wirksamkeit, wenn er keine nachvollziehbare, in sich widerspruchsfreie städtebauliche Konzeption erkennen lässt und er deswegen nicht auf eine geordnete städtebauliche Entwicklung ausgerichtet ist. (Rn. 65)

Tenor

I. Der am 1. April 2020 (Amtstafelaushang) öffentlich bekannt gemachte Bebauungsplan „Wochenendhaus-Sonderbaugebiet U. – Deckblatt Nr. 4“ des Antragsgegners ist unwirksam.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Der Normenkontrollantrag hat Erfolg.
1. Der Antrag wurde rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt und ist auch im Übrigen zulässig.
a) Die Antragsteller sind gem. § 47 Abs. 2 VwGO antragbefugt. Nach dieser Norm kann den Normenkontrollantrag gegen einen Bebauungsplan jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch den Bebauungsplan oder dessen Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden.
aa) Die Antragsbefugnis ist wegen einer möglichen Eigentumsverletzung grundsätzlich schon dann zu bejahen, wenn sich ein Eigentümer eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks gegen eine bauplanerische Festsetzung wendet, die unmittelbar sein Grundstück betrifft. In diesem Fall kann der Eigentümer die Festsetzung gerichtlich überprüfen lassen, weil eine planerische Festsetzung Inhalt und Schranken seines Grundeigentums bestimmt (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG); die potenzielle Rechtswidrigkeit eines derartigen normativen Eingriffs braucht ein Antragsteller nicht ungeprüft hinzunehmen (vgl. BVerwG, U.v. 25.6.2020 – 4 CN 5.18 – NVwZ 2020, 1686 = juris Rn. 15 m.w.N.). Auch im umgekehrten Fall einer ebenso durch Satzung bzw. Änderungsbebauungsplan erfolgenden (Teil-) Aufhebung werden Inhalt und Schranken des Eigentums an Grundstücken, die aus dem bisherigen Geltungsbereich eines Bebauungsplans herausfallen, unmittelbar geregelt. Hierbei sind die Belange der Eigentümer in die Abwägungsentscheidung einzustellen, deren Eigentumsrechte durch die (Teil-) Aufhebung betroffen sind (vgl. BVerwG, B.v. 12.12.1990 – 4 B 143.90 – NVwZ-RR 1991, 524; BayVGH, U.v. 5.8.2020 – 1 N 18.1535 – BayVBl 2021, 130 = juris Rn. 24; U.v. 5.8.2020 – 1 N 18.1480 – juris Rn. 18). Der Geltungsbereich des Bebauungsplans in den vormaligen Fassungen (bis zum „Deckblatt Nr. 03“) umfasste die den Antragstellern gehörenden Grundstücke FlNr. … und … und sah für die FlNr. … ein Baufenster für ein Wochenendhaus vor. Mit der Verkleinerung des Geltungsbereichs durch das streitgegenständliche „Deckblatt Nr. 4“ verliert dieses Grundstück diese Baurechtsqualität. Die Neuregelung des Geltungsbereichs des Sondergebiets unter Ausschluss der bisher vom Geltungsbereich umfassten Grundstücke der Antragsteller läuft mithin in der Sache auf eine Teilaufhebung zulasten der Antragsteller hinaus. Wie die Antragsteller zu Recht geltend machen, richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen im Sinn von § 29 BauGB zum Inhalt haben, dann nach § 35 BauGB und mithin nach anderen, typischerweise strengeren Regelungen (zur eingeschränkten bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit wesentlicher Änderungen oder eines Ersatzbaus für ein Wochenendhaus am Maßstab von § 35 BauGB vgl. z.B. BVerwG, U.v. 14.4.2000 – 4 C 5.99 – NVwZ 2000, 1048 = juris Rn. 22 ff.; BayVGH, B.v. 17.8.2010 – 1 ZB 08.912 – juris Rn. 18; U.v. 27.11.2018 – 1 B 16.1879 – juris Rn. 25 ff.).
bb) Darüber hinaus droht den Antragstellern mit der Herausnahme ihrer Grundstücke aus dem Geltungsbereich des Bebauungsplans auch der Verlust des sog. Gebietserhaltungsanspruchs. Dieser gibt den Eigentümern von Grundstücken in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet das Recht, sich gegen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässige Vorhaben zur Wehr zu setzen. Der Anspruch ist eine Folge davon, dass Baugebietsfestsetzungen kraft Gesetzes dem Schutz aller Eigentümer der in dem Gebiet gelegenen Grundstücke dienen. Die weitreichende nachbarschützende Wirkung beruht auf der Erwägung, dass die Grundstückseigentümer durch die Lage ihrer Anwesen in demselben Baugebiet zu einer Gemeinschaft verbunden sind, bei der jeder in derselben Weise berechtigt und verpflichtet ist. Im Hinblick auf diese wechselseitig wirkende Bestimmung von Inhalt und Schranken des Grundeigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) hat jeder Eigentümer – unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung – das Recht, sich gegen eine schleichende Umwandlung des Gebiets durch Zulassung einer gebietsfremden Nutzung zur Wehr zu setzen (grundlegend BVerwG, U.v. 16.9.1993 – 4 C 28.91 – BVerwGE 94, 151 = juris Rn. 11 ff.; vgl. auch BVerwG, B.v. 18.12.2007 – 4 B 55.07 – NVwZ 2008, 427 = juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 24.2.2020 – 15 ZB 19.1505 – juris Rn. 6 m.w.N.). Solange auch die im Eigentum der Antragsteller stehende FlNr. … Bestandteil des Planbereichs mit der Ausweisung Sondergebiet mit der Zweckbestimmung „Wochenendhausnutzung“ war bzw. ist, stand bzw. steht den Antragstellern mithin ein Gebietserhaltungsanspruch auf Abwehr von Baugenehmigungen mit Nutzungen zu, die dieser Gebietsartfestsetzung widersprechen. Der Verlust des Gebietserhaltungsanspruchs als Bestandteil von Inhalt und Schranken des Grundeigentums infolge der Änderung eines Bebauungsplans – hier infolge der Verkleinerung des Geltungsbereichs durch das „Deckblatt Nr. 4“ – ist daher als abwägungserheblicher Belang i.S. von § 1 Abs. 7, Abs. 8 BauGB bei der Bauleitplanung in die Abwägung einzustellen (vgl. BVerwG, B.v. 18.5.2016 – 4 BN 7.16 – ZfBR 2016, 589 = juris Rn. 4; BayVGH, U.v. 26.5.2008 – 1 N 07.3143 – BayVBl 2009, 86 = juris Rn. 25; U.v. 26.11.2015 – 9 N 12.2592 – juris Rn. 20, 38).
cc) Nicht völlig ausgeschlossen – ohne dass dies noch für die Frage der Antragsbefugnis entscheidungserheblich wäre – erscheint auch eine abwägungsrelevante Betroffenheit der Antragsteller als Betreiber eines landwirtschaftlichen Betriebs mit der planungsbenachbarten Hofstelle FlNr. … Zwar können dem Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs zu befürchtende Einschränkungen des Bestands und seiner Entwicklungsmöglichkeiten nur dann die Antragsbefugnis gem. § 47 Abs. 2 VwGO vermitteln, wenn diese geltend gemachten Interessen in der konkreten Situation planungsbeachtlich sind (zum Ganzen vgl. BayVGH, B.v. 10.4.2018 – 9 NE 18.278 – juris Rn. 12 ff.; B.v. 12.3.2019 – 1 NE 19.85 – juris Rn. 8; B.v. 29.9.2020 – 9 NE 20.770 – juris Rn. 19). Letzteres stünde hier insofern infrage, als die Teilaufhebung des Bebauungsplans im bisherigen nördlichen Planbereich aufgrund des dann dort wiederauflebenden und für bauliche Nutzungen grundsätzlich strengen § 35 BauGB formal für die Antragsteller sowohl hinsichtlich geltend gemachter nachbarlicher Probleme (z.B. hinsichtlich der Befahrbarkeit der Erschließungswege mit landwirtschaftlichen Maschinen bei Begegnungsverkehr und parkenden Kraftfahrzeugen sowie in Bezug auf Geruchsimmissionen) günstiger erscheint. Zudem beträgt der Abstand der bestehenden Stallungen der Antragsteller zum nächstgelegenen Baufenster im verbleibenden Geltungsbereich des Bebauungsplans auf FlNr. … nach der Planzeichnung zum „Deckblatt Nr. 4“ jetzt mehr als 120 m (vgl. Kap. 3.3.2 der Arbeitspapiere des Bayerischen Arbeitskreises „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“). Im vorliegenden Fall besteht aber die Besonderheit, dass der Antragsgegner mit der Rückführung des nördlichen Bereichs in den Außenbereich – wenngleich in fraglicher rechtlicher Auslegung des § 35 Abs. 2, Abs. 4 und Abs. 6 BauGB [s.u. 2. b) aa) ] – in Abstimmung mit dem Landratsamt die Motivation verfolgt, dort gerade den Weg für künftige Dauerwohnnutzungen und damit für eine Intensivierung immissionsempfindlicher Nutzungen zu ebnen [s.u. 2. a) bb) ]. Aufgrund der bereits zu bejahenden Antragsbefugnis wegen der Erwägungen oben zu aa) und bb) bedarf dies keiner abschließenden Bewertung.
b) Für den Antrag besteht auch ein Rechtsschutzinteresse. Bei bestehender Antragsbefugnis ist regelmäßig das erforderliche Rechtsschutzinteresse gegeben. Das Erfordernis eines Rechtsschutzbedürfnisses soll nur verhindern, dass Gerichte in eine Normprüfung eintreten, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist, weil es seine Rechtsstellung unter keinen Umständen verbessern kann (BVerwG, U.v. 27.8.2020 – 4 CN 4.19 – NVwZ 2020, 1758 = juris Rn. 11 m.w.N.).
Ein Rechtsschutzinteresse wäre grundsätzlich auch dann gegeben, sofern sämtliche Vorgänger-Satzungen an rechtserheblichen Fehlern leiden sollten und sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit baulicher Anlagen im bisherigen nördlichen Planungsbereich einschließlich der Bebauung auf dem Antragstellergrundstück FlNr. … seit jeher de jure ohnehin an § 35 BauGB messen lassen müsste. Denn zum einen könnte sich der Antragsgegner, um sich nicht in Widerspruch zu seinem eigenen Verhalten zu setzen, nicht auf die Ungültigkeit seiner eigenen (früheren) Satzungen berufen (vgl. BayVGH, B.v. 28.7.2020 – 15 ZB 20.470 – juris Rn. 16). Zum andern hat das Landratsamt als Baugenehmigungs- und Bauaufsichtsbehörde Bebauungspläne als untergesetzliche Rechtsnormen eines kommunalen Rechtsträgers zu beachten und muss sich jedenfalls nicht grundsätzlich herausgefordert sehen, von sich aus in die Überprüfung deren Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit einzusteigen (BayVGH, U.v. 13.12.2016 – 14 N 15.295 – juris Rn. 68; zum Streitstand hinsichtlich einer überwiegend verneinten Normverwerfungskompetenz der Exekutive vgl. OVG LSA, B.v. 2.7.2020 – 2 M 33/20 – NVwZ-RR 2020, 957 = juris Rn. 15). Etwas Anderes wäre allenfalls im Falle ganz offensichtlicher Mängel, die zudem nicht den Unbeachtlichkeitsregelungen in § 214, § 215 BauGB (oder deren Vorgängerbestimmungen) unterfallen, denkbar (vgl. OVG NW, U.v. 30.6.2005 – 20 A 3988/03 – UPR 2006, 199 = juris Rn. 66).
Vorliegend dürfte der am 22. Dezember 2008 bekannt gemachte „Vorgänger“-Änderungsbebauungsplan „Deckblatt Nr. 03“ zwar wegen Verstoßes gegen Art. 26 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 GO offensichtlich unwirksam sein, weil dessen Satzungsbeschluss vom 15. Januar 2008 schon am 22. Dezember 2008 öffentlich bekannt gemacht wurde, die Ausfertigungsunterschrift auf der Planurkunde aber erst einen Tag später (am 23. Dezember 2008) erfolgte (zur falschen Reihenfolge von Ausfertigung und Bekanntmachung vgl. z.B. BayVGH, B.v. 12.3.2012 – 15 ZB 10.2153 – juris Rn. 5; U.v. 10.10.2018 – 2 N 16.1285 – juris Rn. 21). Unabhängig von der Frage, ob dieser Mangel über ein ergänzendes Verfahren gem. § 214 Abs. 4 BauGB heilbar wäre (oder ob dem § 1 Abs. 4 BauGB i.V. mit Nr. 3.3 LEP entgegenstünde, vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Okt. 2020, § 214 Rn. 131a m.w.N.), führt dies nicht zum Wegfall des Rechtsschutzinteresses an der Normenkontrolle des „Deckblatt Nr. 4“: Denn bei Hinwegdenken des vorliegend streitgegenständlichen Bebauungsplans (der nach dem Rechtsschutzziel der Antragsteller vom Verwaltungsgerichtshof für unwirksam erklärt werden soll) sowie des unwirksamen „Deckblatt Nr. 03“ lebt der Bebauungsplan „Wochenendhausgebiet U.“ in der Fassung des am 14. Oktober 1985 bekanntgemachten „Deckblatt Nr. 01“ mit den auf die FlNr. … begrenzten Änderungen durch das am 7. März 1991 bekannt gemachte „Deckblatt Nr. 2“ wieder auf. Dem steht das heute in Nr. 3.3 LEP 2013 normierte landesplanerische Anbindungsgebot nicht entgegen. Das Anbindungsgebot ist erstmals im LEP 2003 geregelt worden (zur Einordnung als striktes Ziel der Raumordnung oder lediglich abwägungsrelevanter Grundsatz vgl. unten 3.). Auch wenn die allgemeine Beachtungspflicht des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ROG ggf. aktive Handlungspflichten der betroffenen Gemeinde begründen kann, einen bestehenden Bebauungsplan an ein (neues) Ziel der Raumordnung – hier etwa an das gem. Nr. 3.3 LEP 2013 geltende Anbindungsgebot – anzupassen, verliert ein bereits erlassener Bebauungsplan nicht deshalb nachträglich seine Geltung, weil er noch nicht an ein in einem zeitlich nachfolgenden Regionalplan enthaltenes Ziel angepasst wurde. Der noch nicht an das neue raumplanerische Ziel angepasste Bebauungsplan tritt m.a.W. nicht ipso iure außer Kraft, sondern gilt fort, bis – ggf. angestoßen durch das in Art. 33 BayLplG vorgesehene Verfahren – eine entsprechende Korrektur durch einen entsprechenden Planungsakt der Gemeinde erfolgt ist (vgl. BayVGH, U.v. 16.11.1993 – 8 B 92.3559 – NVwZ 1994, 705 = juris Rn. 16 f. m.w.N.; HessVGH, B.v. 10.9.2009 – 4 B 2068/09 – NVwZ-RR 2010, 47 = juris Rn. 4; OVG MV, U.v. 5.11.2008 – 3 L 281/03 – BauR 2009, 1399 = juris Rn. 133; Kümper, UPR 2018, 201 ff.; Scheidler, UPR 2019, 494 ff.; zum Streitstand OVG LSA, U.v. 18.11.2015 – 2 L 1/13 – juris Rn. 106). Geschieht dies nicht, bleibt der ältere, vor Geltung des raumordnerischen Ziels erlassene Bebauungsplan trotz § 1 Abs. 4 BauGB grundsätzlich wirksam. Auch wenn vorliegend auf einigen Parzellen bestandsgeschützte Gebäude mit bestandskräftigen Baugenehmigungen existieren, die ggf. hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche mit einzelnen Festsetzungen des „Deckblatt Nr. 01“ sowie des „Deckblatt Nr. 02“ (z.B. zur überbaubaren Grundstücksfläche) nicht zu 100% übereinstimmen, wäre im Falle der von den Antragstellern geltend gemachten Unwirksamkeit des „Deckblatt Nr. 4“ nicht von Funktionslosigkeit des Bebauungsplans in der Fassung der ersten beiden Deckblätter auszugehen, weil deren Festsetzungen weiterhin grundsätzlich geeignet sind, die städtebauliche Ordnung im Geltungsbereich des Bebauungsplans zu steuern (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 12.07.2010 – 15 ZB 09.3214 – juris Rn. 17 m.w.N.; B.v. 13.10.2017 – 15 ZB 14.1788 – juris Rn. 11). Denn im gem. § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB relevanten Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses zum streitgegenständlichen Bebauungsplan („Deckblatt Nr. 4“) waren einerseits diverse Bauparzellen noch gar nicht bebaut (und es existierten auch noch keine bestandkräftigen Baugenehmigungen hierfür) und andererseits waren die bestehenden Gebäude – soweit sie von ergangenen Baugenehmigungen gedeckt sind [vgl. unten 2. b) aa) ] – als „Wochenendhäuser“ im Sinne der festgesetzten Sondergebietsart auch des „Deckblatt 01“ genehmigt worden.
Vor diesem Hintergrund können sich die Antragsteller nach wie vor im Fall der Unwirksamkeit des vorliegend angegriffenen „Deckblatt Nr. 4“ jedenfalls auf die Sondergebietsausweisung nach Maßgabe des Bebauungsplans in der Fassung des „Deckblatt Nr. 01“ berufen, zumal auch die jüngst beschlossene Gesamtaufhebung des Bebauungsplans – unabhängig von diesbezüglichen (hier nicht relevanten) Wirksamkeitsfragen – mangels Bekanntgabe noch nicht in Kraft getreten ist. Die Antragsteller können mithin ihre Rechtsstellung für den Fall der Unwirksamkeitserklärung des angegriffenen „Deckblatt Nr. 4“ verbessern, weil sie sich dann trotz der (womöglich nicht heilbaren) Unwirksamkeit des „Deckblatt Nr. 03“ auf die nicht offensichtlich unwirksamen Festsetzungen zur Gebietsart in „Deckblatt Nr. 01“ und „Deckblatt Nr. 02“ berufen könnten. Damit bleibt es dabei, dass sich zum einen die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Bauvorhaben im bisherigen nördlichen Plangebiet (und damit auch auf ihrem Grundstück FlNr. …) hinsichtlich der Nutzungsart weiterhin nach dem festgesetzten Sondergebiet (und nicht nach § 35 BauGB) richtet und sich die Antragsteller insoweit weiterhin auf ihren Gebietserhaltungsanspruch berufen können. Ein eventueller, zur Unwirksamkeit führender Fehler des ursprünglichen Bebauungsplans aus dem Jahr 1967- etwa wegen der falschen Reihenfolge von Ausfertigung (14. Februar 1967) und erst nachfolgendem Satzungsbeschluss (18. Februar 1967) – hätte im Übrigen auf das Rechtsschutzinteresse keine Auswirkungen, weil der Bebauungsplan „Deckblatt Nr. 01“ den Bebauungsplans insgesamt neu regelte, d.h. den ursprünglichen Bebauungsplan im Ganzen hinsichtlich des Geltungsbereichs sowie der planerischen und textlichen Festsetzungen ersetzte.
2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Der Bebauungsplan „Wochenendhaus-Sonderbaugebiet U. – Deckblatt Nr. 4“ verstößt gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sowie in gem. §§ 214, 215 BauGB rechtserheblicher Weise gegen das Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7, Abs. 8, § 2 Abs. 3 BauGB). Diese Mängel führen zur Gesamtunwirksamkeit. Da es sich bei einem Normenkontrollverfahren nach § 47 Abs. 1 VwGO um ein objektives Rechtsbeanstandungsverfahren handelt, kommt es nicht darauf an, ob die Antragsteller durch unwirksamkeitsbegründende Mängel subjektiv-rechtlich betroffen sind (vgl. BayVGH, U.v. 18.12.2020 – 15 N 20.391 – juris Rn. 40 m.w.N.).
a) Der streitgegenständliche Bebauungsplan widerspricht sowohl hinsichtlich des neuen Zuschnitts des Geltungsbereichs (Herausnahme des nördlichen Plangebiets aus dem Plangebiet, um dies wieder zum Außenbereich i.S. von § 35 BauGB zu machen) als auch hinsichtlich der planerischen Entscheidung, den verbleibenden mittleren und südlichen Teil des bisherigen Plangebiets weiterhin als Sondergebiet i.S. von § 10 BauNVO auszuweisen, dem Grundsatz der Erforderlichkeit gem. § 1 Abs. 3 BauGB.
Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Dem Kriterium der Erforderlichkeit kommt in der gemeindlichen Bauleitplanung die Funktion zu, die Planung, die ihre Rechtfertigung nicht in sich selbst trägt, im Hinblick auf die damit verbundenen Rechtseinwirkungen in Einklang mit den gesetzlich zulässigen Planungszielen zu bringen und auf diese Weise grundsätzlich zu rechtfertigen. Was i.S. von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die „Städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht (BVerwG, B.v. 11.5.1999 – 4 BN 15.99 – NVwZ 1999, 1338 = juris Rn. 4; U.v. 10.9.2015 – 4 CN 8.14 – BVerwGE 153, 16 = juris Rn. 11; BayVGH, U.v. 27.1.2017 – 15 B 16.1834 – juris Rn. 29; BayVGH, U.v. 24.6.2020 – 15 N 19.442 – juris Rn. 23). Für die Erforderlichkeit der Planung i.S. von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist entscheidend, ob die Planung zu einer städtebaulichen Entwicklung und Ordnung beiträgt. In dieser Auslegung setzt § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Bauleitplanung eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Für die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung ist demgegenüber das Abwägungsgebot maßgeblich, das gemäß § 1 Abs. 7 BauGB darauf gerichtet ist, die von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen und unverhältnismäßige oder gleichheitswidrige Belastungen zu vermeiden (BVerwG, B.v. 25.7.2017 – 4 BN 2.17 – BRS 85 Nr. 2 = juris Rn. 3; U.v. 10.9.2015 – 4 CN 8.14 – BVerwGE 153, 16 = juris Rn. 12 m.w.N.; BayVGH, U.v. 5.8.2020 – 1 N 18.1535 – BayVBl 2021, 130 = juris Rn. 24; U.v. 5.8.2020 – 1 N 18.1480 – juris Rn. 22). Voraussetzung für die Erforderlichkeit des Bebauungsplans (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB) ist jedenfalls, dass der Planung ein realisierbares städtebauliches Konzept zugrunde liegt und der Bebauungsplan der Verwirklichung dieses Konzepts dient (vgl. z.B. BayVGH, U.v. 10.7.2018 – 1 N 15.938 – BayVBl 2019, 307 = juris Rn. 20 m.w.N.). Nicht erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB sind mithin Bebauungspläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren (zum Ganzen vgl. BVerwG, B.v. 11.5.1999 – 4 BN 15.99 – NVwZ 1999, 1338 = juris Rn. 5; U.v. 5.5.2015 – 4 CN 4.14 – NVwZ 2015, 1537 = juris Rn. 10 m.w.N.; U.v. 10.9.2015 – 4 CN 8.14 – BVerwGE 153, 16 = juris Rn. 11; BayVGH, U.v. 27.10.2011 – 15 N 08.3431 – juris Rn. 22; U.v. 28.4.2017 – 9 N 14.404 – juris Rn. 24).
aa) Der Senat lässt es dahinstehen, ob das „Deckblatt Nr. 4“ einen sog. „Etikettenschwindel“ beinhaltet. Hierunter versteht man einen Sonderfall einer mangelnden Planungserforderlichkeit wegen nicht ernsthaft verfolgter Planungsziele, wenn ein Bebauungsplan Festsetzungen enthält, die nicht dem entsprechen, was von der Gemeinde tatsächlich gewollt, sondern die von ihr nur vorgeschoben werden, um das eigentliche (im Regelfall unzulässige) Planungsziel zu verdecken. Das mit einem erlassenen Bebauungsplan Festgesetzte wird in diesem Fall von der planenden Gemeinde also inhaltlich gar nicht angestrebt und / oder es ist – etwa aufgrund sonstiger Festsetzungen im Bebauungsplan – von vornherein faktisch gar nicht zu erreichen (vgl. BayVGH, U.v. 3.4.2007 – 25 N 03.1282 – juris Rn. 17; B.v. 3.2.2014 – 1 NE 13.2508 – juris Rn.10; OVG Berlin-Bbg, U.v. 5.3.2020 – OVG 10 A 8.15 – juris Rn. 87; VGH BW, U.v. 17.5.2013 – 8 S 313/11 – ZfBR 2013, 692 = juris Rn. 34; U.v. 28.11.2019 – 8 S 2792/17 – BauR 2020, 588 = juris Rn. 61; OVG LSA, U.v. 4.9.2019 – 2 K 14/18 – juris Rn. 71; vgl. auch BVerwG, U.v. 28.2.2002 – 4 CN 5.01 – NVwZ 2002, 1114 = juris Rn. 32).
Kein „Etikettenschwindel“ in diesem Sinne stellt jedenfalls die vom Antragsgegner anvisierte Verkleinerung des Geltungsbereichs der Sondergebietsausweisung dar, soweit also die Planung in der Sache auf eine partielle Aufhebung des Bebauungsplans im nördlichen Bereich (FlNrn. … … … … … … und …) hinausläuft. Auch wenn insofern in der Begründung des Bebauungsplans Ziele angegeben werden, die sich inhaltlich widersprechen [s.u. bb), cc) und dd) ] und der Antragsgegner Motive verfolgt, die sich auf rechtlich korrektem Weg nicht erreichen lassen [s.u. b) aa) ], ist es im vorliegenden Fall tatsächlich das Anliegen der Gemeinde, den Geltungsbereich des Bebauungsplans zu reduzieren, um das hiervon betroffene Areal wieder dem planungsrechtlichen Außenbereich zuzuführen, damit die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit künftiger, vom Bestandsschutz nicht umfasster Bauvorhaben bauplanungsrechtlich nicht mehr an der Sondergebietsausweisung, sondern an § 35 BauGB gemessen wird. Insofern deckt sich das mit der Planung tatsächlich verfolgte Ziel mit dem Inhalt des „Deckblatt Nr. 4“. Die Außenbereichsflächen, die aufgrund der Planung (Reduzierung des Geltungsbereichs) wieder entstehen sollen, sind vom Antragsgegner ausdrücklich so gewollt, sie stellen kein bloßes „Etikett“ bzw. falsches „Label“ dar, mit dem andere Planungsabsichten verdeckt werden sollen (vgl. BayVGH, U.v. 5.8.2020 – 1 N 18.1535 – BayVBl 2021, 130 = juris Rn. 25; U.v. 5.8.2020 – 1 N 18.1480 – juris Rn. 23).
Ein Verstoß gegen das Verbot des „Etikettenschwindels“ läge allenfalls vor, soweit mit dem Bebauungsplan „Deckblatt Nr. 4“ im verkleinerten Geltungsbereich (also im mittleren und südlichen Bereich des vormaligen Gesamtplangebiets) weiterhin ein Sondergebiet mit der Zweckbestimmung Wochenendhausnutzung festgesetzt wird, eine solche Ausweisung aber inhaltlich von der Gemeinde tatsächlich nicht gewollt sein sollte. Hiervon wäre auszugehen, wenn der Antragsgegner schon im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses und der Bekanntmachung das tatsächliche Ziel gehabt hätte, im ausgewiesenen Bereich lediglich pro forma als Wochenendhäuser deklarierte Gebäude entstehen zu lassen, die nach dem Wissens- und Wollensstand auch der beteiligten Bauherrn tatsächlich zum Zwecke der Dauerwohnnutzung errichtet werden sollen. Hierzu trugen die Beteiligten zuletzt in der mündlichen Verhandlung am 8. Juni 2021 kontrovers ihre Standpunkte vor. Dem diesbezüglich von den Antragstellern in der mündlichen Verhandlung bedingt gestellten Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen über den genauen Inhalt eines Gesprächs am 18. Januar 2020 zwischen dem früheren 1. Bürgermeister des Antragsgegners und Eigentümern von Grundstücken im betroffenen Wochenendhausgebiet, über den der Senat im Urteil entscheiden kann (BVerwG, B.v. 12.2.2018 – 2 B 56.17 – juris Rn. 8), war mangels Entscheidungserheblichkeit nicht zu entsprechen. Der Senat kann die Frage eines diesbezüglichen „Etikettenschwindels“ offenlassen, weil sich die mangelnde Erforderlichkeit des streitgegenständlichen „Deckblatt Nr. 4“ bereits ohne Klärung des Gesprächsinhalts aufgrund der folgenden Erwägungen ergibt.
bb) Dem angegriffenen Bebauungsplan fehlt die Erforderlichkeit gem. § 1 Abs. 3 BauGB jedenfalls deswegen, weil die Planung hinsichtlich der vom Antragsgegner in der Planbegründung und der Abwägung vorgebrachten Ziele in sich widersprüchlich ist und damit gegen das Gebot konzeptgemäßer Planung verstößt.
Bei der Bauleitplanung ist ein widersprüchliches Vorgehen am Maßstab von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB unzulässig. Soweit das Erforderlichkeitsgebot verlangt, dass der Planung überhaupt ein realisierbares städtebauliches Konzept zugrunde liegt und dass das Planungsergebnis der aus den Planaufstellungsvorgängen zu entnehmenden Planungsabsicht tatsächlich entspricht, fehlt einem Bebauungsplan auch dann wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB die Wirksamkeit, wenn er keine nachvollziehbare, in sich widerspruchsfreie städtebauliche Konzeption erkennen lässt und er deswegen nicht auf eine geordnete städtebauliche Entwicklung ausgerichtet ist (vgl. VGH BW, B.v. 30.5.1994 – 5 S 2839/93 – UPR 1994, 458 = juris Rn. 23 ff.; Söfker/Runkel in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Oktober 2020, § 1 Rn. 41). Das ist vorliegend der Fall. Die Formulierung der Planrechtfertigung in der Begründung des „Deckblatt Nr. 4“ ist von dem Bemühen getragen, die Planung zumindest vordergründig mit den im Verfahren der Bauleitplanung erhobenen Einwendungen der Regierung von Niederbayern als höherer Landesplanungsbehörde im Einklang zu bringen. Diese stufte die frühere Ausweisung des Gebiets als Baugebiet / Sondergebiet insbesondere aufgrund fehlender Anbindung des Standorts an bestehende Siedlungseinheiten als städtebauliche Fehlentwicklung ein und begrüßte grundsätzlich eine schrittweise Aufhebung des Bebauungsplans, soweit hierüber diese Fehlentwicklung auf den Bestand reduziert wird, der Bestand geordnet wird sowie die weitere Zersiedelung der Landschaft bzw. eine ungegliederte Siedlungsstruktur verhindert werden. Das auf Seiten 3 und 8 der Planbegründung für die städtebauliche Erforderlichkeit angegebene Ziel, eine durch die vorherige Bauleitplanung eingetretene städtebauliche Fehlentwicklung zu korrigieren und die bestehende Bebauung durch Festschreibung auf den Bestand in eine städtebaulich verträgliche Dimension zu führen, steht in einem nicht auflösbaren Widerspruch zu der tatsächlichen – sich offen aus der Abwägung und aus anderen Passagen der Planbegründung ergebenden – Motivation, im betroffenen Bereich eine weitere städtebauliche Verdichtung und bauliche Nutzungsintensivierung zu erreichen. Dies gilt sowohl in Bezug auf die Reduzierung des Geltungsbereichs des Sondergebiets im nördlichen Bereich [im Folgenden cc) ] als auch, soweit das „Deckblatt Nr. 4“ auf die – jedenfalls übergangsweise – Perpetuierung und Neuregelung eines „Wochenendhaus-Sondergebiets“ (§ 10 BauNVO) im bisherigen mittleren und südlichen Teil des bisherigen Geltungsbereichs des Bebauungsplans gerichtet ist [unten dd) ].
cc) Soweit über das „Deckblatt Nr. 4“ eine Reduzierung des Geltungsbereichs im bisherigen nördlichen Planbereich verfolgt wird, hatte der Antragsgegner zugleich darüber zu entscheiden, welche Ordnung an Stelle des partiell aufgehobenen Bebauungsplans treten soll, d.h. ob an den betroffenen, aus dem Geltungsbereich herausfallenden Bereichen ein neuer Bebauungsplan im Sinn des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich ist oder ob es bei der mit dem Wegfall des Plans geltenden Ordnung nach § 34 oder § 35 BauGB bleiben soll (vgl. BVerwG, U.v. 21.11.1986 – 4 C 60.84 – ZfBR 1987, 98; B.v. 12.12.1990 – 4 B 143.90 – NVwZ-RR 1991, 524 = juris Rn. 2 ff.; OVG NW, U.v. 8.4.2014 – 2 D 43/13.NE – ZfBR 2015, 61 = juris Rn. 47; zur Geltung des Erforderlichkeitsgebots auch für die Aufhebung von Bebauungsplänen vgl. BayVGH, U.v. 5.8.2020 – 1 N 18.1535 – BayVBl 2021, 130 = juris Rn. 24; OVG NW, U.v. 8.4.2014 – 2 D 43/13.NE – ZfBR 2015, 61 = juris Rn. 45). Die Gemeinde darf auch planerische Selbstbeschränkung und Zurückhaltung üben und sich je nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls darauf verlassen, dass die planersetzenden Vorschriften der §§ 34, 35 BauGB zur Steuerung der städtebaulichen Entwicklung in Teilbereichen ihres Gebiets ausreichen (vgl. BayVGH, U.v. 26.11.2015 – 9 N 12.2592 – juris Rn. 30 ff.; U.v. 5.8.2020 – 1 N 18.1480 – juris Rn. 22 unter Rekurs auf BVerwG, U.v. 17.9.2003 – 4 C 14.01 – BVerwGE 119, 25 = juris Rn. 9). Soweit es dem Antragsgegner mit der Planung mithin tatsächlich – wie vordergründig als Planungsrechtfertigung angegeben – darum gegangen sein sollte, eine aufgrund der Ausweisung als Wochenendhaus-Sondergebiet erfolgte städtebauliche Fehlentwicklung zu korrigieren und die Fläche mit der nur teilweise umgesetzten Planung d e s h a l b wieder dem bauplanungsrechtlichen Außenbereich zurückzuführen, um hier aufgrund des restriktiven Regimes des § 35 BauGB einer weiteren Intensivierung einer baulichen Nutzung entgegenzuwirken, wäre grundsätzlich von einem von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB gedeckten, sachlich gerechtfertigten städtebaulichem Ziel auszugehen. Hiervon ist vorliegend aber auch und gerade nach der an anderer Stelle in der Planbegründung und den Planungsakten offen zutage tretenden Motivationslage des Antragsgegners tatsächlich nicht auszugehen. Der Antragsgegner verfolgt im „reduzierten“ nördlichen Teil gerade nicht – wie zunächst ausgeführt – die Korrektur einer von der höheren Landesplanungsbehörde monierten städtebaulichen Fehlentwicklung sowie eine Begrenzung auf den durch bestehende Altgenehmigungen bestandsgeschützten Gebäudebestand, sondern geradezu das Gegenteil: Soweit der Geltungsbereich des Bebauungsplans mit der Änderungsplanung verkleinert wird, geht es dem Antragsgegner ersichtlich darum, den bisherigen nördlichen Planbereich mit den FlNrn. … … … … … … und … wieder dem bauplanungsrechtlichen Rechtsregime des Außenbereichs zuzuführen, damit künftig nach Wegfall der dortigen Sondergebietsausweisung, die die zulässige Nutzung von Gebäuden auf sporadisches Wochenendwohnen begrenzt hatte, Dauerwohnnutzungen etabliert werden können. Diese eigentliche Planungsmotivation und eine anvisierte Umwidmung bestehender Gebäude über eine „großzügige“ Genehmigungspraxis am wiederauflebenden bauplanungsrechtlichen Maßstab des § 35 BauGB, die nach Maßgabe des Schriftsatzes des Landratsamts P. vom 19. Dezember 2019 im verwaltungsgerichtlichen Verfahren RN 6 K 19.1233 vor Satzungserlass zwischen dem Antragsgegner und dem Landratsamt als Genehmigungsbehörde abgestimmt war, ergibt sich in der Sache schon aus der Planungsbegründung, als dort ausgeführt ist, es gehe dem Antragsgegner mit der Planung darum, die mit Bebauung vorbelasteten Bereiche einer moderaten Wohnnutzung zuzuführen, um dem „Verfall“ der dort bestehenden Siedlungseinheit entgegenzuwirken, eine Mindestauslastung existierender Erschließungsanlagen der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung aufrechtzuerhalten und an anderer Stelle Neuausweisungen von Bauland zu vermeiden. Erst die Rückführung zum planungsrechtlichen Außenbereich – so die Planbegründung weiter – eröffne im Einzelfall die Prüfung der Bestandsbebauung auf die Möglichkeiten einer sinnvollen und gebietsverträglichen Nutzung über das Wochenendwohnen hinaus.
Mit dieser eigentlichen Planungsmotivation, die Voraussetzungen einer Dauerwohnnutzung für bestehende Wochenendhäuser schaffen zu wollen, wird mithin tatsächlich keine Reduzierung auf den Bestandsschutz, sondern eine Nutzungsintensivierung im Vergleich zum Status quo anvisiert. Denn eine Dauerwohnnutzung ist von der bloßen Ferienhaus- oder Wochenendhausnutzung abzugrenzen. Die Baunutzungsverordnung führt die allgemeine Wohnnutzung einerseits und die Ferienwohnnutzung (vgl. § 10 Abs. 1 BauNVO) andererseits als jeweils eigenständige und daher voneinander zu trennende Nutzungsarten auf. Während das Wochenend- oder Ferienhaus dem zeitlich begrenzten Wohnen zum Zweck der Erholung dient, wird ein Gebäude zum Dauerwohnen genutzt, wenn es als Ort der alltäglichen Lebensführung einem nicht zeitlich begrenzten, sondern auf Dauer angelegten Aufenthalt dient (vgl. BayVGH, U.v. 27.11.2018 – 1 B 16.1879 – juris Rn. 30 m.w.N.; OVG NW, U.v. 23.10.2006 – 7 A 4947.05 – BauR 2007, 1009 = juris Rn. 87 ff.; OVG Berlin-Bbg, B.v. 26.10.2005 – OVG 10 S 15.05 – juris Rn. 5; zur Definition „Wohnnutzung“ in diesem Sinne vgl. auch BVerwG, B.v. 25.3.2004 – 4 B 15.04 – BRS 67 Nr. 70 = juris Rn. 4; B.v. 17.12.2007 – 4 B 54.07 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 13.8.2020 – 15 CS 20.1512 – juris Rn. 40 m.w.N.). Soweit es über das „Deckblatt Nr. 4“ zur Realisierung dieses Motivs kommt, käme es im betroffenen Bereich damit zu einer Perpetuierung, Verdichtung und Nutzungsintensivierung der baulichen Nutzung. Im Übrigen bestehen bei im Außenbereich genehmigten W o h n – Nutzungen erweiterte Möglichkeiten von Ersatzbauten und Erweiterungen über die Teilprivilegierungstatbestände gem. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, Nr. 3 und Nr. 5 BauGB, die bei als solchen genehmigten Wochenend- oder Ferienhäusern gerade nicht anwendbar sind (BVerwG, B.v. 25.6.2001 – 4 B 42.01 – BauR 2002, 1059 = juris Rn. 9; B.v. 16.1.2014 – 4 B 32.13 – ZfBR 2014, 375 = juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 7.11.2002 – 26 ZB 01.48 – juris Rn. 14; U.v. 15.7.2005 – 1 B 04.1080 – juris Rn. 51 ff.; U.v. 20.12.2010 – 1 B 10.2057 – juris Rn. 36 ff.; U.v. 17.4.2013 – 1 B 11.2800 – BayVBl 2013, 732 = juris Rn. 27 f.; U.v. 13.1.2015 – 1 B 14.459 – juris Rn. 30 ff.; U.v. 27.11.2018 – 1 B 16.1879 – juris Rn. 26 m.w.N.; OVG Berlin-Bbg, B.v. 20.10.2006 – OVG 2 N 205.05 – BauR 2007, 681 = juris Rn. 5). Zudem kann erst über genehmigte Umnutzungen von Ferienhäusern in Gebäude mit Dauerwohnnutzung im betroffenen Siedlungssplitter eine W o h n – Bebauung von einigem Gewicht i.S. von § 35 Abs. 6 BauGB entstehen, um die tatbestandlichen Voraussetzungen einer (vom Antragsgegner parallel anvisierten) Außenbereichssatzung zu schaffen, die noch weitere Möglichkeiten bauplanungsrechtlich zulässiger Bebauung zur baulichen Verdichtung innerhalb des mit Kleingebäuden eher locker besiedelten Areals bieten würde. Denn für eine Wohnbebauung von einigem Gewicht i.S. von § 35 Abs. 6 BauGB ist nicht die im Satzungsgebiet vorhandene Bebauung insgesamt, sondern allein die Wohnzwecken (und nicht lediglich einer Wochenendhausnutzung) dienende Bebauung maßgebend, die im betroffenen Bereich bereits ein städtebauliches Gewicht erreicht haben muss (BVerwG, U.v. 13.7.2006 – 4 C 2.05 – BVerwGE 126, 233 = juris Rn. 14; OVG Berlin Bbg, U.v. 12.5.2009 – OVG 10 A 7.08 – BauR 2010, 587 = juris Rn. 50; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Oktober 2020, § 35 Rn. 169b). Eine lediglich bestandsgeschützte, nicht Dauerwohnen umfassende Wochenendhausnutzung rechtfertigt den Erlass einer Außenbereichssatzung hingegen noch nicht (Spieß in Jäde/Dirnberger, BauGB/BauNVO, 9. Aufl. 2018, zu § 35 BauGB Rn. 296 m.w.N.). Unabhängig davon, dass der Antragsgegner einer rechtlichen Fehlvorstellung unterliegt, soweit er glaubt, mit der Herausnahme des bisherigen nördlichen Plangebiets aus dem Geltungsbereich des Bebauungsplans und der hiermit einhergehenden Rückführung in den bauplanungsrechtlichen Außenbereich (§ 35 BauGB) könnten die Voraussetzungen für eine Umnutzung von Wochenendhäusern zu Häusern mit Dauerwohnnutzung jedenfalls auf legalem Weg auf Basis von § 35 Abs. 2 BauGB geschaffen werden [vgl. unten b) aa) ], hat die von dieser Motivation getragene Planung mithin eine Entwicklung im Blick, die der insoweit vordergründig angegebenen Planungsrechtfertigung (Behebung einer städtebaulichen Fehlentwicklung wegen fehlender Anbindung an einen Siedlungsbereich sowie die Reduzierung existenter Gebäude auf den Bestandsschutz) entgegenwirkt. Dieser eigentlichen Motivation entsprechen auch die zwischenzeitlichen tatsächlichen Entwicklungen im nördlichen Teil des ehemaligen Gesamtplangebiets, das nach dem „Deckblatt Nr. 4“ aus dem Geltungsbereich des Sondergebiets-Bebauungsplans herausfallen soll:
– Mit vier Bescheiden vom 2. April 2020 erteilte das Landratsamt gestützt auf § 35 Abs. 2 BauGB vier (von den Antragstellern mit beim Verwaltungsgericht Regensburg anhängigen Anfechtungsklagen angegriffene) Baugenehmigungen jeweils für die „Nutzungsänderung des bestehenden Ferienhauses in ein Wohnhaus mit Dauerwohnrecht“ auf den FlNrn. … … … und … Der Bau- und Umweltausschuss des Antragsgegners hatte dem Vorhaben jeweils bereits mit Beschluss vom 14. Januar 2020 (also schon vor dem Satzungsbeschluss zum „Deckblatt Nr. 4“) zugestimmt.
– Bereits unter dem 23. März 2020 (Unterschrift Entwurfsverfasser) bzw. 25. März 2020 (Unterschrift Bauherr) war für die FlNr. … ein Bauantrag für das Vorhaben „Anbau einer Wohneinheit an das bestehende Wohnhaus“ mit „Errichtung eines Carports“ gestellt worden. Der Ferienausschuss des Antragsgegners stimmte dem Bauvorhaben mit Beschluss vom 7. April 2020 zu. Das Landratsamt hat über den Bauantrag noch nicht entschieden.
– Mit weiterem Bauantrag vom 6. Juli 2020 wurde für die FlNr. … die Genehmigung der Vorhaben „Neubau eines Gerätehauses“, „Errichtung eines Stellplatzes“ und „Errichtung einer Stützwand zur statischen Gebäudestützung“ gestellt, zu dem der Antragsgegner mit Stellungnahme vom 26. August 2020 (nach vorheriger Zustimmung des Marktgemeinderats am 25. August 2020) das gemeindliche Einvernehmen erklärte. Der Antrag wurde vom Landratsamt bislang nicht verbeschieden.
– Im April 2020 wurde für die FlNr. … ein Bauantrag für den „Abbruch des bestehenden Wohnhauses und Errichtung eines Ersatzwohnhauses mit Doppelgarage“ gestellt. Der Ferienausschuss des Antragsgegners hatte dem Bauvorhaben bereits mit Beschluss vom 21. April 2020 zugestimmt. Über den Bauantrag hat das Landratsamt bislang nicht entschieden.
– Mit Bescheid vom 16. Februar 2021 erteilte das Landratsamt mit gemeindlichem Einvernehmen eine Baugenehmigung für den „Neubau eines Nebengebäudes für Holz- und Gartengeräte“ auf der FlNr. … Laut der Begründung des Baugenehmigungsbescheids sei das Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig.
– Mit weiterem Bauantrag vom 18. Januar 2021 wurde für die FlNr. … eine Baugenehmigung für die „Erweiterung des bestehenden Wochenendhauses durch Aufstockung“ sowie für die „Errichtung eines Carports“ begehrt. Der Marktgemeinderat stimmte mit Beschluss vom 26. Januar 2021 dem Vorhaben zu. Der Antrag wurde vom Landratsamt bislang nicht verbeschieden.
dd) Das „Deckblatt Nr. 4“ verstößt zudem deshalb gegen das Gebot konzeptgemäßer, widerspruchsfreier Planung und folglich gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, soweit mit ihm übergangsweise ein „Wochenendhaus-Sondergebiet“ (§ 10 BauNVO) im bisherigen mittleren und südlichen Teil des Plangebiets perpetuiert werden soll.
Die streitgegenständliche Änderungsplanung beschränkt sich nicht auf eine schlichte Teilaufhebung durch Herausnahme des bisherigen nördlichen Plangebiets aus dem Geltungsbereich. Mit der Planung wird vielmehr für den verbleibenden mittleren und südlichen Teil an der Festsetzung eines Sondergebiets für Wochenendhausnutzung gem. § 10 BauNVO ausdrücklich und diesbezüglich sogar erneut regelnd festgehalten. Regelungstechnisch wird dies umgesetzt, indem auf der Planzeichnung die Grenzen des räumlichen Geltungsbereichs über eine in der Zeichenerklärung hierfür definierte fette gestrichelte Linie neu festgesetzt werden und im Raum zwischen Präambel und den eigentlichen textlichen Festsetzungen im Fettdruck klärend ausgeführt wird, dass „der bisherige Plan- und Textteil durch Deckblattänderung Nr. 4 vollständig geändert und ersetzt“ wird. Die gewollte Perpetuierung und der gewollte Gesamtneuerlass des Bebauungsplans werden auch dadurch bestätigt, dass inhaltlich nicht nur der Geltungsbereich neu geregelt wird, sondern dass auch einzelne neue Festsetzungen aufgenommen werden. Gerade weil laut Planbegründung die Festsetzungen des „Deckblatt Nr. 4“ nur für eine Übergangszeit bis zum Ablauf des Jahres 2021 gelten sollen und dann auch dieser Bereich durch eine Aufhebungssatzung ohne Folgebebauungsplan wieder dem planungsrechtlichen Außenbereich zurückgeführt werden soll, befördert die „Interimsneuregelung“ des Bebauungsplans durch das „Deckblatt Nr. 4“ die weitere Zersiedelung des Gebiets. Denn hiermit werden die Eigentümer von Grundstücken im verbleibenden Geltungsbereich geradezu herausgefordert, noch rechtzeitig entsprechende Gebäude zu errichten oder entsprechende Bauanträge hierfür zu stellen. Über den entstehenden Zeitdruck und die in der Planbegründung angegebene Motivation, u.a. eine Mindestauslastung existierender Erschließungsanlagen der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung aufrechtzuerhalten und an anderer Stelle Neuausweisungen von Bauland zu vermeiden, werden mit dem „Deckblatt Nr. 4“ bewusst Anreize geschaffen, über den existierenden, bestandsgeschützten Gebäudebestand hinaus weitere Gebäude entstehen zu lassen. Mit der positiven bekräftigenden Regelung des „Deckblatt Nr. 4“, dass im mittleren und südlichen Teil des bisherigen Geltungsbereichs des Bebauungsplans weiterhin noch für eine Übergangszeit Wochenendhäuser auf den festgesetzten Baufenstern bauplanungsrechtlich zulässig bleiben, wird die Einwendung der höheren Landesplanungsbehörde, die eine weitere Zersiedelung der Landschaft und eine Intensivierung des Siedlungssplitters ohne hinreichende Anbindung gerade abwehren wollte, in der Sache ausgehebelt. Das zur Planungsrechtfertigung in der Planbegründung angegebene Ziel, eine nunmehr erkannte, durch die vormalige Ausweisung als Sondergebiet für Wochenendhausnutzung erfolgte „städtebauliche Fehlentwicklung“ zu „korrigieren“ und „die bestehende Bebauung in Anbetracht des Bestandes (…) in eine städtebaulich verträgliche Dimension“ zu führen, wird tatsächlich konterkariert. Dies macht auch die tatsächliche weitere Entwicklung deutlich, wonach innerhalb weniger Wochen nach Bekanntgabe des „Deckblatt Nr. 4“ die Mehrzahl der noch ungenutzten Baufenster in diesem verbleibenden Planbereich schnell „kurz vor Schluss“ über die Erteilung von Baugenehmigungen (teilweise mit großzügig erteilten Befreiungen von den bauplanungsrechtlichen Festsetzungen) verplant bzw. über bereits erfolgte Gebäudeerrichtungen aufgefüllt worden sind:
– Für das bislang noch unbebaute Grundstück FlNr. … wurde mit gemeindlichem Einvernehmen (befürwortende Behandlung im Ferienausschuss des Antragsgegners am 14. April 2020) eine Baugenehmigung vom 23. November 2020 unter Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans (Baugrenzen, Grundflächengröße) für das hier zu realisierende Vorhaben „Neubau eines Wochenendhauses mit Carport“ erteilt.
– Unter dem 15. März 2021 wurde ein Bauantrag für den „Neubau eines Wochenendhauses mit Garage“ auf der bislang unbebauten FlNr. … gestellt. Der Marktgemeinderat hat unter dem 23. März 2021 dem Vorhaben zugestimmt. Das Landratsamt hat über die Erteilung der Baugenehmigung noch nicht entschieden.
– Für die bislang unbebaute FlNr. … wurde mit erteiltem gemeindlichen Einvernehmen vom September 2020 unter dem 10. Februar 2021 eine Baugenehmigung unter Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans (Grundflächengröße) für das Vorhaben „Neubau eines Wochenendhauses mit Carport“ erteilt.
– Unter dem 3. Mai 2020 wurden dem Antragsgegner für das bislang unbebaute Grundstück FlNr. … Bauvorlagen im Genehmigungsfreistellungsverfahren für das Vorhaben „Errichtung eines Wochenendhauses“ vorgelegt. Mit Schreiben vom 9. Mai 2020 teilte der Antragsgegner der Bauherrin mit, dass kein Genehmigungsverfahren durchgeführt wird und daher mit dem Vorhaben begonnen werden dürfe. Das Wochenendhaus ist mittlerweile errichtet worden. Auf der FlNr. … ist zwischenzeitlich zusätzlich zu diesem ohne Baugenehmigung und ohne Freistellungsverfahren auch ein sog. „Tiny-Haus“ aufgestellt worden.
– Am 26. Februar 2021 gingen beim Antragsgegner für das bislang unbebaute Grundstück FlNr. … Bauvorlagen im Genehmigungsfreistellungsverfahren für das Vorhaben „Neubau eines Wochenendhauses mit Garage“ ein. Das Vorhaben ist bislang nicht umgesetzt.
b) Daneben leidet der angegriffene Bebauungsplan an Abwägungsfehlern, die gem. § 214 und § 215 BauGB beachtlich sind.
Das Abwägungsgebot verpflichtet die Gemeinde, die für die Planung bedeutsamen öffentlichen und privaten Belange (Abwägungsmaterial) zu ermitteln und zu bewerten (§ 2 Abs. 3 BauGB) sowie sie gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen (§ 1 Abs. 7 BauGB). Es gilt gemäß § 1 Abs. 8 BauGB auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen. Insgesamt unterliegt die Abwägung allerdings nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Gegen das rechtsstaatlich fundierte Gebot gerechter Abwägung wird verstoßen, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet (Abwägungsausfall), in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss (Abwägungsdefizit), wenn die Bedeutung dieser Belange verkannt wird (Abwägungsfehleinschätzung) oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (Abwägungsdisproportionalität). Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung des anderen entscheidet. Das Vorziehen und Zurücksetzen bestimmter Belange innerhalb des vorgegebenen Rahmens ist die „elementare planerische Entschließung“ der Gemeinde über die städtebauliche Entwicklung und Ordnung und kein aufsichtlich oder gerichtlich nachvollziehbarer Vorgang (zum Ganzen z.B. BayVGH, U.v. 18.1.2017 – 15 N 14.2033 – KommJur 2017, 112 = juris Rn. 35 m.w.N.; U.v. 6.12.2019 – 15 N 18.636 – juris Rn. 22 m.w.N.). Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan maßgebend (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB).
aa) Eine mit dem Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7, Abs. 8 BauGB unvereinbare unzureichende bzw. fehlerhafte Berücksichtigung von Eigentümerbelangen (Art. 14 Abs. 1 GG) im Sinne eines Abwägungsdefizits und / oder einer Abwägungsfehleinschätzung ist hinsichtlich der Betroffenheiten der Antragsteller bezüglich der FlNr. … sowie auch der Eigentümer weiterer Grundstücke im bisherigen nördlichen Plangebiet gegeben.
Über seine einzelnen Festsetzungen kommt einem Bebauungsplan typischerweise inhaltsbestimmende Funktion i.S. von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zu. Zu den abwägungsbeachtlichen privaten Belangen gehören daher die aus dem Grundeigentum und seiner Nutzung resultierenden Interessen der unmittelbar Planbetroffenen (vgl. Decker in Berliner Kommentar zum BauGB, Stand: September 2020, § 1 Rn. 271 m.w.N.; Söfker/Runkel in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Oktober 2020, § 1 Rn. 195 ff. 207 m.w.N.). Im Rahmen der Abwägungsentscheidung nach § 1 Abs. 7 BauGB hat die Gemeinde folglich hinreichend die Nachteile einer Planung für die Nutzung des Grundeigentums richtig einzuordnen und zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, B.v. 13.3.2017 – 4 BN 25.16 – ZfBR 2017, 589 = juris Rn. 5). Dem Antragsgegner ist insofern ein Abwägungsfehler unterlaufen, als er die Folgewirkungen der streitgegenständlichen Planung auf die künftigen baulichen Nutzungsmöglichkeiten auf dem Grundstück der Antragsteller FlNr. … sowie überhaupt auf den Grundstücken im ehemaligen nördlichen Plangebiet, das nach dem angegriffenen Bebauungsplan künftig wieder dem planungsrechtlichen Außenbereich (§ 35 BauGB) zugeführt werden soll, unzulänglich bewertet und rechtlich falsch eingeschätzt hat.
Der Antragsgegner hat grundsätzlich richtig gesehen, dass mit der Herausnahme des bisherigen nördlichen Teils aus dem Geltungsbereich des Bebauungsplans dieser Bereich wieder zum bauplanungsrechtlichen Außenbereich würde, sodass die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit baulicher Anlagen künftig an § 35 BauGB zu messen wäre (soweit nicht in Kombination mit der „Auffüllung“ des mittleren und südlichen Bereichs künftig ein Ortsteil i.S. von § 34 BauGB entstehen sollte). Der Antragsgegner hat auch zutreffend berücksichtigt, dass die Gebäude, soweit sie genehmigt sind und in ihrem tatsächlichen Bestand von den Baugenehmigungen gedeckt sein sollten (vgl. BayVGH, U.v. 20.12.2010 – 1 B 10.2057 – juris Rn. 29; U.v. 17.4.2013 – 1 B 11.2800 – BayVBl 2013, 732 = juris Rn. 29; OVG NW, B.v. 17.9.2020 – 7 B 912/20 – juris Rn. 4; OVG Berlin-Bbg, B.v. 20.10.2006 – OVG 2 N 205.05 – BauR 2007, 681 = juris Rn. 4), grundsätzlich Bestandsschutz genießen (vgl. auch BayVGH, U.v. 5.8.2020 – 1 N 18.1535 – BayVBl 2021, 130 = juris Rn. 28; U.v. 5.8.2020 – 1 N 18.1480 – juris Rn. 26). Ein Abwägungsdefizit bzw. eine Abwägungsfehleinschätzung liegt aber hinsichtlich der Reichweite der Betroffenheit von Eigentümerbelangen vor. Unabhängig von der Frage, inwiefern auch eventuelle Entschädigungsansprüche nach §§ 39 ff. BauGB (hier ggf. gem. § 42 BauGB) in der Abwägung Berücksichtigung finden müssen (vgl. BayVGH, U.v. 5.8.2020 – 1 N 18.1480 – juris Rn. 27; vgl. Decker in Berliner Kommentar zum BauGB, Stand: September 2020, § 1 Rn. 272 m.w.N.), muss eine planungsbedingte Beschränkung von Nutzungsmöglichkeiten eines Grundstücks unter – vollständiger und richtiger Einordnung der Reichweite eines zugrunde gelegten Bestandsschutzes – von der Gemeinde als ein wichtiger Belang privater (von Art. 14 Abs. 1 GG geschützter) Eigentümerinteressen in der nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotenen Abwägung der öffentlichen und der privaten Belange hinreichend beachtet werden (vgl. BayVGH, U.v. 5.8.2020 – 1 N 18.1535 – BayVBl 2021, 130 = juris Rn. 26 ff. m.w.N.).
Wochenendhäuser sind im Außenbereich nicht nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert zulässig (vgl. BVerwG, U.v. 14.4.2000 – 4 C 5.99 – NVwZ 2000, 1048 = juris Rn. 29). Dadurch dass das Grundstück der Antragsteller und die sonstigen bebauten Grundstücke im bisherigen nördlichen Planbereich infolge der Festsetzungen des „Deckblatt Nr. 4“ künftig nicht mehr dem Geltungsbereich des Bebauungsplans unterfallen sollen, wäre deren bauliche Nutzung für die Zukunft nach Maßgabe des dann wieder „auflebenden“ § 35 BauGB stark eingeschränkt, was so abwägungsfehlerhaft nicht bzw. nicht richtig in die Abwägung eingestellt wurde (vgl. SächsOVG, U.v 5.12.2013 – 1 C 1/12 – BauR 2015, 234 = juris Rn. 64; Decker a.a.O.). Sollten die bestehenden Wochenendhäuser im bisherigen nördlichen Teil des Plangebiets (einschließlich des Gebäudes auf dem Grundstück der Antragsteller) nach Maßgabe der ergangenen Baugenehmigungen Bestandsschutz genießen, wären zwar reine Instandhaltungsmaßnahmen möglich, nicht aber eine Neuerrichtung oder aber wesentliche bauliche Veränderung.
Insgesamt unterliegt der Antragsgegner insoweit diversen Rechtsirrtümern hinsichtlich des bauplanungsrechtlichen Umgangs mit Wochenendhäusern im bauplanungsrechtlichen Außenbereich. Dies betrifft insbesondere die Vorstellung, die als Wochenendhäuser genehmigten und als solche bestandsgeschützten Gebäude könnten ohne Weiteres legal in Anwendung von § 35 Abs. 2 BauGB in Gebäude mit Dauerwohnnutzung umgenutzt werden. Mangels Privilegierung gem. § 35 Abs. 1 BauGB ist für die Frage, ob die Umnutzung eines bestehenden Wochenendhauses zu Dauerwohnzwecken bauplanungsrechtlich zulässig ist, als „sonstiges Vorhaben“ an § 35 Abs. 2 BauGB zu messen. Unabhängig von der Frage, ob auch von einem Widerspruch zum Flächennutzungsplan sowie der natürlichen Eigenschaft der Landschaft gem. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 und 5 BauGB auszugehen ist, beeinträchtigt eine solche Umnutzung öffentliche Belange i.S. von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB und ist damit nach materieller Rechtslage rechtswidrig. Mit einer Umnutzung in Dauerwohnen, einer baulichen Erweiterung oder einem Ersatzbau in Bezug auf Wochenend- oder Ferienhäuser im Außenbereich ist regelmäßig eine Verfestigung einer Splittersiedlung sowie zudem die Gefahr einer Erweiterung der bestehenden Splittersiedlung verbunden. Nicht nur die Ersterrichtung, sondern auch eine vom Vorhabenbegriff des § 29 Abs. 1 BauGB mitumfasste Änderung, Erweiterung und / oder Erneuerung der baulichen Nutzung einer baulichen Anlage leistet einer unerwünschten Zersiedelung Vorschub (BVerwG, U.v. 14.4.2000 – 4 C 5.99 – NVwZ 2000, 1048 = juris Rn. 332; Spieß in Jäde/Dirnberger, BauGB/BauNVO, 9. Aufl. 2018, zu § 35 BauGB Rn. 227 m.w.N.). Solche Vorhaben gehen mit einer Perpetuierung bzw. Intensivierung der baulichen Nutzung einher, die auch entsprechende Begehrlichkeiten für die Entstehung weiterer Wohngebäude jedenfalls innerhalb oder unmittelbar angrenzend an die Splittersiedlung im Außenbereich auslösen kann. Sowohl von Ersatzbauten als auch von einer neuen Nutzung (Dauerwohnen) kann eine Vorbildwirkung mit der Konsequenz ausgehen, dass in nicht verlässlich eingrenzbarer Weise noch weitere vergleichbare Bauten hinzutreten werden (vgl. BVerwG, U.v. 19.4.2012 – 4 C 10.11 – NVwZ 2012, 1631 = juris Rn. 22 m.w.N.; vgl. auch B.v. 7.6.2016 – 4 B 47.14 – ZfBR 2016, 799 = juris Rn. 16; BayVGH, U.v. 15.7.2005 – 1 B 04.1080 – juris Rn. 50; U.v. 27.11.2018 – 1 B 16.1879 – juris Rn. 54; in Bezug auf erweiterte Anforderungen an Erschließungsanlagen für Dauerwohnnutzungen vgl. BVerwG, U.v. 28.10.1983 – 4 C 70.78 – NVwZ 1984, 510 = juris Rn. 6 m.w.N.). Hinzukommt, dass erst die vom Antragsgegner anvisierte Umnutzung von (auch bestandsgeschützten) Wochenendhäusern, die nur sporadisch und eben nicht dauerhaft zum Wohnen genutzt werden dürfen, in Gebäude mit Dauerwohnnutzung die rechtlichen Möglichkeiten von Erweiterungen und von Ersatzbauten nach den dann einschlägigen Teilprivilegierungstatbeständen gem. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 2, 3 und 5 BauGB schafft [s.o. 2. a) cc); vgl. BayVGH, U.v. 20.12.2010 – 1 B 10.2057 – juris Rn. 36, 39].
Über die Hürde der Beeinträchtigung eines Belangs gem. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB könnte auch der Erlass einer Außenbereichssatzung über § 35 Abs. 6 BauGB nicht weiterhelfen. Gemäß § 35 Abs. 6 Satz 1 BauGB kann die Gemeinde für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Im vorliegenden Fall fehlt es – jedenfalls derzeit, d.h. solange die von den Antragstellern vor dem Verwaltungsgericht Regensburg angefochtenen Umnutzungsgenehmigungen vom 2. April 2021 nicht bestandskräftig werden – am Vorhandensein einer Wohnbebauung von einigem Gewicht als tatbestandliche Rechtmäßigkeitsvoraussetzung einer Außenbereichssatzung. Für das Gewicht ist nicht die im Satzungsgebiet vorhandene Bebauung insgesamt, sondern allein die W o h n – Zwecken dienende Bebauung maßgebend, die im betroffenen Bereich bereits ein städtebauliches Gewicht erreicht haben muss (BVerwG, U.v. 13.7.2006 – 4 C 2/05 – BVerwGE 126, 233 = juris Rn. 14; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Oktober 2020, § 35 Rn. 169b). Bis zu dem gem. § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB relevanten Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses zum „Deckblatt Nr. 4“ gab es im betroffenen Bereich aber keine Gebäude, die zu allgemeiner (Dauer-) Wohnnutzung genehmigt worden waren und insoweit Bestandsschutz genossen hatten. Eine (wenn ggf. auch bestandsgeschützte) nicht Dauerwohnen umfassende Wochenendhausnutzung rechtfertigt den Erlass einer Außenbereichssatzung hingegen noch nicht (OVG Berlin-Bbg, U.v. 12.5.2009 – OVG 10 A 7.08 – BauR 2010, 587 = juris Rn. 50; Spieß in Jäde/Dirnberger, BauGB/BauNVO, 9. Aufl. 2018, zu § 35 BauGB Rn. 296 m.w.N.). Soweit in der Kommentarliteratur vertreten wird, dass auch illegal errichtete oder illegal genutzte Gebäude berücksichtigt werden können, wenn und soweit sich die zuständigen Behörden auf Dauer mit ihrer Existenz und ihrer Nutzung abgefunden haben (vgl. Rieger in Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 35 Rn. 254), greift auch diese Voraussetzung für den relevanten Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Satzung für das „Deckblatt Nr. 4“ vorliegend nicht. Denn angesichts des Aktenvermerks des Landratsamts P. zur Besprechung am 14. Februar 2007 hatte sich das Landratsamt bislang gerade nicht mit einer unbefristeten Dauerwohnnutzung von Wochenendhäusern in U. abgefunden, sondern erklärte einen Verzicht auf behördliches Einschreiten gegen Dauerwohnnutzungen nur zugunsten der damaligen betagten Eigentümer, nicht hingegen für deren Rechtsnachfolger. Hieran hat das Landratsamt formal bis zur Bekanntmachung des „Deckblatt Nr. 4“ festgehalten, weil erst unmittelbar danach am 2. April 2020 in Absprache mit dem Antragsgegner Umnutzungsgenehmigungen zur Ermöglichung von Dauerwohnnutzungen erteilt wurden.
All dies zeigt, dass der Antragsgegner hinsichtlich der bauplanungsrechtlichen Einschätzung der – legalen – bauplanungsrechtlichen Nutzungsmöglichkeiten im bisherigen nördlichen Planbereich, der mit dem „Deckblatt Nr. 4“ aus dem Geltungsbereich der Sondergebietsausweisung herausgenommen werden soll, am Maßstab von § 35 BauGB falsch liegt. Insofern gebietet es das Rechtsstaatsprinzip, die Abwägung strikt am geltenden Recht im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB) auszurichten und die (tatsächliche) Möglichkeit der Zielumsetzung nicht auf eine einkalkulierte oder sogar im Vorhinein abgesprochene (aber materiell rechtswidrige) Genehmigungspraxis des Landratsamts als Baugenehmigungsbehörde zu stützen. Dies wirkt sich auch auf die Bewertung denkbarer Folgenutzungen auf der im Eigentum der Antragsteller stehenden FlNr. … aus.
bb) Der Abwägungsmangel ist gem. § 214 Abs. 3 Satz 2 (Halbs. 2) erheblich (zu den Maßstäben vgl. z.B. BayVGH, U.v. 4.3.2021 – 15 N 20.468 – juris Rn. 49 f. m.w.N.). Er ist offensichtlich, weil er auf objektiv feststellbaren Umständen – nämlich der Planbegründung und den vom Gemeinderat jeweils übernommenen Abwägungsvorlagen – beruht und ohne Ausforschung der Mitglieder des Rates über deren Planungsvorstellungen erkennbar ist. Er ist auch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen, weil nach den Umständen des vorliegenden Falls die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne ihn die Planung anders ausgefallen wäre. Im vorliegenden Fall lässt sich dem maßgeblichen, in den Aufstellungsunterlagen dokumentierten Willen des Plangebers nicht entnehmen, dass sich der Marktgemeinderat mit Sicherheit für dieselbe Planung entschieden hätte, wenn er ordnungsgemäß abgewogen resp. den o.g. Abwägungsfehler vermieden hätte.
cc) Der Abwägungsmangel ist auch rechtzeitig gem. § 215 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 BauGB innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung des „Deckblatt Nr. 4“ (Amtstafelaushang am 1. April 2020) schriftlich gegenüber der Gemeinde unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden. Die Antragsteller haben den Abwägungsmangel mit der Antragsbegründung des vorliegenden Normenkontrollantrags (Schriftsatz vom 17. Juni 2020) vorgebracht. Rügen gem. § 215 Abs. 1 BauGB können auch im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens gegenüber der Gemeinde geltend gemacht werden (vgl. BayVGH, U.v. 27.2.2018 – 15 N 16.2381 – BayVBl 2019, 88 = juris Rn. 37; B.v. 4.5.2018 – 15 NE 18.382 – juris Rn. 41; OVG Hamburg, U.v. 11.4.2019 – 2 E 8/17.N – ZfBR 2019, 690 = juris Rn. 73). Das gilt jedenfalls, wenn das schriftsätzliche Vorbringen rechtzeitig bei der planenden Gemeinde eingegangen ist (vgl. BVerwG, U.v. 14.6.2012 – 4 CN 5.10 – BVerwGE 143, 192 = juris Rn. 27 m.w.N.; zum Ganzen auch BayVGH, U.v. 17.7.2020 – 15 N 19.1377 – ZNER 2020, 456 = juris Rn. 49; U.v. 4.3.2021 – 15 N 20.468 – juris Rn. 51). Letzteres ist hier der Fall, weil der Schriftsatz vom 17. Juni 2020 laut Empfangsbekenntnis dem Antragsgegner am 24. Juni 2020 (also weniger als drei Monate nach Bekanntmachung des Bebauungsplans) zugestellt wurde, zumal der Antragsgegner über seine Bevollmächtigten schon am 13. Juli 2020 schriftsätzlich auf den Normenkontrollantrag reagierte.
dd) Ob daneben der Zielwiderspruch, der einen Verstoß gegen § 1 Abs. 3 BauGB begründet [s.o. 2. a) bb) – cc) ], gleichzeitig einen Abwägungsfehler begründet (vgl. Söfker/Runkel in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Oktober 2020, § 1 Rn. 199, 213; im Fall eines „Etikettenschwindels“ vgl. BVerwG, B.v. 16.03.2000 – 4 BN 6.00 – ZfBR 2000, 353 = juris Rn. 4; HessVGH, U.v. 24.11.2020 – 3 C 2071/18.N – BauR 2021, 788 = juris Rn. 24 und Leitsatz Nr. 1), kann offenbleiben.
c) Der Verstoß gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB [s.o. 2. a) ] erfasst den gesamten Bebauungsplan „Deckblatt Nr. 4“ und begründet daher schon deswegen dessen Gesamtunwirksamkeit. Eine bloße Teilunwirksamkeit (zu den diesbezüglich engen Voraussetzungen im Übrigen vgl. BVerwG, B.v. 20.8.1991 – 4 NB 3.91 – NVwZ 1992, 567 = juris Rn. 16 f.; B.v. 18.2.2009 – 4 B 54.08 – ZfBR 2009, 364 = juris Rn. 5; U.v. 11.9.2014 – 4 CN 3.14 – ZfBR 2015, 58 = juris Rn. 26; BayVGH, U.v. 4.8.2017 – 15 N 15.1713 – NVwZ-RR 2017, 953 = juris Rn. 40; U.v. 24.6.2020 – 15 N 19.442 – juris Rn. 39) kommt daher schon deshalb nicht in Betracht.
3. Der Senat weist – ohne dass dies noch entscheidungserheblich ist – ergänzend darauf hin, dass der Bebauungsplan aufgrund seiner bestätigenden, erneuten Ausweisung des – zu diesem Zeitpunkt in weiten Bereichen unbebauten – bisherigen mittleren und südlichen Teils des „Wochenendhaus-Sonderwohnbaugebiets U.“ auch mit dem landesplanerischen Anbindungsgebot unvereinbar sein und deshalb auch gegen § 1 Abs. 4 BauGB verstoßen könnte. Denn im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses und der Bekanntmachung des „Deckblatt Nr. 4“ am 1. April 2020 (Amtstafelaushang) bildeten das landwirtschaftliche Anwesen der Antragsteller und die wenigen, allenfalls als Wochenendhäuser genehmigten Kleingebäude einen Siedlungssplitter, dem nicht das Gewicht einer anbindbaren Siedlungsfläche i.S. von Nr. 3.3 LEP 2013 zugekommen sein dürfte. Gem. § 1 Abs. 4 BauGB sind Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen. Nr. 3.3 LEP 2013 dürfte nicht nur einen (abwägungserheblichen) Grundsatz, sondern ein echtes – § 1 Abs. 4 BauGB unterfallendes – Ziel der Raumordnung enthalten (zu dieser Differenzierung vgl. Runkel in Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Okt. 2020, § 1 Rn. 44, 45, 48 m.w.N.). Soll-Vorgaben sind jedenfalls dann als Ziel der Raumordnung einzustufen, wenn die Ausnahmen, die eine Abweichung von der Sollvorgabe rechtfertigen, bestimmt oder bestimmbar in der raumordnerischen Vorgabe selbst abschließend formuliert sind (Runkel in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Okt. 2020, § 1 Rn. 49 m.w.N.). Während aufgrund der knappen Regelung ohne formulierte Ausnahmetatbestände bei der Vorgängerbestimmung in B VI 1.1 (Abs. 3 Satz 2) der Anlage zur Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm Bayern vom 8. August 2006 („Neubauflächen sollen möglichst in Anbindung an geeignete Siedlungseinheiten ausgewiesen werden“) die Einordnung als Ziel der Raumordnung noch umstritten war (eher ablehnend: BayVGH, U.v. 20.4.2011 – 15 N 10.1320 – BayVBl 2012, 110 = juris Rn. 105 ff.; VG München, U.v. 14.3.2013 – M 11 K 12.2254 – juris Rn. 27; a.A., die Zielqualität über die Begründung eher befürwortend: BayVGH, B.v. 3.1.2013 – 1 NE 12.2151 – BayVBl 2013, 406 = juris Rn. 5; U.v. 21.10.2014 – 1 N 11.1456 – juris Rn. 20), enthält das aktuell geltende Anbindungsgebot gem. Nr. 3.3 LEP 2006 (Abs. 2) nunmehr die im einzelnen geltenden Ausnahmebestimmungen. Die allgemeine Beachtungspflicht des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ROG ist für die kommunale Bauleitplanung über § 1 Abs. 4 BauGB zu einer konkreten, aktiven Handlungspflicht im Sinne einer Anpassungspflicht ausgeformt (BVerwG. B.v. 25.6.2007 – 4 BN 17.07 – ZfBR 2007, 683 = juris Rn. 9; Runkel in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Okt. 2020, § 1 Rn. 63 ff.). Hieraus folgt, dass ein Planänderungsverfahren – auch wenn es sich nur auf einen Teil des Bebauungsplans bezieht – den Plangeber regelmäßig dazu zwingt, den Plan insgesamt an die Ziele der Raumordnung anzupassen. Die Anpassungspflicht des § 1 Abs. 4 BauGB dürfte daher schon dann aktiviert werden, wenn ein von den Zielen der Raumordnung abweichender Bebauungsplan geändert wird (vgl. OVG MV, U.v. 21.1.2008 – 3 K 30/06 – juris Rn. 31; U.v. 5.11.2008 – 3 L 281/03 – BauR 2009, 1399 = juris Rn. 122; Runkel a.a.O. Rn. 65a). Vor diesem Hintergrund spricht Einiges dafür, dass der Antragsgegner ohne Zielabweichungsverfahren – wenn schon überhaupt ein Verfahren der Bauleitplanung durchgeführt wird – gehalten gewesen wäre, zumindest die im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses zum Deckblatt Nr. 4 großflächig unbebauten Flächen (FlNrn. … … … … … … und …), ggf. auch die gänzlich abseits von jeglicher Bebauung gelegenen (bebauten) FlNrn. … … … und … sofort aus dem Geltungsbereich des Bebauungsplans zu entlassen und für diese nicht nochmals eine Sondergebietsausweisung neu zu regeln.
Der Senat kann die Frage der Vereinbarkeit des Bebauungsplans mit § 1 Abs. 4 BauGB aufgrund der zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans führenden Erwägungen zu 2. dahingestellt lassen. Ebenso kommt es auf die von den Antragstellern im Rahmen des Normenkontrollverfahrens erhobenen weiteren Einwendungen gegen die Gültigkeit des Bebauungsplans „Deckblatt Nr. 4“, u.a. wonach
– die Bekanntmachung der letzten (verkürzten) Auslegung / Bürgerbeteiligung ab dem 6. Februar 2020 an formalen Fehlern leide,
– der streitgegenständliche Bebauungsplan unter Verstoß gegen § 8 Abs. 2 BauGB nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt worden sei,
– der Umweltbericht inhaltlich unzulänglich sei,
– einige Festsetzungen gegen das rechtsstaatliche Gebot der Normenklarheit (Bestimmtheitsgrundsatz) verstießen sowie
– weitere Abwägungsmängel (z.B. hinsichtlich einer hinreichenden Berücksichtigung ihres Gebietserhaltungsanspruchs sowie ihrer betrieblichen Interessen sowie hinsichtlich der wege-, trinkwasser- und abwasserbezogenen Erschließungssituation und der natur- und landschaftsbezogenen Belange) vorlägen,
nicht mehr an.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung auf § 167 VwGO i.V. mit §§ 708 ff. ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).
5. Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO muss der Antragsgegner die Ziffer I. der Entscheidungsformel nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils in derselben Weise veröffentlichen, wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben