Baurecht

Feststellungsklage, Genehmigungsfreistellung, Erhöhung einer Stützmauer.

Aktenzeichen  9 ZB 16.1997

Datum:
3.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 41452
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
BayBO Art. 58 Abs. 1 Nr. 2

 

Leitsatz

Verfahrensgang

W 4 K 16.233 2016-07-26 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5000 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Kläger begehren die Feststellung, dass die Erhöhung einer von ihnen an der Grenze ihres Grundstücks errichteten Mauer genehmigungsfrei ist. Das Verwaltungsgericht hat ihre entsprechende Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen einer Genehmigungsfreiheit gem. Art. 58 Abs. 2 BayBO (a.F., heute: Art. 58 Abs. 1 BayBO) lägen nicht vor, weil das streitgegenständliche Vorhaben den Festsetzungen des einschlägigen Bebauungsplans widerspreche. Auch eine von den Klägern erwirkte Mitteilung der Gemeinde, dass kein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden solle, entfalte deshalb keine formelle Legalisierungswirkung. Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgen die Kläger ihr Rechtsschutzziel weiter. Sie machen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils geltend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.
Zwar ist zweifelhaft, ob der von den Klägern im Rahmen ihres auf Aufhebung der verfügten Baueinstellung gerichteten Klageverfahrens (W 4 K 15.1185) im Wege der Klageerweiterung ausdrücklich nur hilfsweise erhobene Feststellungsantrag – wie die Kläger selbst und das Verwaltungsgericht meinen – zulässigerweise als eigenständige Feststellungsklage (§ 43 VwGO) oder aber – so die Auffassung des Beklagten – als bloße Vorfrage des dortigen Verfahrens anzusehen ist. Die Frage bedarf aber keiner abschließenden Erörterung, weil jedenfalls die ausführlich begründete, materielle Einschätzung des Verwaltungsgerichts, die Kläger hätten keinen Anspruch auf eine derartige Feststellung, weil ihr Bauvorhaben nicht gem. Art. 58 Abs. 1 Nr. 2 BayBO (Art. 58 Abs. 2 BayBO a.F.) genehmigungsfrei gestellt ist, keinen rechtlichen Bedenken begegnet. Der erkennende Senat nimmt deshalb zunächst gem. § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug auf die zutreffenden Gründe unter II. des angefochtenen Urteils. Ergänzend ist im Hinblick auf das Zulassungsvorbringen Folgendes zu bemerken:
Gem. Art. 58 Abs. 1 Nr. 2 BayBO ist die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung einer baulichen Anlage, die kein Sonderbau ist, genehmigungsfrei gestellt, wenn sie u.a. den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht widerspricht. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien hier nicht erfüllt, weil das streitgegenständliche Vorhaben u.a. aufgrund seiner Höhe von 2,65 m bzw. 2,75 m den textlichen Festsetzungen des gültigen Bebauungsplans widerspricht. Auf die Festsetzung, wonach die Errichtung einer „Stützmauer auf Grenze zu Grundstück Nr. 2 + 3 Höhe 3 m“ zulässig ist, könnten sich die Kläger nicht berufen, weil diese nicht zugunsten des ihnen gehörenden, sondern ausschließlich zugunsten des benachbarten Grundstücks wirke. Der dagegen gerichtete Einwand der Kläger, diese Auslegung des Bebauungsplans sei falsch und „werde durch die eigenen Ausführungen der Kammer im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (W 4 S 16.232) unzweideutig widerlegt“, verfängt nicht. Zwar ist richtig, dass die zuständige Kammer des Verwaltungsgerichts in dem zitierten Eilverfahren – offenbar vor dem Hintergrund der von den Klägern vorgelegten gemeindlichen Mitteilung, es solle kein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden (VG-Akt Az. W 4 K 15.1185, Bl. 68) – die Auffassung vertreten hat, die geplante Erhöhung der vorhandenen Mauer entspreche nach summarischer Prüfung der Festsetzung des Bebauungsplans. Allerdings hat diese Kammer ihren Beschluss vom 21. März 2016 (Az. W 4 S 16.232) durch weiteren Beschluss vom 8. August 2016 (Az. W 4 S 16.817) von Amts wegen abgeändert und ihren zunächst vertretenen Rechtsstandpunkt ausdrücklich aufgegeben (vgl. S. 2ff. des amtlichen Beschlussumdrucks). Im Übrigen sind Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes dadurch gekennzeichnet, dass nach einer nur summarischen Überprüfung der Rechtslage auch lediglich eine vorläufige Regelung bzw. Entscheidung getroffen wird. Eine Bindungswirkung im Hinblick auf ein nachfolgendes Hauptsacheverfahren entsteht daraus nicht.
Außerdem hat das Verwaltungsgericht – selbstständig tragend – ausgeführt, die genannte Festsetzung des Bebauungsplans sei auch deshalb nicht auf das streitgegenständliche Bauvorhaben anwendbar, weil es sich dabei tatsächlich nicht um eine Stützmauer handele. Die von den Klägern geplante und erhöhte Mauer diene vorliegend nicht der Sicherung eines von Natur aus abschüssigen Geländes und verhindere nicht, dass Erdreich abrutsche. Vielmehr solle die Aufschüttung eine nicht natürliche Terrasse für die Gartennutzung schaffen. Hierzu verhält sich das Zulassungsvorbringen der Kläger nicht. Ist aber eine angegriffene Entscheidung – wie hier – auf mehrere selbstständig tragende Begründungen gestützt, setzt die Zulassung der Berufung voraus, dass für jeden dieser Gründe die Zulassungsvoraussetzungen entsprechend den Anforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt werden (vgl. W.-R. Schenke in: Kopp, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 124 a Rn. 7). Das ist hier nicht der Fall.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.


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