Baurecht

Nachbarklage gegen Elektrifizierung einer Eisenbahnstrecke

Aktenzeichen  22 A 16.40009

Datum:
22.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 32721
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
UmwRG § 4 Abs. 1a
UVPG 2010 § 9 Abs. 1b S. 1 Nr. 2
UVPG § 5 Abs. 3 S. 2, § 7 Abs. 6, Abs.7
VwVfG § 46, § 73, § 74 Abs. 2, § 75 Abs. 2
AEG § 18 Abs. 1 S. 2, § 18a
BImSchG § 41, § 42
VwGO § 173 S. 1
ZPO § 265 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

1. Die Auslegung muss nicht alle Unterlagen umfassen, die möglicherweise zur vollständigen Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Planung erforderlich sind. Sie kann sich vielmehr auf die Unterlagen beschränken, deren der Einzelne bedarf, um als Laie den Grad seiner Beeinträchtigung abschätzen und sich das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst machen zu können (Anstoßwirkung). (Rn. 106) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein rechtlich schutzwürdiges Bedürfnis, die UVP-Vorprüfung auf mögliche formelle und materielle Fehler hin zu überprüfen, besteht nur dann, wenn es nicht zu einer UVP-Prüfung gekommen ist. Wird diese durchgeführt, wird sie selbst Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens und überholt die zunächst stattgefundene oder auch unterbliebene Vorprüfung, auf deren Rechtmäßigkeit es dann nicht mehr ankommt. (Rn. 110) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ist ein Grundstück unbebaut, aber grundsätzlich bebaubar, ist die Untersuchung als Immissionsort jedenfalls nur dann geboten, soweit in Betracht kommende künftige Bauvorhaben hinreichend konkret sind und die Bauausführung in überschaubarer Zukunft zu erwarten ist. (Rn. 146) (redaktioneller Leitsatz)
4. Beim Ausbau von Schienenwegen entstehen Ansprüche auf Erschütterungsschutzmaßnahmen ab einer Erhöhung der plangegebenen Vorbelastung um 25 Prozent. (Rn. 155) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.    Die Klagen werden abgewiesen.
II.    Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen zu 4/5 der Kläger zu 1 und zu 1/5 der Kläger zu 2. 
III.    Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die jeweilige Kostengläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.    Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.
Die Klagen sind zulässig.
I. Die im Laufe des gerichtlichen Verfahrens vorgenommene Übertragung des Eigentums an den Grundstücken auf die Söhne der früheren Klägerin hat für sich betrachtet keinen Einfluss auf das Verfahren. Zwar leitete die frühere Klägerin ihre Klagebefugnis aus ihrer Eigentümerstellung hinsichtlich ihrer Grundstücke ab. Nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO hat die Veräußerung einer streitbefangenen Sache jedoch keinen Einfluss auf den Prozess. Da die frühere Klägerin ein nachbarliches Abwehrrecht geltend machte, das sich aus ihrer dinglichen Berechtigung an ihren Grundstücken ergab, handelt es sich bei diesen um im Sinne von § 265 Abs. 1 ZPO streitbefangene Grundstücke (BayVGH, B.v. 23.5.2019 – 22 CS 18.2247 – juris Rn. 34; U.v. 30.10.2007 – 22 B 06.3236 – juris Rn. 23). Gegen eine entsprechende Anwendung der Regelungen im Verwaltungsprozess bestehen keine Bedenken (BayVGH, U.v. 30.10.2007 – 22 B 06.3236 – juris Rn. 23; BVerwG, U.v. 7.9.1984 – 4 C 19.83 – juris Rn. 8; B.v. 12.12.2000 – 7 B 68.00 – juris Rn. 5).
Mit Erklärung vom 5. Mai 2020 haben die nunmehrigen Eigentümer der Grundstücke die Übernahme des Rechtsstreits im eigenen Namen als Hauptpartei anstelle der früheren Klägerin erklärt. Dieses Recht steht ihnen gemäß § 173 Satz 1 VwGO, § 266 Abs. 1 ZPO zu. Danach ist der Rechtsnachfolger berechtigt, den Rechtsstreit in der Lage, in der er sich befindet, als Hauptpartei zu übernehmen, weil über das Bestehen eines Rechts, das für ein Grundstück in Anspruch genommen wird (hier: Abwehransprüche gegen den Planfeststellungsbeschluss), zwischen dem Besitzer und einem Dritten ein Rechtsstreit anhängig ist. Die Zustimmung der anderen Prozessparteien ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht erforderlich. Der Rechtsnachfolger tritt im laufenden Prozess an die Stelle seiner Rechtsvorgängerin, ohne dass es einer gerichtlichen Entscheidung, etwa durch gesonderten Beschluss, bedarf (BayVGH, B.v. 23.5.2019 – 22 CS 18.2247 – juris Rn. 35; Becker-Eberhard in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 266 Rn. 16, 18, 19). Seit der Übernahmeerklärung sind die Grundstückserwerber alleinige Kläger im vorliegenden Verfahren.
Die Zulässigkeit der nunmehr zwei Klagen ist allerdings mit Blick auf die jeweiligen veräußerten streitbefangenen Sachen zu beurteilen, auf die sich die Regelung in § 173 VwGO i.V.m. § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO bezieht. Nachdem die frühere Klägerin eines ihrer drei Grundstücke geteilt und von den nach Teilung existierenden vier Grundstücken drei an den Kläger zu 1 und eines an den Kläger zu 2 jeweils zu alleinigem Eigentum übertragen hat, können entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung des Klägerbevollmächtigten die nunmehrigen Kläger nicht beide jeweils die gesamten Rechte der ursprünglichen Klägerin geltend machen, sondern nur diejenigen Rechte, die aus dem Eigentum an den ihnen jeweils übertragenen Grundstücken folgen (Kläger zu 1: Grundstücke FlNrn. … … und …; Kläger zu 2: Grundstück FlNr. …*). Es ist also nicht die (in § 173 Satz 1 VwGO, § 266 Abs. 1 ZPO behandelte) Rechtsnachfolge einer Prozesspartei, sondern die vorherige Aufteilung des streitgegenständlichen Eigentums und der Umstand, dass den – nunmehr zwei statt einem – Klägern jeweils nur ein Teil des Streitgegenstands zu Eigentum übertragen wurde, der den zu verteidigenden Rechtskreis der Kläger gegenüber der Position ihrer Mutter kleiner gemacht hat.
II. Auch unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen sind beide Klagen zulässig, auch die Klage des Klägers zu 2. Obwohl dessen Grundstück unbebaut ist und es deshalb von vornherein fraglich ist, ob er Ansprüche auf Lärmschutz nach der 16. und der 24. BImSchV geltend machen kann (s. dazu unten B.II.1.2), kann er sich jedenfalls auf das aus dem fachplanungsrechtlichen Abwägungsgebot (§ 18 Abs. 1 Satz 2 AEG) folgende Recht auf gerechte Abwägung berufen, das die Berücksichtigung privater Rechte und sonstiger abwägungserheblicher privater Belange verlangt. Für die Bejahung der Klagebefugnis reicht es insoweit aus, dass der Kläger zu 2 Tatsachen vorträgt, die eine fehlerhafte Behandlung seiner Belange in der Abwägung zumindest als möglich erscheinen lassen (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2009 – 7 A 7.09 – juris Rn. 18; B.v. 19.5.2005 – 4 VR 2000.05 – juris Rn. 28; zur Klagebefugnis einer Gemeinde BVerwG, U.v. 27.4.2017 – 9 A 30.15 – juris Rn. 12). Ob die geltend gemachten Belange tatsächlich abwägungserheblich sind und ob sie fehlerfrei berücksichtigt wurden, betrifft in aller Regel – und auch hier – nicht die Zulässigkeit, sondern die Begründetheit der Klage (vgl. BVerwG, U.v. 27.4.2017 – 9 A 30.15 – juris Rn. 12).
B.
Die Klagen sind unbegründet.
Der streitgegenständliche Planfeststellungsbeschluss leidet weder in formeller (I.) noch in materieller Hinsicht (II.) an Mängeln, die den Klagen zum Erfolg verhelfen könnten. Dies gilt sowohl für den auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Hauptantrag als auch für die Hilfsanträge auf Feststellung von dessen Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit sowie auf Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um näher bezeichnete Auflagen.
I. Der streitgegenständliche Planfeststellungsbeschluss ist formell im Wesentlichen ordnungsgemäß zustande gekommen. Soweit ein Verfahrensfehler vorliegt, ist offensichtlich, dass die betreffende Verletzung von Verfahrensvorschriften die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Insoweit erübrigen sich auch eine Entscheidungsergänzung bzw. ein ergänzendes Verfahren.
1. Hinsichtlich der Rüge, die Planunterlagen seien nicht in allen betroffenen Gemeinden ausgelegt worden, kann ein Verfahrensfehler nicht festgestellt werden. In der Wohnsitzgemeinde der früheren Klägerin, der Gemeinde N* …, lagen die Planunterlagen nach einer Mitteilung der Gemeinde an die Regierung von Schwaben vom 28. Mai 2014 in der Zeit vom 17. April 2014 bis zum 19. Mai 2014 zur allgemeinen Einsicht aus. Dies entspricht den gesetzlichen Vorgaben nach § 73 Abs. 3 Satz 1 VwVfG, der gemäß § 18a AEG sowie gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 UVPG in der nach § 74 Abs. 1 UVPG anwendbaren Fassung vom 24. Februar 2010 (BGBl I S. 94, im Folgenden: UVPG 2010) auf das Anhörungsverfahren Anwendung fand.
2. Soweit die Kläger meinen, der Erörterungstermin sei mit Blick auf § 73 Abs. 6 VwVfG nicht hinreichend bekannt gemacht worden, liegt ebenfalls kein Verfahrensmangel vor. Da ca. 130 Einwendungen Privater erhoben wurden, konnte die nach § 18a AEG i.V.m. § 73 Abs. 6 Satz 3 VwVfG sowie gleichermaßen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 UVPG 2010 i.V.m. § 73 Abs. 6 Satz 3 VwVfG vorgesehene Benachrichtigung der Einwendungsführer vom Erörterungstermin hier gemäß § 73 Abs. 6 Satz 4 VwVfG durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird gemäß § 73 Abs. 6 Satz 5 VwVfG dadurch bewirkt, dass der Erörterungstermin im amtlichen Veröffentlichungsblatt der Anhörungsbehörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht wird, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird. Dem wurde hier dadurch entsprochen, dass der Erörterungstermin im Amtsblatt der Regierung von Schwaben bekannt gemacht wurde, die gemäß § 23 Abs. 1 der Verordnung über Zuständigkeiten im Verkehrswesen (ZustVVerk) in der Fassung vom 21. September 2005 (GVBl S. 482) i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die Eisenbahnverkehrsverwaltung des Bundes (BEVVG) in der Fassung vom 7. August 2013 (BGBl I S. 3154) zuständige Anhörungsbehörde war, weil die Pläne nicht nur den Bereich der Eisenbahnen des Bundes berührten. Darüber hinaus wurde der Erörterungstermin nach Aktenlage in der „L* …er Zeitung“ und der Zeitung „Der Westallgäuer“ bekannt gemacht. Die ortsübliche Bekanntmachung des Erörterungstermins nach § 73 Abs. 6 Satz 2 VwVfG konnte infolge der öffentlichen Bekanntmachung unterbleiben (vgl. § 73 Abs. 6 Satz 5 VwVfG).
3. Der Vortrag der Kläger, wonach die Auslegung der Planunterlagen mangelhaft gewesen sei, weil wesentliche Fakten wie die Ermittlung der Zugzahlen nicht offengelegt worden seien, stützt sich zum einen auf § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 UVPG 2010, zum anderen auf § 73 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Satz 1 VwVfG. Ein Verfahrensfehler liegt jedoch nicht vor, so dass es auf die Frage der Auswirkung eines Fehlers auf das Ergebnis der Entscheidung nicht ankommt.
3.1 § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 UVPG 2010 sieht die Auslegung der entscheidungserheblichen Berichte betreffend das Vorhaben vor, die der zuständigen Behörde zum Zeitpunkt des Beginns des Beteiligungsverfahrens vorgelegen haben. Nach einer neueren Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine Verkehrsuntersuchung für ein Straßenbauvorhaben jedenfalls dann als entscheidungserheblich anzusehen und daher auszulegen, wenn die Ermittlung der Verkehrszahlen im ausgelegten Erläuterungsbericht nicht hinreichend nachvollziehbar dargestellt ist (BVerwG, U.v. 15.2.2018 – 9 C 1.17 – juris Rn. 31). Das Bundesverwaltungsgericht verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass nach dem Willen des Gesetzgebers auch Fachgutachten zu den Unterlagen über die zu erwartenden Umweltauswirkungen des Vorhabens gehören könnten und danach im UVP-Bericht im Hinblick auf die Einzelheiten auf das betreffende Gutachten zu verweisen sei, das ebenfalls auszulegen sei (so zum heutigen § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UVPG BT-Drs. 18/11499 S. 88). Ungeachtet der Frage, ob vorliegend die Verkehrszahlen in den ausgelegten Planunterlagen (Anlage 16 der Planunterlagen) hinreichend nachvollziehbar dargestellt waren, zeichnet sich der zu entscheidende Fall allerdings dadurch aus, dass der Regierung von Schwaben als der für das Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung zuständigen Anhörungsbehörde (s.o. B.I.2.) zum Zeitpunkt des Beginns des Beteiligungsverfahrens keine (weiteren) Unterlagen hinsichtlich der Zugzahlen vorlagen, die sie zum Gegenstand der Auslegung hätte machen können. Gleiches gilt mit Blick auf die nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BEVVG zuständige Planfeststellungsbehörde, das Eisenbahn-Bundesamt. Aussagen zur Betriebsprognose waren nur in der bei beiden genannten Behörden vorhandenen Anlage 16 der Planunterlagen enthalten, die Bestandteil der Auslegung war. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes, das auf die der zuständigen Behörde vorliegenden Unterlagen abstellt, kommt es insoweit nicht darauf an, ob der Vorhabenträger über weitere Unterlagen etwa zur Unterfütterung der ausgelegten Unterlagen verfügte. Die Auslegung soll die Betroffenen auf den gleichen Kenntnisstand bringen wie die zuständige Behörde (vgl. Dippel in Schink/Reidt/Mitschang, UVPG, UmwRG 2018, § 19 Rn. 23 in Bezug auf den wortgleichen § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UVPG). Ob die ausgelegten Unterlagen den Anforderungen an eine nachvollziehbare Prognose genügten, ist eine Frage des materiellen Rechts. Den verfahrensmäßigen Anforderungen des § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 UVPG 2010 wurde mit der durchgeführten Auslegung Rechnung getragen.
3.2 Auf die Auslegung der Unterlagen fand zudem § 18a AEG i.V.m. § 73 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 VwVfG Anwendung. Danach ist „der Plan“ auszulegen, der „aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen“, besteht. Ein Gebot, andere, über diese Funktion hinausgehende noch nicht bei der Behörde vorhandene Unterlagen auszulegen, ergibt sich auch aus dieser Vorschrift nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss die Auslegung nicht alle Unterlagen umfassen, die möglicherweise zur vollständigen Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planung erforderlich sind. Sie kann sich vielmehr auf die Unterlagen beschränken, deren der Einzelne bedarf, um als Laie den Grad seiner Beeinträchtigung abschätzen und sich das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst machen zu können (Anstoßwirkung, vgl. BVerwG, U.v. 2.7.2020 – 9 A 19.19 – juris Rn. 18; U.v. 28.4.2016 – 9 A 9.15 – juris Rn. 19). Ob dazu auch Gutachten gehören, beurteilt sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalles. Sie sind grundsätzlich dann auszulegen, wenn sich erst aus ihnen abwägungserhebliche Auswirkungen auf die Belange potenziell Betroffener oder anerkannter Vereinigungen ergeben und damit ohne deren Kenntnis der mit der Auslegung bezweckte Anstoß verfehlt würde (BVerwG, U.v. 15.2.2018 – 9 C 1.17 – juris Rn. 32; U.v. 2.7.2020 – 9 A 19.19 – juris Rn. 18); ergänzt ein Gutachten dagegen nur ausgelegte Planunterlagen, muss es nicht mit ausgelegt werden (BVerwG, U.v. 2.7.2020 – 9 A 19.19 – juris Rn. 18; U.v. 3.4.2019 – 4 A 1.18 – juris Rn. 16).
Im vorliegenden Fall wurde mit der Auslegung der Anlage 16 der Planunterlagen auch unter Berücksichtigung des von den Klägern in Bezug genommenen Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Februar 2018 – 9 C 1.17 – juris die erforderliche Anstoßwirkung erzielt, so dass keine weiteren Unterlagen ausgelegt werden mussten. Zwar ging aus der Anlage 16 der Planunterlagen hervor, dass die Vorhabenträgerin für den Fall der Verwirklichung des Vorhabens der Elektrifizierung im Prognosehorizont 2025 mit den gleichen Zugzahlen rechnete, wie sie auch ohne Umsetzung des Vorhabens im gleichen Zeitraum zu erwarten seien. Jedoch gab der ebenfalls ausgelegte Erläuterungsbericht zu dem Vorhaben mit der Darstellung des mit dem Vorhaben bezweckten Nutzens (Verbindung mit europäischer Eisenbahnmagistralen und Wirtschaftsräume, Vorteile der Elektrifizierung) hinreichenden Anlass dazu, die auf ein Prognoseergebnis beschränkte Zugzahlenprognose zu hinterfragen und ggf. Lärm- und Erschütterungsschutz wegen möglicherweise zunehmenden Verkehrs zu reklamieren. Anders als in dem vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 15.2.2018 – 9 C 1.17 – juris entschiedenen Fall war zur Erfüllung der Anstoßfunktion die Auslegung weiterer Unterlagen nicht erforderlich. Im Fall des BVerwG war nur einem nicht ausgelegten Verkehrsgutachten der Anstoß zu entnehmen, eine angenommene Verkehrsbelastung in Bezug auf den von einem anderen Straßenausbauprojekt ausgehenden Entlastungseffekt zu hinterfragen (BVerwG, U.v. 15.2.2018 – 9 C 1.17 – juris Rn. 32). Die vorliegende Konstellation ist damit aber nicht vergleichbar. Das zeigt sich auch daran, dass die frühere Klägerin in ihrem Schreiben vom 21. Mai 2014 die entsprechenden Einwendungen erhoben hat. Im Übrigen steht angesichts der umfassenden erhobenen Einwendungen zur Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofs fest, dass ein Verfahrensfehler, sollte er entgegen den vorstehenden Ausführungen unterlaufen sein, die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hätte (§ 4 Abs. 1a UmwRG i.V.m. § 46 VwVfG; vgl. zum Maßstab für die Prüfung der Offensichtlichkeit, bei der dem Rechtsbehelfsführer in keiner Form die Beweislast für die Frage auferlegt werden darf, ob die angegriffene Entscheidung ohne den Verfahrensfehler anders ausgefallen wäre, BVerwG, U.v. 15.2.2018 – 9 C 1.17 – juris Rn. 35; U.v. 16.6.2016 – 9 A 4.15 – juris Rn. 19).
4. Die Kläger rügen zudem einen absoluten Verfahrensfehler nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG, der in Verstößen gegen § 7 Abs. 6 und 7 UVPG dergestalt liegen soll, dass im Rahmen der UVP-Vorprüfung die UVP-Pflicht nicht hinreichend zügig festgestellt und die Durchführung und das Ergebnis der Vorprüfung nicht hinreichend dokumentiert worden seien. Verfahrensfehler liegen insoweit jedoch nicht vor.
4.1 § 4 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UmwRG ist gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 UmwRG auf den vorliegenden Fall anwendbar. Danach steht eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG genügt, einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b) UmwRG gleich. Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG ist die Feststellung der UVP-Pflicht, wenn sie auf einer Vorprüfung beruht, in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Zulassungsentscheidung nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 7 UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Anders als die Vorgängervorschrift (§ 3a Satz 4 UVPG 2010) enthält § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG nach seinem Wortlaut keine Beschränkung auf Fälle, in denen nach dem Ergebnis der Vorprüfung die UVP unterbleiben soll. Nach der Gesetzesbegründung soll die Vorschrift anders als nach bisherigem Recht auch für Rechtsbehelfe von Vorhabenträgern gelten, deren Genehmigungsantrag unter Verweis auf die bestehende UVP-Pflicht und eine mangelnde Vorlage von UVP-Unterlagen, insbesondere des UVP-Berichts nach § 16 UVPG, abgelehnt worden ist (BR-Drs. 164/17 S. 87). Dass § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG bei bejahter UVP-Pflicht nur in dieser Konstellation anwendbar sein soll, kommt im Wortlaut der Norm allerdings nicht zum Ausdruck.
4.2 Dennoch kann § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG nach dem Sinn und Zweck der Regelungen im vorliegenden Fall keine Anwendung finden. § 4 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 1 Buchst. b) UmwRG bezweckt, eine Regelungslücke zu schließen, die ohne die Vorschrift bei Nicht-Durchführung der UVP aufgrund mangelhafter Vorprüfung bestünde, weil dann weder ein Fehler nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b) noch nach Buchst. a) UmwRG vorläge, so dass die Nicht-Durchführung der UVP auch bei schweren Anwendungsfehlern sanktionslos bliebe (Kment in Hoppe/Beckmann/Kment, UVPG, UmwRG, 5. Aufl. 2018, § 4 UmwRG Rn. 22). Nach zutreffender Auffassung des OVG Rheinland-Pfalz besteht ein rechtlich schutzwürdiges Bedürfnis, die Vorprüfung auf mögliche formelle und materielle Fehler hin zu überprüfen, auch vor diesem Hintergrund nur dann, wenn es gerade nicht zu einer UVP-Prüfung gekommen ist. Wird diese aber tatsächlich durchgeführt, wird sie selbst Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens. Das OVG Rheinland-Pfalz führt dazu aus, die Durchführung einer UVP überhole gewissermaßen die zunächst stattgefundene oder auch unterbliebene Vorprüfung, auf deren Rechtmäßigkeit es dann nicht mehr ankomme. Denn die Prüfung der Umweltauswirkungen des Vorhabens durch die behördliche UVP sei in diesem Fall einer gerichtlichen Kontrolle unterworfen, weshalb die betroffene Öffentlichkeit hinsichtlich etwaiger Fehler bei der Beurteilung, ob eine Vorprüfung hätte erfolgen müssen, die sich im Ergebnis nicht ausgewirkt haben, nicht schutzwürdig sei (OVG RhPf, B.v. 2.3.2018 – 1 B 11809.17 – juris Rn. 13; vgl. auch Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Februar 2020, § 4 UmwRG Rn. 30). Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an.
4.3 Eventuelle Verstöße gegen § 7 Abs. 6 und 7 UVPG im Rahmen der UVP-Vorprüfung können damit von den Klägern nicht gerügt werden. Auf die Frage, ob sie ggf. geheilt wurden und ob sie von den Klägern zu einem früheren Zeitpunkt hätten gerügt werden müssen, kommt es mithin nicht an.
5. Außerdem rügen die Kläger Verfahrensfehler bei der Bekanntmachung der Auslegung der Unterlagen. Entgegen § 9 Abs. 1a Nr. 2 und Nr. 5 UVPG 2010 habe die Bekanntmachung zu Beginn des Beteiligungsverfahrens nicht über die Feststellung der UVP-Pflicht des Vorhabens unterrichtet und nicht angegeben, welche Unterlagen nach § 6 UVPG 2010 vom Vorhabenträger vorgelegt worden seien.
Es trifft zu, dass die Bekanntmachung zur Auslegung des Plans in der Gemeinde N* … (Bekanntmachung des ersten Bürgermeisters der Gemeinde N* … vom 9.4.2014) keinen Hinweis auf die Feststellung der UVP-Pflicht und zu den vom Vorhabenträger vorgelegten Unterlagen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens (§ 6 UVPG 2010) enthielt. Insoweit wurde gegen § 9 Abs. 1a Nr. 2 und 5 UVPG 2010 verstoßen. Aufgrund dessen kann jedoch nicht die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses begehrt werden. Denn die bezeichneten Fehler fallen nicht unter § 4 Abs. 1 UmwRG, insbesondere nicht unter § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG, weil sie nach ihrer Art und Schwere nicht mit den in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 UmwRG genannten Fällen, dem Unterbleiben einer erforderlichen UVP oder dem Ausfall einer erforderlichen Öffentlichkeitsbeteiligung, vergleichbar sind (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b) UmwRG). Vielmehr kommt § 4 Abs. 1a Satz 1 UmwRG i.V.m. § 46 VwVfG zur Anwendung. Nach Heranziehung aller verfügbaren Erkenntnismöglichkeiten ist es nach der Überzeugung des Senats im Sinne der Vorschriften offensichtlich, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (vgl. zum Maßstab für die Prüfung der Offensichtlichkeit schon oben B.I.3.2). Trotz des unzureichenden Hinweises sind fristgerecht ca. 130 Einwendungen von Privaten eingegangen. Diese betreffen mit der Geltendmachung u.a. von Lärm und Erschütterungen sowie einer Beeinträchtigung des Landschaftsbildes auch Belange des Umweltschutzes. Darüber hinaus hat der Bund Naturschutz in Bayern e.V. sich mit Schreiben vom 24. April 2014 zu dem Vorhaben geäußert. Er hat keine Einwendungen erhoben; er teilte insbesondere mit, dass er naturschutzfachlich keine Veranlassung zu einer Ergänzung sehe. Die Bekanntmachung hat damit ersichtlich die Öffentlichkeit einschließlich der Umweltverbände erreicht (s. hierzu auch BVerwG, U.v. 14.3.2018 – 4 A 5.17 – juris Rn. 24).
II. Die Kläger können sich nicht mit Erfolg auf einen materiellen Fehler des Planfeststellungsbeschlusses berufen.
Die Kläger haben als nicht enteignungsbetroffene Dritte (§ 22 AEG) keinen Anspruch auf eine umfassende objektiv-rechtliche Planüberprüfung. Sie sind darauf beschränkt, sich auf die Verletzung drittschützender Rechte zu berufen, insbesondere auf einen Verstoß gegen sie in ihren Rechten schützendes zwingendes Recht (VGH BW, U.v. 12.12.2017 – 5 S 2449.14 – juris Rn. 26) oder auf eine Verletzung des Abwägungsgebots (§ 18 Abs. 1 Satz 2 AEG) im Hinblick auf ihre eigenen Belange (BVerwG, B.v. 23.1.2009 – 9 VR 1.09 – juris Rn. 4; BayVGH, U.v. 20.5.2014 – 22 A 12.40062 – juris Rn. 25). Der Planfeststellungsbeschluss verstößt jedoch nicht gegen §§ 41, 42 BImSchG und die Vorschriften der 16. und 24. BImSchV (1.). Auch liegen keine Abwägungsmängel in Bezug auf Belange der Kläger vor (2.).
1. Der Planfeststellungsbeschluss genügt den Anforderungen der §§ 41, 42 BImSchG i.V.m. der 16. BImSchV und der 24. BImSchV. Insoweit besteht weder ein Anspruch auf Aufhebung noch auf Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses noch auf dessen Ergänzung um mit Lärmschutz in Zusammenhang stehende Auflagen, auch zum Betriebsprogramm, wie sie von den Klägern hilfsweise beantragt wurden.
1.1 Beim Neubau oder einer wesentlichen Änderung von Schienenwegen der Eisenbahnen im Sinne der 16. BImSchV sind die Immissionsgrenzwerte des § 2 der 16. BImSchV einzuhalten. Werden diese durch eine wesentliche Änderung von Schienenwegen der Eisenbahnen überschritten, kommen Ansprüche nach der 24. BImSchV in Betracht. Vorliegend mangelt es jedoch an einer wesentlichen Änderung eines Schienenwegs.
Eine Änderung eines Schienenwegs ist nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 der 16. BImSchV wesentlich, wenn durch einen erheblichen baulichen Eingriff der Beurteilungspegel des von dem zu ändernden Verkehrsweg ausgehenden Verkehrslärms um mindestens 3 dB(A) oder auf mindestens 70 dB(A) am Tage oder mindestens 60 dB(A) in der Nacht erhöht wird oder wenn der Beurteilungspegel von mindestens 70 dB(A) tags oder 60 dB(A) nachts durch einen erheblichen baulichen Eingriff erhöht wird. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass das planfestgestellte Vorhaben einen erheblichen baulichen Eingriff bedingt. Eine im vorgenannten Sinne qualifizierte Lärmerhöhung, die die Änderung wesentlich machen würde, ist nach der Prognose der Beigeladenen, die sich die Planfeststellungsbehörde zu eigen gemacht hat, nicht zu erwarten. Diese Prognose ist nicht zu beanstanden.
1.1.1 Nach der von der Beigeladenen erstellten, auf das Jahr 2025 bezogenen Verkehrsprognose (Anlage 16 der Planunterlagen) ist die Beklagte im Ergebnis rechtsfehlerfrei zu der Annahme gekommen, dass eine Zunahme des Verkehrs durch die Elektrifizierung nicht zu erwarten ist.
Der auf das Jahr 2025 abstellende Prognosehorizont ist nicht zu beanstanden. Für die Prognose der Verkehrsentwicklung gibt der Gesetzgeber keinen festen Zeitrahmen vor. Mit Blick auf die von der Planfeststellung ausgehende Duldungswirkung (§ 75 Abs. 2 VwVfG), mit der die Prognoseentscheidung einen engen Zusammenhang aufweist, ist derjenige überschaubare Zeitraum zu wählen, in dem sich ein voraussichtlich dauerhaftes Verkehrsgeschehen eingestellt haben wird. Denn die Verkehrsprognose soll die Grundlage zu einer möglichst lange Bestand behaltenden Bewältigung jener Probleme schaffen, die durch den Betrieb der geplanten Strecke aufgeworfen werden. Ein Zeitraum von zehn Jahren ab Planfeststellung bewegt sich im Rahmen des für Verkehrsprognosen Üblichen (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – juris Rn. 87; s. hierzu auch die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss S. 40).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können Verkehrsprognosen gerichtlich nur darauf überprüft werden, ob sie mit den zu jener Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände sachgerecht erarbeitet worden sind. Zu beanstanden ist eine Prognose demnach nicht, wenn sie nach einer geeigneten Methode durchgeführt wurde, der ihr zugrunde liegende Sachverhalt zutreffend ermittelt und das Ergebnis einleuchtend begründet ist (stRspr, BVerwG, U.v. 8.9.2016 – 3 A 5.15 – juris Rn. 48; U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – juris Rn. 88; U.v. 13.12.2018 – 3 A 17.15 – juris Rn. 22). Der Rechtsprechung ist weiter zu entnehmen, dass Betriebsprognosen für eisenbahnrechtliche Planfeststellungen Verkehrszahlen aus der Bundesverkehrswegeplanung zugrunde gelegt werden können (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – juris Rn. 89; U.v. 8.9.2016 – 3 A 5.15 – juris Rn. 46; U.v. 13.12.2018 – 3 A 17.15 – juris Rn. 22).
Diesen Maßstäben genügt die Prognose unter Berücksichtigung derjenigen Gesichtspunkte und Unterlagen, die der Prognose zwar zugrunde lagen, aber zunächst nicht aktenkundig waren, jedoch im Lauf des gerichtlichen Verfahrens seitens der Beklagten und der Beigeladenen dem Verwaltungsgerichtshof erläutert wurden, so dass er die Prognose nachvollziehen konnte.
1.1.1.1 Der mit Abstand größte Anteil des Verkehrs auf der streitgegenständlichen Strecke entfällt nach der dem Planfeststellungsbeschluss zugrundeliegenden Prognose auf den Personennahverkehr. Nach der Anlage 16 der Planunterlagen ist im Prognosehorizont 2025 bei Umsetzung der Elektrifizierung mit insgesamt 90 Zügen pro Tag, davon 84 Nahverkehrszügen, zu rechnen, von denen sechs im Nachtzeitraum (zwischen 22.00 und 6.00 Uhr) verkehren sollen. Die 84 Nahverkehrszüge pro Tag setzen sich aus 50 Zügen IRE und 34 Zügen RB zusammen. Für den Fall, dass die Elektrifizierung nicht umgesetzt wird, werden dieselben Zugzahlen prognostiziert. Die Angaben unterscheiden sich lediglich leicht in Bezug auf die jeweilige Zuglänge. Die Anlage 16 weist den Stand 15. April 2011 aus.
1.1.1.1.1 Für die Erstellung der dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegten Prognose hat die Beigeladene hinsichtlich des Nahverkehrs zu Recht auf eine Abfrage bei den Nahverkehrsbestellern zurückgegriffen. Die Beklagte und die Beigeladene haben erläutert, dass in der auf den Prognosehorizont 2025 abstellenden Überprüfung des Bedarfsplans für die Bundesschienenwege vom November 2010, die auf den Bedarfsplan für die Bundesschienenwege in der Fassung vom 15. September 2004 (Anlage 1 zum BSWAG in der Fassung vom 15.9.2004, BGBl I S. 2322) Bezug nimmt und diesen fortschreibt, eine umfassende Prognose für Zugzahlen des Schienenpersonennahverkehrs nicht enthalten sei (s. u.a. PFB S. 39). Nach § 1 und § 4 Satz 2 des Gesetzes zur Regionalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs (RegG) sind im Übrigen für die Sicherstellung einer ausreichenden Verkehrsbedienung im öffentlichen Personennahverkehr die nach Landesrecht bestimmten Stellen zuständig (vgl. für den Schienenpersonennahverkehr in Bayern: Art. 15 Abs. 1, Art. 16 BayÖPNVG; für den Schienenpersonennahverkehr in Baden-Württemberg: § 6 Abs. 2 Satz 1 ÖPNVG BW). Auf einen Abgleich mit den Bestellungen der zuständigen Länder hat auch das Bundesverwaltungsgericht bei der Überprüfung von Betriebsprognosen im Schienenpersonenverkehr abgestellt (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – juris Rn. 89; U.v. 8.9.2016 – 3 A 5.15 – juris Rn. 46).
1.1.1.1.2 Nach ihrem Vortrag hat die Beigeladene im März 2011 eine Abstimmung der Zugzahlen für den Bereich Friedrichshafen-L* … mit der NVBW, unter Berücksichtigung der Planungen der BEG, durchgeführt. Die von der Beigeladenen in diesem Zusammenhang vorgelegten Tabellen mit Stand 30. März 2011 entsprechen der Anlage 16 der Planunterlagen. Diese Abstimmung wurde zunächst lediglich durch eine E-Mail eines eigenen Mitarbeiters der Beigeladenen belegt. Auf Nachfrage des Senats hat die Beigeladene im weiteren Verlauf des Verfahrens ein Schreiben der NVBW an die Beigeladene vom 18. April 2018 vorgelegt (Anlage Beigel. 10), in dem die NVBW bestätigt, dass es im Vorfeld der Planfeststellung intensive Abstimmungen zwischen der Beigeladenen und der NVBW unter Einbeziehung der BEG über das künftig auf der Strecke angestrebte Angebot zum Prognosehorizont 2025 gegeben habe. Insoweit wird auf ein weiteres Schreiben mit Stand April 2013 (Anlage Beigel. 9) verwiesen. Dieses enthält eine Prognose über zukünftige Zugzahlen im Prognosehorizont 2025 der Angebotslinien in/aus Richtung Friedrichshafen sowie Anliegen von Baden-Württemberg zur Einbindung dieser Linien. Danach sind pro Tag im Abschnitt Friedrichshafen-L* … 24 Zugpaare IRE, mithin 48 Züge IRE, von denen 4 nachts fahren sollen, und 17 Zugpaare RB, mithin 34 Züge RB, von denen ebenfalls 4 nachts fahren sollen, vorgesehen. Die Anlage Beigel. 9 unterscheidet sich mithin von der Anlage 16 der Planunterlagen dadurch, dass man im April 2013 insgesamt im Nahverkehr von 2 Zügen weniger pro Tag als im April 2011 ausging, von diesen aber 8 statt 6 nachts fahren sollten.
1.1.1.1.3 Die Nachvollziehbarkeit der Prognose wird zwar dadurch erschwert, dass die mit der NVBW erfolgte Abstimmung im Zeitpunkt ihrer Durchführung (März 2011) offenbar nicht vollständig dokumentiert wurde. Die Anlage Beigel. 9 belegt aber jedenfalls die Planungen der NVBW mit Stand April 2013 für den Prognosehorizont 2025, die sich bezüglich des bayerischen Streckenteils mit der BEG abgestimmt hat. Die Abweichung der Anlage Beigel. 9 von der Anlage 16 der Planunterlagen lässt sich dadurch erklären, dass es sich um einen zwei Jahre jüngeren Planungsstand handelt. Dieser ist offenbar nicht mehr in die Planunterlagen eingeflossen. Aufgrund der Geringfügigkeit der Abweichung wird die Nachvollziehbarkeit der Prognose dadurch jedoch letztlich nicht erschüttert, zumal die Beigeladene vorgetragen hat, dass im Fahrplan auf der streitgegenständlichen Strecke bereits im Bestand eine gewisse Schwankungsbreite besteht.
Nach Auffassung des Senats ist die Prognose bezüglich des Nahverkehrs entgegen der Ansicht der Kläger auch nicht deshalb zu beanstanden, weil der Anlage Beigel. 9 keine der Prognose der NVBW zugrunde liegenden Parameter wie etwa die Bevölkerungsentwicklung, Altersstruktur, Erwerbstätigkeit, Reisetätigkeit etc. zu entnehmen sind. Soweit die Kläger meinen, die Beigeladene müsse wissen, wie die ihr von der NVBW übermittelten Zugzahlen zustande gekommen seien, und insoweit ein „Blackbox-Prinzip“ rügen, überspannen sie die Anforderungen an die Nachvollziehbarkeit einer Betriebsprognose. Im Bereich des Nahverkehrs liegt die Zuständigkeit für die Sicherstellung eines ausreichenden Verkehrsangebots bei den Ländern (s.o. B.I.1.1.1.1.1). Die Beigeladene durfte insoweit bei der Erstellung der Verkehrsprognose für das entsprechende Vorhaben auf die ihr von dort übermittelten Zahlen zurückgreifen, ohne diese im Einzelnen selbst zu überprüfen. Im Übrigen haben die Nahverkehrsbesteller über den Umfang der künftigen Verkehrsleistungen im Personennahverkehr zu entscheiden; entsprechend ist allein ihre Prognose zum künftigen, von ihnen zu finanzierenden Nahverkehrsangebot belastbar.
1.1.1.2 Hinsichtlich des Personenfernverkehrs enthält die Anlage 16 der Planunterlagen die Angabe, es sei bei Realisierung des Vorhabens – und ebenso ohne diese -täglich mit zwei IC-Zügen auf dem streitgegenständlichen Streckenabschnitt zu rechnen.
1.1.1.2.1 Die Beigeladene hat im Laufe des gerichtlichen Verfahrens zur Plausibilisierung dieser Angabe im Grundsatz zu Recht Bezug auf Zahlen genommen, die sich aus der Bundesverkehrswegeplanung ergeben (vgl. zu dieser Vorgehensweise BVerwG, U.v. 13.12.2018 – 3 A 17.15 – juris Rn. 22; U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – juris Rn. 89; U.v. 8.9.2016 – 3 A 5.15 – juris Rn. 46). Die Beigeladene hat insoweit auf die Überprüfung des Bedarfsplans für die Bundesschienenwege (Abschlussbericht November 2010, Anlage Beigel. 6) verwiesen. Entgegen dem Vortrag der Kläger war es nicht erforderlich, bei der Erstellung der Prognose bereits auf den Bundesverkehrswegeplan 2030 und den dem BSWAG als Anlage 1 beigefügten Bedarfsplan für die Bundesschienenwege in der Fassung vom 23. Dezember 2016 (BGBl I S. 3221) abzustellen. Denn im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses vom 28. Oktober 2015 waren diese Regelungen noch nicht in Kraft getreten. Auch wenn die Verkehrsprognose 2030 bereits seit 2014 über die Webseite des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur zur Verfügung stand, ist doch nicht dargetan und nicht ersichtlich, dass diese im Zeitpunkt der Planfeststellung so aufbereitet gewesen wäre, dass sich aus ihr belastbare Aussagen über lokale Verkehrsströme hätten ableiten lassen (vgl. in diesem Sinne zu einem Planfeststellungsbeschluss vom 13.11.2015 BVerwG, U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – juris Rn. 89).
1.1.1.2.2 Die Überprüfung des Bedarfsplans für die Bundesschienenwege (Abschlussbericht November 2010) enthält auf S. 7-7 (Abb. 7.2-1) eine Übersicht über Bedienungsangebote des Schienenpersonenfernverkehrs im Zielnetz, wonach auf der streitgegenständlichen Strecke mit einem Zug je Tag und Richtung zu rechnen sei (ebenso Abb. 9.4-1 auf S. 9-40). Der Untersuchung lässt sich zwar im Einzelnen nicht entnehmen, wie die prognostizierte Zugzahl für den Personenfernverkehr auf der streitgegenständlichen Strecke hergeleitet wurde. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass das Dokument, das zwischen einem Prognose-Nullfall (Bezugsfall B0) und einem Prognose-Planfall unterscheidet, das im Bundesverkehrswegeplan 2003 enthaltene internationale Projekt „ABS Ulm-Friedrichshafen-L* …-Grenze D/A“ in den Bezugsfall B0 aufgenommen und daher als bereits realisiert unterstellt hat (s. S. 5-5). Der Bericht enthält dementsprechend keine nähere Untersuchung des streitgegenständlichen Vorhabens, sondern beschränkt sich auf die Mitteilung einer vorgesehenen Zugzahl. Auch die Beklagte und die Beigeladene haben den Bericht in ihren Schriftsätzen vom 27. März 2019 (Beklagte) und 28. März 2019 (Beigeladene) nicht als projektbezogene Verkehrsuntersuchung angesehen, die im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung als entscheidungserhebliche Unterlage hätte ausgelegt werden müssen, sondern als deutschlandweite Verflechtungsprognose für die großräumige Netzbeeinflussung.
1.1.1.2.3 Der Senat erachtet die Prognose in Bezug auf den Personenfernverkehr dennoch für noch hinreichend nachvollziehbar, weil die Beigeladene diese durch zusätzliche Angaben plausibilisiert hat. Die Beigeladene hat insbesondere im Lauf des gerichtlichen Verfahrens mitgeteilt, dass die Elektrifizierung der Strecke allein betrieblichen Verbesserungen durch das Vermeiden des Umspannens der Loks diene. Die Elektrifizierung führe nicht kausal zu einem höheren Zugangebot, da die Strecke eingleisig bleibe, die Geschwindigkeit gleich bleibe und sonstige Streckenparameter nicht verändert würden. Die Strecke sei deshalb als Fernverkehrsstrecke nicht attraktiv. Es bestehe in der fraglichen Relation auch kein weiterer Fernverkehrsbedarf.
Soweit die Kläger ungeachtet dessen eine Mehrung des Verkehrs befürchten (solche Befürchtungen konnten durch die Angaben zur verkehrlichen Bedeutung der Strecke im Erläuterungsbericht genährt werden), ist dem letztlich entgegenzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Verkehrsprognosen nicht der auf einer Strecke technisch machbare Verkehr (die Kapazität) als Prognoseparameter heranzuziehen ist, sondern der tatsächlich zu erwartende Verkehr (der Bedarf). Die Erhöhung der Kapazität einer Strecke bedeutet nicht schon, dass diese auch genutzt wird, sondern dies hängt vielmehr davon ab, welcher Verkehr im Prognosehorizont nach den vorliegenden Erkenntnissen zu erwarten ist (BVerwG, U.v. 13.12.2018 – 3 A 17.15 – juris Rn. 22; U.v. 8.9.2016 – 3 A 5.15 – juris Rn. 46). Anhaltspunkte dafür, dass entgegen der schlüssigen Angaben der Beigeladenen mit einem höheren Bedarf zu rechnen wäre, sind nicht ersichtlich.
Schließlich teilt der Senat nicht die Auffassung der Kläger, wonach die Beklagte bzw. die Beigeladene die Verkehrsprognose durch weitere Angaben etwa zur Bevölkerungsentwicklung, Altersstruktur, Erwerbstätigkeit, Reisetätigkeit etc. oder durch Offenlegung von von den Klägern so bezeichneten „Rohdaten“ aus einer „Zugzahlendatenbank“ weiter hätte unterfüttern müssen, um sie im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nachvollziehbar zu machen. Damit würde nicht nur über die bisherigen Anforderungen der bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung hinausgegangen, die die Zugrundelegung von Zahlen der Bundesverkehrswegeplanung grundsätzlich für ausreichend erachtet. In der Sache würde damit von der Beigeladenen möglicherweise eine auf relativ kleine geographische Räume bezogene und damit sehr aufwendige Datenerhebung und -auswertung verlangt, die über die in der Bundesverkehrswegeplanung enthaltene bundesweite Verflechtungsprognose hinausginge. Die damit möglicherweise verbundene Forderung nach einer gerichtlichen Überprüfung einzelner Daten und Annahmen wäre mit dem eingeschränkten Prüfungsumfang bei der Überprüfung von Verkehrsprognosen kaum vereinbar. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass vorliegend keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass diese Datenerhebung und -auswertung fehlerhaft sein könnten.
1.1.1.3 Für den Güterverkehr sieht die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegende Prognose in Anlage 16 der Planunterlagen bei Durchführung des Vorhabens insgesamt vier Züge pro Tag vor, davon zwei tagsüber und zwei nachts. Gleiches gilt für den Fall, dass die Elektrifizierung nicht umgesetzt würde.
1.1.1.3.1 Wie beim Personenfernverkehr hat die Beigeladene im Laufe des gerichtlichen Verfahrens zur Plausibilisierung dieser Angabe Bezug auf Zahlen genommen, die sich aus der Bundesverkehrswegeplanung ergeben, nämlich auf die Überprüfung des Bedarfsplans für die Bundesschienenwege (Abschlussbericht November 2010, Anlage Beigel. 6). Auch hier war eine Einbeziehung des Bundesverkehrswegeplans 2030 nicht erforderlich (s.o. B.II.1.1.1.2.1). Dem Bericht von 2010 ist allerdings lediglich zu entnehmen, dass auf der streitgegenständlichen Strecke 4530 täglich weniger als 20 Güterzüge verkehren sollen (Abb. 7.5-1, S. 7-29). Die Angabe in Anlage 16 der Planunterlagen (4 Güterzüge täglich) liegt zwar innerhalb dieses Spektrums, lässt sich allein damit aber schwer begründen. Auch insoweit mangelt es der Überprüfung des Bedarfsplans für die Bundesschienenwege von 2010 an einer konkreten Untersuchung der streitgegenständlichen Strecke, weil die Realisierung des streitgegenständlichen Vorhabens bereits für den Prognose-Nullfall unterstellt wird (s.o. B.II.1.1.1.2.2). Auch die Beigeladene hat ausgeführt (Schriftsatz vom 28.3.2019), aus dem Bericht lasse sich kein unmittelbarer Schluss auf die konkrete Prognose der Güterzugzahlen auf der Bodensee-Gürtelbahn ziehen; es handele sich nicht um eine projektbezogene Verkehrsuntersuchung, die der Auslegungspflicht im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung unterliege.
1.1.1.3.2 Ungeachtet dessen erscheint die Prognose der Güterzugzahlen im Ergebnis nachvollziehbar. Der Planfeststellungsbeschluss gibt an (S. 41), Mehrverkehre seien nicht zu erwarten, weil die Strecke wegen des Richtungswechsels in Friedrichshafen und wegen der Eingleisigkeit für den Güterverkehr nicht attraktiv erscheine. Die Beigeladene hat dementsprechend ausgeführt, die Strecke sei insgesamt betrachtet auch nach der Elektrifizierung für den Güterverkehr nur wenig attraktiv, weil sie eingleisig bleibe und die Streckengeschwindigkeit nicht erhöht werde. Zudem fehle es am Bau der zu einem früheren Zeitpunkt geplanten Verbindungskurve bei Friedrichshafen. Die Elektrifizierung diene allein betrieblichen Verbesserungen.
Die Beklagte und die Beigeladene haben zudem im Einzelnen erläutert, dass entgegen der Befürchtungen der Kläger mit Blick auf den Zulauf zur NEAT auf der streitgegenständlichen Strecke keine Zunahme des Güterverkehrs zu erwarten ist (s. PFB S. 42 und Schriftsätze der Beklagten vom 5.7.2016 und 4.6.2018; Schriftsätze der Beigeladenen vom 5.7.2016 und 25.4.2018). Die Beigeladene hat hierzu eine „Kurzfassung des Schlussberichts“ der „Bewertung von Investitionen zum Ausbau deutscher Eisenbahnstrecken im Zulauf zur NEAT“ der BVU Beratergruppe Verkehr + Umwelt GmbH vom Juli 2006 vorgelegt (Anlage Beigel. 8), in der ausgehend von dem Bedarfsplan für die Bundesschienenwege in der Fassung vom 15. September 2004 drei verschiedene Zulaufstrecken zur NEAT gesamtwirtschaftlich untersucht werden. Der in der Untersuchung enthaltene die streitgegenständliche Strecke betreffende Planfall Südbahn (Kapitel 5) umfasst in Bezug auf die Strecke zwischen Ulm und L* … die Elektrifizierung, eine Geschwindigkeitserhöhung auf maximal 160 km/h sowie die Komplettierung der Zweigleisigkeit. Die Ausbaumaßnahme würde nach den Angaben in Kapitel 5.3 zu einer deutlichen Mehrung des Schienengüterverkehrs zwischen Ulm und L* … um bis zu zehn Zugpaare pro Tag führen. Zwischen Friedrichshafen und L* … nähme die SGV-Belastung um 8 Züge in die eine Richtung und 9 Züge in die andere Richtung pro Tag zu. Werde zusätzlich zu den genannten Ausbaumaßnahmen auch die Verbindungskurve in Friedrichshafen gebaut, käme es zu weiteren Mehrverkehren im Güterverkehr zwischen Ulm und L* … von bis zu fünf Zügen in südlicher und bis zu vier Zügen in nördlicher Richtung pro Tag.
Die Beklagte und die Beigeladene haben hierzu vorgetragen, dass die Überlegungen aus der Studie bezüglich der Südbahn, soweit sie über die Elektrifizierung hinausgehen, derzeit nicht weiterverfolgt werden. Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses ist lediglich die Elektrifizierung der Strecke. Die Verwirklichung der weiteren Ausbaumaßnahmen ist derzeit nicht beabsichtigt. Dem entspricht es, dass nach der Überprüfung des Bedarfsplans für die Bundesschienenwege der Güterverkehr auf der Strecke in Zukunft aufgrund der Nutzung anderer Zulaufstrecken zur NEAT eher abnehmen wird (Anlage Beigel. 6 S. 7-32). Weiter wird die Aussage der Beklagten und der Beigeladenen dadurch untermauert, dass im Bedarfsplan für die Bundesschienenwege in der Fassung vom 23. Dezember 2016 (BGBl I S. 3221) die streitgegenständliche Strecke unter den neuen Vorhaben des vordringlichen Bedarfs nur noch in der Ausdehnung bis L* …, nicht mehr bis zur Grenze, genannt ist. Im Bundesverkehrswegeplan 2030 wird die entsprechende Maßnahme (Anlage 2, Nr. 2-001-V02) beschrieben als „Elektrifizierung Ulm-Friedrichshafen-L* …; Elektrifizierung Anschlussstrecken nach Laupheim Stadt; abschnittsweise Geschwindigkeitserhöhung auf Vmax 160 km/h“. Ein weiterer Ausbau der Strecke ist in den Vorhaben des vordringlichen Bedarfs nicht (mehr) enthalten. Vor diesem Hintergrund leuchtet es im Ergebnis ein, dass eine Mehrung des Güterzugverkehrs durch die bloße Elektrifizierung der Strecke nicht zu erwarten ist.
Die Aussagen im Erläuterungsbericht und im Planfeststellungsbeschluss zu der Möglichkeit eines grenzüberschreitenden elektrischen Güterverkehrs nach Österreich und in die Schweiz erschüttern die Nachvollziehbarkeit der Prognose unter Einbeziehung der vorgenannten Umstände nicht. Denn ein Bedarf für weiteren Güterverkehr, der durch das planfestgestellte Vorhaben der Streckenelektrifizierung zu erwarten wäre, besteht nach den nachvollziehbaren Darlegungen der Beigeladenen nicht. Die bloße Steigerung der Kapazität der Strecke führt nicht dazu, dass der Verkehrsprognose deren Maximalauslastung zugrunde gelegt werden müsste (BVerwG, U.v. 13.12.2018 – 3 A 17.15 – juris Rn. 22; U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – juris Rn. 89).
Soweit die Kläger schließlich monieren, dass die Verkehrsprognose für den Güterverkehr mehr Züge vorsehe, als es dem Bestandszustand entspreche, würde es sich – sofern die Annahme überhaupt zutrifft – um eine nicht elektrifizierungsbedingte Zunahme handeln, die innerhalb der schon im Bestand zulässigen Schwankungsbreite des Verkehrsaufkommens läge.
1.1.1.4 Der weitere, unabhängig von der Verkehrsart erhobene Einwand der Kläger, wonach es durch die Elektrifizierung zu einer Fahrzeitersparnis komme, die ein Mehr an Verkehr ermögliche, geht ins Leere; denn nicht auf die durch die Zeitersparnis möglicherweise erreichte Kapazitätssteigerung kommt es an, sondern auf den Bedarf (s.o. B.II.1.1.1.3.2).
1.1.1.5 Dass im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses nicht mehr von der Verwirklichung von über die Elektrifizierung der Strecke hinausgehenden Ausbaumaßnahmen ausgegangen wurde, ergibt sich aus der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses selbst (S. 41, 42). Es ist deshalb nachvollziehbar, dass im Rahmen der Verkehrsprognose nicht angenommen wurde, dass diese Maßnahmen in absehbarer Zeit verwirklicht und möglicherweise in Kombination mit der streitgegenständlichen Maßnahme eine verkehrssteigernde Wirkung entfalten würden. Aus dem von den Klägern in diesem Zusammenhang angeführten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Februar 2018 – 9 C 1.17 – (juris Rn. 21) lassen sich im Übrigen keine Rückschlüsse für den vorliegenden Sachverhalt ziehen. Im dortigen Verfahren ging es um die Frage, ob im Rahmen der Verkehrsprognose für das dort streitgegenständliche Straßenbauprojekt die Verwirklichung eines anderen Straßenbauprojekts innerhalb des Prognosezeitraums angenommen werden durfte.
1.1.2 Eine durch das Vorhaben bedingte Zunahme des Eisenbahnbetriebslärms ist auch nicht aufgrund einer Erhöhung der Streckengeschwindigkeit zu erwarten, die im Lauf des Verfahrens von den Beteiligten diskutiert wurde. Nach den Angaben der Beigeladenen legt das Verzeichnis der zulässigen Geschwindigkeiten (VzG) für die Strecke 4530 eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h fest. Fahrzeuge mit aktiver Neigetechnik dürften die Strecke mit 120 km/h befahren. Eine solche Technik stehe zurzeit jedoch nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung.
Die Planunterlagen sind bezüglich einer Geschwindigkeitserhöhung zwar in sich nicht vollständig schlüssig (s. widersprüchliche Aussagen in Abschnitt 6.1.1 und Abschnitt 6.3 des Erläuterungsberichts). Im Planfeststellungsbeschluss (S. 42) wurde jedoch klargestellt, dass das Vorhaben nicht mit einer Steigerung der Geschwindigkeit verbunden sei und die Planunterlagen diesbezüglich an einer Stelle einen redaktionellen Fehler aufwiesen. Dies entspricht den nachvollziehbaren Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 5. März 2018 und der Beigeladenen in verschiedenen Schriftsätzen, etwa vom 25. April 2018. Die Beigeladene hat im Übrigen plausibel gemacht, dass eine Erhöhung der Streckengeschwindigkeit ohne weitere bauliche Maßnahmen gar nicht möglich wäre.
Soweit die Kläger die Frage aufwerfen, ob sich die Elektrifizierung dahin auswirken werde, dass die schneller fahrenden Züge mit Neigetechnik verstärkt eingesetzt würden, und wie die Entwicklung der Neigetechnikzüge auf der Strecke insgesamt überhaupt zu erwarten sei, ist nicht erkennbar, dass zwischen der Elektrifizierung und dem Einsatz von Zügen mit Neigetechnik ein Zusammenhang besteht. Nach den Darlegungen der Beigeladenen ist der Einsatz von Zügen mit Neigetechnik vielmehr unabhängig von der Elektrifizierung, so dass das streitgegenständliche Vorhaben insoweit keine Ansprüche auf Lärmschutz bedingt.
1.2 Unabhängig davon, dass es nach den vorstehenden Ausführungen an einer wesentlichen Änderung des betreffenden Schienenweges im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder Satz 2 der 16. BImSchV fehlt, hat die Klage des Klägers zu 2 auch deshalb keinen Erfolg, weil sein Grundstück unbebaut ist und hinreichend konkrete Bauabsichten nicht erkennbar sind. Die Einhaltung von Immissionsgrenzwerten kann nach der hier gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 der 16. BImSchV anwendbaren Fassung der Anlage 2 zur 16. BImSchV, nämlich der bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung, nur an einem bestimmten Immissionsort verlangt werden. Als schutzwürdige Immissionsorte, für die ein Anspruch auf aktiven oder passiven Lärmschutz bestehen kann, kommen grundsätzlich nur Gebäude oder Außenwohnbereiche in Betracht (Anlage 2 zur 16. BImSchV in der bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung; s. ebenso Anlage 2 zur 16. BImSchV in der derzeit geltenden Fassung, Ziffer 2.2.10.). Ist ein Grundstück unbebaut, aber grundsätzlich bebaubar, ist die Untersuchung als Immissionsort jedenfalls nur dann geboten, soweit in Betracht kommende künftige Bauvorhaben hinreichend konkret sind und die Bauausführung in überschaubarer Zukunft zu erwarten ist (vgl. in diesem Sinne zum maßgeblichen Immissionsort nach der TA Lärm OVG NW, B.v. 8.9.2020 – 2 B 691.20 – juris Rn. 24; Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Feb. 2020, TA Lärm Nr. 2.2 Rn. 17; Feldhaus/Tegeder in Feldhaus, BImSchR, Stand: Juni 2016, TA Lärm Nr. 2.2 Rn. 32a; s. auch BayVGH, B.v. 2.11.2016 – 22 CS 16.2048 u.a. – juris Rn. 36). Für ein möglicherweise noch engeres Verständnis spricht § 2 Abs. 4 Nr. 2 der 24. BImSchV, wonach Schallschutzmaßnahmen im Sinne der Verordnung nicht erforderlich sind, wenn eine bauliche Anlage bei der Auslegung der Pläne im Planfeststellungsverfahren noch nicht genehmigt war oder sonst nach den baurechtlichen Vorschriften mit dem Bau noch nicht begonnen werden durfte. Unabhängig von der Frage, ob ein Bauvorhaben bereits genehmigt sein müsste, um schutzbedürftig zu sein, hat der Kläger zu 2 hinreichend konkrete Bauabsichten nicht dargelegt.
1.3 Die Kläger meinen, sie würden infolge des Erfordernisses der wesentlichen Änderung nach der 16. BImSchV deshalb systemwidrig benachteiligt, weil für die Bestandsstrecke kein Planfeststellungsbeschluss bestehe und ihnen daher bei Schallerhöhungen im Rahmen des bestehenden Betriebs Lärmschutzansprüche zustehen könnten, die jedoch infolge der streitgegenständlichen Planfeststellung durch § 75 Abs. 2 VwVfG ausgeschlossen würden, auch wenn sie nicht elektrifizierungsbedingt seien. Dieser Einwand greift nicht durch.
Unabhängig davon, ob den Klägern bei Schallerhöhungen, die nicht elektrifizierungsbedingt sind, überhaupt Lärmschutzansprüche zustehen könnten, würden sie solche Ansprüche jedenfalls durch den Planfeststellungsbeschluss, dessen Regelungsgegenstand auf die Elektrifizierung beschränkt ist, nicht verlieren. Denn die Duldungswirkung nach § 75 Abs. 2 VwVfG erstreckt sich nicht auf Maßnahmen, die der Vorhabenträger „außerhalb“ des Planfeststellungsbeschlusses vornimmt (vgl. Neumann/Külpmann in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 75 Rn. 62). Auf die von den Beteiligten in diesem Zusammenhang diskutierte Entscheidung des SächsOVG vom 5. März 2014 – 1 C 28.11 – juris kommt es insoweit nicht an.
2. Ein Verstoß gegen das planerische Abwägungsgebot in Bezug auf Belange der Kläger, der zur Aufhebung oder Außervollzugsetzung des Planfeststellungsbeschlusses führen oder die hilfsweise geltend gemachten Ansprüche auf Planergänzung um die von ihnen beantragten Schutzauflagen, auch zum Betriebsprogramm, begründen würde, liegt nicht vor. Nach § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Zu den in der Abwägung beachtlichen privaten Interessen gehören nicht nur subjektiv-öffentliche Rechte; einzustellen sind vielmehr alle mehr als geringfügigen schutzwürdigen Interessen, die von der Planung betroffen werden. Ein Abwägungsmangel liegt nach diesen Grundsätzen nicht vor.
2.1 Entgegen dem Vortrag der Kläger leidet der Planfeststellungsbeschluss nicht an einem Abwägungsmangel, soweit er die Verordnung der Gemeinde N* … über den Immissionsschutz im Gemeindegebiet vom 10. April 2013 (Gemeinde-ImmissionsschutzVO, abrufbar über https://www. …*) nicht in die Abwägung einbezogen hat. Die Verordnung erfasst schon tatbestandlich den von dem Betrieb einer Eisenbahn ausgehenden Lärm nicht.
2.2 Soweit die Kläger meinen, die Planfeststellungsbehörde hätte vor dem Hintergrund möglicher Grundrechtsverletzungen die betriebsbedingte Lärmbelastung nicht hinreichend ermittelt, und insoweit einen Abwägungsmangel rügen, ist dies nicht hinreichend dargelegt.
Auf dem unbebauten Grundstück des Klägers zu 2 kommt ein Anspruch nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, der eine Gesundheitsgefährdung durch Lärm voraussetzen würde, von vornherein nicht in Betracht. Auch der Kläger zu 1 hat nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass es infolge der Elektrifizierung der Bahnstrecke zu einer Überschreitung der Beurteilungspegel von 70 dB(A) tagsüber oder 60 dB(A) nachts an relevanten Immissionsorten auf dem bebauten Grundstück FlNr. … käme, die das Bundesverwaltungsgericht zur Voraussetzung für einen unmittelbar aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgenden Anspruch macht (stRspr, vgl. etwa BVerwG, U.v. 10.10.2012 – 9 A 20.11 – juris Rn. 28). Da es angesichts der Verkehrsprognose an jeglichen Anhaltspunkten für derartige Auswirkungen gerade der Elektrifizierung fehlt, genügt der bloße Hinweis, die Planfeststellungsbehörde hätte dies ermitteln müssen, nicht.
Eine eventuelle Verletzung von Art. 13 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG durch einen Abwägungsmangel aufgrund nicht hinreichender Sachverhaltsermittlung kann der Kläger zu 2 mangels Bebauung seines Grundstückes ebenfalls nicht geltend machen. Dass der Planfeststellungsbeschluss das Recht des Klägers zu 1 nach Art. 13 Abs. 1 GG oder eigentumsrechtlich geschützte Belange (vgl. hierzu BVerfG (Kammer), B.v. 20.2.2008 – 1 BvR 2722.06 – juris Rn. 66 ff., 69 ff.) nicht in einer dem Abwägungsgebot genügenden Weise behandelt hätte, ist angesichts der im Ergebnis nachvollziehbaren Verkehrsprognose ebenfalls weder dargelegt noch ersichtlich.
2.3 Der Planfeststellungsbeschluss leidet darüber hinaus nicht an Abwägungsmängeln in Bezug auf die Kläger betreffende Erschütterungen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Ansprüche auf Schutzvorkehrungen gegen Erschütterungen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG zu beurteilen. Schutzvorkehrungen sind gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG anzuordnen, wenn dies zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich ist. Beim Ausbau von Schienenwegen entstehen Ansprüche auf Erschütterungsschutzmaßnahmen ab einer Erhöhung der plangegebenen Vorbelastung um 25% (vgl. BVerwG, U.v. 21.12.2010 – 7 A 14.09 – juris Rn. 30).
Ob es zu einer Erhöhung der plangegebenen Vorbelastung um 25% kommt, ist anhand des nach der Verkehrsprognose infolge der Umsetzung des Vorhabens zu erwartenden Betriebsprogramms einschließlich der eingesetzten Zuggattungen zu beurteilen.
Nach der im Ergebnis nachvollziehbaren Verkehrsprognose der Beigeladenen (s.o. B.II.1.1.1), die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegt, kommt es durch die Realisierung des Vorhabens nicht zu einer Zunahme des Zugverkehrs auf der streitgegenständlichen Strecke. Unter diesem Aspekt ist daher keine elektrifizierungsbedingte Zunahme der Erschütterungen zu erwarten.
Es ist auch nicht anzunehmen, dass allein durch den Einsatz von – dem Gesamtgewicht nach schwereren – Elektroloks anstelle von Dieselloks die Erschütterungsimmissionen auf den Grundstücken der Kläger zunehmen könnten.
Die Beigeladene hat hierzu mit Schriftsatz vom 25. April 2018 vorgetragen, dass die Erschütterungen von der auf die Achsen verteilten Achslast (Radsatzlast) abhingen und nicht von der absoluten Masse der Fahrzeuge. Die Radsatzlast müsse bei Loks mit größerer Masse nicht höher sein als bei Loks mit kleinerer Masse. Die fragliche Strecke sei für eine Radsatzlast von 22,5 t ausgerichtet und als Klasse D4 eingestuft, was im Streckennetz der DB die höchste Klasse darstelle. Nach einer von der Beigeladenen vorgelegten Untersuchung der International Union of Railways lägen die stärksten Einflüsse für Erschütterungen in der ungefederten Achslast und seien insbesondere durch Radunrundheiten, Unwuchten oder Flachstellen verursacht. Dies hänge nicht vom Fahrzeugtyp ab.
Den schlüssigen Ausführungen zur vom Gesamtgewicht des Fahrzeugs unabhängigen Radsatzlast sind die Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Die frühere Klägerin hat mit Schriftsatz vom 28. September 2018 lediglich ausgeführt, dass es nach der von der Beigeladenen vorgelegten Studie auf die Streckengeschwindigkeit und die Häufigkeit der Zugfahrten ankomme. Legte man diese Kriterien zugrunde, so käme es indes nach den vorangegangenen Ausführungen mangels Erhöhung der Streckengeschwindigkeit und mangels einer Zunahme der Zugzahlen gleichfalls nicht zu einer Erhöhung der Erschütterungswirkungen. Für eine abwägungserhebliche (25%, s.o.) Erhöhung der Erschütterungen durch die bloße Verwendung von Elektrostatt Dieselloks bestehen damit keine hinreichenden Anhaltspunkte.
2.4 Die Kläger behaupten weiter einen Abwägungsmangel im Hinblick auf eine mögliche – im Verwaltungsverfahren aus ihrer Sicht nicht ausreichend geprüfte – Zunahme von Infraschall, die durch eine Erhöhung der Zugzahlen verursacht werden könnte. Soweit Infraschall überhaupt durch den Betrieb von Eisenbahnen entstehen können sollte – von der Rechtsprechung wurde die Thematik, soweit ersichtlich, bisher nur im Zusammenhang mit Windkraftanlagen behandelt – führt dieser Einwand schon deshalb nicht zum Erfolg, weil nach der im Ergebnis nicht zu beanstandenden Verkehrsprognose (s.o. B.II.1.1.1) nicht mit einer Zunahme des Verkehrs zu rechnen ist.
2.5 Ein Abwägungsmangel kann zudem nicht festgestellt werden, soweit die Kläger fehlende Ermittlungen der Planfeststellungsbehörde zum vagabundierenden Bahnrückstrom rügen. Der Planfeststellungsbeschluss führt hierzu aus, der Rückstromanteil in der Erde werde dadurch erheblich reduziert, dass Bauwerke im unmittelbaren Bahnbereich gezielt durch Verbindung mit der Schiene in die Rückstromführung einbezogen würden. Auch würden bahneigene Rohrleitungen teilweise direkt mit den Gleisen verbunden. Eine weitere Verringerung des Rückstromanteils im Erdreich ergebe sich dadurch, dass bei Wechselstrombahnen durch wiederholtes Verbinden der Schienen untereinander möglichst viele Schienen für die Rückstromführung zur Verfügung stünden (PFB S. 46). In der mündlichen Verhandlung vom 5. März 2018 hat die Beigeladene zudem ausgeführt, dass bei Wechselstromsystemen wie hier stets die Erde als Rückleiter (neben den Schienen, die auch geerdet seien) genutzt werde. Es könnten zwar kleine Ströme im Umfeld dieser Erde entstehen, doch seien bei Wechselstromsystemen – anders als bei Gleichstromsystemen wegen der dort auftretenden Korrosionsmöglichkeit an Leitungen – damit verbundene Gefahren nicht bekannt. Diesen Ausführungen haben die Kläger nichts entgegengehalten.
2.6 Die Kläger sind der Auffassung, die Standorte der Oberleitungsmasten hätten im Planfeststellungsbeschluss festgelegt werden müssen, um erkennbar zu machen, ob das frühere Grundstück der früheren Klägerin FlNr. … bzw. die jetzigen Grundstücke FlNr. … und … dafür in Anspruch genommen würden. Es ist jedoch nicht zu beanstanden, dass der Planfeststellungsbeschluss die Standorte nicht ausweist, soweit diese nicht auf Privatgrundstücken vorgesehen sind.
Der Planfeststellungsbeschluss sieht die Inanspruchnahme von Flächen, die im Eigentum der Kläger stehen, nicht vor. Dies ergibt sich bereits daraus, dass in den Grunderwerbsunterlagen (Anlage 9 der Planunterlagen) die Grundstücke der (jetzigen) Kläger keine Erwähnung finden. Dem entspricht auch die inzwischen abgeschlossene tatsächliche Bauausführung. Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2020 vorgetragen haben, ein Mast stehe nunmehr außerhalb des Grundstücks FlNr. … auf Bahngrund, aber neben diesem Grundstück etwa 10 m von dessen Grenze zum Grundstück FlNr. … entfernt, folgt daraus kein Anspruch auf Regelung im Planfeststellungsbeschluss. Die Festlegung der Standorte von Oberleitungsmasten bei der Elektrifizierung von Bahnstrecken kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in der Regel der Ausführungsplanung vorbehalten bleiben. Anders verhält es sich nur dann, wenn der Grundsatz der Problembewältigung eine Regelung bereits im Planfeststellungsbeschluss gebietet, was voraussetzt, dass es sich um eine Frage von einigem Gewicht handelt, die insbesondere Interessen Dritter berührt (BVerwG, B.v. 25.7.2007 – 9 VR 19.07 – juris Rn. 17). Dass eine solche Fallgestaltung hier vorliegt, haben die Kläger nicht substantiiert dargelegt.
2.7 Soweit die Kläger rügen, mit dem Planfeststellungsbeschluss sei eine Vorabentscheidung über einen weitergehenden zweigleisigen Ausbau verbunden und dies hätte mit abgewogen werden müssen, greift ihr Einwand nicht durch. Das Abwägungsgebot des § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG bezieht sich allein auf den Regelungsgegenstand des Planfeststellungsbeschlusses, der sich auf die Elektrifizierung beschränkt. Sollte die Beigeladene zu einem späteren Zeitpunkt die Durchführung weiterer Ausbaumaßnahmen beabsichtigen, so bedürften diese einer eigenen Planfeststellung, in deren Rahmen die Kläger ihre Interessen einbringen könnten, die dann auch dem Abwägungsgebot unterlägen.
2.8 Der Kläger zu 1 beantragt weiter die Beseitigung dinglich nicht abgesicherter Entwässerungsleitungen auf seinen Grundstücken, die nach seinem Vortrag der Entwässerung des Bahndamms dienen sollen; hilfsweise begehrt er die Übernahme der Unterhaltungslast und einer verschuldensunabhängigen Garantie für den Ersatz von Schäden. Nach einem von der früheren Klägerin vorgelegten Lageplan (VGH-Akte Bl. 199) befindet sich eine Leitung auf dem (neuen) Grundstück FlNr. … und dem Grundstück FlNr. …
Der geltend gemachte Planergänzungsanspruch besteht nicht. Die fragliche Leitung ist nicht Bestandteil oder Regelungsgegenstand der streitgegenständlichen Planfeststellung. Zwischen der Elektrifizierung und dem weiteren Umgang mit der Leitung besteht auch kein innerer Zusammenhang, der Anlass für eine Regelung im streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschluss geben würde. Entgegen der klägerischen Auffassung wird die Leitung auch nicht infolge der Planfeststellung von der Wirkung des § 75 Abs. 2 VwVfG erfasst. Zudem hat die Beigeladene bestritten, dass es sich überhaupt um eine Leitung der Bahn handele und diese der Entwässerung der Bahnlinie diene. Dass die Entwässerungsleitung tatsächlich in den Verantwortungsbereich der Beigeladenen fällt, hat der Kläger zu 1 nicht substantiiert dargelegt. Dies ergibt sich insbesondere auch nicht aus dem Vortrag der früheren Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 5. März 2018, wonach das Grundstück FlNr. … bis in die 50er Jahre der Bahn gehört habe, es im Zuge der Flurbereinigung einen Tausch gegeben habe und es am Bahndamm entlang einen Entwässerungsgraben gebe, von dem ab Leitungen zur Entwässerung in Richtung Bodensee führten. Eigentums-, Besitz- oder Nutzungsrechte und entsprechende Pflichten in Bezug auf die genannte Leitung, aus denen der Kläger zu 1 Rechte gegen die Beklagte oder die Beigeladene ableiten könnte, müssten dokumentiert sein und vom Kläger belegt werden können; hieran fehlt es.
2.9 Mit der Rüge, es bestehe infolge des Planfeststellungsbeschlusses die Gefahr der Beeinträchtigung des Trinkwasserspeichers Bodensee, können die Kläger nicht gehört werden, da es sich insoweit nicht um einen aus ihrer Sicht rügefähigen privaten Belang, sondern um ein Allgemeinwohlinteresse handelt.
2.10 Der weiter hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Festsetzung einer Entschädigung in Geld für nicht durch Auflagen abwendbare Beeinträchtigungen besteht nach den vorstehenden Erläuterungen gleichfalls nicht, ebenso wenig wie ein Anspruch auf Neuentscheidung über Schutzmaßnahmen zugunsten der Kläger.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 2 ZPO. Mit Blick auf die Verschiedenheit der Beteiligung der beiden Kläger am Rechtsstreit – der Kläger zu 1 ist Eigentümer u.a. des Grundstücks FlNr. …, das mit einem Gästehaus bebaut ist, der Kläger zu 2 dagegen ist (nur) Eigentümer des unbebauten Grundstücks FlNr. … – werden die Kosten nicht nach Kopfteilen (§ 100 Abs. 1 ZPO) verteilt, sondern unter Orientierung an den Maßgaben für den Streitwert gequotelt. Es entspricht der Billigkeit im Sinn des § 162 Abs. 3 VwGO, auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen den unterlegenen Klägern aufzuerlegen, da die Beigeladene einen Klageabweisungsantrag gestellt und sich damit selbst einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da ein Zulassungsgrund im Sinn von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegt.


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