Baurecht

Schadensersatz, Abtretung, Schadensersatzanspruch, Berufung, Gemeinschaftseigentum, Gutachten, Rechtsanwaltskosten, Auslegung, Wirksamkeit, Herausgabe, Zulassung, Nachweis, Bestimmtheit, Leistung, Treu und Glauben, gesetzliches Verbot, im eigenen Namen

Aktenzeichen  2 U 2777/21

Datum:
30.3.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 15657
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
WEG § 9a Abs. 2

 

Leitsatz

1. Auch wenn das zum 01.12.2020 in Kraft getretene Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz für die Anwendung von § 9a Abs. 2 WEG keine Übergangsvorschrift enthält, führt dies nicht zu einer Nichtigkeit von vormals auf der Grundlage von § 10 Abs. 6 Satz 3, 2. Alt. WEG a. F. wirksam zustande gekommenen Beschlüssen. Es gilt insofern der allgemeine Grundsatz, dass für die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts die bei seinem Abschluss bestehenden Regeln und Umstände maßgeblich sind, weil Wirksamkeitshindernisse von den Parteien nur in diesem Zeitpunkt beachtet werden können.
2. Weil den Wohnungseigentümern nach § 9a Abs. 2 WEG keine gekorene Ausübungsbefugnis mehr zusteht, besitzen sie keine Entscheidungskompetenz über die Vergemeinschaftung an sich den Wohnungseigentümern zustehender Rechte. Ein dennoch gefasster Beschluss ermächtigt nicht zur Prozessführung.

Verfahrensgang

12 O 6666/20 2021-07-07 Endurteil LGNUERNBERGFUERTH LG Nürnberg-Fürth

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen, soweit diese die Aufhebung des Endurteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 07.07.2021, Az. 12 O 6666/20, und
1. in Prozessstandschaft die Verurteilung der Beklagten zur Herausgabe von Unterlagen beantragt hat;
2. die Feststellung verlangt hat, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr auch diejenigen sonstigen Schäden zu ersetzen, die auf den von den Sachverständigen Sch und St. festgestellten Mängeln beruhen.
II. Im Übrigen wird auf die Berufung der Klägerin hin das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 07.07.2021, Az. 12 O 6666/20, aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Nürnberg-Fürth zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Berufung vorbehalten bleibt.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 361.098,90 € festgesetzt.

Gründe

A.
Die Klägerin, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, verlangt von der Beklagten als Bauträgerin Kostenvorschuss für die Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum bzw. zu dessen Fertigstellung, die Erstattung von Sachverständigen- und Rechtsanwaltskosten, die Herausgabe von Unterlagen betreffend die Herstellung des Gebäudes sowie die Feststellung, dass die Beklagte für weitere Mangelbeseitigungskosten und -schäden einzustehen hat.
In der ersten Instanz hat sich die Klägerin auf eine Ermächtigung zur Prozessführung durch Beschluss der Eigentümerversammlung vom 25.10.2018 (Anlage K16) unter dem „TOP 7 Geeignete Beschlüsse der WEG in Bezug auf die Fertigstellung des Objekts und die Mängelbeseitigung, bspw. zur Selbstvornahme, in Abhängigkeit von den Ausführungen des Rechtsanwaltes“ berufen, der wie folgt lautet:
„Die Eigentümer der B Straße 14 + 14a beschließen namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Fertigstellung- und Mängelbeseitigungsansprüche aus den Bauträgerverträgen hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums an sich zu ziehen. Die Hausverwaltung wird mit der gerichtlichen und außergerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums beauftragt. (…).“
Im Berufungsverfahren stützt die Klägerin sich auch auf einen weiteren Ermächtigungsbeschluss der Eigentümerversammlung vom 29.07.2021 (Anlage K18). Darüber hinaus beruft sie sich auf die Abtretung der sich aus dem jeweiligen Bauträgervertrag ergebenden Ansprüche dreier Käufer auf vollständige und mangelfreie Errichtung des Vertragsgegenstandes bezogen auf das Gemeinschaftseigentum vom August 2021 (Anlage K19.1 – K19.2).
Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil vom 07.07.2021 (Bl. 74 ff. d. A.) sowie die dortige Darstellung des Sach- und Streitstands Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage mit dem Argument als unzulässig abgewiesen, dass die Klägerin nicht prozessführungsbefugt sei. Der zur Begründung der Prozessstandschaft der Klägerin für die Geltendmachung von Fertigstellungs- und Mängelbeseitigungsansprüchen erforderliche Ermächtigungsbeschluss sei mangels inhaltlicher Bestimmtheit unwirksam. So seien zwei Auslegungsmöglichkeiten denkbar, ohne dass sich ein eindeutiger Regelungsgehalt ermitteln lasse. Entweder könne der Beschluss so verstanden werden, dass alle denkbaren Mängel am Gemeinschaftseigentum vergemeinschaftet werden sollten. Insoweit sei allerdings fraglich, ob die Wohnungseigentümer einen so weitreichenden Beschluss tatsächlich hätten fassen wollen. Oder aber der Beschluss könne so ausgelegt werden, dass die Vergemeinschaftung nur die Mängel betreffen habe sollen, die in den im weiteren Beschlusstext genannten Mängellisten beschrieben würden.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Klageziel in vollem Umfang weiter. Sie ist der Auffassung, dass bereits der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 28.10.2018 eine ausreichende Ermächtigung darstelle. Er beziehe sich auf sämtliche Herstellungs- und Mängelansprüche betreffend das Gemeinschaftseigentum des streitgegenständlichen Bauvorhabens. Der Beschlusstext sei zwar weit gefasst, aber – weil klar formuliert – nicht auslegungsbedürftig. Es gebe keine Unklarheiten oder Unvollständigkeiten. Die umfassende Ermächtigung sei mit einer Generalvollmacht zu vergleichen. Jeder Auslegung sei immanent, dass sich kein eindeutiger Regelungsgehalt ermitteln lasse. Als nächstliegende Bedeutung des Beschlusswortlauts, die im Rahmen der gebotenen normativen Auslegung maßgeblich sei, ergebe sich, dass die Eigentümergemeinschaft im Außenverhältnis umfassend ermächtigt werden sollten, alle ihr zustehenden Restfertigstellungs- und Mängelansprüche gegenüber der Bauträgerin geltend zu machen. Irgendwelche Einschränkungen seien im Beschlusstext gerade nicht formuliert. Insbesondere habe das Landgericht zutreffend selbst erkannt, dass auf „Mängellisten“ nicht im Rahmen der Vergemeinschaftung, sondern lediglich in einem anderen Kontext Bezug genommen worden sei. Ob es daneben eine ordnungsgemäße weitergehende Beschlussfassung über die konkrete Auswahl der geltend zu machenden Mängelansprüche oder die Finanzierung der Geltendmachung gebe, sei für die prozessual relevante Frage „der Erlangung der Aktivlegitimation“ unerheblich. Einen Beleg für die Rechtsauffassung des Landgerichts, dass ein Ermächtigungs- bzw. Vergemeinschaftungsbeschluss nur dann über die erforderliche inhaltliche Bestimmtheit verfüge, wenn die konkreten Mängel unzweifelhaft benannt worden seien, gebe es weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur. Etwaige Defizite bezögen sich nur auf das Innenverhältnis der Wohnungseigentümergemeinschaft. In jedem Fall lasse der Ermächtigungsbeschluss eine durchführbare Regelung erkennen. Solange die Unbestimmtheit eines Beschlusses nicht auf einer inhaltlichen Widersprüchlichkeit beruhe, führe ein etwaiger inhaltlicher Mangel nicht zur Nichtigkeit, sondern nur zu Anfechtbarkeit. Widersprüchlichkeiten oder einschränkende Gesichtspunkte, weshalb von der Vergemeinschaftung und Ermächtigung nicht sämtliche Fertigstellungs- und Mangelbeseitigungsansprüche aus den Bauträgerverträgen hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums erfasst sein sollten, ergäben sich weder aus dem Beschlusstext noch aus den sonstigen Ausführungen im Protokoll vom 25.10.2018, wonach die Mängellisten von Sachverständigen um die Kosten der Mangelbeseitigung zu vervollständigen seien. Daraus resultiere auch keine Undurchführbarkeit der Vergemeinschaftung sämtlicher Ansprüche. Da sich der Beschluss auf alle Fertigstellungsansprüche beziehe, seien davon bei der gebotenen großzügigen Auslegung des Beschlusstextes auch die Ansprüche der Erwerber auf Herausgabe der geforderten Unterlagen umfasst. Im Übrigen habe das Landgericht nicht rechtzeitig – weil erst in der mündlichen Verhandlung vom 21.04.2021 – und nicht hinreichend auf die angenommenen Defizite des Beschlusses hingewiesen. Mit der nachgelassenen Schriftsatzfrist habe das Landgericht ihr keine hinreichende Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Hätte das Landgericht hinreichend und mit ausreichender Reaktionsmöglichkeit auf seine konkreten Bedenken hingewiesen, hätte sie – die Klägerin – rechtzeitig vor Fristablauf eine weitergehende Beschlussfassung erwirkt. Der in der außerordentlichen Eigentümerversammlung am 29.07.2021 gefasste Heranziehungsbeschluss trage den Einwendungen des Landgerichts Rechnung. Denn dieser beziehe sich zum einen ausdrücklich auf „die Ausübung der den einzelnen Erwerbern/Wohnungseigentümern zustehenden Restherstellungs- bzw. Mängelansprüche, insbesondere Mängelbeseitigungsansprüche in Ansehung des gemeinschaftlichen Eigentums (mit Ausnahme der Ansprüche auf Rücktritt bzw. großen Schadenersatz)“. Und zum anderen sei für den Fall, dass eine entsprechende Beschlussfassung für sämtliche Restherstellungs- bzw. Mängelansprüche nicht möglich sein sollte, die Vergemeinschaftung dieser Ansprüche in Bezug auf einzeln aufgeführte Mängel des Gemeinschaftseigentums beschlossen worden. Dabei beziehe sich der Beschluss nunmehr auch ausdrücklich auf die Herausgabe von Unterlagen. Ihre Aktivlegitimation ergebe sich jetzt zudem aus der Abtretung sämtlicher Ansprüche gegen die Beklagte auf vollständige und mangelfreie Errichtung des Vertragsgegenstandes bezogen auf das Gemeinschaftseigentum durch drei Erwerber. Der Beschluss vom 29.07.2021 sowie die Abtretungen seien im Berufungsverfahren zu berücksichtigen, da sie erst nach Abschluss des Verfahrens erster Instanz zustande gekommen bzw. erklärt worden seien.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 09.09.2021 (Bl. 90 ff. d. A.) Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
Das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 07.07.2021, Az: 12 O 6666/20, wird wie folgt abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu Händen der Verwalterin 341.885,12 € Kostenvorschuss nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 17.08.2020 sowie Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz aus 172.000,00 € von 31.01.2019 bis 16.08.2020 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu Händen der Verwalterin Sachverständigenkosten und außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 19.145,57 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 17.08.2020 sowie aus 4.383,01 € von 31.01.2019 bis 16.08.2020 zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin die folgenden Unterlagen zu übergeben:
– Schallschutznachweis (insbesondere auch zu Wohnungseingangstüren sowie Nachweis über die Einhaltung der geforderten Schallschutzgruppe B 3 der Tab. A1 nach DIN 1793-2 für die Lärmschutzwand);
– Nachweis nach den technischen Regeln für die Verwendung von absturzsichernden Verglasungen (TRAV) für die bodentiefen Fenster;
– Legionellenprüfung und Nachweis der Legionellenfreiheit;
– Unternehmererklärungen zu den Gewerken mit Auswirkungen auf den Brandschutz sowie die Vorschriften der Energieeinsparverordnung;
– Brandschutz-Prüfbericht By 16-176-1 vom 09.01.2020;
– Nachweis über die Barrierefreiheit;
– Dokumentation in Anlehnung an die WU Richtlinien;
– Nachweis über Einhaltung der Bauregellisten;
– Nachweis über die Ersatzbepflanzung von 8 Bäumen für das Anwesen B.-Straße 5/5a.
4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin diejenigen Mangelbeseitigungskosten und sonstigen Schäden zu ersetzen, die auf den folgenden von den Sachverständigen Sch und St. festgestellten Mängeln beruhen, soweit die Mangelbeseitigungskosten über den Betrag von 341.885,12 € hinausgehen:
Gutachten Sch.:
Positionen 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 33, 34, 35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 45, 46, 47, 48, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59, 60, 61 und 62.
Gutachten St.:
Positionen 7, 23, 24, 30, 43, 44 und 45.
Hilfsweise beantragt die Klägerin die Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung wird zurückgewiesen.
Hilfsweise beantragt die Beklagte die Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Eine ausreichende Bezugnahme auf Mängellisten sei nicht erfolgt. Das Landgericht sei in der mündlichen Verhandlung vom 21.04.2021 seiner Hinweispflicht im erforderlichen Umfang nachgekommen. Es sei nicht Aufgabe eines Gerichts, einer Partei eine Anleitung zur Herbeiführung der Zulässigkeit einer Klage darzubieten. Im Übrigen habe das Landgericht auf Nachfrage des Klägervertreters bejaht, dass die Mängel einzeln zu benennen seien. Sie bestreite, dass es der Klägerin nicht möglich gewesen sei, vor Ablauf der Schriftsatzfrist am 02.06.2021 bzw. vor Urteilsabsetzung einen ergänzenden Beschluss zu fassen. Ebenso werde bestritten, dass die Abtretungsvereinbarungen bis dahin nicht hätten geschlossen werden können. Die Klägerin habe zudem die Möglichkeit gehabt, eine Verlängerung der Schriftsatzfrist zu beantragen. Die Nachlässigkeiten der Klägerin könnten nicht durch Nachholung versäumter Handlungen im Berufungsverfahren geheilt werden. Die Voraussetzungen für die Zulassung neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel im Berufungsverfahren lägen nicht vor.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung vom 12.11.2021 (Bl. 136 ff. d. A.) Bezug genommen.
B.
I. Die zulässige Berufung hat in der Sache überwiegend Erfolg.
1. Der Klageantrag, die Beklagte zur Leistung eines Kostenvorschusses nach § 637 Abs. 3 BGB in Höhe von 341.885,12 € nebst Zinsen zu verurteilen, ist insgesamt zulässig.
a. Soweit die Klägerin sich im Berufungsverfahren auf Abtretungen von vertraglichen Ansprüchen stützt, ist sie ohne weiteres zur Prozessführung befugt.
aa. Die Forderungen wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums sind abtretbar. Abtretungsbefugt ist der Rechtsinhaber. Das sind die einzelnen Erwerber, nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft, und zwar selbst dann nicht, wenn diese die Ausübung der Rechte an sich gezogen hat (OLG Stuttgart, Urteil vom 03.07.2012 – 10 U 33/12 -, juris Rn. 63; Vogel/ Pause in ibr-online-Kommentar, Bauvertragsrecht, Stand 11/2021, § 650u BGB Rn. 62; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Aufl., Rn. 441). Die Klägerin macht insoweit keine fremden Ansprüche im eigenen Namen mehr geltend, sondern eigene Ansprüche. Anders als bei der bloßen Einziehungsermächtigung wird der Zessionar durch die Zession Inhaber des Vollrechts. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft zur Geltendmachung der Rechte der Erwerber durch einen Beschluss über deren Vergemeinschaftung ermächtigt werden konnte und wirksam ermächtigt worden ist (BGH, Urteil vom 25.02.2016 – VII ZR 49/15 -, juris Rn. 24). Bereits aus der behaupteten Inhaberschaft des geltend gemachten Rechts folgt im Prozess die Prozessführungsbefugnis (BGH, Urteil vom 08.02.2019 – V ZR 153/18 -, juris Rn. 8; Althammer in Zöller, ZPO, 34. Aufl., Vorb. zu §§ 50 – 58 Rn. 16; Weth in Musielak/Voit, ZPO, 18. Aufl., § 51 Rn. 15).
bb. Obwohl die Klägerin sich erstmals in der zweiten Instanz auf die Abtretung beruft, ist diese bei der Prüfung der Zulässigkeit der Klage unabhängig davon zu berücksichtigen, ob die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO vorliegen. Denn für die Prozessführungsbefugnis als Zulässigkeitsvoraussetzung einer Klage ist erforderlich, aber auch ausreichend, wenn die Tatsachen, aus denen sie sich ergibt, spätestens im Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung objektiv vorliegen und vorgetragen sind (BGH, Urteil vom 27.11.2020 – V ZR 71/20 -, juris Rn. 11). Sie ist von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens, also auch in der Berufungsinstanz, zu prüfen (BGH, Urteil vom 06.06.2019 – I ZR 67/18 -, juris Rn. 12). Tatsachenvortrag zu den von Amts wegen zu prüfenden Prozessvoraussetzungen darf nicht unter Anwendung von Präklusionsvorschriften unberücksichtigt bleiben (BGH, Urteil vom 16.07.2021 – V ZR 284/19 -, juris Rn. 11; Urteil vom 10.10.1985 – IX ZR 73/85 -, juris R. 14).
cc. Die mit der (teilweisen) Berufung auf die Abtretung von Ansprüchen verbundene Klageänderung ist zulässig.
(1) Es handelt sich um eine Klageänderung, weil der Streitgegenstand der Klage in zweiter Instanz von dem der ersten Instanz abweicht. Zwar kommt es zu keinem (nach den Regeln der Klageänderung zu behandelnden) Wechsel der Klagepartei. Wohl aber führt die Berufung auf die Abtretung zu einer Änderung des Klagegrundes. Denn materiell sachbefugt (aktivlegitimiert) waren während der Dauer der Prozessstandschaft die einzelnen Wohnungseigentümer bzw. Erwerber (BGH, Urteil vom 24.07.2015 – V ZR 167/14 -, juris Rn. 7). Als Folge der Abtretung ist dies nunmehr jedoch die Klägerin. Mit der Zession ist im Ergebnis ein zusätzlicher Aspekt in Bezug auf den (Lebens-)Sachverhalt, aus dem sich der Klageanspruch herleitet, hinzugekommen. Auch insofern gilt nichts anderes als für den Fall, dass eine Klage statt auf eigenes auf fremdes Recht gestützt wird (dazu: BGH, Urteil vom 27.09.2006 – VIII ZR 19/04 -, juris Rn. 8). Ungeachtet des einheitlichen Klageziels wird der der Klage zugrunde gelegte Lebenssachverhalt im Kern geändert.
(2) Die Voraussetzungen des § 533 ZPO liegen vor.
Die Klageänderung ist bei der gebotenen prozesswirtschaftlichen Betrachtungsweise sachdienlich im Sinne von § 533 Nr. 1 ZPO. Insbesondere soll mit ihr kein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt werden, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden könnte. Dass im Fall der Zulassung der Klageänderung eine Beweiserhebung nötig und dadurch die Erledigung des Prozesses verzögert werden könnte, steht der Sachdienlichkeit nicht entgegen (BGH, Urteil vom 27.09.2006 – VIII ZR 19/04 -, juris Rn. 10 f.).
Auch die Vorgabe des § 533 Nr. 2 ZPO ist erfüllt. Erstinstanzliches Vorbringen hat das Berufungsgericht nach § 529 Nr. 1 ZPO zu berücksichtigen. Insbesondere gelangt mit dem zulässigen Rechtsmittel der Berufung grundsätzlich der gesamte aus den Akten ersichtliche Sachvortrag erster Instanz ohne weiteres in die Berufungsinstanz. Das gilt auch für solches Vorbringen, das vom Gericht erster Instanz für unerheblich gehalten worden ist und im Tatbestand keine ausdrückliche Erwähnung gefunden hat (BGH, Urteil vom 22.04.2010 – IX ZR 160/09 -, juris Rn. 10).
Soweit es auf neues Tatsachenvorbringen, also die Abtretung an sich, ankommt, unterfällt dies als unstreitiges und damit nicht beweisbedürftiges Vorbringen nicht der Beschränkung des § 531 Abs. 2, § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO (BGH, Urteil vom 20.05.2009 – VIII ZR 247/06 -, juris Rn. 15). Unabhängig davon ist eine Nachlässigkeit im Sinne von § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO grundsätzlich zu verneinen, wenn ein neues Angriffs- und Verteidigungsmittel erst nach Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung entstanden ist. Dies gilt selbst dann, wenn eine Partei von der Möglichkeit, eine zur erfolgversprechenden Geltendmachung eines Angriffs- oder Verteidigungsmittels erforderliche Rechtsposition durch Abtretung zu erwerben, nicht unverzüglich Gebrauch gemacht hat (BGH, Beschluss vom 17.05.2011 – X ZR 77/10 -, juris Rn. 12 und Rn. 14).
b. Auch soweit die Klägerin weiterhin Ansprüche der Erwerber bzw. Wohnungseigentümer in Prozessstandschaft geltend macht, ist die Klage zulässig. Auf die Frage, ob eine Wohnungseigentümergemeinschaft im Hinblick auf § 9a Abs. 2 WEG durch Beschluss auf Erfüllung gerichtete Ansprüche nach § 637 Abs. 3 BGB nach wie vor an sich ziehen und sodann in gesetzlicher Prozessstandschaft geltend machen kann, kommt es dabei nicht an. Denn jedenfalls der vor Inkrafttreten der Norm gefasste entsprechende Beschluss vom 25.10.2018 ist nicht nichtig und zu beachten. Als in Prozessstandschaft klagende Einziehungsermächtigte (und dazu auch Beauftragte) kann die Klägerin dabei Leistung an sich selbst verlangen (BGH, Urteil vom 10.05.1979 – VII ZR 30/78 -, juris Rn. 26, zur gewillkürten Prozessstandschaft). Die Mittel zur ordnungsgemäßen Herstellung des Gemeinschaftseigentums müssen der Gemeinschaft zufließen (BGH, Urteil vom 12.04.2007 – VII ZR 236/05 -, juris Rn. 18).
aa. Klagegegenstand sind (weiterhin) auch die Ansprüche der Erwerber bzw. Wohnungseigentümer, die keine Abtretung erklärt haben, mögen ihre Ansprüche auch mit den abgetretenen inhaltsgleich sein. Denn das materielle Recht, um das es im Prozess geht, steht während der Dauer der Prozessstandschaft unverändert dem Rechtsinhaber zu (BGH, Urteil vom 07.07.1993 – IV ZR 190/92 -, juris Rn. 11). Mangels Übertragung der Rechte aller Erwerber wurde und wird im vorliegenden Fall demgemäß kein einheitlicher Anspruch geltend gemacht.
bb. Die Feststellung, ob eine Prozessführungsbefugnis vorliegt, ist im Wege des Freibeweises zu treffen (BGH, Urteil vom 11.08.2010 – XII ZR 181/08 -, juris Rn. 8). Im vorliegenden Fall ist durch das Protokoll der außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 25.10.2018 (Anlage K16) nachgewiesen, dass die Erwerber an diesem Tag den in Rede stehenden Beschluss, der die Klägerin zur Prozessführung ermächtigt, gefasst haben.
cc. Eine Nichtigkeit dieses Beschlusses ergibt sich nicht wegen eines Verstoßes gegen § 9a Abs. 2 WEG aus § 134 BGB.
Der mit dem Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz in das Wohnungseigentumsgesetz eingefügte § 9a WEG hat die früheren Regelungen des § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG ersetzt, der bis zum 30.11.2020 galt (im Folgenden: a. F.). Die sogenannte „gekorene“ Ausübungsbefugnis wurde aufgegeben; eine durch Beschluss begründete Rechtsverfolgungskompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft sieht das Gesetz nicht mehr vor.
Die neue Regelung beschränkt damit zwar die Befugnis der Gemeinschaft, auf die Rechte der Miteigentümer zuzugreifen. Dies spricht gegen die Möglichkeit zur Vergemeinschaftung der auf Erfüllung gerichteten Ansprüche nach § 633 Abs. 1 BGB (Erfüllung), § 634 Nr. 1, § 635 BGB (Nacherfüllung) und § 634 Nr. 2, § 637 Abs. 1 (Ersatz der Mangelbeseitigungskosten) bzw. § 637 Abs. 3 BGB (Kostenvorschussanspruch). Denn es war bislang ständige Rechtsprechung, dass ein Erwerber seinen Erfüllungsanspruch selbständig und ohne Beteiligung der Wohnungseigentümergemeinschaft durchsetzen konnte (BGH, Urteil vom 27.07.2006 – VII ZR 276/05 -, juris Rn. 21; Urteil vom 12.04.2007 – VII ZR 236/05 -, juris Rn. 18), mithin eine einheitliche Rechtsverfolgung unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Belange der Wohnungseigentümer und des Schuldners gerade nicht erforderlich war. Dies galt insbesondere auch in Bezug auf den Anspruch auf Kostenvorschuss (so bereits: BGH, Urteil vom 05.05.1977 – VII ZR 36/76 -, juris Rn. 36 und Rn. 39). Insoweit musste nur gewährleistet sein, dass die Mittel zur ordnungsgemäßen Herstellung des Gemeinschaftseigentums der Gemeinschaft zufließen (BGH, Urteil vom 12.04.2007 – VII ZR 236/05 -, juris Rn. 21). In Bezug auf die auf Erfüllung gerichteten Ansprüche wurde der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer demgemäß lediglich eine gekorene Ausübungsbefugnis im Sinne des § 10 Abs. 6 Satz 3, 2. Alt. WEG a. F zugestanden und keine geborene (Wicke in Palandt, BGB, 79. Aufl., § 10 WEG Rn. 35; Pause/Vogel in ibr-online-Kommentar, Bauvertragsrecht, Stand 11/2021, § 650u BGB Rn. 60; Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl. § 9a Rn. 123; Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, 3. Kap. Rn. 140). Und ob sich – wie in der Gesetzesbegründung dargestellt (BT-Drs. 19/18791, 47) – angesichts des Gesetzeswortlauts, der übrigen gesetzgeberischen Absichten und der Tatsache, dass die Rechtsprechung im Ergebnis den Inhalt von § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG a. F. nachgezeichnet hat, eine ungeschriebene Ausnahme von § 9a Abs. 2 WEG gleichsam mit der „Natur des Bauträgervertrages“ begründen lässt, erscheint zweifelhaft (kritisch auch: Müller in BeckOK, WEG, 47. Edition, § 9a Rn. 149 f.; Pause, NZBau 2021, 230, 231; Dötsch/Schultzky/ Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 3 Rn. 140; Vogel, ZMR 2001, 181, 184 f., die zum Teil aber aus pragmatischen Gründen bzw. unter Betonung des Willens des Gesetzgebers für die Beibehaltung einer gekorenen Ausübungsbefugnis in Bezug auf die primären Erfüllungsansprüche plädieren; vgl. auch: Burgmair in Münchener Kommentar, WEG, 8. Aufl., § 9a Rn. 35, der lediglich auf die Gesetzesbegründung verweist).
Doch auch wenn das zum 01.12.2020 in Kraft getretene Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz für die Anwendung von § 9a Abs. 2 WEG keine Übergangsvorschrift enthält und damit in laufenden Verfahren gilt, führt dies nicht zu einer Nichtigkeit von vormals auf der Grundlage von § 10 Abs. 6 Satz 3, 2. Alt. WEG a. F. wirksam zustande gekommenen Beschlüssen. So wird bereits angezweifelt, ob das Entfallen der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft überhaupt ein gesetzliches Verbot im Sinn von § 134 BGB begründet (Zschieschack, IMR 2021, 5; Wicke in Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 48 WEG Rn. 5; auch: Becker/Schneider, ZfIR 2020, 281, 298, allerdings zu § 21 Abs. 7 WEG a. F.; a. A.: Pause/Vogel in ibr-online-Kommentar, Bauvertragsrecht, Stand 11/2021, § 650u Rn. 60/2). Zumindest aber gilt: Wird nach der Vornahme eines im Zeitpunkt der Vornahme rechtmäßigen Rechtsgeschäfts ein Gesetz erlassen, das Rechtsgeschäfte dieser Art verbietet, so wirkt das Gesetz grundsätzlich nur für die Zukunft. Die Wirksamkeit früherer Rechtsgeschäfte berührt es dagegen nicht (Seibl/Fisching/Hengstberger in Staudinger, BGB, Bearbeitung 2021, § 134 Rn. 81; Armbrüster in Münchener Kommentar, BGB, 9. Aufl., § 134 Rn. 30; Vossler in BeckOGK, BGB, Stand 3/2022, § 134 Rn. 71; Ellenberger in Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 134 Rn. 12a; Arnold in Erman, BGB, 16. Aufl., § 134 Rn. 15; Vogel, ZMR 2021, 181, 185; Pause, NZBau 2021, 230; 232; auch: OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.04.1992 – 10 U 98/91 -, juris Rn. 5; BayObLG, Beschluss vom 20.02.2002 – 3Z BR 380/01 -, juris Rn. 15; kritisch auch: Häublein, ZWE 2020, 401, 408). Dies folgt nicht nur aus dem Wortlaut von § 134 BGB, sondern vor allem auch aus dem allgemeinen Grundsatz, dass für die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts die bei seinem Abschluss bestehenden Regeln und Umstände maßgeblich sind, weil Wirksamkeitshindernisse von den Parteien nur in diesem Zeitpunkt beachtet werden können. Ob ein Beschluss mangels Beschlusskompetenz nichtig ist, bestimmt sich demgemäß nach der gesetzlichen Regelung im Zeitpunkt der Beschlussfassung (BGH, Urteil vom 15.10.2021 – V ZR 225/20 -, juris Rn. 7; Urteil vom 26.02.2021 – V ZR 33/20 -, juris Rn. 6; Urteil vom 16.01.2009 – V ZR 74/08 -, juris Rn. 12; OLG Hamm, Beschluss vom 18.11.2008 – 15 Wx 139/08 -, juris Rn. 39; Wicke in Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 48 WEG Rn. 5; Vogel, ZMR 2021, 181, 185). Die gegenteilige gesetzgeberische Vorstellung (dazu: BT-Drs. 19/18791, S. 47; auch: Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 9a Rn. 114, wonach auf die nunmehr gegen § 9a Abs. 2 WEG verstoßenden Beschlüsse keine weiteren Maßnahmen mehr gestützt werden könnten) trifft nicht zu (Vogel/Pause in ibr-online-Kommentar, Bauvertragsrecht, Stand 11/2021, § 650u Rn. 60/2) und wird insbesondere nicht von der in der Gesetzesbegründung zitierten Kommentarstelle gedeckt (dazu im Einzelnen: Vogel, ZMR, 181, 185).
Rückwirkend nichtig nach § 134 BGB wird ein Rechtsgeschäft durch ein später erlassenes Verbotsgesetz zwar ausnahmsweise dann, wenn der Gesetzgeber ihm ausdrücklich eine entsprechende Wirkung beimisst (Seibl/Fischinger/Hengstberger in Staudinger, BGB, Bearbeitung 2021, § 134 Rn. 82; Vossler in BeckOGK, BGB, Stand 3/2022, § 134 Rn. 72). Unabhängig davon, dass dies aus verfassungsrechtlichen Gründen überhaupt nur unter eingeschränkten Voraussetzungen zulässig ist (BVerfG, Beschluss vom 03.12.1997 – 2 BvR 882/97 -, juris Rn. 43) und zweifelhaft erscheint, ob diese im Fall des § 9a Abs. 2 WEG vorliegen (Pause, NZBau 2021, 230, 232), lässt sich Entsprechendes aber weder dem Gesetzeswortlaut noch dem Sinn und Zweck des Gesetzes entnehmen (Vogel, ZMR 2021, 181, 185). Vielmehr spricht die Annahme in der Gesetzesbegründung, die Rechtsprechung zum Bauträgervertrag, wonach die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach Beschlussfassung bestimmte Mängelrechte ausüben könnte, bleibe unberührt (BT-Drs. 19/18791, S. 47), dafür, dass jedenfalls derartige Beschlüsse einer Wohnungseigentümergemeinschaft gerade nicht ihre Wirkung verlieren sollen, es mithin bei der Vergemeinschaftung der Ansprüche verbleibt.
Unabhängig davon wäre angesichts dessen, dass der Rechtsstreit bereits vor dem 01.12.2020 anhängig war, die Prozessführungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft über diesen Zeitpunkt hinaus in Anwendung des Rechtsgedankens des § 48 Abs. 5 WEG als fortbestehend anzusehen, bis dem erkennenden Gericht ein entgegenstehender Wille der Wohnungseigentümer zur Kenntnis gebracht wird (BGH, Urteil vom 07.05.2021 – V ZR 299/19 -, für den Fall der Prozessführungsbefugnis eines Wohnungseigentümers, der sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebende Rechte geltend macht).
dd. Die Eigentümer bzw. Erwerber haben mit dem ersten Satz des unter TOP 7 am 25.10.2018 gefassten Mehrheitsbeschlusses die Klägerin wirksam ermächtigt, ihre Gewährleistungsansprüche wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen. Von dieser Ermächtigung ist die eingereichte Klage gedeckt.
(1) Der Inhalt eines Eigentümerbeschlusses muss, insbesondere weil ein Sonderrechtsnachfolger nach § 10 Abs. 3 Satz 2 WEG (früher § 10 Abs. 4 WEG a. F.) an Beschlüsse gebunden ist, inhaltlich bestimmt und klar sein (BGH, Urteil vom 08.04.2016 – V ZR 104/15 -, juris Rn. 9). Er ist so abzufassen, dass er „aus sich heraus“, also objektiv und normativ inhaltlich hinreichend bestimmt und verständlich ist. Er muss klar, eindeutig und widerspruchsfrei (BGH, Urteil vom 10.10.2014 – V ZR 315/13 -, juris Rn. 8) erkennen lassen, was gilt bzw. gelten soll, also was die Gemeinschaftsmitglieder zu welchen Bedingungen und unter welchen Umständen wollen. Einem Beschluss fehlt die erforderliche Bestimmtheit, wenn er keine sinnvolle, in sich geschlossene und verständliche Regelung enthält (Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 23 Rn. 141). Darüber hinaus muss ein Eigentümerbeschluss einen durchführungsfähigen Inhalt haben (zu den genannten Anforderungen vgl. auch: Rüscher in Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums, 7. Aufl., § 23 Rn. 121; Merle in Bärmann, WEG, 14. Aufl., § 23 Rn. 54; Bartholome in BeckOK, WEG, 46. Edition, § 23 Rn. 74; Emmerich in Bärmann/Pick, WEG, 20. Aufl., § 23 Rn. 109).
(2) Diesen Ansprüchen wird der erste Satz des genannten Beschlusses gerecht. Insbesondere weist er einen eindeutigen und verständlichen Regelungsgehalt auf.
Eine Übertragung der Kompetenzen hinsichtlich der auf ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Rechte der einzelnen Erwerber aus den Verträgen mit dem Veräußerer durch Mehrheitsbeschluss auf die rechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft wird gemeinhin als „Ansichziehen“ bezeichnet (BGH, Urteil vom 19.08.2010 – VII ZR 113/09 -, juris Rn. 22). Eine entsprechende Formulierung haben die Erwerber im Beschluss vom 25.10.2018 gewählt.
Aus dessen Wortlaut ergibt sich dabei, welche Ansprüche („Fertigstellungs- und Mängelbeseitigungsansprüche […] hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums“) gegen wen („aus den Bauträgerverträgen“, mithin gegen die Beklagte) fortan von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geltend gemacht werden sollen. Zwar werden weder einzelne Mängel noch einzelne Rechte konkret benannt. Auch der (im Protokoll angeführte) Tagesordnungspunkt „Geeignete Beschlüsse der WEG in Bezug auf die Fertigstellung des Objektes und die Mängelbeseitigung, bspw. zur Selbstvornahme, in Abhängigkeit von den Ausführungen des Rechtsanwalts“ ist insofern nicht weiterführend. Insbesondere ergibt sich aus den Angaben jenes Rechtsanwalts, soweit diese protokolliert sind, nichts Konkretes. Weder wurde von ihm auf datumsmäßig bestimmte Gutachten oder Ähnliches der genannten Sachverständigen Bezug genommen noch beschränkten sich seine Ausführungen ausschließlich auf die Geltendmachung eines Kostenvorschusses. Angesichts dessen kann offenbleiben, ob auf diesen Teil der Protokollierung zur Auslegung des Beschlusses überhaupt zurückgegriffen werden könnte.
Gerade weil es aber keine Anhaltspunkte für irgendeine Beschränkung gibt, ist für einen unbefangenen Betrachter das am nächsten liegende Verständnis vom Regelungsgehalt und -umfang des Beschlusses nach dessen Wortlaut und Sinn, dass durch ihn ohne Einschränkung die Kompetenz für alle „Fertigstellungs- und Mängelbeseitigungsansprüche […] hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums“ in Bezug auf sämtliche Mängel, seien sie bekannt oder unbekannt, auf die Wohnungseigentumsgemeinschaft übertragen worden ist. Allein darauf kommt es bei der gebotenen objektiven Auslegung an (BGH, Urteil vom 10.10.2014 – V ZR 315 -, juris Rn. 8; Beschluss vom 10.09.1998 – V ZB 11/98 -, juris Rn. 16). Weil die subjektiven Vorstellungen der an der Beschlussfassung Beteiligten nicht maßgeblich sind (Rüscher in Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums, 7. Aufl., § 23 Rn. 122), ist es auch nicht erheblich, ob die Wohnungseigentümer einen so weitreichenden Beschluss tatsächlich fassen wollten. Denn sie haben es – objektiv betrachtet – getan.
Irgendwelche Widersprüche gibt es dabei nicht. Der Beschluss, der Ansprüche der Wohnungseigentümer an sich zieht, lässt – wie erforderlich ist (BGH, Urteil vom 04.07.2014 – V ZR 183/13 -, juris Rn. 25) – erkennen, welche tatsächlichen oder vermeintlichen Ansprüche der Wohnungseigentümer bzw. Erwerber vergemeinschaftet werden sollen, nämlich alle, soweit sie auf tatsächliche Erfüllung oder Nacherfüllung gerichtet sind. Denn die auf Rückabwicklung gerichteten Ansprüche (auf „großen“ Schadensatz statt der Leistung bzw. Rücktritt) werden vom Bedeutungsgehalt der Formulierung „Fertigstellungs- und Mängelbeseitigungsansprüche“, die (anders als insbesondere der weitere Begriff „Mängelansprüche“) ihrem Kern nach auf eine tatsächliche Erfüllung gerichtet ist, nicht erfasst.
Dass der Beschluss sich nicht auf konkrete (bekannte) Mängel bezieht, steht seiner Bestimmtheit nicht entgegen (a. A. aber: LG Wiesbaden, Urteil vom 30.06.2017 – 5 O 126/16 -, juris Rn. 111). So ist schlicht nicht begründbar, weshalb ein Beschluss, der sich in Bezug auf das Gemeinschaftseigentum auf jede Abweichung des Istvom vertraglich geschuldeten Sollzustand bezieht, den Umfang der Übertragung nicht eindeutig und widerspruchsfrei umreißen sollte. Denn bei einer umfassen Übertragung bleiben gerade keine Zweifelsfragen bestehen.
Der generalisierende, potenziell bevorratende Vergemeinschaftungsbeschluss bringt zum Ausdruck, dass sich die Erwerber – soweit der Beschluss reicht – generell nicht aktiv an rechtlichen Auseinandersetzungen mit der Beklagten beteiligen, sondern der Weg eines koordinierten Vorgehens durch die Gemeinschaft gewählt wurde. Vorratsbeschlüsse, die eine Vielzahl gleichartiger Vorfälle abstrakt-generell regeln, sind dem Recht des Wohnungseigentums dabei keinesfalls fremd (z. B. Fritsch in Elzer/Fritsch/Meier, WEG, 3. Aufl., § 2 Rn. 418). Insbesondere müssen Eigentümerbeschlüsse sich nicht zwingend auf einen bestimmten Rechtsfall beziehen (BayObLG, Beschluss vom 10.08.2001 – 2 Z BR 21/01 -, abgedruckt in: ZWE 2001, 599, 600). So ist es unbedenklich, einem Verwalter im Voraus für einen bestimmten Kreis von Verfahren eine generelle Ermächtigung zu erteilen (BayObLG, Beschluss vom 11.08.2004 – 2Z BR 81/04 -, juris Rn. 19).
2. Die Klage ist auch in Bezug auf die Ansprüche auf Erstattung von Sachverständigenkosten und außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zulässig.
a. Als Grundlage für einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Erstattung dieser Kosten kommt lediglich das Schadensersatzrecht in Betracht. Mögliche vertragliche Ansprüche gemäß § 280 Abs. 1 BGB stehen nicht der Gemeinschaft, sondern den Eigentümern bzw. Erwerbern zu. Anders als beim „kleinen“ Schadensersatzanspruch handelt es sich dabei nicht um einen sekundären (Erfüllungs-)Anspruch, für den eine geborene Ausübungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft besteht (dazu: BGH, Urteil vom 24.07.2015 − V ZR 167/14 -, juris Rn. 9, Urteil vom 23.02.2006 – VII ZR 84/05 -, juris Rn 18 f.; auch: Müller in BeckOK, WEG, Stand 10/2021, § 9a WEG Rn. 213 f.; Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 9a Rn. 105).
b. Dass ein Schadensersatzanspruch auf Erstattung von Kosten zur Durchsetzung eines Rechts, das seinerseits keine einheitliche Rechtsverfolgung erfordert (vgl. hierzu oben), von § 9a Abs. 2, 2. Alt. WEG erfasst wäre, ist – weil einem solchen Ergebnis ein Widerspruch immanent wäre – nicht ersichtlich.
c. Eine ausdrückliche Ermächtigung der Wohnungseigentümergemeinschaft, Schadensersatzansprüche geltend zu machen, enthält der Beschluss der Erwerber vom 25.10.2018 (Anlage K16) zwar nicht (ebenso wenig wie der Beschluss vom 29.07.2021 – Anlage K18). Im Wege der Auslegung der letztlich erteilten Ermächtigung, „namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Fertigstellungs- und Mängelbeseitigungsansprüche aus den Bauträgerverträgen hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums“ durchzusetzen, ist diese aber gleichsam im Sinne eines Annexes auch auf die Geltendmachung von Ersatzansprüchen zu beziehen, soweit ein Schaden in Form von Rechtsverfolgungskosten entsteht. Das schließt die Kosten eines Sachverständigen mit ein. Denn Feststellungen dazu, ob oder in welchem Umfang Arbeiten ausstehen bzw. Mängel vorliegen, sind Voraussetzung für eine erfolgversprechende Rechtsdurchsetzung, mit welcher die „Hausverwaltung“ im Rahmen desselben Beschlusses gerade auch betraut wurde. Insofern ist zudem zu berücksichtigen, dass die Eigentümer bzw. Erwerber in der Folge ausdrücklich die „Verwaltung (…) bevollmächtigt und beauftragt [haben,] die Sachverständigen Herrn Sch und Herrn St. (ggfs. Architekten oder andere Sachverständige) zu beauftragen“.
d. Die Ersatzansprüche sind auch von den Abtretungen umfasst, die sich jeweils auf die „Ansprüche aus dem Bauträgervertrag, gleich aus welchem Rechtsgrund, hinsichtlich der vollständigen und mangelfreien Errichtung des Vertragsgegenstandes“ beziehen (Anlage K19.1, 19.2 und 19.3). Als empfangsbedürftige Willenserklärungen sind die Abtretungen so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (Ellenberger in Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 133 Rn. 9). Insofern ist insbesondere zu berücksichtigen, dass zum Zeitpunkt der Abtretung der Klageumfang bekannt war. Außerhalb des Erklärungsakts liegende Begleitumstände – wie die Entstehungsgeschichte – sind in die Auslegung von empfangsbedürftigen Willenserklärungen einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen und dem Erklärungsempfänger bekannt oder erkennbar waren (Ellenberger in Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 133 Rn. 15 f.).
3. Die Klage ist allerdings unzulässig, soweit die Klägerin die Feststellung verlangt, dass ihr von der Beklagten „die sonstigen Schäden zu ersetzen“ sind, die auf den (…) von den Sachverständigen (…) festgestellten Mängeln beruhen“. Im Übrigen ist der Feststellungsantrag zulässig.
a. Der Feststellungsantrag ist seinem Wortlaut nach im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Kostenvorschuss zu sehen, wodurch sich auch sein Bezug auf zukünftige „sonstige Schäden“ ergibt. Zudem steht die Bezeichnung als „sonstige Schäden“ einem Verständnis dahingehend entgegen, dass eine Pflicht der Beklagten zum Schadensersatz statt Leistung gemäß § 634 Nr. 4, §§ 636, 280, 281 BGB geltend gemacht werden soll.
b. Soweit es im Zuge der Fertigstellung oder Mängelbeseitigung zu einer Verletzung des gemeinschaftlichen Eigentums im Sinne von Substanzschäden kommt, ergibt sich eine Prozessführungsbefugnis der Klägerin ohne weiteres zwar aus § 9a Abs. 2, 1. Alt. WEG (BGH, Urteil vom 08.02.2019 – V ZR 153/18 -, juris Rn. 12; auch: Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 9a Rn. 99). Denkbar sind aber auch Folgeschäden am Sondereigentum oder in Form von Vermögensnachteilen für die einzelnen Eigentümer bzw. Erwerber (wie z. B. die Minderung von Mieten). Anders als bei den Kosten der Rechtsverfolgung besteht dabei aber kein unmittelbarer Zusammenhang mit der Rechtsdurchsetzung. Solche Schäden entstehen vielmehr gegebenenfalls anlässlich der Ersatzvornahme, mithin der Ausübung des durchgesetzten Rechts auf Herstellung. Sie betreffen damit die weitere Stufe auf dem Weg zur Mangelfreiheit.
Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass auch Ansprüche in Bezug auf derartige Folgeschäden von der Ermächtigung des Beschlusses vom 28.10.2018 oder vom 29.07.2021 erfasst sein sollen, lassen sich dem Wortlaut des jeweiligen Protokolls der Eigentümerversammlungen nach dem Sinn, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung ergibt, nicht entnehmen. Keiner der beiden Beschlüsse bezieht sich auf die eigentliche Fertigstellung bzw. Mangelbeseitigung.
c. Entsprechendes gilt für die Abtretungserklärungen. Auch wenn bei der Ermittlung von deren Bedeutungsgehalt nicht am Wortlaut zu haften ist, lässt sich ein Verständnis dahingehend nicht begründen, dass Ansprüche im Zusammenhang mit Folgeschäden, die über die Kosten einer Rechtsverfolgung hinausgehen, von der Abtretung erfasst sein sollen. Zum einen greift auch insofern das Argument, dass solche Schäden gegebenenfalls nur anlässlich „der vollständigen und mangelfreien Errichtung des Vertragsgegenstandes bezogen auf das sogenannte Gemeinschaftseigentum“ entstehen, also eine andere Ebene betreffen. Und zum anderen ist kein Interesse der Erwerber daran ersichtlich, etwaige zukünftige Ansprüche an die Wohnungseigentümergemeinschaft abzutreten, die ausschließlich ihre eigene Vermögenssphäre betreffen. Zur Realisierung des Zwecks der Abtretung, eine gemeinschaftliche Verfolgung der auf Fertigstellung bzw. Mängelbeseitigung gerichteten Ansprüche zu ermöglichen, ist eine Ausdehnung auf Ansprüche wegen etwaiger Folgeschäden nicht erforderlich.
d. Soweit eine Prozessführungsbefugnis der Klägerin nach dem Vorgesagten überhaupt in Betracht kommt, scheitert die Zulässigkeit des Feststellungsantrags betreffend „sonstige Schäden“, „die auf den (…) von den Sachverständigen (…) festgestellten Mängeln beruhen“, jedenfalls am fehlenden Feststellungsinteresse. Die bei einer Klage auf Feststellung der Ersatzpflicht für einen künftigen Schaden erforderliche Voraussetzung, dass ein Schaden tatsächlich droht (BGH, Urteil vom 25.02.2010 – VII ZR 187/08 -, juris Rn. 12; auch: Anders in Anders/Gehle, ZPO, 80. Aufl., § 256 Rn. 28), mithin eine aktuelle Gefährdung zu besorgen ist (Becker-Eberhard in Münchener Kommentar, BGB, 6. Aufl., § 256 Rn. 50), ist nicht erfüllt. Dies gilt selbst dann, wenn man hierfür die bloße Möglichkeit eines durch die Pflichtverletzungen verursachten Schadenseintritts genügen lassen wollte.
Grundsätzlich mag zwar per se eine gewisse Ungewissheit in Bezug auf Folgeschäden (welcher Art auch immer) bestehen, solange eine Mangelbeseitigung noch nicht abgeschlossen ist. Es ist aber nicht ersichtlich, dass bei verständiger Würdigung mit irgendwelchen Schäden infolge einer Mangelbeseitigung auch nur wenigstens zu rechnen ist (zu dieser Anforderung: BGH, Urteil vom 02.04.2014 – VIII ZR 19/13 -, juris Rn. 18; Urteil vom 09.01.2007 – VI ZR 133/06 -, juris Rn. 5). Dementsprechend verweist die Klägerin selbst nicht einmal auf eine nur abstrakte Möglichkeit für den Eintritt eines Schadens. Sie beschränkt sich vielmehr auf den Vortrag, dass „bei Durchführung der erforderlichen Tätigkeit die Mangelbeseitigungskosten insbesondere auch höher als geltend gemacht anfallen“ könnten (Seite 9 f. der Klage, Bl. 9 f. d. A.).
Unabhängig davon fehlt das Rechtsschutzinteresse aber auch schon deshalb, weil ein Schadensersatzanspruch vor der Entstehung eines ersten Schadens noch nicht entstanden ist und die Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 1 BGB noch nicht zu laufen begonnen hat (Becker-Eberhard in Münchener Kommentar, ZPO, 6. Aufl., § 256 Rn. 51).
e. Im Übrigen ist der Feststellungsantrag allerdings zulässig.
aa. Zur Prozessführungsbefugnis gelten die obigen Ausführungen betreffend den Klageantrag, die Beklagte zur Leistung eines Kostenvorschusses zu verurteilen, entsprechend.
bb. Soweit die Klägerin ihren Antrag auf die Kosten der Mängelbeseitigung bezieht, ist auch ein Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 ZPO gegeben. Zwar enthält die Verurteilung des Unternehmers zur Zahlung eines Vorschusses für eine umfassende Mängelbeseitigung zugleich die Pflicht zur Abrechnung und ist nicht auf einen bestimmten Höchstbetrag beschränkt. Ebenso ist neben der vom Besteller erhobenen Vorschussklage eine Feststellungsklage zum Zwecke der Verjährungsunterbrechung entbehrlich (BGH, Urteil vom 18.03.1976 – VII ZR 41/74 -, juris Rn. 12). Dadurch wird aber eine Feststellungsklage des Bestellers, dass der Unternehmer zum Ersatz auch der weiteren Nachbesserungskosten verpflichtet sei, nicht unzulässig. Denn ein rechtliches Interesse für eine neben einer Leistungsklage erhobene Feststellungsklage ist immer dann gegeben, wenn sich der anspruchsbegründende Sachverhalt (hier: die ausstehende Beseitigung der Mängel) zur Zeit der Klageerhebung noch in der Fortentwicklung befindet (Greger in Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 256 Rn. 7a m. w. N.). Der Besteller, der nicht zu überblicken vermag, ob der von ihm verlangte Vorschuss für die Mängelbeseitigung ausreicht, kann deshalb nicht gehindert werden, ergänzend die den Vorschuss übersteigende Kostentragungspflicht des Unternehmers feststellen zu lassen. Auch wenn eine solche Feststellung für die Unterbrechung der Verjährung unnötig erscheint, ist ein rechtliches Interesse des Bestellers daran doch zu bejahen (BGH, Urteil vom 20.02.1986 – VII ZR 318/84 -, juris Rn. 19; Urteil vom 15.06.1989 – VII ZR 14/88 -, juris Rn. 32; auch: Krause-Allenstein in ibr-online-Kommentar, Stand 11/2021, § 637 Rn. 82).
4. Der auf Herausgabe von Unterlagen gerichtete Klageantrag ist nur zulässig, soweit er sich auf die Abtretungen stützt. Im Übrigen ist er unzulässig.
a. Es liegt keine wirksame Ermächtigung der Klägerin zur Prozessführung in Prozessstandschaft vor.
aa. Die im Beschluss der Eigentümer bzw. Erwerber vom 28.10.2018 liegende Ermächtigung zur Geltendmachung von „Fertigstellungs- und Mängelbeseitigungsansprüchen“ erstreckt sich nicht auf die Herausgabe von baubezogenen Unterlagen. Sofern eine entsprechende Pflicht eines Bauträgers besteht, handelt es sich um eine leistungsbezogene Nebenpflicht im Sinne von § 241 Abs. 2 BGB (OLG Köln, Urteil vom 06.08.1999 – 19 U 176/98 -, juris Rn. 2; Urteil vom 23.02.2005 – 11 U 76/04 -, juris Rn. 4; OLG Stuttgart, Beschluss vom 25.01.2010 – 10 U 119/09 -, juris Rn. 4; OLG Rostock, Urteil vom 15.02.1995 – 2 U 59/94 -, abgedruckt in: NJW 1995, 1422; OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.05.1994 – 5 U 196/93 -, juris Rn. 33; auch: Stretz in ibr-online-Kommentar, Bauvertragsrecht, Stand 22/2021, § 650n Rn. 20). Denn es geht bei der Herausgabe von baubezogenen Unterlagen nicht um die Erbringung des eigentlichen Werkerfolgs. Vielmehr wird damit ein neben der geschuldeten Hauptleistung eigenständiger Zweck verfolgt. So dient eine nachträgliche Pflicht zur Herausgabe baubezogener Unterlagen der Sicherung des Werkerfolgs, mithin der Gewährleistung einer dauerhaften Nutzbarkeit.
Ob es sich auch dann um eine Nebenpflicht handelt, wenn sich ein Herausgabeanspruch aus § 650n BGB ergibt (dies bejahend: Retzlaff in Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 650n Rn. 3; Lenkeit in Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Aufl., § 650n Rn. 66; dies ablehnend: Stretz in ibr-online-Kommentar, Bauvertragsrecht, Stand 22/2021, § 650n Rn. 20; Busche in Münchener Kommentar, BGB, 8. Aufl., § 650n Rn. 1; Pause, BauR 2017, 430, 439), kann dahingestellt bleiben. Denn die Verträge der Beklagten mit den Erwerbern wurden vor dem 01.01.2018 geschlossen (Seite 5 des Schriftsatzes vom 24.02.2021, Bl. 49 d. A.). Die Regelung des § 650n BGB findet damit keine Anwendung, Art. 229 § 39 EGBGB.
bb. Ein hinreichender Ansatzpunkt dafür, dass sich der Beschluss vom 28.10.2018 auch auf eine eigenständige Nebenpflicht zur Herausgabe von baubezogenen Unterlagen erstreckt, findet sich im Protokoll der Eigentümerversammlung nicht. Er bezieht sich nach seinem Wortlaut vielmehr ausschließlich auf „Fertigstellungs- und Mängelbeseitigungsansprüche“, mithin auf die werkvertragliche Hauptleistungspflicht der Beklagten. Insbesondere werden die Gutachten der Sachverständigen Sch und St., die sich unter anderem auch mit ausstehenden baubezogenen Unterlagen befassen, nicht in Bezug genommen. Demgemäß entspricht es dem am nächsten liegenden Verständnis eines unbefangenen Betrachters, dass sich der Regelungsgehalt des Beschlusses auf die Ansprüche zur sachmängelfreien Herstellung des Werks beschränkt. Dabei mag es sein, dass – wie im Beschluss vom 29.07.2021 (Anlage K18, dort Seite 2) ausgeführt ist – die Eigentümer bzw. Erwerber unter der gewählten bzw. einer ähnlichen Formulierung auch „Ansprüche gegenüber dem Bauträger auf Übergabe von Unterlagen i[m] Zusammenhang mit der Errichtung des Bauwerks“ verstehen. Diese subjektive Vorstellung der an der Beschlussfassung Beteiligten ist aber für die gebotene normative Auslegung nicht relevant.
cc. Einer Ermächtigung der Klägerin zur Prozessführung durch den Beschluss vom 29.07.2021 steht § 9a Abs. 2 WEG entgegen, wonach den Wohnungseigentümern keine gekorene Ausübungsbefugnis mehr zusteht. Sie besitzen deshalb keine Entscheidungskompetenz mehr über die Vergemeinschaftung an sich den Wohnungseigentümern zustehender Rechte (Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 9a Rn. 135 a).
Zwar mag es sein, dass unter Umständen eine geborene Ausübungsbefugnis einer Wohnungseigentümergemeinschaft in Bezug auf einen Herausgabeanspruch gegeben sein kann (vgl.: OLG Stuttgart, Urteil vom 16.11.2016 – 3 U 98/16 -, juris Rn. 15, betreffend den Anspruch auf Herausgabe einer Schließkarte samt Schließplan für die Schließanlage eines Mehrfamilienhauses, weil es im Interesse aller Eigentümer liege, dass Nachschlüssel nicht durch jeden Wohnungseigentümer angefertigt werden könnten; kritisch dazu: Pause in Dammert/Lenkeit/Oberhauser/ Pause/Stretz, Das neue Bauvertragsrecht, Rn. 134). Dies gilt allerdings nicht generell (a. A. wohl: Müller in BeckOK, WEG, 47. Edition, § 9a Rn. 101; offengelassen in Bezug auf § 650n BGB: Lenkeit in Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Aufl., § 650n Rn. 71), wie beispielsweise nicht für einen Energieausweis (OLG Stuttgart, Urteil vom 16.11.2016 – 3 U 98/16 -, juris Rn. 12). Vielmehr stehen vom Grundsatz her die Ansprüche auf Herausgabe baubezogener Unterlagen jedem einzelnen Erwerber zu (Koeble in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl., Teil 10 Rn. 395 und 482; Pause in Dammert/Lenkeit/Oberhauser/Pause/Stretz, Das neue Bauvertragsrecht, Rn. 134).
Der Entzug der materiellen Ausübungsbefugnis mit der Folge des Verlusts auch der Prozessführungsbefugnis bei vertraglich begründeten Individualrechten stellt einen gravierenden Eingriff in die Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG) dar, die auch verbürgt, dass eigene Rechte grundsätzlich selbst ausgeübt und prozessual durchgesetzt werden können. Auch als Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft können dem Wohnungseigentümer diese Befugnisse gegen seinen Willen nicht ohne weiteres entzogen werden. Vor diesem Hintergrund kann die Erforderlichkeit einer einheitlichen Rechtsverfolgung nur bejaht werden, wenn schutzwürdige Belange der Wohnungseigentümer oder des Schuldners an einer einheitlichen Rechtsverfolgung das grundsätzlich vorrangige Interesse des Rechtsinhabers, seine Rechte selbst und eigenverantwortlich auszuüben und prozessual durchzusetzen, deutlich überwiegen (BGH, Urteil vom 24.07.2015 – V ZR 167/14 -, juris Rn. 12 f.). Dass dies hinsichtlich der herausverlangten Unterlagen der Fall wäre, legt die Klägerin weder dar noch erschließt sich dies. Insbesondere ist kein Grund ersichtlich, weshalb die einzelnen Erwerber bzw. Eigentümer vom Zugriff auf diese Unterlagen ausgeschlossen werden sollten. Eine gemeinschaftliche Rechtsverfolgung mag sinnvoll sein. Dies reicht für die Annahme einer geborenen Ausübungsbefugnis indes gerade nicht aus.
dd. Eine Wohnungseigentümergemeinschaft kann zwar unter Umständen auch nur von einzelnen Eigentümern rechtsgeschäftlich ermächtigt werden, einen ihnen zustehenden Individualanspruch im Wege gewillkürter Prozessstandschaft durchzusetzen (BGH, Urteil vom 12.04.2007 – VII ZR 236/05 -, juris Rn. 24). Hierzu sind aber individuelle Aufträge und Vollmachten erforderlich, falls der Eigentümerversammlung die erforderliche Beschlusskompetenz für eine Vergemeinschaftung fehlt (dazu: BGH, Urteil vom 10.07.2015 – V ZR 169/14 -, juris Rn. 5). Selbst wenn – wie nicht – sämtliche Eigentümer dem Beschluss vom 29.07.2021 zugestimmt hätten, wäre in der Eigentümerversammlung eine Abstimmung im Gremium erfolgt und damit gerade nicht eine individuelle Ermächtigung einzelner Eigentümer, welche jeweils gesondert hätte ausgesprochen werden müssen (OLG Stuttgart, Urteil vom 16.11.2016 – 3 U 98/16 -, juris Rn. 12).
b. Unter Berücksichtigung der Ausführungen im Beschluss vom 29.07.2021 sind aber die Ansprüche der jeweiligen Zedenten auf Herausgabe baubezogener Unterlagen als von den Abtretungen mit umfasst anzusehen. Denn dort ist ausgeführt: „Unter den zustehenden Restherstellungs- bzw. Mängelansprüchen versteht die Wohnungseigentümergemeinschaft auch solche Ansprüche gegenüber dem Bauträger auf Übergabe von Unterlagen, i[m] Zusammenhang mit der Errichtung des Bauwerks.“ Der Empfängerhorizont der Klägerin war demgemäß bekannt.
II. Entsprechend den Hilfsanträgen der Parteien ist die Sache auf der Grundlage von § 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO an das Landgericht Nürnberg-Fürth zurückzuverweisen, soweit die Klage (teilweise) zu Unrecht als unzulässig abgewiesen wurde. Eine eigene Sachentscheidung des Senats gemäß § 538 Abs. 1 ZPO kommt insofern nicht in Betracht.
1. Ein zur Aufhebung und Zurückverweisung berechtigendes Prozessurteil im Sinne von § 528 Abs. 2 Nr. 3 ZPO liegt auch dann vor, wenn – wie es hier infolge der Abtretungen zumindest teilweise der Fall war – ein Zulässigkeitshindernis erst während des Berufungsverfahrens behoben worden ist (OLG Köln, Urteil vom 01.09.2021 – 22 U 171/18 -, juris Rn. 61; Ball in Musielak/Voit, ZPO, 18. Aufl., § 538 Rn. 25; Kostuch in Kern/Diehm, ZPO, 2. Aufl., § 538 Rn. 16). Nicht maßgeblich ist, ob das abweisende Prozessurteil auf abgesonderte Verhandlung nach § 280 Abs. 1 ZPO hin ergangen ist (BGH, Urteil vom 03.031958 – III ZR 157/56 -, abgedruckt in NJW 1958, 747, 748; Ball in Musielak/Voit, ZPO, 18. Aufl., § 538 Rn. 20; Göertz in Anders/Gehle, ZPO, 80. Aufl., § 538 Rn. 11; Kostuch in Kern/Diehm, ZPO, 2. Aufl., § 538 Rn. 13; a. A.: Rimmelspacher in Münchener Kommentar, ZPO, 6. Aufl., § 538 Rn. 57).
2. Ein Antrag auf Zurückverweisung kann hilfsweise, nämlich unter der Bedingung, dass das Berufungsgericht die Voraussetzungen für ein „Durchentscheiden“ nicht als gegeben ansieht (Rimmelspacher in Münchener Kommentar, ZPO, 6. Aufl., § 538 Rn. 29), gestellt werden (BGH, Urteil vom 15.11.2018 – III ZR 69/17 -, juris Rn. 10; OLG Frankfurt, Urteil vom 13.06.2003 – 5 U 159/02 -, juris Rn. 20; OLG Koblenz, Urteil vom 31.05.2007 – 5 U 123/07 – juris Rn. 7; auch: Heßler in Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 538 Rn. 56).
3. Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif; es bedarf weiterer Sachaufklärung.
a. Obwohl eine Abnahme noch nicht erfolgt ist, können die Erwerber einen Vorschuss auf die erforderlichen Aufwendungen für die Beseitigung von Mängeln – wenn solche entsprechend der Behauptung der Klägerin vorliegen – gemäß § 634 Abs. Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB verlangen.
aa. An die Feststellung des Landgerichts, dass eine förmliche Abnahme des Gemeinschaftseigentums nicht stattgefunden hat, mithin auch nicht im Rahmen des Termins am 15.08.2018, ist der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden. Soweit die für die Abnahme darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (Küpper in Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, 4. Aufl., § 640 BGB Rn. 3) das Vorbringen der Klägerin bestritten hat, dass keine Abnahme hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums stattgefunden habe, fehlt es bereits am Sachvortrag, aus dem sich das Gegenteil ergibt. Die Behauptung unter Antritt von Sachverständigenbeweis, dass mangels wesentlicher Mängel bereits bei der Begehung am 15.08.2018 (Seite 3 der Klageerwiderung, Bl. 24 d. A.), spätestens aber bei der Begehung am 15.01.2020 (Seite 19 der Klageerwiderung, Bl. 40 d. A.) eine Abnahmepflicht bestanden habe, betrifft ausschließlich die Abnahmefähigkeit.
bb. Die Mängelrechte nach § 634 BGB stehen dem Besteller grundsätzlich erst nach Abnahme des Werks zu (BGH, Urteil vom 19.01.2017 – VII ZR 193/15 -, juris Rn. 25). Erst wenn er nicht mehr die (Nach-)Erfüllung des Vertrags verlangen kann und das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist, kann er berechtigt sein, Mängelrechte nach § 634 Nr. 2 – 4 BGB auch ohne Abnahme geltend zu machen (BGH, Urteil vom 19.01.2017 – VII ZR 235/15 -, juris Rn. 45). Allein das Verlangen eines Vorschusses für die Beseitigung eines Mangels im Wege der Selbstvornahme genügt dafür zwar nicht. Denn das Recht zur Selbstvornahme und der Anspruch auf Kostenvorschuss lassen den Erfüllungsanspruch (§ 631 BGB) und den Nacherfüllungsanspruch (§ 634 Nr. 1 BGB) unberührt. Ein Abrechnungsverhältnis entsteht indes, wenn der Besteller ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck bringt, unter keinen Umständen mehr mit dem Unternehmer, der ihm das Werk als fertiggestellt zur Abnahme angeboten hat, zusammenarbeiten zu wollen. Weil die verbleibenden Rechte des Bestellers damit ausschließlich auf Geld gerichtet sind, entsteht ein Abrechnungs- und Abwicklungsverhältnis; der Besteller kann nicht mehr zum (Nach-)Erfüllungsanspruch gegen den Unternehmer zurückkehren (BGH, Urteil vom 19.01.2017 – VII ZR 301/13 -, juris Rn. 47 f.).
Eine entsprechende Konstellation ist im vorliegenden Fall gegeben. So hat die Klägerin gegenüber der Beklagten in ihrem Schreiben vom 07.08.2020 unmissverständlich mitgeteilt, dass sie „ab sofort keine weiteren Mangelbeseitigungs- und Restfertigstellungsarbeiten am Vertragsgegenstand mehr zulässt“ und „die noch ausstehenden Restfertigstellungs- und Mangelbeseitigungsarbeiten nunmehr (…) selbst beseitigen“ werde (Anlage K14.1). Hierauf hat sich die Klägerin in der Klageschrift auch explizit berufen (Seite 7, Bl. 7 d. A.).
cc. Zur Beseitigung der Mängel hatte die Klägerin die Beklagte zuvor mit Schreiben vom 03.12.2018 (Anlage K5) sowie mit Schreiben vom 02.04.2020 (Anlage K12) jeweils in Sinne von § 637 Abs. 1 BGB unter Setzung einer Frist zur Nacherfüllung aufgefordert.
dd. Die Klägerin behauptet eine Vielzahl von Mängeln.
Unter Berücksichtigung des Feststellungsantrags ergibt sich bereits aus der Klageschrift, dass die Klägerin sich in Bezug auf ihre Mangelbehauptung auf die (Privat-)Gutachten der Sachverständigen Sch vom 15.01.2020 (Anlage K10.2) und St. vom 05.02.2020 (Anlage K10.4, wobei ebenfalls eine Begehung am 15.01.2020 zugrunde liegen soll) stützt (Seite 6 der Klage, Bl. 6 d. A.) und welche der darin enthaltenen Mängel sie geltend macht. Letzteres folgt insbesondere auch mittelbar aus einer Zusammenschau mit dem (Privat-)Gutachten des Sachverständigen E. vom 21.06.2020 zur Kostenschätzung, auf das sich die Klägerin ebenfalls bezieht (Seite 8 der Klage, Bl. 8 d. A.).
Sieht man dies – wie wohl das Landgericht (vgl. den Hinweis auf Seite 2 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 21.04.2021, Bl. 53 d. A.) ‒ angesichts der Bezugnahmen und erforderlichen Rückschlüsse nicht als ausreichend an, so hat die Klägerin jedenfalls mit dem nachgelassenen Schriftsatz vom 02.06.2021 (dort Seite 5 ff., Bl. 60 ff. d. A) ausreichend vorgetragen und im Rahmen dessen – zumindest zum Großteil – auch offene Aussagen in den Sachverständigengutachten im Sinne einer Mangelbehauptung konkretisiert. An Letzterem fehlt es allenfalls noch in Bezug auf die Mängel laut Gutachten Sch. vom 15.01.2020 (Anlage K10.2) mit den Nummern 8, 47, 49 und 50, wobei die Klägerin für die Mängel mit den Nummern 49 und 50 keinen Vorschuss geltend macht. Jedenfalls findet sich in der Kostenschätzung des Sachverständigen E. (dort Seite 9 f.) hierzu kein Ansatz. Das gilt auch in Bezug auf den Mangel mit der Nummer 27 laut dem Gutachten Sch. und dem Mangel mit der Nummer 44 laut dem Gutachten St. Hinsichtlich des Mangels mit der Nummer 22 laut dem Gutachten Sch. sind zwar zumindest für Teile der Mängelbehauptung (Fallschutz, fehlende Betoneinfassung) Kosten eingestellt. Soweit sich aus der Kostenschätzung des Sachverständigen E. (dort Seite 5) ergibt, dass die „Spielgeräte (…) mittlerweile vorhanden“ sein sollen, und es zudem in der Anmerkung im (Privat-)Gutachten des Sachverständigen Sch vom 15.01.2020 (dort Seite 6) heißt, es bestehe Einvernehmen, dass „die Fläche [des Spielplatzes] den Vorgaben der Bauordnungsbehörden entsprechen würde“, ist der Widerspruch zur Mangelbehauptung im Schriftsatz vom 02.06.2021 (dort Seite 7, Bl. 63 d. A.) aber aufklärungsbedürftig.
Soweit es in einigen Fällen noch am erforderlichen Vortrag der Klägerin zur vertraglich geschuldeten Sollbeschaffenheit fehlt (so hinsichtlich der Mängel Nummer 3, 21, 29 und 40 laut dem Gutachten Sch. und Nummer 45 laut dem Gutachten St.), ist der Klägerin im Hinblick auf § 139 ZPO Gelegenheit zum weiteren Sachvortrag zu geben. So trägt die Darlegungs- und Beweislast für die vereinbarte Beschaffenheit – unabhängig von der Abnahme – der Besteller als Anspruchsteller (BGH, Urteil vom 06.10.2016 – VII ZR 185/13 -, juris Rn. 17 zu einer Beschaffenheitsvereinbarung; OLG Stuttgart, Urteil vom 09.01.2018 – 10 U 93/17 -, juris Rn. 76; Moufang/Koos in Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Aufl., § 634 BGB Rn 88; Kober in BeckOGK, BGB, Stand 10/2021, § 634 Rn. 887; 6; Peters in Staudinger, BGB, Bearbeitung 2019, § 633 Rn. 191; Schwenker/Rodemann in Erman, BGB, 16. Aufl., § 633 Rn. 20; Jurgeleit in ibr-online-Kommentar, Bauvertragsrecht, Stand 11/2021, § 633 Rn. 71). Dabei ist es ist nicht Aufgabe eines Gerichts, sich notwendigen Sachvortrag selbständig aus Anlagen zu erschließen.
ee. Die Darlegungs- und Beweislast, dass vom Besteller behauptete Mängel nicht vorliegen, trägt der Werkunternehmer. Dies gilt auch dann, wenn der Besteller – wie im vorliegenden Fall – vor der Abnahme Mängelansprüche geltend macht (BGH, Urteil vom 23.10.2008 – VII ZR 64/07 -, juris Rn. 14). In Bezug auf den von der Beklagten angetretenen Sachverständigenbeweis (Seite 3 der Klageerwiderung, Bl. 24 d. A.) besteht im Rahmen von § 139 ZPO teilweise Aufklärungsbedarf.
(1) Sofern die Beklagte zu den Mängelbehauptungen der Klägerin in der Klageerwiderung vom 07.01.2021 (dort ab Seite 6, Bl. 27 ff. d. A.) Stellung genommen hat (nicht zu den Nummern 4 – 7, 9, 19, 23, 29, 34, 42, 43, 45, 48, 52, 55 – 58 laut dem Gutachten Sch. sowie zu den Mängeln mit den Nummern 7 und 23 laut dem Gutachten St.), verweist sie weitestgehend auf ein Schreiben vom 16.12.2019 (Anlage B1 und Anlage K7), nach dem der jeweils gerügte Mangel (angeblich) bereits beseitigt worden sein soll. Angesichts dessen, dass die Feststellungen im Gutachten des Sachverständigen Sch auf einer Begehung am 15.01.2020 beruhen sollen (Seite 2 und 3 der Anlage K10.2) und diejenigen des Sachverständigen St. auf Ortsterminen am 15.01.2020 und 29.01.2020, ist dieses Vorbringen jedenfalls bis als Weiteres als Behauptung dahingehend zu verstehen, dass die Feststellungen der Sachverständigen falsch seien.
(2) Ob die Beklagte darüber hinaus generell die Mangelfreiheit des Gemeinschaftseigentums behauptet, also auch in Bezug auf die Mängel, zu denen sie bislang nicht Stellung genommen hat, ist unklar. So führt sie zwar einerseits aus, dass sich die „noch bestehenden Mängel (…) ausschließlich aus der Mängelfreimeldung vom 16.12.2016 (…) und de[m] Gutachten[…] des Architekten Martin Förster vom 24.08.2020“ ergäben (Seite 5 der Klageerwiderung, Bl. 26 d. A.). Zudem sollen „bereits die geltend gemachten Mängel in dem wie von der Klägerin dargestellten Umfang nicht bestehen“. Anderseits sollen nach der „Mängelfreimeldung vom 16.12.2016“ (Anlage B1 und Anlage K7) letztlich gar keine Mängel mehr vorhanden sein. Ein Gutachten vom 24.08.2020 (vgl. dazu Seite 5 der Klageerwiderung, Bl. 26 d. A.) hat die Beklagte dabei bislang nicht vorgelegt.
(3) Auch soweit die Beklagte im Rahmen ihrer Stellungnahme vereinzelt ergänzend auf Anlagen Bezug nimmt (so zu den Mängeln Nummer 3, 47 und 59 laut dem Gutachten Sch.), wurden diese nicht zur Akte gereicht. Es erschließt sich derzeit nicht, was sich daraus ergeben soll. Darüber hinaus ist bislang nicht nachvollziehbar, weshalb Mängel mit irgendeinem „Ablösebetrag“ abgegolten sein sollen (so die Beklagte aber zu den Mängeln Nummer 11 bis 13 und 18 laut dem Gutachten Sch. sowie zu den Mängeln Nummer 43 bis 45 laut dem Gutachten St.). Schließlich hat die Klägerin – entgegen der Vorstellung der Beklagten zu einzelnen Mängeln (so zu den Mängeln Nummer 27, 50 und vor allem 61 laut dem Gutachten Sch.) – ihre Mängelbehauptung mit Schriftsatz vom 02.06.2021 konkretisiert (wobei es in Bezug auf die Mängel Nummer 27 und 50 allerdings an einem Ansatz von Beseitigungskosten fehlt) und keinesfalls auf eine Nachbesserung verzichtet. Hierzu hat sich die Beklagte bislang noch nicht erklärt.
b. In welchen Umfang Kosten der Sachverständigengutachten zu ersetzen sind, lässt sich auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstands nicht bestimmen. Auch insoweit liegt keine Entscheidungsreife vor.
aa. Die Kosten für Sachverständigengutachten können als (enger) Mangelfolgeschaden im Sinne eines Schadensersatzanspruchs neben der Leistung gemäß § 280 Abs. 1 BGB zu ersetzen sein (OLG Stuttgart, Urteil vom 25.05.2011 – 9 U 122/10 -, abgedruckt in: NZBau 2011, 617, 618; OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.08.2013 – 22 U 4/13 -, BeckRS 2013, 21853; Kober in BeckOGK, BGB, Stand 10/2021, § 636 Rn. 294; Busche in Münchener Kommentar, BGB, 8. Aufl., § 634 Rn. 60). Mangels Abnahme kommt im vorliegenden Fall ein Anspruch unmittelbar aus § 280 Abs. 1 BGB in Betracht, und zwar in Bezug auf den Herstellungsanspruch. Denn die Beklagte hat sich nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand in Verzug mit der Fertigstellung befunden; die Voraussetzungen des § 286 BGB waren gegeben. Selbst wenn man in den Sachverständigenkosten keinen Verzögerungsschaden im Sinne von § 280 Abs. 2 BGB sehen sollte, weil sie nicht durch den Verzug bedingt sind, würde im Verzug die anspruchsbegründende Pflichtverletzung liegen.
Soweit die Beklagte den Vortrag der Klägerin, eine vollständige Fertigstellung sei gemäß der entsprechenden Vereinbarung mit allen Erwerbern bis 31.03.2018 geschuldet gewesen (Seite 4 der Klage, Bl. 4 d. A.), mit Nichtwissen bestritten und eine Vorlage der Verträge zur Prüfung gefordert hat (Seite 3 der Klageerwiderung, Bl. 24 d. A.), ist dies unbeachtlich, weil die Voraussetzungen des § 138 Abs. 4 ZPO nicht gegeben waren. Eine Einsichtnahme in die eigenen Verträge ist zumutbar. Es besteht eine Informationspflicht hinsichtlich solcher Unterlagen, die einer Partei in Urschrift oder Abschrift vorliegen (BGH, Beschluss vom 28.03.2019 – I ZR 179/18 -, juris Rn. 19).
Der Einwand der Beklagten, sie habe die Verzögerung nicht zu vertreten, „weil Arbeiten am Vertragsgegenstand witterungsbedingt nicht durchgeführt werden konnten“ (Seite 19 der Klageerwiderung, Bl. 40 d. A.), ist zum einen nicht hinreichend substantiiert, um die Verschuldensvermutung des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB zu widerlegen. So bleibt vollkommen offen, aufgrund welcher Witterungsverhältnisse welche Arbeiten nicht ausführbar gewesen sein sollen. Und zum anderen bietet die Beklagte keinen Beweis an.
bb. Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenkosten ist, dass sie für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendig sind. Die Gutachten müssen dazu dienen und erforderlich sein, den Mangel (hier im Sinne eines unerfüllten Herstellungsanspruchs) nach Verursachung und Ausmaß zu erfassen und die Durchsetzung der Mängelrechte vorzubereiten oder im Falle eines Prozesses zu erleichtern (Jurgeleit in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl., Teil 5 Rn. 318). Inwieweit dies in Bezug auf die streitgegenständlichen Sachverständigengutachten zutrifft, ist bislang offen.
Welche Mängelbehauptungen der Klägerin richtig sind, bedarf der Klärung. Hinzukommt, dass sich die Vorschussforderung nicht auf alle Mängel stützt, die in den letzten beiden Gutachten der Sachverständigen Sch (Anlage K10.2) und St. (Anlage K10.4) beschrieben werden. Für die Erstattungsfähigkeit wird es zwar regelmäßig unschädlich sein, wenn sich im Nachhinein einzelne Feststellungen im Privatgutachten später als falsch herausstellen, solange sich diese noch ex ante als durch den Mangel verursacht dargestellt haben (Kober in BeckOGK, BGB, Stand 1/2022, § 636 Rn. 297). Auch könnten die Erwerber bzw. die Klägerin berechtigt gewesen sein, das Bauwerk umfassend auf Mängel untersuchen zu lassen, nachdem bereits eine Vielzahl von Mängeln sichtbar geworden war (OLG Stuttgart, Urteil vom 25.05.2011 – 9 U 122/10 -, juris Rn. 71). Die Klägerin verhält sich aber nicht dazu, was mit den übrigen Mängeln „passiert“ ist. Sie führt darüber hinaus nichts Näheres zu den Mängeln aus, die in den ersten beiden Gutachten vom 15.08.2018 (Anlage K4.4 und K4.5) genannt sind. Insbesondere bleibt offen, inwieweit diese mit den Mängeln gemäß den letzten beiden Gutachten deckungsgleich sind. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, dies anhand eines mühsamen Abgleichs herauszufinden.
cc. Dass die Kosten „seitens der Eigentümergemeinschaft getragen“ wurden (Seite 9 der Klage, Bl. 9 d. A.), steht einer Begründetheit der Klage nicht entgegen. Ein Schaden der einzelnen Eigentümer bzw. Erwerber kommt im Hinblick auf einen Erstattungsanspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft infolge eines Auftrags gemäß § 670 BGB bzw. – soweit die Sachverständigen vor dem Beschluss vom 22.08.2018 tätig geworden sind – zumindest infolge einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß § 683 Satz 1, § 670 BGB in Betracht. Für diesen Erstattungsanspruch haften die Eigentümer bzw. Erwerber als Gesamtschuldner, § 421 BGB.
c. Vor einer Entscheidung darüber, ob und inwieweit ein Anspruch der Klägerin auf Herausgabe der Unterlagen besteht, ist ihr im Hinblick auf § 139 ZPO Gelegenheit zur Stellungnahme und damit zur Ergänzung ihres Sachvortrags zu geben.
aa. Soweit die Klägerin die Herausgabe eines Nachweises der Barrierefreiheit sowie über die Ersatzpflanzung von acht Bäumen verlangt, steht dies im Widerspruch dazu, dass sie insoweit auch einen Vorschuss für die Kosten einer Mangelbeseitigung im Wege der Ersatzvornahme geltend macht (Mängel mit den Nummern 3 und 40 laut dem Gutachten Sch.). Dies ist erklärungsbedürftig.
bb. Soweit die Klägerin die Herausgabe von „Unternehmererklärungen zu den Gewerken mit Auswirkungen auf den Brandschutz sowie die Vorschriften der Energieeinsparverordnung“ verlangt, mangelt es bereits an der gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erforderlichen Bestimmtheit des Antrags (zu den Anforderungen im Einzelnen: BGH, Urteil vom 09.03.2021 – VI ZR 73/20 -, juris Rn. 15). Weil weder die Aussteller der Unternehmerklärung benannt noch die Gewerke bezeichnet werden, wird der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) nicht absteckt. Überdies hätte ein zusprechendes Urteil keinen vollstreckungsfähigen Inhalt.
Entsprechendes gilt, soweit die Klägerin einen „Nachweis über die Einhaltung der Bauregellisten“ fordert, ohne weiter zu spezifizieren, auf welche Bauprodukte und/oder -arten sich dies im Einzelnen beziehen soll.
cc. Ob und unter welchen Voraussetzungen ein Bauträger (vor Anwendbarkeit des § 650n BGB) baubezogene Unterlagen an die Käufer herausgeben muss, ist im Einzelnen umstritten (zum Meinungsstand: OLG Köln; Urteil vom 13.05.2015 – 11 U 96/14 -, BeckRS 2015, 12572 Rn. 18; auch: Merkle in BeckOGK, BGB, Stand 1/2022, § 650n Rn. 9 f.).
Nach Auffassung des Senats besteht eine vertragliche Nebenpflicht der Beklagten als Bauträgerin, an die Erwerber die für die Nutzung des Objekts notwendigen Unterlagen herauszugeben, mithin eine Sicherung des geschuldeten und seinem Wesen nach auf Dauer angelegten Leistungserfolgs zu ermöglichen. In diesem Umfang besteht angesichts des Vertragszwecks auch ohne weiteres ein berechtigtes Interesse des Erwerbers. Demgemäß mag – falls eine Baugenehmigung überhaupt erforderlich ist – ein Anspruch auf deren Herausgabe bestehen, weil die Baugenehmigung Voraussetzung für eine vertragszweckentsprechende Nutzung des Bauwerks ist.
Darüber hinaus ist – soweit es keine ausdrückliche Regelung gibt (anders z. B. in Bezug auf den Energieausweis gemäß § 16 Abs. 2 EnEV 2014, vgl. OLG Köln, Urteil vom 13.05.2015 – 11 U 96/14 – BeckRS 2015, 12572 Rn. 19,) – indes ein besonderes, konkret begründetes Interesse erforderlich (dies generell fordernd: OLG München, Urteil vom 15.10.1991 – 9 U 2958/91 -, BeckRS 1991, 31008492). Hierzu trägt die Klägerin bislang nichts hinreichend Konkretes vor. Insbesondere erschließt sich in Bezug auf die geforderten Unterlagen nicht von selbst, weshalb diese für eine Wartung und Instandhaltung oder im Hinblick auf potenzielle künftige Änderungen relevant sein sollen. Eine Verpflichtung des Bauträgers, Unterlagen nur deshalb vorzulegen, weil sich anhand dieser die Mangelfreiheit seiner Leistung nachvollziehen lässt, besteht gerade nicht (Koeble in Kniffka/ Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl., Teil 10 Rn. 395).
Aus § 14 TrinkwV ergibt sich zwar eine Untersuchungspflicht auf Legionellen. Zentrale Warmwasseranlagen in Wohnhäusern müssen allerdings regelmäßig auf Legionellen untersucht werden. Vor diesem Hintergrund ist zu fordern, dass die Klägerin weiter zu einem fortbestehenden berechtigten Interesse an den geforderten Untersuchungsergebnissen ausführt.
Entsprechendes gilt, sofern die Klägerin den Nachweis über die Einhaltung der Bauregellisten verlangt. Gemäß Art. 77 Abs. 5 BayBO sind im Rahmen der Bauüberwachung zwar unter anderem jederzeit Einblick in die Genehmigungen, Zulassungen, Prüfzeugnisse, Übereinstimmungszertifikate, Zeugnisse und Aufzeichnungen über die Prüfungen von Bauprodukten, in die CE-Kennzeichnungen und Leistungserklärungen nach der Verordnung (EU) Nr. 305/2011 zu gewähren. Die Vorschrift regelt aber lediglich die Überwachung des Baugeschehens durch die Bauaufsichtsbehörden (Grünewald in BeckOK, Bauordnungsrecht Bayern, 21. Edition, Art. 77 BayBO Rn. 3; König in Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl., Art. 77 Rn. 1; Wolf in Busse/Kraus, BayBO, Stand 9/2021, Art. 77 Rn. 14). Die Vorschrift richtet sich überdies an den Bauträger als Bauherrn (zur Definition: Würfel in Busse/Kraus, BayBO, Stand 9/2021, Art. 50 Rn. 7).
Und die Einhaltung der Anforderungen an den Brand- und Schallschutz ist gemäß Art. 62 Abs. 1 BayBO – wenn überhaupt (dazu: Shirvani in Busse/Kraus, BayBO, Stand 9/2021 Art. 62 Rn. 40) – zunächst einmal nur im Genehmigungsverfahren nachzuweisen (falls ein solches erforderlich ist). Nur im Rahmen von diesem sind gegebenenfalls entsprechende bautechnische Nachweise zu erbringen.
dd. Richtig ist, dass sich eine vertragliche Herausgabepflicht mittelbar aus der geschuldeten Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik ergeben kann (OLG Rostock, Urteil vom 15.02.1995 – 2 U 59/94 -, abgedruckt in NJW-RR 1995, 1422). Denn die DIN-Vorschriften, welche die Vermutung in sich tragen, den Stand der allgemein anerkannten Regeln der Technik wiederzugeben (BGH, Urteil vom 24.05.2013 – V ZR 182/12 -, juris Rn. 25), sehen mitunter Dokumentationspflichten vor. Entsprechendes gilt in Bezug auf andere schriftlich abgefasste technische Regelwerke (Koenen in BeckOK, VOB/B, 45. Edition, § 13 Rn. 21; Busche in Münchener Kommentar, BGB, 8. Aufl., § 633 Rn. 18).
Eine Herausgabepflicht der Beklagten kann insbesondere im Hinblick darauf begründet sein, dass die Parteien der Bauträgerverträge ausdrücklich vereinbart haben, dass „[a]lle Gewerke (…) nach den im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung allgemein anerkannten Regeln der Baukunst und Bautechnik zu erbringen“ sind, sich deren Maßgeblichkeit mithin nicht nur daraus ergibt, dass ein für den vertraglich vorausgesetzten, d. h. den vom Besteller beabsichtigten und dem Unternehmer bekannten Gebrauch, hilfsweise ein für den gewöhnlichen, d. h. den nach Art des Werks üblichen Gebrauch, funktionstaugliches und zweckentsprechendes Werk geschuldet ist (BGH, Urteil vom 09.07.2002 – X ZR 242/99 -, juris Rn. 11). Denn dann wären die anerkannten Regeln der Technik nur einzuhalten, soweit sie die geschuldete Gebrauchstauglichkeit gewährleisten (Jurgeleit in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl., Teil 5. Rn. 53), was bei baubezogenen Unterlagen keinesfalls zwingend erscheint.
Die Klägerin trägt bislang aber weder vor noch legt sie dar, welche (Dokumentations-)Verpflichtungen sich aus diesen technischen Regelwerken ergeben. Es bleibt zudem offen, was genau die „Dokumentation in Anlehnung an die WU-Richtlinie“ und der „Nachweis nach den technischen Regeln für die Verwendung von absturzsichernden Verglasungen (TRAV) für bodentiefe Fenster“ umfassen soll.
4. Der Senat sieht eine Zurückverweisung als sachgerecht an und übt sein durch § 538 Abs. 2 ZPO eingeräumtes Ermessen dahingehend aus.
Der Prozess ist weit von einer Entscheidungsreife entfernt. Zu etlichen Punkten ist – wie oben dargestellt – den Parteien im Hinblick auf § 139 ZPO Gelegenheit zu geben, sich weiter zu erklären bzw. Stellung zu nehmen. Unabhängig davon ist bereits auf der Grundlage des bisherigen Parteivorbringens eine umfangreiche und aufwendige Beweisaufnahme durchzuführen. So ist in Bezug auf jedenfalls weit über 20 Mängelbehauptungen der Klägerin ein Sachverständigengutachten betreffend verschiedenste Gewerke (nämlich unter anderem Putz-, Pflaster-, Spengler-, Schlosser-, Glaser-, Schreiner-, Maurer-, Abdichtungs- und Isolierarbeiten) einzuholen, wobei insbesondere die streitige Frage, ob – in Abhängigkeit von der konkreten Ausführungsart – eine funktionstüchtige Abdichtung der Bodenplatte der Tiefgarage samt aufgehende Bauteile vorliegt, eine höchst aufwendige Begutachtung erwarten lässt.
In Anbetracht dessen sind die Nachteile, die aus der Zurückverweisung resultieren, insbesondere die Verzögerung und Verteuerung des Rechtsstreits, ausnahmsweise in Kauf zu nehmen. Bei der Wertung des Interesses der Klägerin, in angemessener Zeit einen Vollstreckungstitel zu erhalten, ist dabei auch zu berücksichtigen, dass das Verfahren den nunmehrigen Verfahrensstand relativ zügig erreicht hat.
Dass der Zurückverweisung schützenswerte Interessen der Parteien entgegenstehen, ist nicht ersichtlich. Insbesondere haben beide Parteien übereinstimmend zumindest hilfsweise einen entsprechenden Antrag gestellt (zur Regelfolge einer überstimmend von den Parteien angeregten Zurückverweisung: Rimmelspacher in Münchener Kommentar, ZPO, 6. Aufl., § 538 Rn. 76).
III. Soweit die Klage (nach wie vor) unzulässig ist, war die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Betrifft der Zurückverweisungsgrund nur einen abtrennbaren Teil des Rechtsstreits oder ist nur hinsichtlich eines solchen Teils eine erneute oder weitere Verhandlung in der ersten Instanz erforderlich, ist die teilweise Zurückverweisung der Sache durch das Berufungsgericht an das erstinstanzliche Gericht nur unter der Voraussetzung zulässig, dass über den zurückverwiesenen Teil des Rechtsstreits in zulässiger Weise auch durch Teilurteil gemäß § 301 ZPO hätte entschieden werden können (BGH, Urteil vom 13.07.2011 – VIII ZR 342/09 -, juris Rn. 26; Urteil vom 12.04.2016 – XI ZR 305/14 -, juris Rn. 28).
Dies ist hier der Fall. Eine Gefahr sich widersprechender Entscheidungen ist nicht gegeben. Weil ein isoliertes Vorgehen gegen die Zurückweisung der Berufung an der erforderlichen Mindestbeschwer scheitern würde (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), ist eine Entscheidung in der Sache – soweit die Berufung wegen der Unzulässigkeit der Klage zurückgewiesen wurde – ausgeschlossen. Und die im weiteren Verlauf des Prozesses zu treffenden Entscheidungen zum materiellen Recht berühren, wie sich aus § 538 Abs. 2 Satz 2 ZPO ergibt, unter keinen Umständen mehr Fragen der Zulässigkeit.
C.
I. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO. Aus dem Urteil kann die Vollstreckung insoweit betrieben werden, als erst die Vorlage eines für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteils das Vollstreckungsorgan nach §§ 775 Nr. 1, 776 ZPO veranlassen muss, eine eingeleitete Vollstreckung aus dem aufgehobenen Urteil einzustellen und getroffene Maßnahmen aufzuheben. Darin besteht die Vollstreckungswirkung des eine Entscheidung aufhebenden Urteils (OLG München, Urteil vom 18.09.2002 – 27 U 1011/01, juris Rn. 75; OLG Karlsruhe, Urteil vom 25.05.1984 – 10 U 254/83; Heßler in: Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 538 Rn. 59).
II. Die Kostenentscheidung ist dem erstinstanzlichen Schlussurteil vorzubehalten (Heßler in: Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 538 Rn. 58).
III. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
IV. Bei der Streitwertfestsetzung war zu berücksichtigen, dass es sich bei den als Schadensposition gelten gemachten Sachverständigenkosten um keine Nebenforderung im Sinne § 43 Abs. 1 GKG handelt (BGH, Beschluss vom 13.02.2007 ‒ VI ZB 39/06 ‒, juris Rn. 10; OLG Koblenz, Beschluss vom 20.04.2015 ‒ 6 W 204/15 ‒, juris Rn. 5 f.).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben