Europarecht

Schadensersatz, Kaufvertrag, Schadensersatzanspruch, Berufung, Bescheid, Kaufpreis, Fahrzeug, Mietwagenkosten, Rechtsanwaltskosten, Annahmeverzug, Sittenwidrigkeit, Erstattung, Vorabentscheidungsersuchen, Feststellung, Erstattung des Kaufpreises, Zug um Zug, Herausgabe des Fahrzeugs

Aktenzeichen  15 U 5588/19

Datum:
10.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 44931
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

29 O 1690/19 2019-09-05 LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 05.09.2019, Az. 29 O 1690/19, wird zurückgewiesen, soweit die Klage gegen die Beklagte zu 2) abgewiesen wird.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten zu 2) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zu 2) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 73.843,92 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte zu 2) als Fahrzeugherstellerin eines mit einem Dieselmotor ausgestatteten Porsche Macan S auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Klägerin erwarb mit Kaufvertrag vom 17.01.2014 (Anlage B3, Anlagenheft Beklagte zu 1) von der Beklagten zu 1) ein Neufahrzeug Porsche Macan S Diesel zu einem Kaufpreis von 73.843,92 €, das mit einem Dieselmotor vom Typ 3,0 l V6 der Motorbaureihe EA 897, Schadstoffnorm Euro 6 ausgestattet ist. Das Fahrzeug wurde am 31.10.2014 mit einem Kilometerstand von 15 km ausgeliefert (Anlage B2, Anlagenheft Beklagte zu 1). Am 10.02.2021 betrug der Kilometerstand 101.140 km.
Die Beklagte zu 2) ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der V. AG.
Mit Pressemitteilung vom 18.05.2018 (Anlage K34) gab das Kraftfahrzeug-Bundesamt (KBA) bekannt, dass bei der Überprüfung der Fahrzeugtypen Porsche Cayenne Euro 6 4,2 Liter V8 TDI und Porsche Macan Euro 6 3,0 Liter V6 TDI unzulässige Abschalteinrichtungen festgestellt wurden. Mit Bescheid vom 14.05.2018 wurde für das Modell Porsche Cayenne Euro 6 4,2 Liter V8 TDI (6.755 Stück, davon 3.954 Stück in Deutschland) und 16.05.2018 für das Modell Porsche Macan Euro 6 3,0 Liter V6 TDI (52.831 Stück, davon 15.180 Stück in Deutschland) durch das KBA ein verpflichtender Rückruf angeordnet. Dem Hersteller wurde aufgegeben, die unzulässigen Abschalteinrichtungen aus den betroffenen Fahrzeugen nach der Freigabe des Maßnahmenpakets durch das KBA zu entfernen.
Mit Bescheid vom 10.07.2018 (Anlage B18, Anlagenheft Beklagte zu 2) nahm das Kraftfahrt-Bundesamt den ursprünglichen Bescheid vom 16.05.2018 gegenüber der Beklagten zu 2) zurück mit der Begründung, dass die Strategie D nicht mehr als unzulässige Abschalteinrichtung einzustufen sei, und ordnete im Wege des Änderungsbescheides nachträgliche Nebenbestimmungen zu den erteilten EG-Emissionstypgenehmigungen für die Fahrzeuge Porsche Macan S 3.0 l Diesel Euro 6 an. Im Sachverhalt heißt es:
Bei der Strategie A wird zum Starten der Aufheizstrategie eine Vielzahl von Initialisierungsparametern verwendet, die über eine UND-Verknüpfung miteinander verknüpft sind. D.h., alle Bedingungen müssen gleichzeitig vorliegen, dann wird die Aufheizstrategie genutzt. Die zu den Parametern gehörenden Werte (Schaltbedingungen) sind so eng bedatet, dass die Aufheizstrategie nahezu ausschließlich im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) und den dort definierten Prüfbedingungen wirkt. Schon kleine Abweichungen in Fahrprofil und Umgebungsbedingungen führen zur Abschaltung der Aufheizstrategie.

Die Parameter und zugehörigen Werte (Schaltbedingungen) sind so bedatet, dass die Vorkonditionierung des Fahrzeugs die drei außerstädtischen Fahrzyklen des NEFZ sowie das damit einhergehende Lastprofil erkennen.
In der Begründung heißt es:
Die Wirkung des Emissionskontrollsystems wird durch die Verwendung einer mit einer Prüfzykluserkennung einhergehenden Aufheizstrategie (Strategie A) außerhalb der Prüfbedingungen der VO (EG) Nr. 715/2007 in Verbindung mit der VO (EU) 692/2008 im unzulässigen Umfang verringert. Da Gründe gemäß Artikel 5 Absatz 2 Satz 2, Buchstaben a)-c) der VO (EG) Nr. 715/2007 hierfür nicht erkannt werden, wird die Strategie A als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Artikel 5 Absatz 2 Satz 1 der VO (EG) Nr. 715/2007 betrachtet.
Mit Bescheid vom 01.08.2018 (Anlage B5, Anlagenheft Beklagte zu 1) wurde die Umrüstung der bereits in den Verkehr gebrachten betroffenen Fahrzeuge der Beklagten zu 2) durch das Kraftfahrt-Bundesamt freigegeben.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 16.08.2018 (Anlage K31) erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten zu 1) die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung bzw. den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte sie unter Fristsetzung erfolglos zur Erstattung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeugs unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung auf.
Mit Schreiben vom 28.12.2018 (Anlage R1) teilte die P. Deutschland GmbH der Klägerin mit, dass aufgrund einer angeordneten Rückrufaktion von Fahrzeugen des Typs Porsche Macan 3,0-Liter-V6-Diesel (Euro 6) ein Software-Update am Motorsteuergerät vorgenommen werden müsse. In dem Schreiben heißt es weiter:
Hintergrund ist, dass Unregelmäßigkeiten in der Motorsteuerungssoftware dieser Fahrzeuge im Hinblick auf die Funktionsweise des SCR-Katalysators festgestellt wurden. Das Kraftfahrt-Bundesamt hat daraufhin eine Umrüstung durch ein Software-Update im Rahmen eines Rückrufes angeordnet.
An dem Fahrzeug der Klägerin wurden eine freiwillige Servicemaßnahme aus dem Herbst 2016 (WG22) und das Software-Update aus dem Jahr 2018 (AJ07) durchgeführt.
Mit ihrer am 06.02.2019 eingegangenen Klage nahm die Klägerin die Beklagte zu 1) als Vertragshändlerin auf Rückabwicklung des Kaufvertrags in Anspruch und begehrte hinsichtlich der Beklagten zu 2) Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht für Schäden, die aus der Manipulation des streitgegenständlichen Fahrzeugs resultieren. Manipulationen sieht die Klägerin in der Einrichtung eines unzulässigen Thermofensters, der Nutzung einer Aufwärmstrategie und nicht ausreichender Dosierung des Harnstoffs AdBlue beim SCR Katalysator. Nach dem geänderten Klageantrag bezog sich die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 2) auf Schäden, die daraus resultieren, dass sie in dem streitgegenständlichen Fahrzeug unzulässige Abschalteinrichtungen in Gestalt der vorgenannten Funktionen verbaut hat.
Mit Endurteil vom 05.09.2019, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Die Feststellungsklage gegen die Beklagte zu 2) sei wegen Unbestimmtheit des Klageantrags und Vorrangs der Leistungsklage unzulässig. Es bleibe unklar, welche Schäden aus den behaupteten Abschalteinrichtungen resultieren sollen. Ein über die Rückabwicklung hinausgehender Schaden sei nicht möglich. Ein Steuerschaden scheide aus; es gebe keine Anhaltspunkte, dass die Besteuerung nachträglich infolge von Abschalteinrichtungen angepasst werde. Die Erhebung einer Leistungsklage auf Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich eines Nutzungsersatzes in Form der bis zur mündlichen Verhandlung gefahrenen Kilometer Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs wäre der Klägerin ohne weiteres möglich.
Gegen das Urteil wendet sich die Klägerin im Wege der Berufung, mit der sie zunächst den Rückabwicklungsanspruch gegen die Beklagte zu 1) und den geänderten Feststellungsantrag gegen die Beklagte zu 2) weiterverfolgt hat. Der Feststellungsantrag sei hinreichend bestimmt. Es reiche für die Konkretisierung aus, dass aus der Formulierung des Antrags ein Rückabwicklungsschaden möglich sei. Ein Vorrang der Leistungsklage bestehe nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne insgesamt ein Feststellungsantrag gestellt werden, wenn einzelne Schadenspositionen nicht bezifferbar seien. So liege der Fall hier. Unabhängig von der Entscheidung für oder gegen eine Rückabwicklung sei die Klägerin möglichen Steuernachforderungen wegen des streitgegenständlichen Fahrzeugs ausgesetzt. Daneben müsse sich die Klägerin gegen die wie beim Dieselmotor EA 189 zu erwartende Stilllegung des Fahrzeugs bei Nichtaufspielen des Software-Updates zur Wehr setzen. Die Klägerin habe sich noch nicht entschieden, ob sie das Fahrzeug behalten wolle oder an die Beklagte zu 2) zurückgebe. Auch im Falle einer Rückgabe sei weiterhin unklar, welche weiteren Schäden durch die Beklagte zu 2) zu ersetzen seien. Die Höhe der Nutzungsentschädigung könne die Klägerin nicht ermitteln. Bei einer Entscheidung, das Fahrzeug zu behalten, sei die Höhe des zu ersetzenden Minderwerts des Fahrzeugs nicht bezifferbar.
Mit Beschluss vom 05.03.2020 hat der Senat auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO hingewiesen.
Mit Schriftsatz vom 27.04.2020 hat die Klägerin hierzu Stellung genommen und die Klage hinsichtlich der Beklagten zu 2) um verschiedene Hilfsanträge erweitert. Die Beklagte zu 2) wird nunmehr höchst hilfsweise im Wege der Leistungsklage auf Erstattung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeugs in Anspruch genommen.
Mit Schriftsatz vom 02.02.2021 hat die Klägerin die Berufung gegen die Beklagte zu 1) zurückgenommen.
Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt zuletzt,
Das Urteil des LG München I vom 05.09.2019, Az. 29 O 1690/19, wird wie nachfolgend abgeändert:
I. … [Antrag betreffend Beklagte zu 1) nicht aufrechterhalten]
I. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 2) verpflichtet ist, der Klägerpartei Schadensersatz zu bezahlen für Schäden, die daraus resultieren, dass die Beklagte zu 2) in dem Fahrzeug Porsche Macan S Diesel, FIN: …68 unzulässige Abschalteinrichtungen
I) in Gestalt einer Funktion, welche durch Bestimmung der Außentemperatur die Parameter der Abgasbehandlung so verändert, dass die Abgasnachbehandlung außerhalb eines Temperaturfensters von 17°C bis 33°C reduziert wird (sog. Thermofenster),
I) in Gestalt einer Schalt-Einstellung des Getriebes, welche erkennt, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet und daraufhin ein Schaltprogramm aktiviert, welches besonders wenige Schadstoffe produziert, und I) in Gestalt einer Funktion, welche erkennt, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet und auf dem Prüfstand den AdBlue-Verbrauch erhöht verbaut hat und hierdurch die Emissionswerte auf dem Rollenprüfstand reduziert werden.
hilfsweise:
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagtenpartei zu 2) verpflichtet ist, der Klagepartei Schadensersatz zu leisten für Schäden, die daraus resultieren, dass die Beklagtenpartei zu 2) in den Motor, Typ 3.0 l V6 Dieselmotor, des Fahrzeugs Porsche Macan S Diesel (Fahrzeugidentifikationsnummer: …68) eine unzulässige Abschalteinrichtung in der Form einer Software eingebaut hat, welche bei Erkennung standardisierter Prüfstandsituationen (NEFZ) die Abgasaufbereitung so optimiert, dass möglichst wenige Stickoxide (NOx) entstehen und Stickoxidemissionsmesswerte reduziert werden, und die im Normalbetrieb Teile der Abgaskontrollanlage außer Betrieb setzt, so dass es zu einem höheren NOx – Ausstoß führt.
höchst hilfsweise:
II.
II) Die Beklagtenpartei zu 2) wird verurteilt, an die Klagepartei € 73.843,92 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4%-Punkten seit dem 29.10.2014 zu bezahlen, Zug-um-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des PKW Porsche Macan S Diesel, …68.
II) Es wird festgestellt, dass die Beklagtenpartei zu 2) verpflichtet ist, der Klägerpartei Schadensersatz zu bezahlen für weitere Schäden, die daraus resultieren, dass die Beklagte zu 2) in dem Fahrzeug Porsche Macan S Diesel, FIN: …68 unzulässige Abschalteinrichtungen
II) in Gestalt einer Funktion, welche durch Bestimmung der Außentemperatur die Parameter der Abgasbehandlung so verändert, dass die Abgasnachbehandlung außerhalb eines Temperaturfensters von 17°C bis 33°C reduziert wird (sog. Thermofenster),
II) in Gestalt einer Schalt-Einstellung des Getriebes, welche erkennt, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet und daraufhin ein Schaltprogramm aktiviert, welches besonders wenige Schadstoffe produziert, und II) in Gestalt einer Funktion, welche erkennt, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet und auf dem Prüfstand den AdBlue-Verbrauch erhöht verbaut hat und hierdurch die Emissionswerte auf dem Rollenprüfstand reduziert werden.
hilfsweise:
II) Es wird festgestellt, dass die Beklagtenpartei zu 2) verpflichtet ist, der Klagepartei Schadensersatz zu leisten für weitere Schäden, die daraus resultieren, dass die Beklagtenpartei zu 2) in den Motor, Typ 3.0 l V6 Dieselmotor, des Fahrzeugs Porsche Macan S Diesel Fahrzeugidentifikationsnummer: …68) eine unzulässige Abschalteinrichtung in der Form einer Software eingebaut hat, welche bei Erkennung standardisierter Prüfstandsituationen (NEFZ) die Abgasaufbereitung so optimiert, dass möglichst wenige Stickoxide (NOx) entstehen und Stickoxidemissionsmesswerte reduziert werden, und die im Normalbetrieb Teile der Abgaskontrollanlage außer Betrieb setzt, so dass es zu einem höheren NOx -Ausstoß führt.
II) Es wird festgestellt, dass sich die Beklagtenpartei zu 2) mit der Rücknahme des im Klageantrag Ziffer 2a. genannten PKW im Annahmeverzug befindet.
III. … [Antrag betreffend Beklagte zu 1) nicht aufrechterhalten]
III. Die Beklagtenpartei zu 2) wird verurteilt, die Klagepartei von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von jeweils € 3.196,34 freizustellen.
Die Beklagte zu 2) und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, sowie hilfsweise für den Fall, dass der Berufung stattgegeben wird,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte zu 2) verteidigt das klageabweisende Urteil als richtig. Sie verweist auf die obergerichtliche Rechtsprechung in Parallelverfahren (Anlagenkonvolut B10), die nahezu ausnahmslos zu ihren Gunsten ergangen sei, sowie auf die Besonderheit, dass sie den in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Motor (einschließlich Motorsteuerung, Motorsteuerungssoftware und Abgasnachbehandlungssystem) nicht entwickelt und hergestellt habe. Das entsprechende Gesamtsystem sei vielmehr von der A. AG entwickelt, hergestellt und an die Beklagte zu 2) geliefert worden. Mit Bescheid vom 10.07.2018 habe das Kraftfahrt-Bundesamt (allein) die konkrete Bedatung des Warmlaufmodus des SCR-Katalysators als unzulässige Abschalteinrichtung verbeschieden. Aufgrund der Software-Maßnahme WG22 hätten zu diesem Zeitpunkt aber lediglich noch etwa 5% der im Feld befindlichen Fahrzeuge diese als unzulässig festgestellte Bedatung enthalten. Auch wenn die konkrete, vom KBA als unzulässig eingestufte Bedatung des Warmlaufmodus in der weit überwiegenden Zahl der Fahrzeuge des Typs Macan Diesel V6 EU6 nicht (mehr) enthalten gewesen sei, habe das KBA aus rein formalen Gründen darauf bestanden, sämtliche dieser Fahrzeuge mit dem Rückrufbescheid zu erfassen. Der im Januar 2014 geschlossene Kaufvertrag sei deutlich vor dem Aufkommen der Dieselthematik im Herbst 2015 geschlossen worden. Es habe zu diesem Zeitpunkt für die Beklagte zu 2) keinen Anlass gegeben, die Rechtmäßigkeit der von der A. AG zugelieferten Motoren nebst Motorsteuerungsgerät und Motorsteuerungssoftware in Zweifel zu ziehen. Der Beklagten zu 2) sei bereits kein sittenwidriges Verhalten vorzuwerfen. Es fehle zudem am erforderlichen Vorsatz, der sich auf die die Sittenwidrigkeit des Verhaltens begründenden Umstände, den Schaden und die Kausalität beziehen müsse. Da die Klägerin mit ihren pauschalen Unterstellungen und Mutmaßungen bereits der ihr obliegenden Darlegungslast nicht nachgekommen sei, treffe die Beklagte zu 2) auch keine sekundäre Darlegungslast, welche sie im Übrigen erfüllt hätte.
Der Senat hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 07.10.2020 angehört und mit Verfügung vom 19.11.2020 Hinweise erteilt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Ersturteil, die Hinweise des Senats, die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 07.10.2020 und 10.02.2021 sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Nach Rücknahme der Berufung gegen die Beklagte zu 1) war über die Berufung der Klägerin nurmehr insoweit zu entscheiden, als sie sich gegen die Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 2) richtet. In diesem Umfang erweist sich die zulässige Berufung insgesamt als unbegründet. Sie vermag weder mit dem Hauptantrag noch mit den gestellten Hilfsanträgen durchzudringen. Das Landgericht hat die Klage gegen die Beklagte zu 2) zu Recht abgewiesen.
1. Soweit die Klägerin die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 2) begehrt, hat das Landgericht die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht jedenfalls der Vorrang der Leistungsklage entgegen (vgl. OLG München, Beschluss vom 12.06.2018 – 8 U 3169/17, NJW-RR 2019, 184, Rn. 10 ff. bei juris).
a) Nach der auch in der Berufungsbegründung zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Kläger grundsätzlich nicht gehalten, seine Klage in eine Leistungs- und in eine Feststellungsklage aufzuspalten, wenn bei Klageerhebung ein Teil des Schadens schon entstanden, die Entstehung weiteren Schadens aber noch zu erwarten ist. Zwar fehlt grundsätzlich das Feststellungsinteresse, wenn der Kläger dasselbe Ziel mit einer Klage auf Leistung erreichen kann. Es besteht jedoch keine allgemeine Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage. Vielmehr ist eine Feststellungsklage trotz der Möglichkeit, Leistungsklage zu erheben, zulässig, wenn die Durchführung des Feststellungsverfahrens unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt. Dementsprechend ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass dann, wenn eine Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist, der Kläger in vollem Umfang Feststellung der Ersatzpflicht begehren kann (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 19.04.2016 – VI ZR 506/14, NJW-RR 2016, 759, Rn. 6 bei juris mwN).
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze lässt sich die Zulässigkeit der Feststellungsklage vorliegend nicht begründen.
aa) Dies gilt zunächst für den gestellten Haupt- und Hilfsantrag zu 2., mit dem festgestellt werden soll, dass die Beklagte zu 2) Schadensersatz zu leisten hat für Schäden, die aus dem Einbau der jeweiligen unzulässigen Abschalteinrichtung resultieren. Ausweislich des Klagevorbringens hat die Klägerin auch im Verhältnis zur Beklagten zu 2) von Anfang an vorwiegend Rückabwicklung begehrt, es komme jedoch auch Schadensersatz in Betracht; es stehe derzeit noch nicht fest, was die Klägerin geltend machen möchte (Klageschrift S. 112). Auch nach dem Berufungsvorbringen steht der Inhalt des Schadensersatzanspruchs noch nicht fest (Berufungsbegründung S. 10 = Bl. 508 d.A.). Allein der Umstand, dass sich die Klägerin nicht entscheiden kann, worauf die von ihr zum Gegenstand der Feststellungsanträge gemachten Schadensersatzansprüche letztlich gerichtet sein sollen, rechtfertigt es nicht, ihr ein Feststellungsinteresse zuzugestehen.
Der Klägerin war die Erhebung einer auf Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeugs gerichteten Leistungsklage ohne weiteres möglich, wie der gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Klageantrag zu 1. und ihr in der Berufungsinstanz gestellter Hilfsantrag zu 2. a) gemäß Schriftsatz vom 27.04.2020 belegen. Nach der unverändert vertretenen Ansicht der Klägerin soll im Rahmen der deliktischen Haftung ohnehin kein Nutzungsersatz im Wege der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen sein (vgl. etwa Schriftsatz vom 07.12.2020, S. 70 ff. = Bl. 667 ff. d.A.). Im Übrigen wäre die Klägerin aufgrund des ihr bekannten aktuellen Kilometerstandes und der von ihr angenommenen Gesamtlaufleistung nach der einschlägigen Berechnungsformel (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl., § 346 Rn. 10 mwN) auch ohne weiteres in der Lage gewesen, die Höhe der Nutzungsentschädigung zu ermitteln.
Auch der Umstand, dass sich die behauptete Wertminderung des streitgegenständlichen Fahrzeugs nicht abschließend feststellen lässt, vermag das erforderliche Feststellungsinteresse der Klägerin im Verhältnis zur Beklagten zu 2) nicht zu begründen. Ein auf den Ersatz einer Wertminderung gerichteter Schadensersatzanspruch ohne Rückgabe des Fahrzeugs steht der Klägerin auf deliktischer Grundlage aus den im Ersturteil genannten Gründen (EU S. 9) nicht zu.
bb) Die Feststellungsklage ist auch hinsichtlich des jeweiligen Hilfsantrags zu 2. b) unzulässig, mit dem festgestellt werden soll, dass die Beklagte zu 2) Schadensersatz zu leisten hat für weitere Schäden, die aus dem Einbau der jeweiligen unzulässigen Abschalteinrichtung resultieren. Als mögliche künftige Schadenspositionen macht die Klägerin insoweit mögliche Steuernachforderungen sowie Prozessverfolgungskosten im Zusammenhang mit dem zu erwartenden Vorgehen der Zulassungsbehörden, namentlich einer drohenden Stilllegungsanordnung bei Nichtvornahme des Software-Updates bzw. wegen des im Update enthaltenen Thermofensters, geltend (Replik S. 49 ff. = Bl. 357 ff. d.A.; Berufungsbegründung S. 8 f. = Bl. 506 f. d.A.; Schriftsatz vom 27.04.2020, S. 13 = Bl. 534 d.A.). Eine über die bloße Möglichkeit eines Schadenseintritts hinausgehende hinreichende Schadenswahrscheinlichkeit lässt sich diesbezüglich jedoch nicht feststellen.
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt für das Feststellungsinteresse die Möglichkeit eines Schadenseintritts nur, wenn es um die Verletzung eines absoluten Rechts geht. Bei reinen Vermögensschäden, die Gegenstand der Klage sind, hängt bereits die Zulässigkeit der Feststellungsklage von der Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadenseintritts ab (BGH, Urteil vom 24.01.2006 – XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 = NJW 2006, 830, Rn. 27 bei juris; vom 10.07.2014 – IX ZR 197/12, NJW-RR 2015, 626, Rn. 11 bei juris jeweils mwN). Ausreichend ist, dass nach der Lebenserfahrung und dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein erst künftig aus dem Rechtsverhältnis erwachsender Schaden angenommen werden kann. Dagegen besteht ein Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) für einen künftigen Anspruch auf Ersatz eines allgemeinen Vermögensschadens regelmäßig dann nicht, wenn der Eintritt irgendeines Schadens noch ungewiss ist (BGH, Urteil vom 10.07.2014 aaO).
(2) Soweit sich die Klägerin auf eine etwaige drohende Nachversteuerung beruft, handelt es sich um einen künftigen ungewissen allgemeinen Vermögensschaden, bei dem ein Feststellungsinteresse nach der vorgenannten höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht besteht. Hinsichtlich der behaupteten möglichen Steuernachteile ist zudem zu berücksichtigen, dass die Finanzbehörden seit dem Bekanntwerden der Abgasmanipulationen im Herbst 2015 ausreichend Gelegenheit hatten, Kfz-Steuernachforderungen zu erheben. Dass sie hiervon Gebrauch gemacht hätten, trägt auch die Klägerin nicht vor. Auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens, des von ihr zur Begründung herangezogenen Schreibens der Staatsanwaltschaft Braunschweig vom 14.11.2017 an das Landgericht Traunstein (Anlage R18) sowie der Anklageerhebung gegen die verantwortlichen Personen u.a. wegen Steuerhinterziehung liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte vor, die es nicht nur theoretisch möglich erscheinen lassen, dass die Geltendmachung seitens der Finanzbehörden in der verbleibenden Zeit ungeachtet des damit verbundenen erheblichen Verwaltungsaufwands überhaupt beabsichtigt wäre. Im Übrigen kann nach den einschlägigen Bestimmungen des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG 2002) und dem Freigabe-Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 01.08.2018 (Anlage B5, Anlagenheft Beklagte zu 1) nicht per se davon ausgegangen werden, dass sich die Steuerbemessungsgrundlage gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. b, § 2 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG 2002 geändert hätte. Unter Berücksichtigung dieser Umstände lässt sich eine nicht abgeschlossene Schadensentwicklung, die die Erhebung der Feststellungsklage anstelle einer möglichen Leistungsklage rechtfertigen würde, nicht annehmen.
(3) Hinsichtlich des behaupteten Vorgehens der Zulassungsbehörden ist schon nicht ersichtlich, inwieweit der Klägerin neben der mit dem Hilfsantrag zu 2. a) begehrten Erstattung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeugs ein zusätzlicher ersatzfähiger Schaden entstehen können soll (vgl. OLG München aaO Rn. 15). Prozessverfolgungskosten, Mietwagenkosten oder sonstige Transportkosten wären in dem Fall bei der Klägerin nicht mehr veranlasst.
(4) Nachdem hiernach weitere Schäden der Klägerin nicht zu erwarten sind, steht ihr auch kein Feststellungsinteresse aufgrund drohender Verjährung zu.
2. Die Berufung der Klägerin ist auch unbegründet, soweit die Klage in der Berufungsinstanz um den höchst hilfsweise gestellten Leistungsantrag zu 2. a) erweitert wurde. Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch auf Erstattung des Kaufpreises in Höhe von 73.843,92 € Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs gegen die Beklagte zu 2) unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. In Betracht kommen allein deliktische Ansprüche, da der Kaufvertrag vom 17.01.2014 (Anlage B3, Anlagenheft Beklagte zu 1) nicht mit der Beklagten zu 2) geschlossen wurde.
a) Der Anspruch lässt sich nicht auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV oder Art. 5 VO 715/2007/EG stützen.
Die Klägerin verlangt als Käuferin eines gebrauchten, nach wie vor zugelassenen Fahrzeugs von der Beklagten zu 2) die Erstattung des von ihr an den Verkäufer entrichteten Kaufpreises. Damit sieht sie den eingetretenen Schaden bereits in dem Abschluss des Kaufvertrages, den sie jedenfalls zu den damaligen Bedingungen so in der Form bei Kenntnis aller Umstände nicht abgeschlossen hätte. Aus diesem Vorwurf kann die Klägerin aber in Bezug auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV nichts für sich herleiten. Das Interesse, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, liegt nicht im Aufgabenbereich der Norm (BGH, Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19, Rn. 76). Das Interesse, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, liegt offensichtlich auch nicht im Aufgabenbereich des Art. 5 VO 715/2007/EG (BGH, Urteil vom 30.07.2020 – VI ZR 5/20, Rn. 12). Ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH (Art. 267 Abs. 3 AEUV) wegen der Auslegung der genannten Vorschriften ist nicht veranlasst, da die Rechtslage sowohl im Hinblick auf § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV als auch im Hinblick auf Art. 5 VO 715/2007/EG von vornherein eindeutig ist (BGH, Urteil vom 30.07.2020 aaO Rn. 16).
b) Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 2) auch kein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB, § 31 BGB zu.
Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB setzt haftungsbegründend voraus, dass sämtliche objektiven und subjektiven Merkmale des Betrugstatbestands im Sinne von § 263 Abs. 1 StGB (als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB) erfüllt sind. Es kann dahinstehen, ob und ggf. durch welches Verhalten im Zusammenhang mit der behaupteten Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung in strafrechtlich relevanter Weise getäuscht worden ist und ob die Täuschung fortgewirkt und bei der Klägerin einen strafrechtlich relevanten Irrtum erregt hat. Denn jedenfalls fehlt es an der Bereicherungsabsicht und der in diesem Zusammenhang erforderlichen Stoffgleichheit des erstrebten rechtswidrigen Vermögensvorteils mit einem etwaigen Vermögensschaden (vgl. BGH, Urteil vom 30.07.2020 aaO Rn. 18).
c) Die Beklagte zu 2) haftet der Klägerin auch nicht aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB, da sich nicht feststellen lässt, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter der Beklagten zu 2) im maßgeblichen Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses Kenntnis von einer in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten unzulässigen Abschalteinrichtung hatte und deren Verwendung gebilligt hat.
aa) Der Bundesgerichtshof hat in Bezug auf den Dieselmotor EA 189 ein sittenwidriges Verhalten der V. AG darin gesehen, dass sie systematisch und langjährig Fahrzeuge in Verkehr gebracht hat, deren Motorsteuerungssoftware bewusst und gewollt so programmiert war, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte mittels einer unzulässigen Abschalteinrichtung nur auf dem Prüfstand eingehalten wurden (BGH, Urteil vom 25.05.2020 aaO Rn. 16).
Auch wenn das streitgegenständliche Fahrzeug nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien nicht über die beim Dieselmotor EA 189 vorhandene Umschaltlogik verfügt, kann nach der Pressemitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 18.05.2018 (Anlage K34) sowie den Feststellungen im Bescheid vom 10.07.2018 (Anlage B18, Anlagenheft Beklagte zu 2) davon ausgegangen werden, dass es im Zeitpunkt des Erwerbs eine unzulässige Abschalteinrichtung in Gestalt einer schadstoffmindernden Aufwärmstrategie, die mit einer Prüfzykluserkennung einherging, aufwies. Bei Heranziehung der zum Dieselmotor EA 189 entwickelten Grundsätze (BGH aaO) erscheint es zumindest nicht von vorneherein ausgeschlossen, das Verhalten der Beklagten zu 2), die das Fahrzeug hergestellt und mit dieser konkreten Abschalteinrichtung in den Verkehr gebracht hat, im Verhältnis zum Fahrzeugkäufer unter bestimmten Voraussetzungen objektiv als sittenwidrig zu qualifizieren.
Dagegen lässt sich der objektive Sittenwidrigkeitsvorwurf allein über den Einbau eines Thermofensters nicht begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 19.01.2021 – VI ZR 433/19). Diesbezüglich hat die Beklagte zu 2) zudem unwidersprochen vorgetragen, dass sie die Existenz eines Thermofensters zu keinem Zeitpunkt verschleiert oder verheimlicht habe (Schriftsatz vom 04.01.2021, S. 32 = Bl. 713 d.A.).
bb) Im Unterschied zum Dieselmotor EA 189, den die V. AG selbst entwickelt und hergestellt hat, weist die vorliegende Fallgestaltung die Besonderheit auf, dass die in Anspruch genommene Beklagte zu 2) zwar das Fahrzeug, aber nicht den darin verbauten Dieselmotor 3,0 l V6 hergestellt hat, welcher vielmehr von der A. AG stammt. Dies sieht der Senat nach dem beiderseitigen Parteivorbringen als unstreitig an. Die Beklagte zu 2) hat sich durchgängig darauf berufen, den hiesigen Dieselmotor weder entwickelt noch hergestellt zu haben, sondern als Zulieferprodukt von der A. AG zugekauft und eingebaut zu haben. In Übereinstimmung hiermit hat die Klägerin bereits in der Klageschrift von sich aus vorgetragen, die Beklagte zu 2) habe die Dieselmotoren von der Konzernschwester A. AG bezogen, so auch für das streitgegenständliche Fahrzeug. Die Fahrzeuge Audi Q5 und Porsche Macan würden auf derselben Plattform gebaut; das streitgegenständliche Fahrzeug übernehme den Motor des Audi Q5. Die Beklagte zu 2) stelle insoweit keinen eigenen Motor her, sondern erhalte den Motor und die Motorsteuerung von der A. AG (Klageschrift S. 12, 15 f.). Hiervon vermochte sich die Klägerin mit ihrem Vorbringen in der Berufungsinstanz nicht in erheblicher Weise zu distanzieren. Danach soll zwar der Senat zu Unrecht davon ausgehen, dass die Beklagte zu 2) den Motor nicht selbst hergestellt habe, und es keinesfalls unstreitig sein, dass der streitgegenständliche Motor nicht von der Beklagten zu 2) entwickelt oder hergestellt worden sei (Schriftsatz vom 07.12.2020, S. 8 = Bl. 605 d.A.). Näheres wird hierzu jedoch nicht ausgeführt. Zudem wird bereits auf der folgenden Seite konzediert, dass die Beklagte zu 2) als Fahrzeugherstellerin den Motor bei der A. AG bestellt hat (Schriftsatz vom 07.12.2020, S. 9 = Bl. 606 d.A.). Bei diesem Sachvortrag kommt der Senat nicht umhin, die Beklagte zu 2) als Fahrzeugherstellerin und die A. AG als Motorentwicklerin und -herstellerin anzusehen.
Eine Haftung nach §§ 826, 31 BGB setzt voraus, dass der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter (§ 31 BGB) des in Anspruch genommenen Unternehmens die objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB verwirklicht hat, was der Anspruchsteller darzulegen und zu beweisen hat (BGH aaO Rn. 35). Es ist daher Sache der Klägerin, darzulegen und zu beweisen, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter der Beklagten zu 2) Kenntnis von der unzulässigen Abschalteinrichtung hatte und deren Verwendung gebilligt hat. Im Hinblick auf die aufgezeigte Besonderheit, dass Fahrzeughersteller und Motorhersteller verschiedene Unternehmen sind, bedarf es hinreichender Anhaltspunkte, die darauf schließen lassen, dass bei der Beklagten zu 2) Kenntnis von der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung vorhanden war, obwohl sie den Dieselmotor selbst nicht entwickelt und hergestellt hat. Dahingehende Anhaltspunkte lassen sich dem umfangreichen klägerischen Vorbringen nicht entnehmen, sodass zumindest eine weitergehende sekundäre Darlegungslast der Beklagten zu 2), die über den von ihr geleisteten Sachvortrag hinausgeht, nicht zum Tragen kommt (ebenso OLG München, Beschluss vom 28.05.2020 – 5 U 1005/20, Rn. 10 bei juris; OLG Köln, Beschluss vom 26.08.2020 – 26 U 10/20, Rn. 16, 19 bei juris; vom 09.09.2020 – 8 U 12/20, Rn. 13 bei juris; OLG Koblenz, Urteil vom 30.09.2020 – 5 U 1970/19, Rn. 36 bei juris mwN). Dies unterscheidet die vorliegende Fallgestaltung von derjenigen, die dem Urteil des BGH vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19 zugrunde lag, bei der nach dem dortigen klägerischen Vortrag hinreichende Anhaltspunkte für ein deliktisches Verhalten der V. AG vorlagen (vgl. BGH aaO Rn. 39, 41).
(1) Die Ausführungen in der Klageschrift sind zu allgemein gehalten, als dass sie den Schluss darauf zulassen würden, dass etwa der damalige Vorstand oder eines seiner Mitglieder, der Leiter einer bestimmten Abteilung oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter der Beklagten zu 2) seinerzeit Kenntnis von einer in dem streitgegenständlichen Fahrzeugmodell verbauten unzulässigen Abschalteinrichtung gehabt hätte.
In der Klageschrift wird lediglich pauschal behauptet, hochrangige Führungspersönlichkeiten der V. AG, der A. AG und der Beklagten zu 2) hätten von der Manipulation gewusst und diese angewiesen und gebilligt. Sogar der damalige Vorstand sei daran beteiligt gewesen. Zahlreiche Mitarbeiter der Beklagten zu 2) hätten von der Manipulation gewusst (Klageschrift S. 17). Die Beklagte zu 2) habe die von der A. AG stammenden Motoren nicht „blind“ in ihre Fahrzeuge eingebaut, sondern die Motoren umgebaut und angepasst. Dabei sei auch der Schadstoffausstoß geprüft und erkannt worden, dass Manipulationen vorliegen. Auch die Software der Motorsteuerung habe auf die leistungsfähigeren Motoren bei der Beklagten zu 2) angepasst werden müssen, was in Absprache mit der A. AG und dem Motorsteuergerätehersteller Bosch erfolgt sei (Klageschrift S. 19). Zwischenzeitlich hätten sich neue Erkenntnisse im Abgasskandal ergeben, die belegen, dass auch die Führungsebene der V. AG, der A. AG und der Beklagten zu 2) von den Manipulationen gewusst habe. Es seien nicht lediglich einige Softwareingenieure gewesen, die sich für die Verwendung einer illegalen Abschalteinrichtung entschieden hätten. Vielmehr sei es das Ergebnis eines vorsätzlichen und systematischen Betrugsprogramms hinsichtlich der Emissionen durch Dutzende von Mitarbeitern auf allen Ebenen des Konzerns (Klageschrift S. 34). Selbstverständlich sei die Abgasproblematik auch dem Vorstand der Beklagten zu 2) berichtet worden (Klageschrift S. 41). Auch M. W. und weitere Vorstände der V. AG sowie der Beklagten zu 2), namentlich M. M. hätten von den illegalen Abschalteinrichtungen gewusst und davon, dass die Beklagte zu 2) die Motoren mit dieser Einrichtung verkaufe. Die Vorstände und Ingenieure der A. AG und damit auch die Vorstände der Beklagten zu 2) hätten früh davon gewusst. Alle Vorstände hätten die Manipulationen gebilligt (Klageschrift S. 49 f.). Die Mitarbeiter der Beklagten zu 2), die die Manipulationen vorgenommen hätten, hätten insbesondere gewusst, dass die von ihnen eingesetzte Software eine verbotene Abschalteinrichtung darstelle (Klageschrift S. 51). Bei lebensnaher Betrachtung werde die Software von bei der Beklagten zu 2) beschäftigten Ingenieuren entwickelt worden sein (Klageschrift S. 148). Es stehe fest, dass Mitarbeiter der Beklagten zu 2) die Manipulation vorgenommen hätten, was für eine Zurechnung ausreiche (Klageschrift S. 157).
Das Klagevorbringen lässt die gebotene Unterscheidung zwischen den im Volkswagenkonzern für die V. AG, die A. AG und die Beklagte zu 2) handelnden Personen vermissen. Die Konzernzugehörigkeit führt nicht dazu, dass sich die Beklagte zu 2) das Wissen der A. AG entsprechend § 166 Abs. 2 BGB zurechnen lassen müsste. Dies käme allenfalls im Verhältnis zur Konzernobergesellschaft, nicht jedoch unter Schwestergesellschaften in Betracht. Allein personelle Verflechtungen dergestalt, dass einzelne Manager in verschiedenen Konzerngesellschaften in Leitungs- oder Planungsabteilungen an verantwortlicher Stelle beschäftigt waren, reichen für eine Wissenszurechnung zur Beklagten zu 2) nicht aus (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 09.09.2020 aaO Rn. 18 bei juris; OLG Koblenz, Urteil vom 30.09.2020 aaO Rn. 35 bei juris mwN). Es besteht innerhalb des Konzerns keine Pflicht zur Weitergabe persönlicher Kenntnisse, die Vorstandsmitglieder oder andere hochrangige Mitarbeiter im Rahmen ihrer Tätigkeit für eine Konzerngesellschaft erlangt haben (vgl. OLG München, Beschluss vom 09.09.2020 – 27 U 1634/20, Rn. 29 bei juris). Die klägerischen Ausführungen lassen nicht erkennen, welche der im Unternehmen der Beklagten zu 2) verantwortlichen Personen oder welcher entsprechende Personenkreis die maßgebliche Kenntnis gehabt haben soll. Zudem beziehen sich die Ausführungen nicht auf eine konkrete unzulässige Abschalteinrichtung, sondern allgemein auf „die Manipulationen“. Vor dem Hintergrund, dass das streitgegenständliche Fahrzeug über die beim Dieselmotor EA 189 vorhandene Umschaltlogik gerade nicht verfügt und die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung als solche nicht zwingend ein sittenwidriges Verhalten begründet (vgl. BGH, Beschluss vom 19.01.2021 aaO), bedarf es auch insoweit der Konkretisierung, von welcher Abschalteinrichtung konkret Kenntnis bestanden haben soll. Ohne hinreichenden Sachvortrag der Klägerseite kann von der Beklagten zu 2) nicht erwartet werden, im Rahmen einer sekundären Darlegungslast detaillierte Angaben zu machen.
(2) Die Beklagte zu 2) hat in ausreichender Weise entgegnet, sie habe aus ihrer umfassenden Sachverhaltserfassung keine Hinweise, dass Mitglieder ihres damaligen Vorstands oder der klägerseits als Zeuge benannte C. S. zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses Kenntnis von der konkreten vom Kraftfahrt-Bundesamt letztlich als unzulässig eingestuften Bedatung der Motorsteuerungssoftware hatten (Klageerwiderung S. 34 = Bl. 211 d.A.; Duplik S. 2, 7 = Bl. 419, 424 d.A.). Ihr sei von der A. AG als Herstellerin des Motors seit Aufkommen der Dieselthematik in den USA bis in den Juni 2017 hinein wiederholt bestätigt worden, dass dieser frei von unzulässigen Abschalteinrichtungen sei; auf diese Mitteilungen hätten sich die Vorstandsmitglieder der Beklagten zu 2) verlassen (Duplik aaO). Entsprechende Bestätigungen (Anlagen Annex 1a, 1c-1e) wurden vorgelegt. Die Beklagte zu 2) hat in der Duplik zudem zu der mit der A. AG vereinbarten Zusammenarbeit in Bezug auf den streitgegenständlichen Dieselmotortyp näher vorgetragen und ergänzend die Sachverhaltsdarstellung gemäß Anlage Annex 1 vorgelegt. Danach wurde die Entwicklung der Motorsteuerungssoftware einschließlich der fahrzeugspezifischen Anpassungen bei der A. AG beauftragt, welche auch die Vernetzung der Antriebseinheit mit dem Fahrzeug durchgeführt habe. Die Beklagte zu 2) habe sich dagegen auf den bloßen mechanischen Einbau des Motors beschränkt, Fahrtests durchgeführt und die gewünschten Änderungen mitgeteilt (Duplik S. 5 f. = Bl. 422 f. d.A.). Hierzu wird in der Berufungserwiderung ergänzend ausgeführt, bei den zur Kontrolle durchgeführten Fahrtests sei der in Testfahrzeugen aufgespielte jeweilige Serienmaster in praktischen Tests auf gewisse Gesamtfahrzeugfunktionen geprüft worden. Nach den Fahrtests erforderlich erscheinende Anpassungen des Fahrverhaltens seien der A. AG mitgeteilt, von ihr umgesetzt und, wie auch zuvor, als Entwicklungsleistungen vergütet worden. Die finale Freigabeerklärung für das Motorsteuergerät – einschließlich der Motorsteuerungssoftware – sei dabei jeweils durch die A. AG erfolgt, da diese die Entwicklungskompetenz für Dieselmotoren gehalten habe. Die Beklagte zu 2) habe in diesem Zusammenhang keine gesamthafte Analyse der Motorsteuerungssoftware vorgenommen, was vertraglich auch nicht vorgesehen gewesen sei und wegen der Datenmasse schon praktisch nicht durchführbar (Berufungserwiderung S. 12). Nach Aufkommen der Dieselthematik im Jahr 2015 habe die Beklagte zu 2) umfangreiche eigene technische Prüfungen angestoßen. In diesem Rahmen seien bei einer erheblichen Anzahl von Porsche-Fahrzeugen Emissionstests durchgeführt worden. Auch der hier streitgegenständliche Fahrzeugtyp sei von diesen Untersuchungen umfasst gewesen. Unzulässige Abschalteinrichtungen hätten bei den Prüfungen nicht festgestellt werden können (Berufungserwiderung S. 13).
Weitergehender Sachvortrag kann nach Auffassung des Senats von der Beklagten zu 2) unter Berücksichtigung der Besonderheit der vorliegenden Fallgestaltung auch im Rahmen einer sekundären Darlegungslast nicht verlangt werden. Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des in Anspruch Genommenen, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen (BGH, Urteil vom 25.05.2020 aaO Rn. 37 mwN).
(3) Der Klägerin ist es auch unter Berücksichtigung ihres weiteren Vorbringens nicht gelungen, hinreichende Anhaltspunkte aufzuzeigen, die entgegen der vorstehenden Darstellung der Beklagten zu 2) die maßgebliche Kenntnis ihrer Verantwortlichen zu begründen vermögen.
(a) Sowohl erstinstanzlich im Schriftsatz vom 22.08.2019 als auch in zweiter Instanz im Schriftsatz vom 07.12.2020 wird wiederum nur pauschal ausgeführt, dass im Hinblick auf die Bedeutung des Erhalts einer Typengenehmigung für einen Fahrzeughersteller und die hierbei zu treffenden wirtschaftlich bedeutsamen Risikoentscheidungen auch der Vorstand an der Entscheidung involviert gewesen sei (Schriftsatz vom 22.08.2019, S. 8 = Bl. 463 d.A.; vom 07.12.2020, S. 38 = Bl. 635 d.A.). Die Annahme, dass der Vorstand der Beklagten zu 2) keine Kenntnis von dem Umstand gehabt habe, dass unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut würden, sei daher weit hergeholt (Schriftsatz vom 07.12.2020 aaO). Die Beklagte zu 2) habe in eigener Verantwortung das Genehmigungsverfahren für das streitgegenständliche Fahrzeugmodell übernommen. Im Zuge dessen müsse sie Angaben zur Motorisierung und zu der im Fahrzeug verbauten Software machen. Das Wissen, wie die Fahrzeuge von der A. AG manipuliert worden seien, sei bei der Beklagten zu 2) vorhanden gewesen. Eine Überprüfung der in der Motorsteuerungssoftware verbauten Funktionen auf ihre Zulässigkeit durch die eigenen internen Kontrollmechanismen der Beklagten zu 2) (z.B. ihre Rechtsabteilung) sei offensichtlich nicht erfolgt (Schriftsatz vom 22.08.2019, S. 8 = Bl. 463 d.A.). Bei Wahrunterstellung des Vorbringens der Beklagten zu 2) mussten sich die Ingenieure umfassende Kenntnisse von der Motorsteuerung einschließlich der Motorsteuerungssoftware verschaffen. Die Beklagte zu 2) verfüge über eigene Ingenieure, die sich mit Motorsteuerungssoftware (z.B. im Porsche 911) befassen. Sie sei daher für die Anpassung der Motorsteuerungssoftware nicht auf die A. AG angewiesen. Dass die A. AG an der Vernetzung eines ansonsten fertig produzierten Porsche Macan mitgewirkt habe, sei abwegig. Die Beklagte zu 2) als Fahrzeughersteller verfüge über eigene Ingenieure, die Motorsteuerungssoftware entwickeln und für die es – wenn auch mit Zeitaufwand verbunden – ein Leichtes wäre, die gelieferte Fahrzeugsoftware auf unzulässige Abschalteinrichtungen zu untersuchen. Dass keine Person innerhalb der Beklagten zu 2) von der Manipulation gewusst haben möchte, sei nicht glaubhaft (Schriftsatz vom 22.08.2019, S. 9 f. = Bl. 464 f. d.A.; vom 07.12.2020, S. 52 = Bl. 649 d.A.). Beim Porsche Cayenne habe ausweislich des Rückrufbescheids keine verantwortliche Person der Beklagten zu 2) die vom KBA geforderte Erklärung abgegeben. Die verantwortliche Person habe daher wahrscheinlich positive Kenntnis davon gehabt, dass unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut seien. Zumindest habe die Person Zweifel daran gehabt, dass in den 3.0l-V6-TDI-Motoren keine unzulässigen Abschalteinrichtungen vorhanden seien (Schriftsatz vom 22.08.2019, S. 10 f. = Bl. 465 f. d.A.; vom 07.12.2020, S. 52 f. = Bl. 649 f. d.A.). Angesichts des Umstandes, dass die P. AG das Typengenehmigungsverfahren für den Porsche Macan selbst durchgeführt habe und hierbei auch die notwendigen Angaben zu dem Motor und der darin verbauten Software habe erbringen können, sei es auch abwegig, dass keine Kenntnis von dem Inhalt der Motorsteuerungssoftware bestanden habe. Vielmehr dürften die zuständigen Stellen von Anfang an Kenntnis von der Manipulation gehabt haben (Schriftsatz vom 22.08.2019, S. 11 = Bl. 466 d.A.; vom 07.12.2020, S. 53 = Bl. 650 d.A.). Dass die A. AG Abschalteinrichtungen entwickelt und verbaut habe, sei Matthias Müller während seiner gesamten Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender der Beklagten zu 2) bekannt gewesen. Ebenso sei ihm bewusst gewesen, dass durch eine Verwendung von A.-Motoren im Porsche Cayenne dieser mit Abschalteinrichtungen versehen werde. Innerhalb der Beklagten zu 2) würden hinsichtlich der verschiedenen Fahrzeugmodelle Organisationseinheiten gebildet, welche das Fahrzeug von der Produktentwicklung bis hin zur Produktion begleiten und einem Leiter unterstehen, welcher unmittelbar dem Vorstand unterstellt sei. Die Mitarbeiter innerhalb der Organisationseinheit seien versierte Spezialisten für ihren jeweiligen Fahrzeugtyp. Dass innerhalb dieser Organisationseinheiten die Abschalteinrichtungen nicht bekannt gewesen seien, sei abwegig. Ebenso abwegig sei, dass der Vorstand hierüber nicht informiert worden sei (Schriftsatz vom 22.08.2019, S. 13 = Bl. 468 d.A.; vom 07.12.2020, S. 38 f., 55 = Bl. 635 f., 652 d.A.). Spätestens seit einem Gespräch mit dem Kraftfahrt-Bundesamt vom 16.12.2015 habe die Beklagte zu 2) die Augen nicht mehr vor der Realität verschließen können, dass unzulässige Abschalteinrichtungen in ihren Fahrzeugen verbaut seien. Spätestens seit dem 16.12.2015 habe die Beklagte zu 2) den Vorsatz gehabt, eine unzulässige Abschalteinrichtung im Porsche Macan zu verbauen (Schriftsatz vom 22.08.2019, S. 14 = Bl. 469 d.A.; vom 07.12.2020, S. 56 = Bl. 653 d.A.).
Letzteres vermag der Klage schon deswegen nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil der maßgebliche Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses der 17.01.2014 war. Zu diesem vor dem 16.12.2015 liegenden Zeitpunkt kann somit nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Beklagten zu 2) die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung aufdrängen musste. Auf etwaige Kenntnisse zur Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen beim Porsche Cayenne kommt es für den streitgegenständlichen Porsche Macan nicht an. Ebenso wenig reicht die behauptete Kenntnis von bei der Beklagten zu 2) beschäftigten Ingenieuren oder Mitarbeitern ihrer Organisationseinheiten oder gar irgendeiner Person innerhalb der Beklagten zu 2) aus, da sie nicht als verfassungsmäßig berufene Vertreter (§ 31 BGB) anzusehen sind. Die nachvollziehbare unternehmerische Entscheidung, sich selbst auf die Entwicklung und Produktion von Benzinmotoren zu beschränken und Dieselmotoren von der Konzernschwester zu beziehen, die in der Entwicklung und Produktion von Dieselmotoren erfahren war, blieb der Beklagten zu 2) unbenommen. Ohne gegenteilige Anhaltspunkte durften sich ihre damaligen Vorstandsmitglieder auf die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen durch die A. AG verlassen und waren nicht gehalten, die Dieselmotoren einer eigenen Überprüfung im Unternehmen der Beklagten zu 2) zuzuführen, was zudem auch nach den klägerischen Ausführungen mit Zeitaufwand verbunden gewesen wäre. Im Übrigen würde die Verletzung einer etwaigen Überprüfungspflicht allenfalls einen Fahrlässigkeitsvorwurf, nicht jedoch den Vorwurf eines vorsätzlichen sittenwidrigen Verhaltens begründen (OLG München, Beschluss vom 28.05.2020 aaO Rn. 12 bei juris). Dass die damaligen Vorstandsmitglieder der Beklagten zu 2) vor Aufkommen der Dieselthematik im Jahr 2015 entsprechende Anhaltspunkte gehabt hätten und bewusst von einer Überprüfung abgesehen hätten, ergibt sich aus dem klägerischen Vorbringen gerade nicht. Vielmehr erschöpft sich das Vorbringen in weiten Teilen in schlichten Behauptungen und Mutmaßungen, für die eine tatsächliche Grundlage zumindest nicht erkennbar ist. Darüber hinaus fehlt es auch insoweit an der gebotenen Differenzierung nach der Art der unzulässigen Abschalteinrichtung.
(b) Im Schriftsatz vom 07.12.2020 verweist die Klägerin zunächst auf ihr Vorbringen nebst Beweisangeboten auf Seite 34 ff. der Klageschrift (Schriftsatz vom 07.12.2020, S. 2 = Bl. 599 d.A.). Ergänzend wird ausgeführt, es sei mit dem Thermofenster versucht worden, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, einerseits die Einhaltung der Grenzwerte der Abgasnorm Euro 6 auf dem Prüfstand, andererseits die Vermeidung der Kosten zur Reduktion des NOx-Ausstoßes (Schriftsatz vom 07.12.2020, S. 21 = Bl. 618 d.A.). Der angebotene Zeuge S. F., der seit November 2015 Leiter der Modellreihe Porsche Cayenne sei, habe sich in seiner vorherigen Position als Projektleiter Antrieb SUV umfassend mit der Motorisierung der Modelle Macan und Cayenne auseinandersetzen müssen. Er verfüge als Ingenieur im Bereich Motorentwicklung und Motorapplikation sowohl über das notwendige Wissen als auch über die notwendige Stellung innerhalb der Beklagten zu 2), um die in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Abschalteinrichtungen und deren Wirkungsweise zu kennen bzw. zu erkennen (Schriftsatz vom 07.12.2020, S. 25 = Bl. 622 d.A.). Der angebotene Zeuge M. B. sei Leiter der Modellreihe Porsche Macan und unmittelbar dem Vorstand der Beklagten zu 2) unterstellt (Schriftsatz vom 07.12.2020, S. 26 = Bl. 623 d.A.). Insbesondere seien auch die Zeugen F. und B. über die Entwicklung und Verwendung der Abschalteinrichtungen informiert gewesen und hätten um die damit verbundenen Konsequenzen für alle Beteiligten (Hersteller, Kunde usw.) gewusst (Schriftsatz vom 07.12.2020, S. 39 = Bl. 636 d.A.). Die Rolle des Zeugen F. habe sich nicht in der reinen Abwicklung des Einbaus eines fremden Motors erschöpft. Die Motoren seien für die Zwecke der Beklagten zu 2) modifiziert worden, was die Kenntnis der Motorsteuerungssoftware und der darin verbauten Abschalteinrichtungen erfordere. Die an den Modifikationen beteiligten Ingenieure hätten daher gewusst, welche Abschalteinrichtungen in dem streitgegenständlichen Fahrzeugmodell verbaut seien (Schriftsatz vom 07.12.2020, S. 39 = Bl. 636 d.A.). Bei Vornahme der nach § 377 HGB gebotenen Untersuchung würden die unzulässigen Abschalteinrichtungen auffallen. Daher hätte die Beklagte zu 2) bewusst wegsehen müssen, um die Abschalteinrichtungen nicht zu bemerken. Soweit die Beklagte zu 2) ihrer Prüfungsobliegenheit nicht nachgekommen wäre, würde dies den Vorsatz der Verantwortlichen der Beklagten zu 2) beweisen, da hierdurch bewusst in Kauf genommen worden sei, dass der Motor einschließlich der Motorsteuerungssoftware Mängel aufweise. Wenn die Beklagte zu 2) die Software eins zu eins verbaue und damit innerhalb der Lieferkette unverändert an die Kunden weitergebe, handele sie hinsichtlich der Möglichkeit eines Schadens aufgrund ihres Verhaltens mit bedingtem Vorsatz. Dem Vorstand und jedem mit der Motorisierung des streitgegenständlichen Fahrzeugmodells befassten Fahrzeugingenieur seien von vorgetragenen technischen Grundlagen bekannt gewesen, selbst wenn sie ansonsten nicht mit Dieselmotoren befasst seien. Insbesondere sei den Mitarbeitern und dem Vorstand der Beklagten zu 2) bewusst gewesen, dass außerhalb der optimalen Betriebsbedingungen im Realbetrieb der NOx-Ausstoß nur unzureichend reduziert werde (Schriftsatz vom 07.12.2020, S. 42 = Bl. 639 d.A.). Es sei den Ingenieuren und der Beklagten zu 2) – ähnlich wie bei der Motorbaureihe EA 189 – von Anfang an bekannt gewesen, dass die Messungen auf dem Prüfstand keinen realistischen oder vergleichbaren Schadstoffausstoß im Realbetrieb abbilden würden. Das Handeln der Beklagten zu 2) (und der A. AG) habe nur dazu gedient, dass Image der Beklagten zu 2) als Sportfahrzeughersteller und damit ihre Gewinninteressen zu schützen (Schriftsatz vom 07.12.2020, S. 43 = Bl. 640 d.A.). In Bezug auf das Thermofenster habe die Entscheidung, ob die teurere Variante ohne Abschalteinrichtung oder die billigere Variante mit Abschalteinrichtung in Europa verbaut werde, auch bei der Beklagten zu 2) der Vorstand getroffen. Damit sei die Verwendung des Thermofensters im streitgegenständlichen Fahrzeug durch die Beklagte zu 2) in rechtlicher Hinsicht nicht anders zu beurteilen als die in der Motorbaureihe EA 189 verbaute Abschalteinrichtung (Schriftsatz vom 07.12.2020, S. 43 f. = Bl. 640 f. d.A.). Im Hinblick auf die Rolle der Beklagten zu 2) im Typengenehmigungsverfahren sei das Wissen, wie die Motorsteuerungssoftware in dem streitgegenständlichen Fahrzeug beschaffen gewesen sei, bei der Beklagten zu 2) jederzeit vorhanden gewesen (Schriftsatz vom 07.12.2020, S. 44 = Bl. 641 d.A.). Die Beklagte zu 2) sei gegenüber der Typengenehmigungsbehörde für den Motor verantwortlich. Ohne Kenntnis der technischen Gegebenheiten sei dies nicht möglich. Die beteiligten Ingenieure müssen sich umfassende Kenntnis von der Motorsteuerungssoftware angeeignet haben, zumal die Motoren für die Zwecke der Beklagten zu 2) modifiziert worden seien (Schriftsatz vom 07.12.2020, S. 45 = Bl. 642 d.A.). Die Verhängung eins Bußgeldes in Höhe von 535 Mio. Euro gegen die Beklagte zu 2) zeige, dass einer oder mehrere Mitarbeiter einer Abteilung des Entwicklungsbereichs der Beklagten zu 2) eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat begangen habe. Aus dem Bußgeldbescheid folge damit, zumindest in Teilen, die persönliche Verantwortlichkeit des Vorstands bzw. der Mitglieder des Vorstands der Beklagten zu 2). Durch die Entscheidung, kein Rechtsmittel gegen den Bescheid einzulegen, habe die Beklagte zu 2) eingeräumt, dass der Vorstand oder ein Mitglied des Vorstandes seine Aufsichtspflicht verletzt habe. Ein Mitarbeiter der Beklagten zu 2) habe in Ausübung seiner Tätigkeit den Tatbestand einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, wohl nach §§ 23, 24 StVG iVm §§ 37, 27 EG-FGV erfüllt. Als Rechtsfolge müsse die Beklagte zu 2) der Klägerin den ihr aus dem Handeln des Mitarbeiters resultierenden Schaden ersetzen (Schriftsatz vom 07.12.2020, S. 49 f. = Bl. 646 f. d.A.).
Das Vorbringen in der Klageschrift hält der Senat aus den oben genannten Gründen nicht für ausreichend. In der unternehmerischen Entscheidung zur Verwendung eines Thermofensters allein kann nicht bereits ein objektiv sittenwidriges Verhalten der Beklagten zu 2) erblickt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 19.01.2021 aaO). Im Zusammenhang mit dem Beweisangebot des Zeugen F. lässt das klägerische Vorbringen wiederum die gebotene Differenzierung nach den einzelnen Abschalteinrichtungen vermissen. Die Stellung des angebotenen Zeugen F. als Projektleiter reicht als solche nicht aus, um ihn als verfassungsmäßig berufenen Vertreter der Beklagten zu 2) anzusehen. Überdies ist dem Vorbringen nicht zu entnehmen, was er in Bezug auf die vom Kraftfahrt-Bundesamt festgestellte oder eine andere unzulässige Abschalteinrichtung konkret gewusst haben soll. Dies gilt in gleicher Weise für den angebotenen Zeugen B., bei dem schon unklar ist, welche Position er im maßgeblichen Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses ausgeübt hat. Die behauptete Kenntnis von bei der Beklagten zu 2) beschäftigten Ingenieuren oder anderen Mitarbeitern reicht – wie oben ausgeführt – nicht aus. Welcher verfassungsmäßig berufene Vertreter der Beklagten zu 2) im Zusammenhang mit der Vornahme oder dem Unterlassen einer Untersuchung nach § 377 HGB oder den technischen Grundlagen welche konkrete Kenntnis erlangt haben soll, ergibt sich aus dem Vorbringen nicht. Eine etwaige Mangelhaftigkeit vermag bereits ein objektiv sittenwidriges Verhalten nicht zu begründen. Das klägerische Vorbringen erschöpft sich auch insoweit zu großen Teilen in pauschalen Behauptungen ohne erkennbare tatsächliche Grundlage und konkreten Bezug zu bestimmten verantwortlichen Personen bzw. einem bestimmten verantwortlichen Personenkreis im Unternehmen der Beklagten zu 2). Insbesondere hält es der Senat nicht für ausreichend, allgemein auf den Vorstand der Beklagten zu 2) abzustellen und diesen in einem Atemzug mit ihren Mitarbeitern zu nennen, ohne darzulegen, woraus sich die jeweilige Kenntnis im Einzelnen ergeben soll. Die Verwendung eines Thermofensters im streitgegenständlichen Motor lässt sich im Hinblick auf den Vorwurf der Sittenwidrigkeit gerade nicht mit der beim Dieselmotor EA 189 vorhandenen Umschaltlogik gleichsetzen (vgl. BGH, Beschluss vom 19.01.2021 aaO). Aus der Verhängung eines Bußgeldes gegen die Beklagte zu 2) und deren Verzicht auf Rechtsmittel lässt sich nichts zugunsten der Klägerin herleiten, da das Bußgeld nach ihrem eigenen Vorbringen wegen fahrlässiger Verletzung der Aufsichtspflicht verhängt wurde und die Ausführungen wiederum jeden konkreten Bezug zu den einzelnen verantwortlichen Personen vermissen lassen. Die ungenauen Angaben („einer oder mehrere Mitarbeiter einer Abteilung des Entwicklungsbereichs“, „des Vorstands bzw. der Mitglieder des Vorstands“, „der Vorstand oder ein Mitglied des Vorstandes“, „ein Mitarbeiter der P. AG“, „Handeln des Mitarbeiters“) bringen aus Sicht des Senats deutlich zum Ausdruck, dass das klägerische Vorbringen auf bloßen Mutmaßungen und Unterstellungen beruht, die einer tatsächlichen Grundlage entbehren.
3. Mangels Hauptsacheanspruchs war auch den Anträgen auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten zu 2) und Freistellung von Rechtsanwaltskosten nicht stattzugeben.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Über die außergerichtlichen Kosten der durch Berufungsrücknahme ausgeschiedenen Beklagten zu 2) wurde durch Beschluss nach § 516 Abs. 3 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Zulässigkeit der Feststellungsanträge war im vorliegenden Einzelfall nach den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen zu beurteilen. Auch im Übrigen sind Gegenstand der Berufungsentscheidung letztlich tatsächliche Feststellungen im Einzelfall. Die grundsätzlichen Fragen zur Dieselthematik sind höchstrichterlich geklärt.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens war gemäß §§ 47, 48 GKG iVm § 3 ZPO festzusetzen.


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