Europarecht

Schadensersatz wegen unzulässig eingebauter Motorsteuerungssoftware (sog. Abgasskandal)

Aktenzeichen  8 U 285/19

Datum:
8.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 29603
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 31, § 286, § 288, § 817, § 823, § 826, § 849
StGB § 263
VO 715/2007/EG Art. 5 Abs. 2
InsO § 302 Nr. 1

 

Leitsatz

1. Zur VW-Abgasskandal-Thematik vgl. grundlegend BGH BeckRS 2020, 10555; vgl. auch OLG München BeckRS 2020, 34041; BeckRS 2020, 32848; BeckRS 2020, 34151; BeckRS 2020, 34153; OLG Bamberg BeckRS 2020, 33045; BeckRS 2020, 33157; BeckRS 2020, 35123; sowie die Aufzählung ähnlich gelagerter VW-Diesel-Fälle bei OLG München BeckRS 2020, 25691 (dort Ls. 1); OLG München BeckRS 2020, 27215 (dort Ls. 1); OLG Köln BeckRS 2019, 42328 (dort Ls. 1); OLG Koblenz BeckRS 2020, 14352 (dort Ls. 1), OLG Stuttgart BeckRS 2020, 7002 (dort Ls. 1), OLG Jena BeckRS 2020, 8618 (dort Ls. 1), OLG Oldenburg BeckRS 2020, 6234 (dort Ls. 1) und KG BeckRS 2019, 29883 (dort Ls. 5); mit gegenteiligem Ergebnis noch: OLG München BeckRS 2019, 33738; BeckRS 2019, 33753; OLG Braunschweig BeckRS 2019, 2737. (redaktioneller Leitsatz)
2. Dem Käufer eines vom Diesel-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs steht gegen die Herstellerin ein Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB auf Zahlung des für den Erwerb des Fahrzeugs aufgewandten Kaufpreises abzüglich eines Vorteilsausgleichs für die gezogenen Nutzungen Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Kraftfahrzeugs zu. (Rn. 24 und 46) (redaktioneller Leitsatz)
3. Zu typischen Detailfragen aus VW-Dieselfällen hier: Gesamtlaufleistung 250.000 km; Geschäftsgebühr von 1,3 für  Sache, die bei Beauftragung im Jahr 2018 weder besonders schwierig noch besonders umfangreich war; keine Verzugszinsen; kein Annahmeverzug; keine Deliktszinsen. (Rn. 48, 52, 54, 56 und 57) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

41 O 868/18 2019-08-29 Endurteil LGBAYREUTH LG Bayreuth

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Bayreuth vom 29.08.2019, Az: 41 O 868/18, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 13.557,75 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 29.01.2019 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs … mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer … zu bezahlen.
I. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.029,35 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 29.01.2019 zu erstatten.
I. Es wird festgestellt, dass der in Ziffer 1 bezeichnete Anspruch aus einer vorsätzlich unerlaubten Handlung der Beklagten herrührt.
I. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Berufung der Klägerin und die weitergehende Berufung der Beklagten werden zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz und des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 45% und die Beklagte 55%.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin und die Beklagte können jeweils die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
V. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Gründe

I.
Der Klägerin nimmt die Beklagte als Motorherstellerin nach dem Erwerb eines Gebrauchtfahrzeugs in Anspruch.
Die Klägerin erwarb am 29.04.2015 bei der Firma A. GmbH in … einen Pkw … mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer … zum Preis von 20.150,00 €. Das erstmals am 20.05.2014 zugelassene Fahrzeug wies bei dem Ankauf durch die Klägerin eine Gesamtfahrleistung von 25.100 km auf und in ihm war ein von der Beklagten entwickelter und hergestellter Dieselmotor vom Typ EA 189 eingebaut.
Die Klägerin finanzierte den Kaufpreis vollständig über ein bei der … Bank aufgenommenes Darlehen. Die Darlehenssumme (einschließlich Zinsen) betrug 22.908,20 Euro. Das Darlehen wurde in Raten und dann mit einer Schlusszahlung vom Juni 2019 vollständig zurückgeführt.
Die im Motor des erworbenen Fahrzeugs ursprünglich installierte Software erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand dem sog. Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) unterzogen wird und schaltet in diesem Fall in den Abgasrückführungsmodus 1, einen Stickoxid (NOx)-optimierten Modus. In diesem Modus findet eine Abgasrückführung mit niedrigerem Stickoxidausstoß statt. Im normalen Fahrbetrieb außerhalb eines Prüfstands schaltet der Motor dagegen in den Abgasrückführungsmodus 0, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer und der Stickoxidausstoß höher ist. Für die Erteilung der Typengenehmigung der Emissionsklasse Euro 5 maßgeblich war der Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand. Die Stickoxidgrenzwerte der Euro 5 – Norm wurden nur im Abgasrückführungsmodus 1, d. h. wenn sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befand, eingehalten. Weder die Zulassungsbehörde noch eine andere Institution wurden über den Einsatz dieser Motorsteuerungssoftware informiert. Mit Hilfe dieser Software erreichte die Beklagte, dass einerseits die Grenzwerte des Testzykluses eingehalten wurden und andererseits der Motor die für den Betrieb erforderliche EG-Typengenehmigung erhielt.
Im September 2015 informierte die Beklagte mittels einer Adhoc-Mitteilung vom 22.09.2015 den Kapitalmarkt sowie mittels einer Presseinformation die Öffentlichkeit über den Einsatz und die Wirkungsweise der Motorsteuerungssoftware. Im Folgenden entwickelte sich in den nationalen und internationalen Medien eine ausführliche Berichterstattung über die Vorgehensweise der Beklagten. Unter dem 15.10.2015 erging gegen die Beklagte ein Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) mit nachträglichen Nebenbestimmungen zur Typengenehmigung, der auch das Fahrzeug der Klägerin betrifft. Der Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamts erlangte Bestandskraft. In seinem Bescheid ging das Kraftfahrt-Bundesamt vom Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung aus und gab der Beklagten auf, diese zu beseitigen und die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte anderweitig zu gewährleisten. Die Beklagte gab mit Pressemitteilungen vom 25.11.2015 bekannt, Software-Updates durchzuführen, mit denen die Motorsteuerungssoftware aus allen Fahrzeugen mit Motoren des Typs EA 189 entfernt werden sollte. Das in der Folgezeit durch die Beklagte entwickelte Software-Update wurde vom Kraftfahrt-Bundesamt zur Verwendung freigegeben.
Mit vorgerichtlichem anwaltlichen Schreiben vom 20.11.2018 wurde die Beklagte unter Fristsetzung aufgefordert, Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises von 20.150,00 € zu zahlen Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs. Eine Angabe zu dem aktuellen Kilometerstand oder die Erklärung der Bereitschaft zur Anrechnung von Gebrauchsvorteilen enthält dieses Schreiben nicht.
Die Klägerin behauptet, sie habe erwartet, ein technisch einwandfreies und den gesetzlichen Bestimmungen entsprechendes Fahrzeug erwerben zu können. Aufgrund der eingesetzten Motorsteuerungssoftware hätte das Fahrzeug aber nicht den gegebenen gesetzlichen Bestimmungen entsprochen. Sie vertritt weiter die Auffassung, das von ihr erworbene Fahrzeug hätte aufgrund der Motorsoftware keine Zulassung erhalten dürfen, da es nicht den geltenden Vorschriften der Abgasnorm Euro 5 entsprechen würde. Durch das Aufspielen des von der Beklagten angebotenen/ aufgespielten Software-Updates sei der bei ihr eingetretene Schaden nicht beseitigt worden. Die Beklagte habe eine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung gemäß § 826 BGB verwirklicht. Die Typengenehmigung des Fahrzeugs sei arglistig erschlichen worden. Hierfür würde die Beklagte nach den §§ 826, 31 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB zu haften haben.
Mit ihrer am 28.01.2019 zugestellten Klage begehrt die Klägerin Rückzahlung des vollen Kaufpreises zuzüglich der Kosten der Finanzierung Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs an die Beklagte. Zu zahlen seien auch Deliktszinsen (§ 849 BGB). Eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer bringt sie in Abzug, wobei sie in der Klage nun einen aktuellen Kilometerstand von 85.870 km benennt und von einer zu erwartenden Laufleistung des Fahrzeugs von 300.000 km ausgeht. Es seien außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren zu erstatten und zwar in Höhe einer 2,0 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 20.150,00 €. Es werden weitere Feststellungen begehrt. Hinsichtlich des Wortlauts der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf Seite 3 f. des angegriffenen Endurteils Bezug genommen.
Zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz am 13.08.2019 wies das Fahrzeug der Klägerin einen Kilometerstand von 91.628 km auf.
Die Beklagte beantragte in erster Instanz, die Klage kostenpflichtig abzuweisen.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, das erworbene Fahrzeug verfüge über eine wirksame EG-Typengenehmigung für die Emissionsklasse 5. Durch den Einsatz der infragestehenden Software hätte das Fahrzeug auch keinen Wertverlust erlitten. Eine Stilllegung drohe für das Fahrzeug nicht. Das Kraftfahrt-Bundesamt habe die EG-Typengenehmigung auch nicht widerrufen. Vielmehr bestehe diese Typengenehmigung fort. Außerdem habe das Kraftfahrt-Bundesamt ein Software-Update für den im Fahrzeug verwendeten Motor freigegeben. Spätestens nach dieser Freigabe habe kein Widerruf der Typengenehmigung mehr gedroht. Im Übrigen habe die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen, dass Personen, deren Kenntnis der Beklagten zuzurechnen wäre, mit Vorsatz hinsichtlich eines Schadens der Klägerin gehandelt hätten. Gleiches gelte auch für Umstände, die eine Sittenwidrigkeit begründen könnten. Im Übrigen obliege der Beklagten auch keine sekundäre Darlegungslast, da die von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen nicht vorliegen würden.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 29.08.2019, Az: 41 O 868/18, sowie die wechselseitigen Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten Bezug genommen.
Das Landgericht Bayreuth hat mit Endurteil vom 29.08.2019 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 22.908,20 € zuzüglich Deliktzinsen bis 28.01.2019 und Zinsen ab 29.01.2019, Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs Marke …, Typ … FIN: … sowie eine Nutzungsentschädigung von 6.776,51 € zu bezahlen. Weiterhin hat es festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des bezeichneten Fahrzeugs im Annahmeverzug befindet und der Anspruch der Klägerin aus unerlaubter Handlung herrühre. Außerdem hat es die Beklagte verurteilt, der Klägerin die Kosten des außergerichtlichen Vorgehens in Höhe von 1.100,51 € (geltend gemacht waren 1.348,27 € + 441,49 €) zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.01.2019 zu zahlen. Im Übrigen erfolgte Klageabweisung. Zur Begründung führt das Landgericht aus, der Klägerin würde ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB, §§ 263 Abs. 1, 25 Abs. 1 2.Alt. StGB zustehen. Die Beklagte schulde Naturalrestitution. Ohne nähere Darstellung wird hierbei nicht der Kaufpreis, sondern die geleistete Darlehenssumme in Ansatz gebracht. Allerdings habe im Hinblick auf die Nutzung des Fahrzeugs durch die Klägerin ein Ausgleich des hieraus erlangten Vorteils zu erfolgen. Das Landgericht schätzte die zu erwartende Gesamtlaufleistung des streitgegenständlichen Fahrzeugs auf 250.000 Kilometer und damit den Nutzungswert/Gebrauchsvorteil auf 6.776,51 €. Zinsen nach § 849 BGB seien geschuldet. Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten seien grundsätzlich, da die Forderung von Schadensersatz berechtigt gewesen sei, der Klägerin zu erstatten; allerdings nur soweit berechtigt erhoben, d.h. konkret eine 1,3 Gebühr aus einem Gegenstandswert von 20.150,00 €. Auf die Entscheidungsgründe zum Endurteil vom 29.08.2019 wird ergänzend Bezug genommen.
Mit den Berufungen verfolgen beide Seiten ihre erstinstanzlichen Ziele, soweit das Landgericht Bayreuth ihnen jeweils nicht gefolgt ist, weiter.
Die Beklagtenseite bringt vor, das Landgericht Bayreuth habe rechtsfehlerhaft einen Schadensersatzanspruch des Klägers bejaht. Jedenfalls aber sei ein Anspruch auf Deliktszinsen aus § 849 BGB nicht gegeben. Auch der Annahmeverzug sei zu Unrecht bejaht worden.
Die Klägerseite bringt vor, rechtsfehlerhaft sei das Landgericht Bayreuth im Rahmen der Berechnung des Nutzungsersatzes von einer Gesamtlaufleistung von lediglich 250.000 km ausgegangen. Eine Rechtsgrundlage habe die Klage vorrangig bzw. auch in § 826 BGB. An vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten seien – über den ausgeurteilten – weitere Beträge angefallen und zu ersetzen, denn die Angelegenheit sei von Umfang und Schwierigkeit schwierig und nicht lediglich durchschnittlich gewesen. Berechtigt sei eine 2,0 Gebühr.
Mit den Berufungsbegründungen werden beidseits die jeweils bereits in erster Instanz gebrachten Argumente ausgebaut und vertieft. Dies gilt auch für die Berufungserwiderungen.
Die Beklagte beantragt zu ihrer Berufung, das Endurteil des Landgerichts Bayreuth vom 29.08.2019 im Umfang der Beschwer der Beklagten abzuändern und die Klage (vollumfänglich) abzuweisen.
Die Klägerin stellt zu ihrer Berufung in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils folgende Anträge:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 22.908,20 € nebst Zinsen i.H.v. 5%- Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Verurteilung erfolgt Zug.um-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs der Marke X. vom Typ … mit der mit der FahrzeugIdentifizierungsnummer … nebst zwei Fahrzeugschlüsseln, Kfz-Schein und Serviceheft sowie Zahlung eines Nutzungsersatzes in Höhe von 4.876,46 €.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin
– Zinsen i.H.v. 4% aus einem Betrag i.H.v. 322,30 € seit dem 1. Juli 2015 – jeweils weitere Zinsen i.H.v. 4% aus 322,30 € zum 1. eines jeden Monats beginnend ab 1. August 2015 bis einschließlich 1. Dezember 2018, jeweils bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit zu zahlen.
Hilfsweise beantragt wird:
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Schadensersatz zu zahlen für Schäden, die aus der Ausstattung des Fahrzeugs der Marke X. vom Typ … mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer … mit der manipulierten Motorsoftware durch die Beklagte resultieren.
Weiter wird beantragt,
4. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in dem Klageantrag zu 1) genannten Zugum-Zug-Leistung im Annahmeverzug befinde
5. Es wird festgestellt, dass der in Antrag zu 1) bezeichnete Anspruch aus einer vorsätzlich unerlaubten Handlung der Beklagten herrührt
6. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.348,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und sie von weiteren 441,49 € freizustellen.
Beide Seiten beantragen, die Berufung der jeweiligen Gegenseite zurückzuweisen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Parteien den aktuellen Kilometerstand des streitgegenständlichen Fahrzeugs mit 98.678 km unstreitig gestellt.
Wegen des weiteren Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsschriftsätze und die weiteren im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
1. Die zulässige Berufung der Beklagten hat zu einem Teil (höherer Nutzungsersatz / Vorteilsausgleichung; kein Anspruch aus § 849 BGB; kein Annahmeverzug; geringere Kosten für die außergerichtliche Rechtsverfolgung), die zulässige Berufung der Klägerin hat in keinem Punkt Erfolg.
Die Klägerin kann von der Beklagten gemäß den §§ 826, 31 BGB die Zahlung von 13.557,75 € Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs X. mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer … verlangen, da die Beklagte in einer gegen die guten Sitten verstoßende Weise der Klägerin vorsätzlich einen Schaden zugefügt hat.
2. a. Die Beklagte hat in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise gehandelt, in dem sie den konkreten Motor hergestellt und anschließend in den Verkehr gebracht hat.
Sittenwidrig ist ein Verhalten, welches nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zu Tage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19; BGH, Urteil vom 28.06.2016, Az.: VI ZR 536/15, WM 2016, 1975). Schon zur Feststellung der Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (BGH, Urteil vom 28.06.2016, Az.: VI ZR 536/15, WM 2016, 1975). Insbesondere bei mittelbaren Schädigungen kommt es ferner darauf an, dass den Schädiger das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch in Bezug auf die Schäden desjenigen trifft, der Ansprüche aus § 826 BGB geltend macht (BGH, Urteil vom 07.05.2019, Az.: VI ZR 512/17, NJW 2019, 2164).
b. Im vorliegenden Fall ist das Verhalten der Beklagten im Verhältnis zur Klägerin objektiv als sittenwidrig zu qualifizieren. Die Beklagte hat auf der Grundlage einer für ihren Konzern getroffenen grundlegenden strategischen Entscheidung bei der Motorentwicklung im eigenen Kosten- und damit auch Gewinninteresse durch bewusste und gewollte Täuschung des Kraftfahrt-Bundesamtes systematisch, langjährig und in Bezug auf den Dieselmotor der Baureihe EA 189 in großer Stückzahl den Motor, der in Fahrzeuge der Beklagten bzw. anderer Automarken eingebaut wurde, in den Verkehr gebracht, obwohl dessen Motorsteuerungssoftware bewusst und gewollt so programmiert war, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte mittels einer unzulässigen Abschalteinrichtung nur auf dem Prüfstand eingehalten wurden (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19). Durch die Verwendung des Motors ging einerseits eine erhöhte Belastung der Umwelt mit Stickoxiden und andererseits die Gefahr einher, dass bei einer Aufdeckung dieses Sachverhalts eine Betriebsbeschränkung oder eine Betriebsuntersagung hinsichtlich der betroffenen Fahrzeuge erfolgen könnte (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19). Ein solches Verhalten ist im Verhältnis zu einer Person, die eines der bemakelten Fahrzeuge in Unkenntnis der illegalen Abschalteinrichtung erwirbt, besonders verwerflich und mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sogar dann, wenn es sich – wie hier – um den Erwerb eines Gebrauchtfahrzeugs handelt. Hierbei folgt die Sittenwidrigkeit aus einer Gesamtschau des festgestellten Verhaltens der Beklagten unter Berücksichtigung des verfolgten Ziels, der eingesetzten Mittel, der zu Tage getretenen Gesinnung und der eingetretenen Folgen (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19).
c. Die unzulässige Abschalteinrichtung wurde auf der Grundlage einer strategischen unternehmerischen Entscheidung über Jahre hinweg nicht nur im Unternehmen der Beklagten selbst, sondern auch bei mehreren Tochterunternehmen bzw. Konzernunternehmen in verschiedenen Fahrzeugmodellen durch aktive, im Hinblick auf dieses Ergebnis gewollte präzise Programmierung der Motorsteuerungssoftware zur Beeinflussung der Abgasrückführung in die Motorsteuerung eingebaut, wobei eine Entdeckung der verwendeten Motorsteuerungssoftware eine Betriebsbeschränkung oder eine Betriebsuntersagung hätte auslösen können. Das Fahrzeug entsprach wegen der gegen Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG verstoßenden Abschalteinrichtung nicht dem genehmigten Typ (BGH, Beschluss vom 08.01.2019, Az. VIII ZR 225/17). Nach dem Bekanntwerden der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung musste von der Beklagten zunächst eine technische Lösung entwickelt werden, die anschließend vom Kraftfahrt-Bundesamt freizugeben und in verschiedene Fahrzeugmodelle einzubauen war. Bis zu diesem Zeitpunkt bestand die Gefahr, dass die erforderliche technische Entwicklung nicht gelingen würde und die von dem Kraftfahrt-Bundesamt nachträglich angeordnete Nebenbestimmung zur Typengenehmigung nicht erfüllt werden könnte (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19).
Zusätzlich zu den tatsächlichen Unwägbarkeiten bestanden weiterhin erhebliche rechtliche Risiken. Die unzulässige Abschalteinrichtung hätte grundsätzlich dazu führen können, dass die Zulassungsbehörden eine Betriebsbeschränkung oder eine Betriebsuntersagung nach § 5 Abs. 1 Fahrzeug-Zulassungsverordnung vornehmen, da das Fahrzeug wegen der unzulässigen Abschalteinrichtung nicht dem genehmigten Typ entsprach (BGH Beschluss vom 08.01.2019, Az.: VIII ZR 225/17, NJW 2019, 1133). Möglich wäre unter Umständen auch die Rücknahme der rechtswidrig erlangten Typengenehmigung durch das Kraftfahrt-Bundesamt gewesen. Diese Gefahr bestand insbesondere aufgrund der rechtswidrigen Erlangung der Typengenehmigung (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19).
Vertrauensschutz bestand insoweit nicht, da die Beklagte die Typengenehmigung durch arglistige Täuschung erwirkt hatte (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19). Welche Maßnahmen die Behörden im Falle der Aufdeckung der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung ergreifen würden, stand insbesondere im Hinblick auf die arglistige Täuschung, die große Zahl der betroffenen Fahrzeuge und die nicht vorhersehbaren emissionsschutzrechtlichen Rahmenbedingungen im Vorhinein nicht fest (BGH Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19).
Das Ziel der Beklagten bestand darin, Fahrzeuge kostengünstiger als ihr sonst möglich zu produzieren und damit ihren Gewinn zu erhöhen. Auch wenn eine derartige Zielsetzung erlaubt und nicht „per se“ verwerflich ist, ist eine Verwerflichkeit aber dann anzunehmen, wenn das Ziel der Erhöhung des Gewinns auf der Grundlage einer strategischen Unternehmensentscheidung durch arglistige Täuschung der zuständigen Behörden erreicht werden soll und dieses Ziel mit einer Gesinnung verbunden ist, die sich sowohl im Hinblick auf die für den einzelnen Käufer möglicherweise eintretenden Folgen und Schäden als auch im Hinblick auf die insoweit geltenden Rechtsvorschriften, insbesondere zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und der Umwelt, gleichgültig zeigt (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19). Ein solches Verhalten verstößt in einer Weise gegen die Mindestanforderungen im Rechts- und Geschäftsverkehr auf dem hier betroffenen Markt für Kraftfahrzeuge, dass ein Ausgleich der bei dem einzelnen Käufer verursachten Vermögensschäden geboten erscheint. Gerade wenn sich die Käufer keine konkreten Vorstellungen über die Rechtsbeständigkeit der Typengenehmigung und die Erfüllung der gesetzlichen Abgasgrenzwerte gemacht haben, war das Inverkehrbringen des mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Motors sittenwidrig und stand wertungsmäßig einer unmittelbaren arglistigen Täuschung der Käufer gleich (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19). Aufgrund der technischen Funktionsweise mussten arglose Käufer mangels eigener Möglichkeit, die Einhaltung entsprechender gesetzlicher Vorgaben zu kontrollieren bzw. nachzuvollziehen, darauf vertrauen, dass die Beklagte als Herstellerin des Motors bei ihrem Fahrzeug die gesetzlichen Vorgaben einhielt. Aufgrund der gesetzlichen Regelungen sowie der Pflichten im Hinblick auf das Typengenehmigungsverfahren konnten sich die Käufer insoweit auch auf ein rechtmäßiges Verhalten der Beklagten verlassen (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19). Der Käufer eines Fahrzeugs setzt daher die Einhaltung der entsprechenden Vorgaben arglos als selbstverständlich voraus. Hierbei ist es gleichgültig, ob es sich um einen Neuwagen oder ein gebrauchtes Fahrzeug handelt (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az: VI ZR 252/19).
Die Beklagte trifft das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade im Hinblick auf die Schädigung aller unwissenden Käufer der bemakelten Fahrzeuge. Diese Schädigung stellt die zwangsläufige Folge des Inverkehrbringens des mit der unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Motors dar und liegt unmittelbar in der Zielrichtung des sittenwidrigen Verhaltens der Beklagten (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19).
3. Die grundlegende strategische Entscheidung in Bezug auf die Entwicklung und Verwendung der unzulässigen Motorsteuerungssoftware wurde von den im Haus der Beklagten für die Motorentwicklung verantwortlichen Personen, namentlich dem vormaligen Leiter der Entwicklungsabteilung und den für die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten der Beklagten verantwortlichen vormaligen Vorständen, wenn nicht selbst, so zumindest mit ihrer Kenntnis und Billigung getroffen bzw. jahrelang umgesetzt. Dieses Verhalten ist der Beklagten gemäß § 31 BGB zuzurechnen (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19).
Der Leiter der Entwicklungsabteilung eines großen, weltweit tätigen Automobilherstellers wie der Beklagten hat eine für dessen Kerngeschäft verantwortliche, in besonderer Weise herausgehobene Position als Führungskraft inne. Daraus folgt unmittelbar, dass ihm bedeutsame, wesensmäßige Funktionen des Unternehmens zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, er also das Unternehmen auf diese Weise repräsentiert (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19). Damit hat es sich bei dem Leiter der Entwicklungsabteilung um einen verfassungsmäßigen Vertreter der Beklagten gehandelt.
Zudem hat der vormalige Vorstand der Beklagten von der Entwicklung und Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung gewusst (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19). Im vorliegenden Fall trägt die Beklagte auch eine sekundäre Darlegungslast. Die Klägerin hat bereits in ihrer Klageschrift vom 21.12.2018 hinreichende Anhaltspunkte für eine Kenntnis des Vorstands von der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung vorgetragen (dort insbesondere S. 12 ff. und S. 53 ff.). So wird insbesondere auf die Kenntnis von Prof. Dr. M. (ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Beklagten) abgestellt (Seite 13) und u.a. zu zum Teil noch aktuelle Vorstandsmitglieder (insoweit Antrag auf Parteivernehmung) ausgeführt, dass und warum Kenntnis auf Vorstandsebene vorgelegen haben muss. Die Beklagte hat daraufhin nicht ausreichend dargelegt, welche Ermittlungen mit welchen Ergebnissen sie im Hinblick auf die Verwendung der unzulässigen Motorsteuerungssoftware angestellt hat und über welche Erkenntnisse sie insoweit verfügt. Dies wäre der Beklagten aber möglich und zumutbar gewesen (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19).
4. a. Der Klägerin ist durch das sittenwidrige Verhalten der Beklagten ein Schaden in Gestalt des Abschlusses des Kaufvertrags über das mit einer unzulässigen Motorsteuerungssoftware ausgestatteten Fahrzeugs X. … entstanden; jedoch ausschließlich durch den Kaufvertrag, nicht hingegen durch die Entscheidung, den für den Ankauf eines Kraftfahrzeugs erforderlichen Betrag zu finanzieren.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Schaden nicht nur dann gegeben, wenn sich bei dem vorzunehmenden Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre, ein rechnerisches Minus ergibt. Auch wenn es nach der sogenannten Differenzhypothese zu keinem rechnerischen Schaden kommt, ist die Bejahung eines Vermögensschadens auf einer anderen Beurteilungsgrundlage nicht von vornherein ausgeschlossen (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19). Die Differenzhypothese muss stets einer normativen Kontrolle unterzogen werden. Hierbei ist einerseits das konkret haftungsbegründende Ereignis als Haftungsgrundlage zu berücksichtigen. Andererseits ist die darauf beruhende Vermögensminderung unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände sowie der Verkehrsauffassung in die Betrachtung einzubeziehen. Erforderlich ist eine wertende Überprüfung des anhand der Differenzhypothese gewonnenen Ergebnisses gemessen am Schutzzweck der Haftung und an der Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes (BGH vom 28.10.2014, Az.: VI ZR 15/14, WM 2014, 2318). Da der Schadensersatz dazu dient, den konkreten Nachteil des Geschädigten auszugleichen, ist der Schadensbegriff im Ansatz subjektbezogen. Wird jemand durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages (beispielsweise zum Erwerb eines Pkw`s) gebracht, den er sonst nicht abgeschlossen hätte, kann er auch bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung einen Vermögensschaden dadurch erleiden, dass die Leistung für seinen Zweck nicht voll brauchbar ist. Die Bejahung eines Vermögensschadens unter diesem Aspekt setzt allerdings voraus, dass die durch den unerwünschten Vertrag erlangte Leistung nicht nur aus rein subjektiv willkürlicher Sicht als Schaden angesehen wird, sondern dass auch die Verkehrsanschauung bei Berücksichtigung der obwaltenden Umstände den Vertragsschluss als unvernünftig, den konkreten Vermögensinteressen nicht angemessen und damit als nachteilig ansieht (BGH, Urteil vom 28.10.2014, Az.: VI ZR 15/14, WM 2014, 2318).
Im Fall einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung dient der Schadensersatzanspruch nicht nur dem Ausgleich jeder nachteiligen Einwirkung durch das sittenwidrige Verhalten auf die objektive Vermögenslage des Geschädigten. Vielmehr muss sich der Geschädigte auch von einer auf dem sittenwidrigen Verhalten beruhenden Belastung mit einer „ungewollten“ Verpflichtung wieder befreien können. Schon eine solche stellt unter den dargelegten Voraussetzungen einen gemäß § 826 BGB zu ersetzenden Schaden dar (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19).
b. Im vorliegenden Fall wurde die Klägerin durch ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten dazu veranlasst, mit dem Erwerb gerade des mit einem Dieselmotor vom Typ EA 189 streitgegenständlichen Pkw`s – statt eines anderen von der Beklagten oder einem anderen Autobauer hergestellten Fahrzeugs – eine ungewollte Verpflichtung einzugehen. Hierbei kann dahinstehen, ob die Klägerin einen Vermögensschaden dadurch erlitten hat, dass im Zeitpunkt des Erwerbs des Fahrzeugs eine objektive Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung nicht gegeben war. Ein Schaden ist jedenfalls dadurch eingetreten, dass der Erwerb des gerade streitgegenständlichen Pkw`s nach den oben genannten Grundsätzen als unvernünftig anzusehen ist. Es gab zahlreiche Alternativen auch und gerade auf dem Gebrauchtwagenmarkt. Die Klägerin hat durch den ungewollten Erwerb eines Fahrzeugs mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 eine Leistung erhalten, die für ihren Zweck nicht voll brauchbar war (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19). Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist auszuschließen, dass ein Käufer ein Fahrzeug erwirbt, dem eine Betriebsbeschränkung oder Betriebsuntersagung droht und bei dem im Zeitpunkt des Erwerbs in keiner Weise absehbar ist, ob diese Probleme behoben werden können (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19).
Von diesem sich aus der allgemeinen Lebenserfahrung ergebenden Erfahrungssatz geht auch der Senat aus (§ 286 ZPO). Bei einem zur persönlichen Nutzung erworbenen Kraftfahrzeug sind dessen Gebrauchsfähigkeit und dessen ständige Verfügbarkeit von so großer Bedeutung, dass die vorübergehende Entziehung bzw. die Gefahr der vorübergehenden Entziehung dieses Fahrzeugs einen Vermögensschaden darstellen. Ein Käufer, dem es auf die Gebrauchsfähigkeit seines Fahrzeugs ankommt, würde niemals ein Modell erwerben, bei dem auch nur die abstrakte Gefahr einer Betriebsbeschränkung oder Betriebsuntersagung besteht. Aufgrund der Existenz der unzulässigen Motorsteuerungssoftware war das Fahrzeug im Erwerbszeitpunkt mit einem „verdeckten Sachmangel“ behaftet, der zu einer Betriebsbeschränkung oder Betriebsuntersagung hätten führen können (BGH, Beschluss vom 08.01.2019, Az.: VIII ZR 225/17, NJW 2019, 1133). Damit kann die Klägerin grundsätzlich den Ersatz des Kaufpreises verlangen, nicht aber die mit einer Finanzierung des Fahrzeugkaufs verbundenen Kosten, denn diese wären auch bei dem Ankauf eines anderen Fahrzeugs angefallen, stehen also nicht in unmittelbarem Kausalzusammenhang mit dem Erwerb gerade des bemakelten Fahrzeugs.
c. Der gemäß § 249 Abs. 1 BGB mit Vertragsschluss entstandene Schadensersatzanspruch der Klägerin auf (Rück-)Zahlung des für das bemakelte Fahrzeug gezahlten Kaufpreises erlischt nicht, wenn sich der objektive Wert oder der Zustand des Fahrzeugs infolge neuer Umstände, beispielsweise der Aufdeckung des verdeckten Sachmangels oder der Durchführung eines Software-Updates, verändert. Der unter Verletzung des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts der Klägerin sittenwidrig herbeigeführte ungewollte Vertragsschluss wird durch das später durchgeführte Software-Update nicht rückwirkend zu einem gewollten Vertragsschluss (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19).
5. Die verfassungsmäßig berufenen Vertreter der Beklagten haben vorsätzlich gehandelt.
Der nach § 826 BGB erforderliche Vorsatz enthält ein Wissens- und ein Wollenselement. Der Handelnde muss die Schädigung des Anspruchstellers gekannt bzw. vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen, jedenfalls aber für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben. Hierbei braucht der Handelnde nicht zu wissen, welche oder wie viele Personen durch sein Verhalten geschädigt werden. Vielmehr reicht es aus, dass er die Richtung, in der sich sein Verhalten zum Schaden anderer Personen auswirken könnte, und die Art des möglicherweise eintretenden Schaden vorausgesehen und mindestens billigend in Kauf genommen hat (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19; BGH, Urteil vom 19.07.2004, Az.: II ZR 402/02, BGHZ 160, 149, 156). Es genügt hierbei nicht, wenn die relevanten Tatumstände lediglich objektiv erkennbar waren und der Handelnde sie hätte kennen können oder kennen müssen oder sie sich ihm sogar hätten aufdrängen müssen. In einer solchen Situation ist lediglich Fahrlässigkeit gegeben (BGH, Urteil vom 28.06.2016, Az.: VI ZR 536/15, WM 2016, 1975). Es kann aber durchaus gerechtfertigt sein, im Einzelfall aus dem Wissen einer natürlichen Person auf deren Willen zu schließen. Aus der Art und Weise eines sittenwidrigen Handelns kann sich die Schlussfolgerung ergeben, dass mit Schädigungsvorsatz gehandelt worden ist (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19; BGH, Urteil vom 22.02.2019, Az.: V ZR 244/17, BGHZ 221, 229).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Senat davon überzeugt, dass die für die Beklagte handelnden Personen, namentlich der vormalige Leiter der Entwicklungsabteilung und das für Forschung und Entwicklung zuständige ehemalige Vorstandsmitglied, mit dem erforderlichen Schädigungsvorsatz handelten. Diese trafen die mit der bewussten Täuschung des Kraftfahrtbundesamtes verbundene strategische Entscheidung zur Entwicklung, der Verwendung und dem Einbau der unzulässigen Motorsteuerungssoftware. Bereits nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass diesen bewusst war, dass niemand ein Fahrzeug mit dem Risiko einer Betriebsbeschränkung oder Betriebsuntersagung erwerben würde oder bei Kenntnis dieses Risikos einen erheblichen Abschlag vom Kaufpreis fordern würde.
6. Der deliktische Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte führt auch zum Anspruch auf die beantragte Feststellung der rechtlichen Qualifikation des Anspruchs als aus vorsätzlich unerlaubter Handlung der Beklagten herrührend. Zutreffend hat das Landgericht Bayreuth insoweit auf ein rechtliches Interesse der Klägerin an dieser Feststellung hingewiesen, das sich jedenfalls aus § 302 Nr. 1 InsO (= Ausnahme von der Erteilung einer etwaigen Restschuldbefreiung im Insolvenzfall) ergibt.
7. a. Grundsätzlich ist der Klägerin ein Schaden in Höhe des Kaufpreises entstanden, wobei sie sich allerdings hierauf im Wege des Vorteilsausgleichs die von ihr gezogenen Nutzungen in Gestalt der langjährigen Fahrten mit dem Fahrzeug anrechnen lassen muss.
Die Grundsätze der Vorteilsausgleichung gelten auch für einen Anspruch aus vorsätzlich sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB (BGH, Urteil vom 28.06.2016, Az.: VI ZR 536/15, WM 2016, 1975; BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19). Durch den Vorteilsausgleich soll ein gerechter Ausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt werden. Die geschädigte Person darf einerseits im Hinblick auf das schadensersatzrechtliche Bereicherungsverbot nicht bessergestellt werden, als sie ohne das schädigende Ereignis stünde. Andererseits sind nur diejenigen durch das Schadensereignis bedingten Vorteile auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen, deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt, also dem Geschädigten zumutbar ist und den Schädiger nicht unangemessen belastet (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19). Der Anrechnung des Nutzungsersatzes steht auch nicht die sich aus § 817 S. 2 BGB ergebende Wertung entgegen. Der Ausnahmecharakter der Vorschrift des § 817 BGB verbietet es, ihr einen über das Bereicherungsrecht hinausreichenden allgemeinen Rechtsgedanken zu entnehmen und das Rückforderungsverbot auf andere als bereicherungsrechtliche Ansprüche auszudehnen (BGH, Urteil vom 09.10.1991, Az.: VIII ZR 19/91, NJW 1992, 310, 311).
b. Unstreitig ist die Klägerin mit dem streitgegenständlichen Pkw X. … 73.578 km gefahren. Die zu erwartende Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs schätzt der Senat gemäß § 287 BGB (so wie bereits das Landgericht Bayreuth) auf 250.000 km. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Motoren der Beklagten eine überdurchschnittliche Qualität haben. Dies gilt auch für Fahrzeuge, in die die Motoren eingebaut werden. Es ist jedoch auch zu beachten, dass Fahrzeuge, die eine Laufleistung von mehr als 250.000 km haben, auf dem Markt nahezu keinen wirtschaftlichen Verkehrswert mehr besitzen.
Die Höhe des Vorteilsausgleichs errechnet sich nach der Formel „Bruttokaufpreis x gefahrene Kilometer der Klägerin: erwartete Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt“. Dies ergibt einen auszugleichenden Gebrauchsvorteil in Höhe von 6.592,25 € der von dem Kaufpreis in Höhe von 20.150,00 € in Abzug zu bringen ist.
c. Die Klägerin ist zudem im Wege des Vorteilsausgleichs verpflichtet, das Fahrzeug an die Beklagte zu übergeben und zu übereignen. Somit besteht ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz in Höhe von 13.557,75 € Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs X. …, FIN: ….
8. Die Klägerin hat Anspruch auf Erstattung vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten aus einem Streitwert von 14.705,29 € gemäß §§ 826, 249 BGB. Maßgeblich ist der zum Zeitpunkt der Beauftragung der Geltendmachung des Anspruchs anzusetzende Wert. Ausweislich des vorgerichtlichen Schreibens der anwaltlichen Vertreter der Klägerin hatte diese seinerzeit mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug bereits 60.770 km zurückgelegt. Zu diesem Zeitpunkt ist bereits die Gebühr nach 2300 VV-RVG angefallen. Diese Gebühr entsteht bei einleitenden Tätigkeiten, beispielsweise die Anlegung der Akte und die Ermittlung weiterer Informationen zur Vorbereitung eines Klageverfahrens. Unerheblich ist, ob die schriftliche Aufforderung zum Anerkenntnis der Pflicht zur Leistung von Schadensersatz durch Anwaltsschriftsatz vom 20.11.2018 notwendig war oder nicht. Zu berücksichtigen ist, dass zunächst eine außergerichtliche Geltendmachung der Forderung stets angezeigt ist, um zu verhindern, dass bei sofortiger Klageerhebung ein sofortiges Anerkenntnis mit der Kostenfolge des § 93 ZPO abgegeben werden kann.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe einer Geschäftsgebühr von 1,3. Die Sache, mit der die Klägervertreter im Jahr 2018 beauftragt wurden, ist seinerzeit weder besonders schwierig noch besonders umfangreich gewesen. Die Problematik war in Rechtsprechung und Lehre bereits intensiv thematisiert worden. Der Sachverhalt ist zudem überschaubar. Einschließlich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer ergibt sich daher ein erstattungsfähiger Betrag von 1.029,35 €.
9. a. Der Zinsanspruch ab 29.01.2019 ergibt sich aus den §§ 291, 288 i.V.m. 187 BGB.
b. Ein Anspruch auf Zinsen nach den §§ 286, 288 BGB besteht nicht, da sich die Beklagte vor Klageerhebung nicht im Verzug gemäß § 286 BGB befand. Auch wirksam in Annahmeverzug wurde die Beklagte von der Klägerin nicht gesetzt.
Die Klägerin hat mit vorgerichtlichem Anwaltsschriftsatz unter Fristsetzung von der Beklagten die Anerkennung sämtlicher Schäden bzw. zukünftiger Schäden, die aus dem Erwerb des Fahrzeugs resultieren, gefordert. Die Beklagte konnte nicht ermitteln, welche Höhe diese haben sollen und mit welcher Zahlung die Klägerin sich – dies einerseits bei Rückgabe andererseits bei Belassung des Fahrzeugs in ihrem Eigentum und Besitz – zufrieden geben würde. Die Forderung eines zu hohen oder ungenannten Betrags ist aber nur dann eine wirksame Mahnung, wenn der Schuldner die Erklärung des Gläubigers nach den Umständen des Falles als Aufforderung zur Bewirkung der tatsächlich geschuldeten Leistung verstehen muss und der Gläubiger zur Annahme der gegenüber seinen Vorstellungen geringeren Leistung bereit ist (BGH, Urteil vom 05.10.2005, Az.: 10 ZR 276/02). Weitere Verzugsvoraussetzung ist, dass der Schuldner den geschuldeten Betrag zuverlässig ermitteln kann (BGH, Urteil vom 09.11.2000, Az.: VII ZR 82/99). Im vorliegenden Fall war die Beklagte aufgrund der fragmentarischen und ambivalenten Angaben im vorprozessualen Schriftsatz schon zur Frage der Schadensberechnung nicht in der Lage, den tatsächlich geschuldeten Betrag zuverlässig zu ermitteln. Es war nicht klar, welchen Zahlungsbetrag die Klägerseite akzeptieren würde. Es war nicht klar, ob die Klägerin ihr Fahrzeug behalten oder an die Beklagte herausgeben will. Die Klage und die erhebliche Zuvielforderung durch die Klägerin bestätigt dann, dass keine wirksame Mahnung im Sinne des § 286 BGB vorliegt, welche geeignet wäre, die Verzugswirkungen zu begründen.
Ein Annahmeverzug gemäß § 293 BGB setzt voraus, dass der Schuldner die Leistung so anbietet, wie er sie leisten darf (Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl., § 293 Rn. 8 ff.). Die Klägerin machte die Übergabe ihres Kraftfahrzeugs an die Beklagte jedoch bereits vor Klageerhebung und dann durch beide Gerichtsinstanzen von Zahlungen abhängig, die ihr nicht zustanden. Auf die voranstehenden Ausführungen und die folgenden zum auf § 849 BGB gestützten Begehren kann Bezug genommen werden.
c. Ein Anspruch der Klägerin auf Deliktszinsen gemäß § 849 BGB ab dem Kauf des Fahrzeugs bzw. der Zahlung des Kaufpreises besteht nicht.
§ 849 BGB billigt dem Geschädigten ohne Nachweis eines konkreten Schadens Zinsen als pauschalierten Schadensersatz für die entgangene Nutzung einer ihm durch den Schädiger entzogenen oder beschädigten Sache zu. Der Zinsanspruch soll den endgültig verbleibenden Verlust an Nutzbarkeit der Sache ausgleichen, der durch den späteren Gebrauch derselben oder einer anderen Sache nicht nachgeholt werden kann. Die Norm greift nicht nur bei Sachentziehung oder -beschädigung, sondern auch in den Fällen, in denen dem Geschädigten Geld entzogen wurde. § 849 BGB ist nach seinem Wortlaut auch nicht auf die Wegnahme beschränkt und verlangt nicht, dass die Sache ohne oder gegen den Willen des Geschädigten entzogen wird (BGH, Versäumnisurteil vom 26.11.2007, Az. II ZR 167/06, juris Rn. 4). Der Regelung kann jedoch ein allgemeiner Rechtsgrundsatz dahin, dass deliktische Schadensersatzansprüche stets von ihrer Entstehung an zu verzinsen seien, nicht entnommen werden (BGH, Urteil vom 12.06.2018, Az. KZR 56/16 -, juris; Wagner in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage, § 849 BGB, Rn. 2 ff.). Vielmehr ist maßgeblich der Zweck der Norm zu berücksichtigen, den später nicht mehr nachholbaren Verlust der Nutzbarkeit einer Sache auszugleichen (BGH, Versäumnisurteil vom 26.11.2007, Az. II ZR 167/06, juris Rn. 4; OLG München, Urteil vom 06.04.2020, Az. 21 U 3039/19, juris Rn. 74 ff.). Die in der Rechtsprechung anerkannten Fallkonstellationen betreffen danach alleine solche Fälle, in denen ein Geldbetrag dem Geschädigten ersatzlos entzogen wurde (OLG Bamberg, Urteil vom 17.03.2020, Az.: 5 U 154/19).
Dieser Schutzzweck ist hier nicht betroffen, da die Klägerin zwar einen Geldbetrag in Höhe des Kaufpreises weggegeben hat, sie dafür im Gegenzug aber den streitgegenständlichen Pkw X. … erworben und erhalten hat, den sie anschließend jederzeit nutzen konnte und auch tatsächlich genutzt hat (OLG Bamberg, Urteil vom 17.03.2020, Az.: 5 U 154/19; OLG Hamm, Urteil vom 10.09.2019, Az. 13 U 149/18, juris Rn. 99; OLG Koblenz, Urteil vom 28.08.2019, Az. 5 U 1218/18, juris Rn. 109; OLG Karlsruhe, Urteil vom 6. 11.2019, Az. 13 U 37/19, juris Rn. 137 m.w.N.; OLG München, Urteil vom 06.04.2020, Az. 21 U 3039/19, juris Rn. 74 ff.; a.A.: OLG Oldenburg, Urteil vom 2.10.2019, BeckRS 2019, 23205 Rn. 41; Az. 5 U 47/19, OLG Zweibrücken, Urteil vom 07.01.2020, Az. 5 U 68/19, BeckRS 2020,6172; OLG Köln, Urteil vom 17.07.2019, Az. 16 U 199/18, juris Rn. 29; OLG Brandenburg, Urteil vom 03.06.2020, Az. 4 U 139/19, juris Rn. 60). Ein etwaiger Minderwert des Fahrzeuges hat hierauf keinen Einfluss (OLG Karlsruhe, Urteil vom 6.11. 2019, Az. 13 U 37/19, juris Rn. 137; a. A. OLG Koblenz, Urteil vom 16.09.2019, Az. 12 U 61/19, juris Rn. 84). Zudem ist sicher davon auszugehen, dass der aufgewandte, über eine Darlehensaufnahme erlangte Kaufpreis bei Kenntnis des vorliegenden Mangels nicht im Vermögen der Klägerin verblieben wäre, sondern sie stattdessen (in etwa) den zum Ankauf des von der Beklagten hergestellten Fahrzeugs aufgewendeten Geldbetrag in den Kauf eines anderen Fahrzeugs investiert hätte, weshalb keine auf das deliktische Handeln der Beklagten zurückzuführende entgangene Nutzungsmöglichkeit am Geld vorliegt (OLG Koblenz, Urteil vom 28.08.2019, Az. 5 U 1218/18, juris Rn. 109; OLG Karlsruhe, Urteil vom 6.11.2019, Az. 13 U 37/19, juris Rn. 139; OLG München, Urteil vom 06.04.2020, Az. 21 U 3039/19, juris Rn. 76).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 ZPO.
Bei der Kostenverteilung war auch das Unterliegen der Klägerseite mit den geltend gemachten Deliktszinsen in Ansatz zu bringen.
Auch wenn die Zinsforderung sich als Nebenforderung grundsätzlich nicht streitwerterhöhend ausgewirkt hat, ist das diesbezügliche klägerische Unterliegen aufgrund der Höhe der Zinsforderung (mehr als 10% der Hauptforderung) bei der Kostenverteilung zu berücksichtigen (BGH Urteil vom 04.06.1992, Az.: IX ZR 149/91; Zöller/Herget, Kommentar zur ZPO, 33. Aufl., 2020, § 92 ZPO, Rdnr. 3 und Rdnr. 11).
IV.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
V.
Die Revision war zuzulassen, weil die Frage des Bestehens eines Anspruchs auf Zahlung von Deliktszinsen gemäß § 849 BGB umstritten ist. Es bestehen unterschiedliche Rechtsauffassungen auch auf der Ebene der Oberlandesgerichte (vgl. Teil II. 9 c.). Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Anwendbarkeit von § 849 BGB in vergleichbaren Fällen liegt bisher nicht vor.


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