Handels- und Gesellschaftsrecht

Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen zivilgerichtliche Entscheidungen zu einer Grunddienstbarkeit – hier Grenzbebauungsrecht

Aktenzeichen  Vf. 14-VI-18

Datum:
12.4.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 7685
Gerichtsart:
VerfGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verfassungsgerichtsbarkeit
Normen:
BV Art. 103, Art. 113
VfGHG Art. 51 Abs. 1 S. 1
ZPO § 522 Abs. 2

 

Leitsatz

Mangels ausreichender Substanziierung unzulässige Verfassungsbeschwerde gegen zivilgerichtliche Entscheidungen zu einer Grunddienstbarkeit (Grenzbebauungsrecht).
1. In Fällen, in denen eine angegriffene Entscheidung auf eine vorangegangene andere Entscheidung oder einen Hinweis des Gerichts Bezug nimmt, reicht es nicht aus, wenn lediglich die angegriffene Entscheidung selbst, nicht jedoch die in Bezug genommenen Entscheidungen vorgelegt werden. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Selbst für den Fall, dass eine an sich notwendige Genehmigung nach der Bayerischen Haushaltsordnung nicht vorliegt, tritt zunächst nur schwebende Unwirksamkeit der dinglichen Einigung ein. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Rechtsfolge der schwebenden Unwirksamkeit bei Fehlen der erforderlichen behördlichen Genehmigung ist Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens. Der Möglichkeit der nachträglichen Aufhebung rechtswidriger Verwaltungsakte im Bereich des öffentlichen Rechts entspricht daher privatrechtlich die schwebende Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts bis zur endgültigen Entscheidung darüber, ob die Genehmigung erteilt wird oder nicht. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

20 U 2511/17 2017-12-11 Bes OLGMUENCHEN OLG München

Tenor

1. Die Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen.
2. Den Beschwerdeführern wird eine Gebühr von 1.000 € auferlegt.

Gründe

I.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen ein klageabweisendes Urteil des Landgerichts Landshut vom 20. Juni 2017 Az. 73 O 3073/16 und einen die Berufung gegen dieses Urteil zurückweisenden Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 11. Dezember 2017 Az. 20 U 2511/17. Die Beschwerdeführer hatten von den Beklagten des Ausgangsverfahrens die Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs dahingehend begehrt, dass das zulasten ihres Grundstücks und zugunsten des im Eigentum der Beklagten stehenden Nachbargrundstücks als Dienstbarkeit eingetragene Grenzbebauungsrecht unwirksam und damit zu löschen sei. Hilfsweise hatten sie von den Beklagten die Zustimmung zur Löschung der Grunddienstbarkeit verlangt. Daneben forderten sie von den Beklagten den Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten.
1. Die Beschwerdeführer und die Beklagten sind Eigentümer benachbart liegender Grundstücke. Bei beiden Grundstücken sind zugunsten des Eigentümers des jeweils anderen Nachbargrundstücks im Grundbuch Grunddienstbarkeiten eingetragen, die ein sogenanntes Grenzbebauungsrecht absichern. Der jeweilige Eigentümer verzichtet danach gegenüber dem begünstigten Nachbareigentümer auf Einwendungen im Baugenehmigungsverfahren gegen eine Grenzbebauung. Die Eintragungen im Grundbuch basieren auf Bewilligungen der Voreigentümer vom 18. November 1980. Voreigentümer des Grundstücks der Beschwerdeführer war der Freistaat Bayern, vertreten durch das staatliche Gesundheitsamt, die Voreigentümer der Beklagten betrieben in dem an die Grenze gebauten Gewerbegebäude auf ihrem Grundstück eine Papierfabrik. Die zuständige Bauaufsichtsbehörde genehmigte den Beklagten mit Bescheid vom 20. Juni 2016 den Umbau, die Erweiterung und die Nutzungsänderung des auf ihrem Grundstück befindlichen Gewerbegebäudes in ein Boarding-House. Gegen diese Genehmigung wandten sich die Beschwerdeführer auch in einem verwaltungsgerichtlichen Anfechtungsverfahren.
2. Mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2016 erhoben die Beschwerdeführer Klage zum Landgericht Landshut, mit der sie von den Beklagten die Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs, hilfsweise die Bewilligung zur Löschung der zu deren Gunsten eingetragenen Grunddienstbarkeit begehrten. Die Grunddienstbarkeit sei nicht wirksam entstanden und das Grundbuch dadurch unrichtig. An einer nach der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO) notwendigen Genehmigung der Bewilligung der Grunddienstbarkeit durch das Staatsministerium der Finanzen habe es seinerzeit gefehlt. Die Grunddienstbarkeit sei außerdem nach ihrem Inhalt widersprüchlich und auch deshalb unwirksam. Schließlich sei sie sittenwidrig, weil ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bestehe, was auf das dingliche Rechtsgeschäft durchschlage.
Mit dem angegriffenen Endurteil vom 20. Juni 2017 wies das Landgericht die Klage ab. Das Grundbuch sei nicht unrichtig, vielmehr stimme dessen Inhalt mit der tatsächlichen Rechtslage überein. Eine Berichtigung könne nicht verlangt werden. Die Grunddienstbarkeit sei weder widersprüchlich noch unbestimmt. Der Verzicht auf die Einhaltung nachbarrechtlicher Vorschriften sei zulässiger Inhalt einer Grunddienstbarkeit. Ein Totalverzicht genüge dem Bestimmtheitsgrundsatz. Auch sei die Grunddienstbarkeit nicht wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot unwirksam. Selbst wenn gegen eine Genehmigungspflicht nach der Bayerischen Haushaltsordnung verstoßen worden sein sollte, entfalte diese Norm keine drittschützende Wirkung zugunsten privater Dritter. Auch liege ein Verstoß gegen die guten Sitten nicht vor, bei gegenseitigem Rechtsverzicht müsse der Vorteil für beide Grundstücke nicht gleich groß sein. Ein Anspruch auf Löschung der Grunddienstbarkeit scheide aus, weil das herrschende Grundstück der Beklagten nach wie vor Vorteile aus der Belastung ziehe und sich der Verzicht auf Einwendungen auch auf ein neues Bauvorhaben beziehen könne.
3. Gegen das klageabweisende Urteil legten die Beschwerdeführer in vollem Umfang Berufung ein, mit der sie ihre erstinstanzlichen Begehren weiterverfolgten.
Das Oberlandesgericht München erteilte mit Beschluss vom 26. Oktober 2017 den Hinweis, dass es beabsichtige, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil der Senat einstimmig der Auffassung sei, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe. Zur Begründung führte das Oberlandesgericht aus, die Grunddienstbarkeit sei inhaltlich hinreichend bestimmt. Die Auslegung des Inhalts des Grundbuchs ergebe im Zusammenhang mit der Eintragungsbewilligung den Verzicht auf sämtliche Einwendungen, die in einem Baugenehmigungsverfahren gegen eine etwaige Grenzbebauung an der gemeinsamen Grundstücksgrenze von dem Eigentümer des benachbarten Grundstücks erhoben werden könnten. Ein solcher materiellrechtlicher Verzicht auf öffentlichrechtliche Abwehransprüche könne zulässiger Inhalt einer Ausschlussdienstbarkeit im Sinn von § 1018 BGB sein. Soweit sich die Beschwerdeführer auf eine Unwirksamkeit der Bestellung der Grunddienstbarkeit wegen Fehlens einer Genehmigung aufgrund haushaltsrechtlicher Vorschriften nach der Bayerischen Haushaltsordnung beriefen, habe das Landgericht zu Recht offengelassen, ob diese Genehmigung seinerzeit erteilt worden sei. Selbst wenn sie gefehlt habe, führe dies zunächst nur zu schwebender Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts. Mit der späteren Veräußerung des Grundstücks vom Freistaat Bayern an die Beschwerdeführer als Privatpersonen sei die Genehmigungsbedürftigkeit entfallen. Damit habe die dingliche Einigung jedenfalls im Nachhinein mit rückwirkender Kraft wirksam werden können. Anhaltspunkte für eine Sittenwidrigkeit der Einigung über die Bestellung der Grunddienstbarkeit gebe es nicht. Ob zwischen den gegenseitig erklärten Einwendungsverzichten Gleichwertigkeit bestehe, sei unmaßgeblich, weil auch ein einseitiger Einwendungsverzicht nicht zur Sittenwidrigkeit führe. Auch ein Anspruch auf Aufhebung der Grunddienstbarkeit bestehe nicht. Die Dienstbarkeit entfalte weiterhin Nutzen zugunsten der Berechtigten; sie habe sich nicht ausschließlich auf ein früheres Bauvorhaben bezogen.
Die Beschwerdeführer wandten sich mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2017 gegen die Zurückweisung der Berufung.
Mit dem ebenfalls angegriffenen Beschluss vom 11. Dezember 2017 wies das Oberlandesgericht die Berufung der Beschwerdeführer gegen das Urteil des Landgerichts gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurück. Zur Begründung nahm es Bezug auf den vorausgegangenen Hinweis vom 26. Oktober 2017 und ging ergänzend auf die Argumente der Beschwerdeführer im Schriftsatz vom 4. Dezember 2017 ein.
Auch die Ausführungen in der Gegenerklärung der Beschwerdeführer gäben zu einer Änderung keinen Anlass. Die Grunddienstbarkeit sei hinreichend bestimmt, Unklarheiten seien nicht ersichtlich. Der Verzicht auf Einwendungen beziehe sich auch auf künftige Bauvorhaben. Selbst wenn eine Genehmigung der Bewilligung der Grunddienstbarkeit nach bayerischem Haushaltsrecht ursprünglich gefehlt haben sollte, sei der Schutzzweck des Genehmigungsvorbehalts durch die Veräußerung des Grundstücks an eine Privatperson entfallen. Auf die Ausführungen zum nachträglichen Wirksamwerden der dinglichen Einigung im Hinweisbeschluss des Gerichts werde Bezug genommen.
II.
1. Mit ihrer am 19. Februar 2018 eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer die Verletzung des Rechts auf Eigentum (Art. 103 Abs. 1 BV) sowie einen Verstoß gegen das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV). Der Verfassungsbeschwerde waren in Ablichtung ausschließlich das Urteil des Landgerichts Landshut vom 20. Juni 2017 und der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 11. Dezember 2017, der den Bevollmächtigten der Beschwerdeführer am 18. Dezember 2017 zugegangen ist, beigefügt. Der Verfassungsbeschwerde insbesondere nicht beigegeben war der Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts München vom 26. Oktober 2017, auf den im Beschluss vom 11. Dezember 2017 mehrfach inhaltlich verwiesen wird. Schriftsätze aus dem Ausgangsverfahren waren der Verfassungsbeschwerde ebenfalls nicht beigefügt. Den Beschluss vom 26. Oktober 2017 und den Schriftsatz vom 4. Dezember 2017 haben die Beschwerdeführer erst mit ihrem Schriftsatz vom 10. April 2018 beim Verfassungsgerichtshof eingereicht. Zur Begründung der Verfassungsbeschwerde führen die Beschwerdeführer insbesondere aus:
a) Die Verfassungsbeschwerde sei zulässig eingelegt. Die gerügten Verfassungsverstöße seien bereits in der Beschwerdeschrift selbst und mithin innerhalb der Beschwerdefrist hinreichend substanziiert dargelegt. Insbesondere habe der Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts vom 26. Oktober 2017 der Verfassungsbeschwerde nicht beigefügt werden müssen, weil der Verweis im Zurückweisungsbeschluss vom 11. Dezember 2017 auf die Erwägungen im vorangegangenen gerichtlichen Hinweis nicht tragender Teil der Begründung sei, sondern nur eine ergänzende Bezugnahme darstelle. Das ergebe sich schon daraus, dass der Zurückweisungsbeschluss vom 11. Dezember 2017 erst nach ausführlicher schriftsätzlicher Stellungnahme der Beschwerdeführer zum Hinweisbeschluss ergangen sei.
b) Die angefochtenen Entscheidungen beruhten auf Willkür und verletzten die Eigentumsrechte der Beschwerdeführer. Die Ansicht des Oberlandesgerichts, die mangels Genehmigung nach der Bayerischen Haushaltsordnung zunächst schwebend unwirksame Einigung über die Bestellung der Grunddienstbarkeit sei jedenfalls rückwirkend wirksam geworden, als der Freistaat Bayern das herrschende Grundstück an eine Privatperson veräußert habe, entbehre jeglicher Grundlage. Die grundrechtliche Eigentumsposition der Beschwerdeführer werde durch die Belastung mit der Grunddienstbarkeit verfassungswidrig verkürzt, ohne dass dafür ein sachlicher Grund bestanden hätte. Bei der Anwendung des bürgerlichen Rechts als Bundesrecht sei die besondere Bedeutung der Bayerischen Haushaltsordnung für die in Art. 81 BV verankerte Erhaltung des Staatsvermögens nicht gewürdigt worden. Fälschlich seien die vertraglichen Beziehungen zwischen dem staatlichen Gesundheitsamt als damaligem Eigentümer und dem Grundstücksnachbarn als bürgerlichrechtlich bewertet worden. Da es sich aber um eine öffentlichrechtliche Vertragsbeziehung gehandelt habe, sei die Vereinbarung mangels behördlicher Genehmigung von Anfang an unwirksam gewesen und habe auch nicht nachträglich durch Wegfall des Genehmigungserfordernisses wirksam werden können.
2. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hält die Verfassungsbeschwerde mangels hinreichender Substanziierung des Beschwerdevortrags für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.
III.
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.
1. Maßgeblicher Prüfungsgegenstand ist vorliegend der die Berufung zurückweisende Beschluss des Oberlandesgerichts vom 11. Dezember 2017 (vgl. dazu z. B. VerfGH vom 12.3.2018 – Vf. 40-VI-17 – juris Rn. 24, 26).
Nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG setzt die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde voraus, dass das verfassungsmäßige Recht, dessen Verletzung geltend gemacht werden soll, genau bezeichnet und die behauptete Verletzung verfassungsmäßiger Rechte im Einzelnen dargelegt wird. Dazu gehört nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs auch der Vortrag des wesentlichen Sachverhalts, aus dem die Rechtsverletzung hergeleitet wird. Die Rechtsverletzung muss so weit substanziiert werden, dass geprüft werden kann, ob die angefochtene Entscheidung auf ihr beruht (vgl. VerfGH vom 19.7.1979 VerfGHE 32, 91/92 m. w. N.; vom 17.3.2010 BayVBl 2011, 283; vom 15.11.2018 – Vf. 10-VI-17 – juris Rn. 14). Die Verfassungsbeschwerde muss aus sich heraus verständlich sein (VerfGH vom 2.2.1966 VerfGHE 19, 14/15; vom 30.4.1992 – Vf. 61-VI-91 – juris Rn. 19; vom 13.2.2020 – Vf. 23-VI-18 – juris Rn. 19). Der die behauptete Grundrechtsverletzung enthaltende Vorgang muss so vollständig und nachvollziehbar dargelegt werden, dass der Verfassungsgerichtshof in die Lage versetzt wird, ohne Rückgriff auf die Akten des Ausgangsverfahrens zu prüfen, ob der geltend gemachte Verfassungsverstoß nach dem Vortrag des Beschwerdeführers zumindest möglich erscheint (VerfGH vom 10.2.2014 – Vf. 53-VI-12 – juris Rn. 17; vom 15.11.2018 – Vf. 10-VI-17 – juris Rn. 14; vom 23.2.2020 – Vf. 23-VI-18 – juris Rn. 19). Den dargestellten Substanziierungspflichten muss der Beschwerdeführer innerhalb der Zweimonatsfrist des Art. 51 Abs. 2 Satz 2 VfGHG genügen. Nach Ablauf dieser Frist kann er die Beschwerdebegründung zwar noch in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht ergänzen; er kann aber nicht mehr fehlende notwendige Bestandteile der Verfassungsbeschwerde nachschieben (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 9.2.1994 VerfGHE 47, 47/50; vom 3.11.2010 BayVBl 2011, 575; vom 16.8.2017 NJW-RR 2017, 1423 Rn. 24).
2. Diesen Anforderungen wird die Verfassungsbeschwerde nicht gerecht. Der Ver fassungsbeschwerde, die auch im Übrigen keine ausreichende Wiedergabe der Begründung des Hinweisbeschlusses enthält, war neben dem erstinstanzlichen Urteil des Landgerichts als Anlage nur der Zurückweisungsbeschluss des Oberlandesgerichts vom 11. Dezember 2017 beigefügt. Schon im Obersatz dieses Beschlusses wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 26. Oktober 2017 verwiesen, die anschließenden Ausführungen werden als Reaktion auf die Stellungnahme der Beschwerdeführer in ihrer Gegenerklärung gekennzeichnet. In diesen Ausführungen wird sodann nochmals Bezug genommen auf die Argumentation des Senats im Hinweisbeschluss zu der Frage, ob die Bestellung der Grunddienstbarkeit auch für den Fall des ursprünglichen Fehlens einer Genehmigung nach der Bayerischen Haushaltsordnung nachträglich wirksam geworden sein kann. Gerade auf diese Argumentation des Gerichts stützen die Beschwerdeführer ihren Vorwurf willkürlicher Entscheidung durch das Oberlandesgericht, aus der sich auch eine Verletzung ihres Grundrechts auf Eigentum ergebe. Ohne Kenntnis des Hinweisbeschlusses kann der Verfassungsgerichtshof diese Rüge nicht nachvollziehen. In Fällen, in denen eine angegriffene Entscheidung auf eine vorangegangene andere Entscheidung oder einen Hinweis des Gerichts Bezug nimmt, reicht es nicht aus, wenn lediglich die angegriffene Entscheidung selbst, nicht jedoch die in Bezug genommenen Entscheidungen vorgelegt werden. Dies gilt namentlich dann, wenn ein Berufungsgericht die Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückweist und dabei zur Begründung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO den zuvor gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO erteilten Hinweis in Bezug nimmt (BVerfG vom 7.4.2005 NJW 2005, 2140; vom 25.9.2006 – 1 BvR 2182/06 – juris Rn. 7; vom 29.10.2019 – 1 BvR 859/18 – juris Rn. 6). Dass die Beschwerdeführer den Hinweisbeschluss nach Ablauf der Frist für die Einlegung der Verfassungsbeschwerde mit Schriftsatz vom 10. April 2018 nachgereicht haben, ändert daran nichts.
Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Verfassungsbeschwerde innerhalb der Verfassungsbeschwerdefrist auch keinerlei Schriftsätze aus dem Ausgangsverfahren beigefügt wurden, anhand derer der Verfassungsgerichtshof hätte überprüfen können, ob und in welcher Weise die Beschwerdeführer bereits – wie es das Subsidiaritätsprinzip verlangt – im Ausgangsverfahren die Beanstandungen vorgetragen haben, die sie dann im Verfassungsbeschwerdeverfahren geltend machen; dies betrifft insbesondere die Gegenerklärung zum Hinweis des Oberlandesgerichts (vgl. dazu z. B. VerfGH vom 9.9.2020 – Vf. 75-VI-19 – juris Rn. 25 f.).
IV.
Die Verfassungsbeschwerde ist darüber hinaus aber auch unbegründet.
1. Willkürlich im Sinn des Art. 118 Abs. 1 BV wäre eine gerichtliche Entscheidung nur dann, wenn sie bei Würdigung der die Verfassung beherrschenden Grundsätze nicht mehr verständlich wäre und sich der Schluss aufdrängte, sie beruhe auf sachfremden Erwägungen. Die Entscheidung dürfte unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar erscheinen; sie müsste schlechthin unhaltbar, offensichtlich sachwidrig, eindeutig unangemessen sein (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 2.5.2018 – Vf. 58-VI-17 – juris Rn. 26 m. w. N.). Selbst eine zweifelsfrei fehlerhafte Anwendung einfachen Rechts begründet für sich allein noch keinen Verstoß gegen Art. 118 Abs. 1 BV (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 13.1.2005 VerfGHE 58, 37/41; vom 8.2.2019 – Vf. 67-VI-17 – juris Rn. 23; vom 7.8.2019 – Vf. 97-VI-13 – juris Rn. 61).
Mit der ganz herrschenden Rechtsprechung und Lehre ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass – selbst für den Fall, dass eine an sich notwendige Genehmigung nach der Bayerischen Haushaltsordnung nicht vorlag – zunächst nur schwebende Unwirksamkeit der dinglichen Einigung eingetreten wäre. Die Wirksamkeit hätte durch Erteilen der Genehmigung jederzeit eintreten können (vgl. BGH vom 20.6.1962 NJW 1962, 1715/1716; vom 10.6.1999 BGHZ 142, 51/58; vom 3.11.2000 WM 2001, 475/476; Mohr in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2020, § 1018 Rn. 72; Kazele in Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, BeckOGK, § 1018 BGB Rn. 253). Jedenfalls kann insoweit nicht von einer unvertretbaren Auffassung ausgegangen werden. Willkür kann auch nicht darin erblickt werden, dass das Gericht ein Wirksamwerden für den Fall annimmt, dass die Genehmigungsbedürftigkeit nachträglich entfallen ist, weil die Voraussetzungen des Genehmigungstatbestands nicht mehr eingreifen. Zwar wird in den höchstrichterlich entschiedenen Vergleichsfällen auf eine zwischenzeitlich eingetretene Rechtsänderung, die nachträgliche Erteilung der Genehmigung oder das endgültige Entfallen der Genehmigungsfähigkeit abgestellt. Die Rechtsfolge der schwebenden Unwirksamkeit bei Fehlen der erforderlichen behördlichen Genehmigung ist jedoch Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens. Der Möglichkeit der nachträglichen Aufhebung rechtswidriger Verwaltungsakte im Bereich des öffentlichen Rechts entspricht demnach privatrechtlich die schwebende Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts bis zur endgültigen Entscheidung darüber, ob die Genehmigung erteilt wird oder nicht (BGHZ 142, 51/58).
Das Berufungsgericht hat auch bei der Beantwortung der bundesgesetzlich geregelten Frage, ob bei einem möglichen Verstoß gegen einen Genehmigungstatbestand der Bayerischen Haushaltsordnung nachträglich die Wirksamkeit der Vereinbarung eintreten kann, landesrechtliche Regelungen nicht in einer Weise angewandt, die eine grundsätzlich unrichtige Anschauung von der Bedeutung eines verfassungsmäßigen Rechts der Beschwerdeführer offenbart. Soweit sich die Beschwerdeführer insoweit auf den in Art. 81 BV angeordneten Erhalt des Grundstockvermögens des Staates berufen, handelt es sich nicht um eine subjektive Rechte verbürgende Norm der Bayerischen Verfassung (VerfGH vom 4.10.1969 VerfGHE 22, 129/130). Auch soweit die Beschwerdeführer beanstanden, das Gericht habe willkürlich den öffentlichrechtlichen Charakter des Rechtsgeschäfts zwischen vormaligem Eigentümer (Freistaat Bayern/Gesundheitsamt) und dem Eigentümer des Nachbargrundstücks verkannt, ist eine willkürliche Rechtsauslegung des einfachen Rechts schon deshalb nicht ersichtlich, weil das Gericht auf eine schwebende Unwirksamkeit der dinglichen Einigung, mithin eines ausschließlich privatrechtlich zu würdigenden Rechtsakts, abgestellt hat. Auch im Übrigen liegt ein Verstoß gegen das Willkürverbot nicht vor.
2. Die Rüge einer Verletzung des Art. 103 Abs. 1 BV greift nicht durch. Gegenüber der Anwendung von Bundesrecht, das wegen seines höheren Rangs nicht am Maßstab der Bayerischen Verfassung überprüft werden kann, beschränkt sich die Prüfung darauf, ob das Gericht willkürlich gehandelt hat (Art. 118 Abs. 1 BV). Nur soweit diese Rüge Erfolg hätte, könnten die angefochtenen Entscheidungen auch an anderen materiellen Grundrechten der Bayerischen Verfassung – etwa dem Eigentumsgrundrecht aus Art. 103 Abs. 1 BV – gemessen werden (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 26.6.2013 VerfGHE 66, 94; vom 25.11.2014 BayVBl 2015, 321 f.; vom 23.9.2015 VerfGHE 68, 180 Rn. 31). Damit scheidet eine Überprüfung der angefochtenen gerichtlichen Entscheidungen, die in Anwendung von Bundesrecht ergangen sind, auf einen Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Art. 103 Abs. 1 BV hin aus. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Fachgerichte in Bezug auf die in der Verfassungsbeschwerde erhobenen Rügen (auch) Landesrecht und dieses noch dazu fehlerhaft angewendet hätten, wäre die Verfassungsbeschwerde nicht begründet. Denn dies würde voraussetzen, dass die Gerichte insoweit den Wertgehalt einer ein subjektives Recht verbürgenden Norm der Bayerischen Verfassung (hier: Art. 103 Abs. 1 BV) und ihre in das einfache Recht hineinwirkende Bedeutung – ihre Ausstrahlungswirkung – verkannt hätten (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 26.3.1991 VerfGHE 44, 33/36; vom 9.2.2015 VerfGHE 68, 10 Rn. 57; vom 24.5.2019 NVwZ-RR 2019, 881 Rn. 43 m. w. N.), was hier nicht der Fall ist.
V.
Es ist angemessen, den Beschwerdeführern eine Gebühr von 1.000 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG).


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