Medizinrecht

2G, Genesenenstatus, 2Gplus

Aktenzeichen  20 NE 22.240

Datum:
3.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 2395
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
IfSG § 28a Abs. 7 Nr. 4
BayIfSMV §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 15.

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Der zulässige Antrag ist unbegründet.
A. Nachdem der Antragsteller mit Schriftsatz vom 2. Februar 2022 klargestellt hat, dass der begehrte Zugang zur Gastronomie, dem Beherbergungswesen, zu öffentlichen und privaten Veranstaltungen in nichtprivaten Räumlichkeiten, zu Kinos, Museen, zu Freizeiteinrichtungen einschließlich Bädern, Saunen, Bibliotheken, etc. und damit zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben §§ 4 und 5 der 15. BayIfSMV entgegenstehe und es ihm gerade um die die Überprüfung dieser Normen gehe, ist er antragsbefugt. Mit der Änderung des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV durch die Verordnung zur Änderung der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung und der Coronavirus-Einreiseverordnung vom 14. Januar 2022 (BAnz. AT 14.01.2022 V1) gilt der Antragsteller derzeit unstreitig nicht mehr als Genesener i.S.d. § 2 Nr. 4 SchAusnahmV.
B. Die Voraussetzungen des § 47 Abs. 6 VwGO, wonach das Normenkontrollgericht eine einstweilige Anordnung erlassen kann, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist, liegen nicht vor. Soweit sich der Antrag gegen § 5 15. BayIfSMV richtet, hat ein Normenkontrollantrag in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg. Die Erfolgsaussichten eines Normenkontrollantrags in der Hauptsache gegen § 4 15. BayIfSMV sind unter Anwendung des Prüfungsmaßstabs im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO bei der nur möglichen summarischen Prüfung als offen anzusehen. Eine Folgenabwägung geht zulasten des Antragstellers aus.
1. Zur Frage der voraussichtlichen Rechtmäßigkeit von § 5 Abs. 1 15. BayIfSMV kann auf die Beschlüsse des Senats vom 8. Dezember 2021 (20 NE 21.2821 – juris), 27. Dezember 2021 (20 NE 21.2977 – juris) und vom 17. Januar 2022 (20 NE 22.85 – juris) zu § 5 Abs. 1 15. BayIfSMV verwiesen werden. Soweit sich der Antrag gegen § 4 Abs. 1 15. BayIfSMV richtet, wird zur Begründung offener Erfolgsaussichten eines Normenkontrollantrags auf die Beschlüsse des Senats vom 21. Dezember 2021 (20 NE 21.2946) und vom 28. Dezember 2021 (20 NE 21.2916 – juris) Bezug genommen.
Mit dieser Rechtsprechung des Senats hat sich der Antragsteller in seinem Antrag auf Außervollzugsetzung nach § 47 Abs. 6 VwGO nicht auseinandergesetzt.
2. Die Ausführungen in den genannten Beschlüssen beanspruchen auch angesichts der aktuellen pandemischen Situation weiterhin Geltung. Die Infektionslage stellt sich nach der Einschätzung des Robert-Koch-Instituts (RKI) in dem wöchentlichen Lagebericht vom 3. Februar 2022 wie folgt dar (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Wochenbericht/Wochenbericht_2022-02-03.pdf? blob=publicationFile):
„In Deutschland hat mit der dominanten Zirkulation der Omikron-Variante die fünfte Welle der COVID-19-Pandemie an Fahrt gewonnen. In der 4. Kalenderwoche (KW) 2022 setzte sich der steigende Trend bei den wöchentlichen Fallzahlen fort. Mit Ausnahme von Hamburg und Schleswig-Holstein waren in allen anderen Bundesländern weiterhin deutliche Anstiege der Fallzahlen zu verzeichnen. Auch der Anteil positiv getesteter Proben (41%, Vorwoche: 32%) bei einer weiteren Steigerung der Anzahl der durchgeführten labordiagnostischen PCR-Untersuchungen zeigt den massiven Anstieg des Infektionsdrucks in der Bevölkerung. In der Gesamtbevölkerung ist die 7-Tage-Inzidenz im Vergleich zur Vorwoche um 34% gestiegen und liegt nun in allen Altersgruppen bis 49 Jahren über 1.000 SARS-CoV-2-Infektionen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Die 7-Tage-Inzidenz ist in der Gruppe der Kinder und Jugendlichen im Alter von 5 bis 19 Jahren weiterhin am höchsten doch ist sie auch in den älteren Altersgruppen teilweise wieder deutlich angestiegen. Von schweren Krankheitsverläufen weiterhin am stärksten betroffen sind ungeimpfte Menschen in höheren Altersgruppen und Menschen mit vorbestehenden Erkrankungen, die das Immunsystem schwächen. Trotz der in den letzten Wochen sinkenden Hospitalisierungsinzidenz bei den über 80- Jährigen, weist diese Altersgruppe weiterhin die mit Abstand höchste Hospitalisierungsinzidenz auf. Die durch eine Adjustierung für den Meldeverzug (Nowcast-Verfahren) geschätzten Werte der Hospitalisierungsinzidenz bewegen sich weiterhin auf hohem Niveau und zeigen einen weiterhin leicht ansteigenden Trend. Die Belastung der Intensivstationen hält durch die Vielzahl sehr schwer an COVID-19 erkrankter Personen, überwiegend aus der Delta-Welle, weiterhin an, zeigt aber gegenwärtig noch keinen durch die Omikron Welle verursachten steigenden Trend. Mit Datenstand vom 02.02.2022 werden 2.307 Personen mit einer COVID-19-Diagnose auf einer Intensivstation behandelt. Der Anteil der gemäß IfSG gemeldeten Infektionen, welche durch die besorgniserregende Variante (Variant of Concern, VOC) Omikron (B.1.1.529) verursacht werden, liegt in KW 04/2022 bei 98% aller übermittelten COVID-19-Fälle. Bis auf Brandenburg (66%) und Berlin (88%) lag der Anteil bei allen anderen Bundesländern bei über 90%. Die Omikron-Variante ist auch bei Geimpften und Genesenen leichter übertragbar. Studien deuten darauf hin, dass die Omikron-Variante einen geringeren Anteil an Hospitalisierungen im Vergleich zu Infektionen mit der Delta-Variante bei Infizierten mit vollständiger Impfung bzw. Auffrischimpfung verursacht. Die Instrumente des RKI zur Überwachung akuter Atemwegsinfektionen (1.6 syndromische Surveillance) ermöglichen es, die infektionsepidemiologische Lage und die Krankheitslast auch bei hohem Infektionsdruck, also hohen Inzidenz-Werten gut abzubilden. Für eine abschließende Bewertung der Schwere der Erkrankungen durch die Omikron-Variante insbesondere bei der älteren Bevölkerung ist die Datenlage aber weiterhin nicht ausreichend… Das Robert Koch-Institut schätzt die Gefährdung durch COVID-19 für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland insgesamt als sehr hoch ein. Ursächlich hierfür sind das Auftreten und die rasante Verbreitung der Omikron-Variante, die sich deutlich schneller und effektiver verbreitet als die Wöchentlicher COVID-19-Lagebericht vom 03.02.2022 4 bisherigen Virusvarianten. Durch den weiter schnellen Anstieg der Infektionsfälle kann eine Überlastung des Gesundheitssystems und ggf. weiterer Versorgungsbereiche noch nicht ausgeschlossen werden. Die Infektionsgefährdung wird für die Gruppe der Ungeimpften als sehr hoch, für die Gruppen der Genesenen und Geimpften mit Grundimmunisierung (zweimalige Impfung) als hoch und für die Gruppe der Geimpften mit Auffrischimpfung (dreimalige Impfung) als moderat eingeschätzt.“
Ähnlich die Einschätzung des Verordnungsgebers in den Begründungen zur 15. BayIfSMV (BayMBl. 2021 Nr. 827vom 23. November 2021) und zu ihren Änderungen vom 3. Dezember 2021 (BayMBl. Nr. 842 vom 3. Dezember 2021), 11. Januar 2022 (BayMBl. 2022 Nr. 3), 17. Januar 2022 (BayMBl. 2022 Nr. 42) und 26. Januar 2022 (BayMBl. 2022 Nr. 68). Das Lagebild stellte sich am 26. Januar 2022 demnach wie folgt dar (Auszug):
„Seit dem 16. Januar 2022 ist bei zunächst leichten Schwankungen in den Tagesverläufen allerdings wieder ein Anstieg der Zahl stationär behandelter COVID-19-Patienten zu beobachten. Ein erneuter, allerdings lediglich sehr geringfügiger Anstieg der Zahlen wird, ebenfalls mit gewissen Schwankungen, auch im Intensivbereich seit dem 24. Januar 2022 verzeichnet. Aktuell werden bayernweit 1 967 Patienten, bei denen eine Infektion mit SARS-CoV-2 nachgewiesen wurde, stationär behandelt (Meldungen der Krankenhäuser in IVENA vom 26. Januar 2022). 336 COVID-19-Fälle werden derzeit intensivmedizinisch behandelt (Meldungen der Krankenhäuser im DIVI-Intensivregister vom 26. Januar 2022). Es bleibt abzuwarten, ob es sich dabei um kurzfristige Schwankungen handelt oder sich nunmehr der massive Anstieg der Infektionszahlen auch in der Belegung der Krankenhäuser mit COVID-19-Patienten niederschlägt.
Nach wie vor bestehen – bei insgesamt hoher Inanspruchnahme der Intensivkapazitäten durch Nicht-COVID-19-Patienten – wenig regionale Unterschiede in der Belastung mit COVID-19-Intensivpatienten, wobei sich die Belastung in Südbayern unverändert tendenziell weiterhin höher darstellt als in Nordbayern.
Angesichts der seit Monaten bayernweit (teils außerordentlich) hohen Belegung mit COVID-19-Patienten und infolge der nunmehr wieder stark steigenden Inzidenzen ist auch in den nächsten Wochen mit keiner Erleichterung der Situation im Intensivbettenbereich der Krankenhäuser zu rechnen. Momentan können die Krankenhäuser die durch die Omikron-Variante des Coronavirus SARS-CoV-2 bedingte Inanspruchnahme von stationären Behandlungsleistungen auf Intensivwie auf Normalstationen jedoch noch hinreichend bewältigen.
Die durchschnittliche Auslastung der Intensivstationen liegt bei 86,1% (DIVI-Meldungen, Stand 26. Januar 2022). In 39 von 96 kreisfreien Städten bzw. Landkreisen weisen die Intensivstationen der Kliniken eine Auslastung von weniger als 80% auf. In 15 kreisfreien Städten bzw. Landkreisen liegt die Auslastung hingegen über 95%, davon in neun kreisfreien Städten bzw. Landkreisen bei 100%. Auf Ebene der Integrierten Leitstellen (ILS) liegt bei sechs der insgesamt 26 ILS die Auslastung der Intensivkapazitäten unter 80%, keine ILS weist eine Auslastung von über 95% auf (DIVI-Meldungen, Stand 26. Januar 2022).
Die Auswirkungen der neuen Virusvariante Omikron auf die Intensivbettenbelegung mit COVID-19-Patienten bleiben gleichwohl abzuwarten, auch wenn aktuellen Erkenntnissen zufolge die Omikron-Variante seltener zu schweren Krankheitsverläufen führt als die Delta-Variante. Wie prognostiziert, zeigt sich aktuell ein rascher und erheblicher Anstieg der Infektionszahlen, der Experten zufolge den „Vorteil“ der leichteren Krankheitsverläufe für die Intensivbettenbelegung zumindest teilweise kompensieren und zudem zu einer starken Beanspruchung der Normalpflegestationen führen kann. Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) schätzt die Gefahr der Verbreitung der SARS-CoV-2-VoC Omikron als „sehr hoch“ ein und mahnt die kurzfristige Ergreifung weiterer Schutzmaßnahmen zur Verhinderung einer Überlastung der Gesundheitssysteme an.
Angesichts des nach wie vor vergleichsweise hohen Niveaus, auf dem sich die Zahl der stationär behandelten COVID-19-Patienten bewegt, und der in den letzten Tagen festzustellenden Zunahme der COVID-19-Patienten auf Normalstationen ist die aktuelle Entwicklung der Hospitalisierung von COVID-19-Patienten auch weiterhin aufmerksam zu beobachten, um bei erneut drohender Überlastung der Kliniken wieder rechtzeitig gegensteuern zu können.“
In der dargestellten pandemischen Situation dürften die §§ 4 und 5 15. BayIfSMV daher den durch § 28a Abs. 7 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 IfSG vorgegebenen Maßstäben entsprechen.
3. Soweit der Antragsteller § 28c IfSG als Ermächtigungsgrundlage für die SchAusnahmV u.a. wegen Verstoßes gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG für verfassungswidrig hält, so handelt es sich hierbei um eine komplexe Rechtsfrage, deren Klärung dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss.
4. Soweit der Antragsteller der Meinung ist, die Änderung des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV durch die Verordnung zur Änderung der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung und der Coronavirus-Einreiseverordnung vom 14. Januar 2022 sei unwirksam, so führt dieser Einwand selbst bei unterstellter Berechtigung im Ergebnis nicht zur Unwirksamkeit der §§ 4 Abs. 1 und 5 Abs. 1 15. BayIfSMV. Mit der Bezugnahme auf den bundesrechtlichen Begriff des „Genesenen“ i.S.d. § 2 Nr. 4 SchAusnahmV hat der Antragsgegner im Hinblick auf die Ermächtigungsnorm des § 28c Satz 4 IfSG i.V.m. § 7 Satz 1 SchAusnahmV zwar den Regelungsinhalt der SchAusnahmV insoweit übernommen, als eine genesene Person eine asymptomatische Person ist, die im Besitz eines auf sie ausgestellten Genesenennachweises ist. Dies hat zur Folge, dass sich die Änderung des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV, in dem die Voraussetzungen eines Genesenennachweises definiert werden, mittelbar auch auf den Regelungsgehalt der §§ 4 Abs. 1 und 5 Abs. 1 15. BayIfSMV auswirkt. Wäre die Änderungsverordnung, wie behauptet, insoweit unwirksam, hätte dies jedoch nicht zugleich die Unwirksamkeit der §§ 4 Abs. 1 und 5 Abs. 1 15. BayIfSMV zur Folge, denn weder der 15. BayIfSMV noch anderen Umständen kann entnommen werden, dass der Antragsgegner nur auf eine bestimmte Fassung der SchAusnahmV verweisen wollte. Es liegt vielmehr auf der Hand, dass auf die jeweils rechtswirksame – also nicht zwingend die aktuelle – Fassung der Verordnung verwiesen werden sollte (vgl. auch § 4 Abs. 2 CoronaV Baden-Württemberg, in dem ausdrücklich auf die Vorschriften der SchAusnahmV „in der jeweils geltenden Fassung“ verwiesen wird). Eine Unwirksamkeit des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV i.d.F. der Verordnung zur Änderung der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung und der Coronavirus-Einreiseverordnung vom 14. Januar 2022 (BAnz. AT 14.01.2022 V1) hätte zur Folge, dass die ursprüngliche Fassung des § 2 Nr. 5 i.d.F. vom 8. Mai 2021 (BAnz AT 08.05.2021 V1) weiterhin Geltung beanspruchen würde, welche eine Dauer des Genesenenstatus von sechs Monaten festlegte. Denn zum einen handelte es sich bei der Verordnung zur Änderung der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung und der Coronavirus-Einreiseverordnung vom 14. Januar 2022 um eine reine Änderungsverordnung, die keine ausdrückliche Aufhebung der Vorgängerregelung vorsieht. Zum anderen kann ein entsprechender Wille des Bundesverordnungsgebers, im Falle der Nichtigkeit der Neuregelung solle keine Regelung des Genesenennachweises gelten, nicht angenommen werden, denn dies hätte erhebliche Auswirkungen auf die personale Reichweite der bewehrten Schutzverordnungen der Länder. Darüber hinaus verweisen die §§ 4 Abs. 1 und 5 Abs. 1 15. BayIfSMV lediglich auf § 2 Nr. 2 und 4 SchAusnahmV und nicht auf § 2 Nr. 5 SchAusnahmV, so dass ein entsprechender hypothetischer Wille des Antragsgegners als Verordnungsgeber vermutet werden kann, im Falle der Nichtigkeit der Änderung des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV solle die bei Erlass der 15. BayIfSMV geltende Fassung des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV gelten.
Damit erweist sich die vom Antragsteller eigentlich zur Klärung aufgeworfene Frage, wie lange man i.S.d. § 2 Nr. 4 und Nr. 5 SchAusnahmV als genesen gilt, im vorliegenden, ausschließlich gegen untergesetzliche Normen des Landesrechts gerichteten Verfahren nicht als klärungsfähig. Zweck des Normenkontrollverfahrens nach § 47 VwGO und damit auch das einstweilige Anordnungsverfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO ist es einzig und alleine, über die Wirksamkeit bzw. die Vollziehbarkeit einer untergesetzlichen Norm zu entscheiden, soweit sie Gegenstand eines solchen Verfahrens sein kann. Geht das Normenkontrollgericht von der Wirksamkeit oder der weiteren Vollziehbarkeit einer Norm aus, so ist es nicht seine gesetzliche Aufgabe über einzelne Auslegungsfragen der Tatbestandsmerkmale der Norm zu entscheiden. Der Antragsteller wurde mit Schreiben des Gerichts vom 1. Februar 2022 auf diese Thematik und auf die Möglichkeit, einstweiligen Rechtsschutz nach § 123 VwGO zu erlangen, hingewiesen.
5. Soweit sich der Antrag gegen § 4 15. BayIfSMV richtet, ergibt in der Situation als offen anzusehender Erfolgsaussichten der Hauptsache die gebotene Folgenabwägung zwischen dem betroffenen Schutzgut der freien wirtschaftlichen Betätigung aus Art. 12 Abs. 1 GG und ggf. dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (Art. 14 Abs. 1 GG) sowie der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) mit dem Schutzgut Leben und Gesundheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG insbesondere im Hinblick auf die weiterhin bestehende Belastung der Kliniken und die Möglichkeit schwerer Krankheitsverläufe insbesondere bei Ungeimpften, dass die von dem Antragsteller dargelegten Folgen jedenfalls derzeit noch hinter den Schutz von Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen zurücktreten müssen (vgl. auch: BVerfG, B. v. 31.1.2022 – 1 BvR 208/22 – BeckRS 2022, 808). Hierbei ist auch die durch die Änderungsverordnung vom 14. Dezember 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 875) aufgenommene Freistellung für Personen, die zusätzlich eine weitere Impfstoffdosis als Auffrischungsimpfung erhalten haben, in § 4 Abs. 7 Nr. 4 15. BayIfSMV zu berücksichtigen. Diese mildert die Eingriffsintensität der Regelung in grundrechtlich geschützte Positionen ab, da sie einen schon jetzt nicht unerheblichen (im Freistaat Bayern derzeit etwa 6,7 Millionen Menschen) und ständig weiter zunehmenden Personenkreis von der Testnachweispflicht befreit. Ob sich an dieser Einschätzung durch die nunmehr vorherrschende Omikron-Variante etwas ändern könnte, kann nach der derzeitigen Erkenntnislage noch nicht beantwortet werden.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Da die vom Antragsteller angegriffene Verordnung bereits mit Ablauf des 9. Februar 2022 außer Kraft tritt (§ 18 Abs. 1 15. BayIfSMV i.d.F. vom 26. Januar 2022), zielt der Eilantrag inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache, weshalb eine Reduzierung des Streitwerts für das Eilverfahren auf der Grundlage von Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit hier nicht angebracht ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.


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