Medizinrecht

Bewachungsgewerbe, Mitteilung an den Bewachungsgewerbetreibenden, „Zulassung“ einer Person für das Bewachungsgewerbe, Wachperson zum Schutz vor Ladendieben, Erforderlichkeit einer Sachkundeprüfung, Unterrichtungsnachweis, Übergangsvorschriften

Aktenzeichen  M 16 E 20.2445

Datum:
20.1.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 9541
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123
GewO § 34a
BewachV § 23 Abs. 2
BewachV § 23 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 7.500 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt die (vorläufige) „Zulassung“ des Beigeladenen als Wachperson zum Schutz vor Ladendieben in ihrem Betrieb.
Im April 2020 wurde durch Herrn X … … über das elektronische Bewacherregister beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) unter der ID-Nummer … … der Beigeladene zur Überprüfung für eine Beschäftigung als Wachperson zum Schutz vor Ladendieben angemeldet.
Mit Schreiben vom 26. Mai 2020 teilte die Antragsgegnerin Herrn X … unter Angabe des Datums der letzten Zuverlässigkeitsüberprüfung und der Registeridentifikationsnummer mit, dass für die Person des Beigeladenen die Überprüfung der Qualifikation und der Zuverlässigkeit negativ abgeschlossen worden sei und für die Überprüfung Gebühren in Höhe von 40 Euro angefallen seien. Der Beigeladene sei zwar nicht unzuverlässig (insoweit wurde das entsprechende Feld nicht angekreuzt), besitze aber nicht die notwendige „Befähigung/Qualifikation“. Es werde gebeten zu beachten, dass ein Einsatz des Beigeladenen für Bewachungstätigkeiten nicht zulässig sei. Das Schreiben enthielt weder eine Begründung noch eine Rechtsbehelfsbelehrung:.
Mit Schriftsatz vom 4. Juni 2020, bei Gericht eingegangen am selben Tag, ließ die Antragstellerin daraufhin von ihrem Bevollmächtigten Klage erheben und zugleich nach § 123 VwGO beantragen,
unter Aufhebung des Bescheids der Antragsgegnerin vom 26. Mai 2020 den Beigeladenen bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache als Wachperson zuzulassen und der Antragstellerin bis dahin zu gestatten, den Beigeladenen als Wachperson in ihrem Betrieb einzusetzen.
Zur Begründung von Klage und Eilantrag wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Anspruch auf „Ausnahmegenehmigung“ nach § 23 der Verordnung über das Bewachungsgewerbe (BewachV) bestehe und die Antragstellerin der Antragsgegnerin alle für die Gewährung der Zulassung erforderlichen Unterlagen vorgelegt habe. Insbesondere seien – entgegen der insoweit nur telefonischen Mitteilung der Antragsgegnerin – das Zeugnis der Detektei D … … vom 21. April 2020 und die Bescheinigung der IHK für München und Oberbayern vom 6. April 2001 nicht manipuliert worden, so dass für die Jahre 2000 bis 2003 lückenlose Arbeitsnachweise erbracht und die Teilnahme am erforderlichen IHK-Kurs belegt worden seien. Auch das Landratsamt L habe den Beigeladenen bei Überprüfung im Jahr 2017 als Wachperson zugelassen. Im Übrigen benötige ein vom Kaufhaus angestellter Detektiv bei inhaltlich gleicher Tätigkeit weder eine Prüfung der Sachkunde noch der Zuverlässigkeit. Die Antragstellerin selbst führe ihr Unternehmen bereits seit 2013 in der Rechtsform einer GmbH und nicht mehr mit Herrn X … … als Einzelunternehmer. Sowohl von Seiten des Einzelunternehmers als auch (nach entsprechender Freischaltung) von Seiten der Antragstellerin sei noch im April 2020 jeweils ein Antrag auf Zulassung des Beigeladenen gestellt worden. Die einige Tage nach dem Schreiben vom 26. Mai 2020 erfolgte inhaltsgleiche Ablehnung des Antrags der Antragstellerin könne wegen fortlaufender Aktualisierung des Bewacherregisters nicht mehr vorgelegt werden. Den seit 22 Jahren im Bewachungsgewerbe tätigen Beigeladenen beschäftige die Antragstellerin seit 2018. Auf die Tätigkeit des Beigeladenen, der ohne Zulassung in keinem Kundenbetrieb sinnvoll eingesetzt werden könne, sei die Antragstellerin vor dem Hintergrund bereits seit längerem geschlossener Bewachungsverträge und des pandemiebedingt leergefegten Stellenmarkts dringend angewiesen. Eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache liege nicht vor, da über den Eilantrag lediglich die vorläufige Zulassung des Beigeladenen bis zur Entscheidung in der Hauptsache begehrt werde.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antrag sei bereits nicht zulässig. Sowohl der Einzelunternehmer, Herr X … …, als auch die Antragstellerin würden nach wie vor unter verschiedenen ID-Nummern im Bewacherregister geführt, ersterer mit der ID-Nummer … … Nur unter der ID-Nummer des Einzelunternehmers, nicht aber der Antragstellerin, sei bislang der Beigeladene zur Überprüfung für eine Beschäftigung als Wachperson zum Schutz vor Ladendieben angemeldet worden. Die Mitteilung vom 26. Mai 2020 sei daher auch an den Einzelunternehmer adressiert gewesen und nicht an die Antragstellerin. Im Übrigen sei der Antrag auch unbegründet. Der Beigeladene habe weder die erforderliche Sachkundeprüfung abgelegt noch lägen die Voraussetzungen der Übergangsvorschrift des § 23 Abs. 2 BewachV vor. Bei einem Vergleich des im aktuellen Verfahren vorgelegten Zeugnisses der Detektei D … vom 21. April 2020 (bestätigter Beschäftigungszeitraum vom 2.11.2001 bis 28.2.2002) mit dem bereits in einem anderen Verfahren vorgelegten Arbeitszeugnis desselben Unternehmens (bestätigter Beschäftigungszeitraum vom 2.1.2002 bis 28.2.2002) habe eine nachträgliche Manipulation festgestellt werden können, die dazu geführt habe, dass die Bescheinigung von der Antragsgegnerin nicht anerkannt worden sei. Aufgrund der dadurch bestehenden etwa zweimonatigen Lücke (2.11.2001 bis 1.1.2002) habe zum maßgeblichen Stichtag bereits keine ununterbrochene dreijährige Bewachungstätigkeit vorgelegen. Selbst bei Berücksichtigung des besagten Arbeitszeugnisses hätte der Beigeladene keine mindestens dreijährige befugte Bewachungstätigkeit nachgewiesen, da er die erforderliche Unterrichtung durch die IHK erst im April 2001 erhalten und auch keine Beschäftigung in einem Bewachungsunternehmen vor dem 31. März 1996 nachgewiesen habe. Darüber hinaus sei es erheblich zweifelhaft, ob der Antragsteller im fraglichen Zeitraum (1.1.2000 bis 1.1.2003) unter Berücksichtigung der rechtskräftigen Verurteilungen wegen vermögensbezogener Straftaten und Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit zuverlässig gewesen sei. Eine Zulassung des Beigeladenen für „einfache Bewachungstätigkeiten“ habe die Antragstellerin am 11. September 2020 erhalten.
Mit Beschluss vom 29. September 2020 wurde Herr B … …, dessen Zulassung die Antragstellerin als Wachperson zum Schutz vor Ladendieben in ihrem Betrieb begehrt, beigeladen.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Mit E-Mail vom 12. Januar 2021 führte der Beigeladene im Wesentlichen aus, dass er seit 1997 als Ladendetektiv in verschiedenen Kaufhäusern gearbeitet habe und seit 1996 bzw. 1997 durchgehend in der Sicherheitsdienstbranche tätig gewesen sei. Er habe auch den Nachweis dafür erbracht, dass er weder die Bescheinigung über die Unterrichtung noch seine Zeugnisse gefälscht habe. Ohne die Zulassung als Wachperson zum Schutz vor Ladendieben könne der Beigeladene anstehende Zahlungen nicht leisten und müsse sich arbeitslos melden.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten im Eil- und Klageverfahren sowie der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Die Voraussetzungen für einen solchen Anspruch – also das Bestehen des zu sichernden Anspruches (Anordnungsanspruch) und die Dringlichkeit einer gerichtlichen Eilentscheidung (Anordnungsgrund) – sind vom Antragsteller gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen.
Dahinstehen kann vorliegend, ob es sich bei der behördlichen Mitteilung über das Ergebnis der Überprüfung von Qualifikation und Zuverlässigkeit des Beigeladenen um einen feststellenden Verwaltungsakt mit Regelungswirkung handelt oder ob die Mitteilung ohne Verwaltungsaktsqualität als bloße „Feststellung“ des behördeninternen Überprüfungsergebnisses im Sinne eines Realakts ergeht (vgl. zur behördlichen Mitteilung des Ergebnisses der Prüfung der Zuverlässigkeit: VG Regensburg, B.v. 10.1.2019 – RN 5 S 18.1733 – juris Rn. 18 ff. m.w.N.), da in beiden Fällen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ein Antrag nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO statthaft ist.
Der Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz durch Erlass einer einstweiligen Anordnung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, da die Antragstellerin mit ihrem Rechtsschutzbegehren eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache erstrebt (1.) und die Voraussetzungen für eine darauf gerichtete einstweilige Anordnung jedenfalls mangels Anordnungsanspruch nicht erfüllt sind (2.).
1. Eine Vorwegnahme der Hauptsache liegt dann vor, wenn die Entscheidung und ihre Folgen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen auch nach der Hauptsacheentscheidung nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Die Antragstellerin möchte mit ihrem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes erreichen, dass sie den Beigeladenen als Wachperson zum Schutz vor Ladendieben bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache einsetzen darf. Dies kann die Antragstellerin nur, wenn die Antragsgegnerin ihr mitteilt, dass der Beigeladene im Hinblick auf die Durchführung von Bewachungsaufgaben nicht nur als zuverlässig angesehen wird, sondern auch die hierfür erforderliche Qualifikation besitzt. Würde dies der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung aufgegeben, läge darin eine Vorwegnahme der Hauptsache. Die zwar in zeitlicher Hinsicht beschränkte Vorwegnahme der Hauptsache würde in der Zwischenzeit bis zu einer rechtskräftigen Hauptsacheentscheidung erhebliche Wirkungen entfalten, die nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten.
Ein derartiges Rechtsschutzziel widerspricht grundsätzlich der Funktion des vorläufigen Rechtsschutzes und kommt nur ausnahmsweise aus Gründen des Gebotes effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) in Betracht, nämlich dann, wenn das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache für den jeweiligen Antragsteller schlechthin unzumutbar wäre. Dies setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts voraus, dass dem Antragsteller ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstehen, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre, und, dass ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht (vgl. u.a. BVerwG, B.v. 12.4.2016 – 1 WDS-VR 2/16 – juris Rn. 19; BVerwG, B.v. 21.3.1997 – 11 VR 3/97 – juris Rn. 13; BayVGH, B.v. 7.5.2018 – 10 CE 18.464 – juris Rn. 3, 8; OVG NW, B.v. 15.9.2016 – 4 B 515/16 – juris Rn. 9; VG SH, B.v. 18.8.2020 – 12 B 43.20 – juris Rn. 25; VG Regensburg, B.v. 10.1.2019 – RN 5 S 18.1733 – juris Rn. 45 ff.). Jedenfalls an letzterer Voraussetzung fehlt es hier.
2. Die Antragstellerin hat mangels Nachweis einer durch den Beigeladenen erfolgreich abgelegten Sachkundeprüfung (2.1) bzw. eines entsprechenden Surrogats (2.2) keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ein Obsiegen im Hauptsacheverfahren ist daher derzeit nicht ersichtlich.
2.1 Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 Gewerbeordnung (GewO) bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde, wer gewerbsmäßig Leben oder Eigentum fremder Personen bewachen will (Bewachungsgewerbe) will. Mit der Durchführung von Bewachungsaufgaben darf ein solcher Bewachungsgewerbetreibender nach § 34a Abs. 1a Satz 1 GewO nur Personen (Wachpersonen) beschäftigen, die die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen (Nr. 1) und durch eine Bescheinigung der Industrie- und Handelskammer nachweisen, dass sie über die für die Ausübung des Gewerbes notwendigen rechtlichen und fachlichen Grundlagen unterrichtet worden sind und mit ihnen vertraut sind (Nr. 2). Sofern die Wachperson für eine der in § 34a Abs. 1a Satz 2 GewO genannten Tätigkeiten – wie hier zum Schutz vor Ladendieben nach § 34a Abs. 1a Satz 2 Nr. 2 GewO – eingesetzt werden soll, ist zusätzlich der Nachweis einer vor der Industrie- und Handelskammer erfolgreich abgelegten Sachkundeprüfung erforderlich.
Beschäftigen darf der Bewachungsgewerbetreibende die Wachperson zudem erst dann, wenn er die Person über das Bewacherregister angemeldet hat und von der zuständigen Behörde eine positive Mitteilung über das Ergebnis der Überprüfung von Qualifikation und Zuverlässigkeit nach § 16 Abs. 2 Satz 3 BewachV bzw. bei Wachpersonen mit gültiger Bewacherregisteridentifikationsnummer eine Bestätigung nach § 16 Abs. 3 Satz 2 BewachV erhalten hat, § 16 Abs. 1 BewachV. Die mit der Anmeldung zu übermittelnden Angaben und Unterlagen sind hierbei in § 16 Abs. 2 Satz 2 bzw. § 16 Abs. 3 Satz 1 GewO geregelt. Des Weiteren muss die zu beschäftigende Wachperson die persönlichen Anforderungen des § 16 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 BewachV erfüllen.
Bis zur behördlichen Feststellung der Zuverlässigkeit und Qualifikation eines Wachpersonal-Bewerbers besteht gem. § 34a Abs. 1a Satz 1 und Satz 2 GewO i.V.m. § 16 Abs. 1 BewachV für diesen ein präventives Beschäftigungsverbot (vgl. hierzu VG SH, B.v. 18.8.2020 – 12 B 43/20 – juris Rn. 21; VG Regensburg, U.v. 21.3.2019 – RO 5 K 17.1402 – juris Rn. 20; VG Regensburg, B.v. 10.1.2019 – RN 5 S 18.1733 – juris Rn. 18 ff. jeweils zur Mitteilung über die Unzuverlässigkeit der Wachperson).
Der Beigeladene hat – dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig – in der Zeit vom 2. April 2001 bis 6. April 2001 an einer Unterrichtung der IHK für München und Oberbayern gemäß § 34a Abs. 1 Satz 3 Nr. 3, Satz 4 GewO in der Fassung vom 22. Februar 1999 teilgenommen. Eine Sachkundeprüfung i.S.v. § 34a Abs. 1a Satz 2 GewO i.V.m. §§ 9 ff. BewachV hat der Beigeladene jedoch nicht abgelegt.
2.2 Die Antragstellerin hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass der Beigeladene als Inhaber eines anderen in § 12 i.V.m. § 8 Nrn. 1 bis 3 BewachV genannten Nachweises einer Sachkundeprüfung nicht bedarf, und insbesondere auch nicht, dass der Beigeladene in Anwendung der Übergangsvorschriften des § 23 BewachV keiner Sachkundeprüfung bedarf.
Für Wachpersonen zum Schutz vor Ladendieben i.S.v. § 34a Abs. 1a Satz 2 Nr. 2 GewO (regelmäßig sog. Kaufhausdetektive) wurde das Erfordernis einer Sachkundeprüfung und eines entsprechenden Nachweises durch das Gesetz zur Änderung des Bewachungsgewerberechts vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2724) eingeführt (vgl. zum Begriff des „Kaufhausdetektivs“: BVerwG, B.v. 3.11.1999 – 1 B 73/99 – juris Rn. 4 f. m.w.N.). Entscheidend für die Einbeziehung dieses Personenkreises in die Fachkundeprüfung war nach den Gesetzgebungsmaterialien der Umstand, dass es gerade bei diesen Tätigkeiten öfters zu Konflikten mit des Diebstahls verdächtigen Personen kommen kann und daher hier ein Wissen über mögliche Konfliktbewältigung und -eingrenzung vonnöten ist (BT Drs. 14/8386 Begr. S. 13). Bis zur Einführung des Sachkundeprüfungsnachweises bedurfte es für Wachpersonen zum Schutz vor Ladendieben lediglich einer Unterrichtung durch die Industrie- und Handelskammer und eines entsprechenden Nachweises über diese Unterrichtung. Das Erfordernis einer Unterrichtung wiederum wurde mit Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozessordnung und anderer Gesetze (Verbrechensbekämpfungsgesetz) vom 28. Oktober 1994 (BGBl. I S. 3186), das am 1. Dezember 1994 in Kraft trat, für alle Wachpersonen eingeführt. Der geänderten Rechtslage wurde jeweils durch Übergangsvorschriften Rechnung getragen.
2.2.1 So bedürfen nach § 23 Abs. 2 Satz 1 BewachV ausnahmsweise keiner Sachkundeprüfung solche Wachpersonen, die am 1. Januar 2003 seit mindestens drei Jahren befugt und ohne Unterbrechung im Bewachungsgewerbe Tätigkeiten nach § 34a Abs. 1a GewO durchgeführt haben. Die Bescheinigung hierüber stellt der Gewerbetreibende aus, der den Betroffenen im genannten Zeitraum beschäftigt hat, vgl. § 23 Abs. 2 Satz 2 BewachV. Mit der Anmeldung über das Bewacherregister sind die besagten Bescheinigungen nach § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 BewachV zu übermitteln.
Durch diese Übergangsregelung in § 23 Abs. 2 BewachV, die auf die Übergangsvorschrift in § 17 Abs. 2 der Bewachungsverordnung in der Fassung vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2724) zurückgeht, soll der begründeten Annahme Rechnung getragen werden, dass man bei Personen, die bei Einführung des Erfordernisses einer Sachkundeprüfung bereits drei Jahre oder länger ohne Beanstandung diese Tätigkeit ausgeübt haben, davon ausgehen kann, dass sie aufgrund ihrer Praxis über einen Kenntnisstand verfügen, der dem einer Person vergleichbar ist, die erfolgreich eine Sachkundeprüfung abgelegt hat (vgl. BT Drs. 14/8386 Begr. S. 18). Nicht (mehr) erforderlich ist hingegen, dass die Wachperson am Stichtag (1. Januar 2003) mindestens drei Jahre Bewachungstätigkeiten nach § 34a Abs. 1a Satz 2 GewO ausgeübt hat (so noch § 17 Abs. 2 Satz 1 BewachV in der Fassung vom 1.12.2016, BGBl. I S. 2456).
„Befugt“ i.S.v. § 23 Abs. 2 Satz 1 BewachV können nach Auffassung der Kammer grundsätzlich jedoch nur solche Wachpersonen tätig gewesen sein, die den gesetzlichen Anforderungen entsprechend die Bewachungstätigkeit nach einer einschlägigen Unterrichtung der IHK ausgeübt haben, die Unterrichtung innerhalb der gesetzlichen Übergangsfrist nachgeholt haben (vgl. hierzu § 17 Abs. 2 Satz 2 BewachV in der Fassung vom 7.12.1995) oder von dieser Unterrichtungspflicht befreit waren.
Ein Unterrichtungsnachweis liegt im vorliegenden Fall jedoch nur aus dem Jahr 2001 vor. Selbst wenn man also davon ausgehen sollte, dass der Beigeladene mindestens in der Zeit vom 1. Januar 2000 bis 31. Dezember 2002 als Wachperson tätig war, erfolgte die erforderliche Unterrichtung ausweislich der vorgelegten Unterlagen erst in der Zeit vom 2. April 2001 bis 6. April 2001. Auf die Übergangsregelung anrechenbar wären bis zum maßgeblichen Stichtag (1. Januar 2003) folglich maximal 21 Monate (April 2001 bis Dezember 2002) und nicht die geforderten 36 Monate.
2.2.2 Es wurde auch nicht glaubhaft gemacht, dass vorliegend zusätzlich die Übergangsvorschrift des § 23 Abs. 1 BewachV zur Anwendung kommt und damit der Beigeladene von der Unterrichtungspflicht befreit gewesen wäre.
Durch die Übergangsregelungen in § 23 Abs. 1 Satz 1 BewachV, die auf die Übergangsvorschrift in § 17 Abs. 1 Satz 1 der Bewachungsverordnung in der Fassung vom 7. Dezember 1995 (BGBl. I S. 1602) zurückgeht, werden Wachpersonen von der Unterrichtungspflicht befreit, die am 31. März 1996 in einem Bewachungsunternehmen beschäftigt waren. Die Bescheinigung hierüber stellt auch hier der Gewerbetreibende aus, der den Betroffenen im genannten Zeitpunkt beschäftigt hat, vgl. § 23 Abs. 1 Satz 2 BewachV.
Weder die Antragstellerin noch der Beigeladene haben eine Bescheinigung darüber vorgelegt, dass der Beigeladene bereits am 31. März 1996 in einem Bewachungsunternehmen beschäftigt war. Die im Rahmen der Anmeldung über das Bewacherregister nach § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 BewachV übermittelten Bescheinigungen der Gewerbetreibenden ebenso wie die bei Gericht vorgelegten Bescheinigungen umfassen lediglich den Zeitraum von 4. Januar 1999 bis 31. Dezember 2004. Der Beigeladene selbst gibt an, dass er seit 1997 als Ladendetektiv bei verschiedenen Kaufhäusern gearbeitet habe und 1996 gelegentlich als Türsteher bei der Discothek D … Auch diese Angaben sprechen nicht dafür, dass der Beigeladene am 31. März 1996 in einem Bewachungsunternehmen beschäftigt war.
2.2.3 Des Weiteren ist das vorgelegte, kaum bis nicht lesbare Schreiben des Landratsamts L … … … icht geeignet einen Nachweis dafür zu erbringen, dass der Beigeladene mindestens in der Zeit vom 1. Januar 2000 bis 31. Dezember 2002 befugt im Bewachungsgewerbe Tätigkeiten als Wachperson durchgeführt hat bzw. bereits am 31. März 1996 in einem Bewachungsunternehmen beschäftigt war. Das – nach Angaben der Antragstellerin im Rahmen der Überprüfung des Beigeladenen am 24. Mai 2017 erstellte – Schreiben gibt schon keinen Aufschluss darüber, ob die positive Mitteilung des Landratsamts lediglich „einfache Bewachungstätigkeiten“ umfasste, deren Zulässigkeit auch die Antragsgegnerin annahm, oder auch die – wie ausgeführt – von zusätzlichen Voraussetzungen abhängige Tätigkeit als Wachperson i.S.v. § 34a Abs. 1a Satz 2 GewO.
3. Nicht mehr entscheidungserheblich kommt es nach alledem darauf an, ob die Voraussetzungen für eine positive Mitteilung an die Antragstellerin nach § 16 Abs. 2 Satz 3 BewachV im Übrigen erfüllt sind. Somit kann insbesondere dahingestellt bleiben, ob der Verdacht der Fälschung des Zeugnisses der Detektei D unter Berücksichtigung einer etwaigen Aussage des Herrn D … im (inzwischen wohl eingestellten) staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren begründet ist und ob die von der Antragsgegnerin aufgeführten Straftaten des Beigeladenen bei Anwendung der Übergangsvorschriften überhaupt herangezogen werden dürften.
Fehlt es bereits am Anordnungsanspruch, kann auch dahinstehen, ob ein Anordnungsgrund, also die Eilbedürftigkeit der Entscheidung gegeben ist.
4. Auch eine unzulässige Ungleichbehandlung von „externen“ Kaufhausdetektiven mit solchen, die vom Kaufhausinhaber selbst angestellt sind und für die eine präventive Kontrolle nicht vorgesehen ist, ist nicht zu erkennen. Der Anknüpfungspunkt für die Zuverlässigkeitsprüfung wie auch den Sachkundenachweis liegt in den Erlaubniserfordernissen, welche nach § 34a GewO für den Bewachungsgewerbetreibenden bestehen. Bei Kaufhäusern als solchen handelt es sich demgegenüber nicht um erlaubnispflichtige gewerbliche Tätigkeiten nach § 34a GewO. Auch stellt die Tätigkeit von angestellten Kaufhausdetektiven wohl keine Bewachung im o.g. Sinne dar. Das Personal wird in erster Linie tätig, um das Eigentum des Kaufhauses selbst vor Ladendieben zu schützen. Weiterhin besteht ein zureichender Grund für die Ungleichbehandlung darin, dass der Kaufhausinhaber als Arbeitgeber selbst das Risiko trägt, dass die von ihm angestellten Detektive möglicherweise zu Straftaten verleitet werden. Insoweit wird das Unternehmen selbst, um das Risiko durch Einstellung ungeeigneter Personen zu mindern, entsprechende Anforderungen stellen oder ist zumindest dafür verantwortlich. Anders liegt es dagegen bei „fremden“ Kaufhausdetektiven, deren mögliches Fehlverhalten dem Kaufhausunternehmer zur Last fällt, auf deren Auswahl im Hinblick auf ihre Zuverlässigkeit oder Sachkunde er jedoch keinen unmittelbaren Einfluss hat. Da die persönliche Zuverlässigkeit mithin eine unabdingbare Voraussetzung für die Bewachung und den Schutz des Eigentums fremder Personen ist, der weiter vorgesehene Sachkundenachweis als generell geboten und sachgerecht angesehen werden muss sowie es ebenfalls sachgerechte Unterschiede hinsichtlich der möglichen Zuverlässigkeitskontrolle bei angestellten und fremden Kaufhausdetektiven gibt, verletzt die Anwendung des § 34a GewO auf den vorliegenden Fall weder Art. 12 Abs. 1 noch Art. 3 des Grundgesetzes (vgl. hierzu bereits NdsOVG, U.v. 21.4.1999 – 7 L 4316.98 – juris Rn. 7 f. und Marcks in Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, 84. EL Februar 2020, § 34a Rn. 8).
5. Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 53 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Der Kammer erscheint für das Hauptsacheverfahren ein Streitwert von 7.500,00 EUR angemessen. Der in Nr. 54.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 im Hauptsacheverfahren vorgesehene Streitwert für eine Gewerbeerlaubnis (15.000,00 EUR) ist im vorliegenden Fall nicht direkt anwendbar, kann aber als Orientierungsrahmen dienen. Bei der Bestimmung der Bedeutung der Sache für die Antragstellerin wurde zudem berücksichtigt, dass die Mitteilung nach § 16 Abs. 2 Satz 3 BewachV in ihrer Wirkweise und ihrer Bedeutung als Zugangsvoraussetzung für die Tätigkeit bzw. Beschäftigung im Bewachungsgewerbe mit dem Auffangstreitwert nur unzureichend erfasst wäre. Eine Reduzierung des Streitwerts war im vorliegenden Fall wegen der angestrebten Vorwegnahme der Hauptsache nicht veranlasst (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013; BayVGH, B.v. 20.11.2018 – 10 CE 18.2159 – juris Rn. 16 m.w.N.; VG SH, B.v. 18.8.2020 – 12 B 43/20 – juris Rn. 42; VG Regensburg, U.v. 21.3.2019 – RO 5 K 17.1402 – juris Rn. 62; a.A. OVG NW, B.v. 15.9.2019 – 4 B 515/16 – juris Rn. 18; VG Regensburg, B.v. 10.1.2019 – RN 5 S 18.1733 – juris Rn. 57).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen


Nach oben