Medizinrecht

“Dekubitus” als erheblicher Mangel im Pflegeheim

Aktenzeichen  RN 5 S 20.717

Datum:
6.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 16379
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
PfleWoqG Art. 3, Art. 13 Abs. 2
AVPflewoqG § 15 Abs. 1
VwZVG Art. 36
VwGO § 80 Abs. 4 S. 3

 

Leitsatz

1. Bei der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen, die nach Art. PfleWoqG getroffen wurden, ist von der gesetzlichen Wertung des Art. 13 Abs. 5 PfleWoqG auszugehen. Danach soll ein effektiver Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner von Einrichtungen garantiert werden, die dem Zwecke dienen, ältere Menschen, pflegebedürftige Volljährige oder volljährige Behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen aufzunehmen (Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 PfleWoqG). (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Gesetz bewertet das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung eines Aufnahmestopps nach Art. 13 Abs. 2 PfleWoqG regelmäßig höher als das Interesse des Trägers der Einrichtung an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfes und dem damit verbundenen effektiven Rechtsschutz. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
3. Mängel i.S.d. Art. 13 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 PfleWoqG sind Abweichungen von den Anforderungen dieses Gesetzes (vgl. Art. 12 Abs. 2 Satz 1 PfleWoqG), insb. Abweichungen von den Anforderungen des Art. 3 PfleWoqG (vgl. Art. 12 Abs. 1 PfleWoqG). Ein erheblicher Mangel i.S.d. Art. 13 Abs. 2 PfleWoqG ist aufgrund der Zielrichtung des Gesetzes (vgl. Art. 1 PfleWoqG) ein Mangel, wenn sich aus ihm direkt die Gefährdung von Bewohnern ergibt. Als weitere Konkretisierung des Begriffs des erheblichen Mangels kann aus der Gesetzessystematik auf die Bestimmungen des Art. 12 Abs. 4 S. 4 und Art. 13 Abs. 3 S. 3 PfleWoqG zurückgegriffen werden. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 24. April 2020 gegen den Bescheid vom 26. Februar 2020 wird hinsichtlich Ziffer 4 Buchst. b, i, j und l angeordnet.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 9.250 € festgelegt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen einen behördlichen verhängten Aufnahmestopp im Vollzug des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes (PfleWoqG).
Die Antragstellerin betreibt in … … in Niederbayern ein Seniorenzentrum, welches aus drei Häusern besteht (A, B und C).
Aufgrund mehrerer teilweise anonymer Beschwerden erfolgten am 14. Januar sowie 12. und 18. Februar 2020 anlassbezogene Prüfungen im Seniorenzentrum der Antragstellerin. Dabei wurden aus Sicht des Antragsgegners erhebliche Mängel bei der Pflege festgestellt und Gespräche mit Mitarbeitern der Antragstellerin geführt. Insbesondere werde mit der Pflege der Bewohner bereits in der Nachtzeit begonnen. Die Essenseingabe erfolge teilweise sogar bei Essensverweigerung nach den aufgezeichneten Vorgaben, auch indem Essen in den Mund der Bewohner nachgeschoben werde. Es gebe zudem Mängel bei der Körperhygieneversorgung im Haus B.
Auf Anraten des Antragsgegners ist die Wohnbereichsleiterin des Hauses B umgehend am 13. Februar 2020 vom Dienst freigestellt und Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet worden.
Mit Aktenvermerk vom 20. Februar 2020 stellte das Gesundheitsamt des Antragsgegners u.a. fest, dass bei der Begehung am 18. Februar 2020 Mängel im Bereich Hygiene zu beobachten gewesen seien. Unbenutztes und benutztes Pflegematerial sei unsachgemäß abgestellt worden. Bei einem Bewohner sei zudem der Auffangbeutel des Blasendauerkatheters nicht unter Blasenniveau angebracht worden. Bei einem weiteren Bewohner habe man eine doppelte Einlagenversorgung im Rahmen der Inkontinenzversorgung festgestellt. Bei einem anderen Bewohner sei ein Hämatom an der Oberlippe auffällig gewesen. Eine Dokumentation zur Ursache der Verletzung sei nicht erfolgt und Auskünfte zur Ursache hätten auch nicht gegeben werden können. Im Rahmen eines Hausrundgangs habe man einen Pflegewagen mit frei zugänglichen gefüllten Insulinpens vorgefunden. Die Dekubitusvorsorge sei unzureichend gewesen. Zwei Bewohner hätten einen beginnenden Dekubitus Kategorie 1 gehabt. Auffällig sei auch gewesen, dass diese mit zwei zusammengeknüllten bzw. zusammengelegten Kompressen in der Analfalte versorgt gewesen seien. Bei einem seien diese mit Kot verschmiert gewesen. Bei einem weiteren Bewohner habe der Sitzbezug des Antidekubitussitzkissens im Rollstuhl gefehlt und sei durch ein in Falten gelegtes Handtuch ersetzt worden. Das Schmerzmanagement sei insgesamt nicht nachvollziehbar. So habe eine Bewohnerin beim Versuch, ihre Arme hoch zu heben, Schmerzäußerungen von sich gegeben. In der Dokumentation werde beschrieben, dass die Schmerzen durch die Mimik gezeigt werden könnten. Auf dem Blatt für Arztinformationen werde mehrmals beschrieben, dass die Betroffene nicht über Schmerzen klage. Als ärztlich angeordnete Regelmedikation bekomme die Bewohnerin dreimal täglich Morphintropfen.
Mit Bescheid vom 26. Februar 2020, der Antragstellerin zugestellt am 31. März 2020, erließ der Antragsgegner folgende Anordnungen:
1. Für die stationäre Einrichtung … … Haus A., […], wurde am 19.02.2020 per Mail ein sofortiger Aufnahmestopp verhängt. Hiermit wird diese Anordnung schriftlich bestätigt. Es dürfen keine neuen Bewohner in der Einrichtung aufgenommen werden.
2. Der unter Nummer 1 genannte Aufnahmestopp ist gültig bis alle Maßnahmen unter Nummer 3 erfüllt wurden und der Belegungsstopp ausdrücklich durch die FQA aufgehoben wird.
3. Der Träger wird ab sofort verpflichtet, im … … Haus A. in … folgende Maßnahmen zu treffen:
3.1 Es ist dafür zu sorgen, dass die Fachkraftquote von 50% kontinuierlich eingehalten wird. Dies ist durch regelmäßige (14-tägige) Personalstandsmeldungen an die FQA nachzuweisen.
3.2 Der Träger hat eine fachlich und persönlich geeignete Pflegedienstleitung einzusetzen. Diese ist so zu schulen, dass sie ihrer Befähigung nach die Aufgaben einer Pflegedienstleitung erfüllt. Hierzu ist folgendes konkret zu veranlassen:
3.2.1 Es ist dafür zu sorgen, dass die Pflegedienstleitung unverzüglich durch eine externe Person ausreichende Unterstützung über einen Zeitraum von mindestens 4 Monaten erfährt.
3.2.2. Die Pflegedienstleitung ist als Führungsperson fachlich und persönlich bis zum 31.07.2020 zu schulen.
3.2.3 Es ist ein Konzept zur Umsetzung und Gestaltung der Nachqualifizierung der Pflegedienstleitung bis zum 15.05.2020 bei der FQA einzureichen.
3.3 Im Haus B ist unverzüglich eine fachlich und persönlich geeignete Wohnbereichsleitung einzusetzen bzw. zu bestimmen.
3.4 Der Träger hat sicherzustellen, dass die Hilfe zur Nahrungsaufnahme gegenüber allen Bewohnern einem individuellen, bedürfnisgerechten und respektvollen Maße erfolgt und angeboten wird.
3.5 Der Träger hat eine angemessene Qualität der pflegerischen Versorgung der Bewohner/innen nach dem allgemein anerkannten Stand der pflegerischen Erkenntnisse sicherzustellen.
3.6 Der Träger hat sicherzustellen, dass die notwendige Evaluierung der Pflegeprozessplanung durch beispielsweise Pflegevisiten in einem individuellen Zeitabstand je Bewohnerbedarf erfolgt. Wie dies tatsächlich durchgeführt wird, ist in einem Standard festzulegen, der bis zum 31.05.2020 der FQA vorzulegen ist.
3.7 Es ist dafür zu sorgen, dass ein ausreichendes und zielführende Qualitätsmanagement betrieben wird. Teilen Sie der FQA bis zum 30.06.2020 mit, wie Sie sicherstellen, dass das Qualitätsmanagement auch konkret umgesetzt wird und erstellen Sie bis 15.07.2020 einen Maßnahmenplan zur Umsetzung dieses Konzepts.
3.8 Es ist bis zum 31.07.2020 ein individuelles Konzept zur Gewaltprävention im Seniorenzentrum Haus A. der FQA vorzulegen.
3.9 Die gesamten Tagesabläufe (24-Stunden) im Seniorenzentrum Haus A. sind den Bedürfnissen der Bewohner anzupassen und neu zu strukturieren. Hierzu ist der FQA bis zum 31.07.2020 ein Konzept mit Maßnahmeplanung zur erneuerten und verbesserten Tagesstruktur vorzulegen, sodass den Bewohnern eine angemessene individuelle Lebensgestaltung ermöglicht wird.
In den Gründen wird ausgeführt, dass es Sinn und Zweck des Belegungsstopps sei, zu verhindern, dass alte oder pflegebedürftige Menschen in einer Einrichtung aufgenommen werden, in der sie aufgrund von Personalmangel und derzeit nicht ausreichender Sicherstellung der Qualitätsanforderungen nicht ordnungsgemäß betreut oder gepflegt werden. Insoweit wurde der Inhalt mehrerer Beschwerden sowie der Feststellungen im Rahmen fachlicher Begehungen vom 14. Januar, 4./5. und 18. Februar 2020 durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) und der Fachstelle für Pflege und Behinderteneinrichtungen – Qualitätsentwicklung und Aufsicht (FQA) aufgeführt. Es habe zudem einige Gespräche mit Mitarbeitern des Heims gegeben, die sich über die Pflegesituation beschwert hätten. Mit der Anordnung des Aufnahmestopps beabsichtigte das Landratsamt K. die Situation der derzeitigen Heimbewohner zu verbessern, da dadurch das gleiche Pflegepersonal tendenziell weniger Heimbewohner zu betreuen habe. Die festgestellten Mängel seien erheblich und stellten eine Gefahr für Leben, Gesundheit und Freizügigkeit der Bewohner dar.
Mit Schreiben vom 24. April 2020, eingegangen beim Antragsgegner am selben Tag, ließ die Antragstellerin Widerspruch einlegen. Zugleich wurde die Aussetzung der Vollziehung gem. § 80 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) beantragt.
Mit Schriftsatz vom 29. April 2020, eingegangen bei Gericht am selben Tag, ließ die Antragstellerin um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bei Gericht ersuchen.
Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass die vom Antragsgegner getroffenen Anordnungen im Einzelnen zu unbestimmt seien und das Auswahlermessen fehlerhaft ausgeübt worden sei. Es widerspreche zudem der gesetzlichen Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 2 PfleWoqG (gemeint wohl: AVPfleWoqG), dass im Rahmen der Fachkraftquote lediglich ein Stichtag beachtet worden sei. Angesichts der unter Ziff. 3.1 angeordneten Personalstandsmeldungen im 14-tägigen Rhythmus gehe die Heimaufsicht selbst offenbar nicht von einer Stichtagsbetrachtung als zutreffendes Mittel aus. Am Stichtag des 18. Februar 2020 habe nach Prüfung durch die Antragstellerin wie im gesamten Monat eine über 50% liegende Fachkraftquote vorgelegen. Nach der Stellungnahme des zentralen Qualitätsmanagements der Unternehmensgruppe der Antragstellerin sei auch nicht von einem unzureichenden fachlichen Umgang mit dem Gesamtkomplex Dekubitus auszugehen. Beim ersten angesprochenen Bewohner werde eine Versorgung mit zwei Kompressen vorgenommen, von denen eine in die Analfalte gelegt wird, da der Pflegebedürftige zu Intertrigo (Wundwerden) neige. Dies entspreche der Verfahrensanleitung, wie sie im gesamten Unternehmensverbund gültig sei und könne in fachlicher Hinsicht nicht beanstandet werden. Dass die Kompresse mit Kot beschmiert gewesen sei, liege daran, dass der Bewohner stuhlinkontinent sei und sich daher eine Verschmutzung letztlich nicht vermeiden lasse. Es sei auch darauf hinzuweisen, dass bis zum heutigen Tag, also zweieinhalb Monate nach der Prüfung, der Bewohner keinen Dekubitus entwickelt habe. Es zeige sich also deutlich, dass die Art und Weise der Versorgung, wie sie hier vorgenommen worden sei, erfolgreich gewesen sei. Auch bei einem weiteren Bewohner entspreche diese Art der Versorgung der unternehmensinternen Vorgaben. Erfolgreich sei diese Versorgung auch hier gewesen, da selbst die Heimaufsicht ein „den Umständen entsprechend gutes Hautbild“ attestiert habe. Ein Mangel sei auch hier nicht nachzuvollziehen. Bei einem weiteren Bewohner werde gerügt, dass er zwar ein Anti-Dekubitus-Sitzkissen im Rollstuhl gehabt habe, dieses jedoch nicht bezogen, sondern mit einem Handtuch umhüllt gewesen sei. Dies gehe darauf zurück, dass der Bezug in der Wäsche gewesen sei und die Pflegekräfte ein Handtuch um das Kissen geschlagen hätten, damit der Bewohner nicht ungeschützt darauf habe sitzen müssen. Eine Hautrötung sei einem sogenannten Fingertest unterzogen worden, der ein negatives Ergebnis ergeben habe. Dass die Gefahr, aus dem Rollstuhl zu rutschen bei einem Handtuch größer gewesen sein soll als bei einem Kissenbezug, erschließe sich nicht. Es falle schwer, hier auch nur ansatzweise einen Mangel zu erkennen. Wie hieraus das Verdikt abgeleitet werden solle, es liege ein unzureichender fachlicher Umgang mit dem Gesamtkomplex Dekubitus vor, erschließe sie nicht. Die Mitarbeiter hätten in den ersten beiden dargestellten Fällen nach der unternehmensinternen Richtlinie – erfolgreich – gehandelt. Im dritten Fall habe sich gerade keine Hautschädigung ergeben. Zu dieser Frage verhalte sich auch die Ergebnisfeststellung der MDK-Regelprüfung vom 4. Februar 2020. Dort sei zusammenfassend festgestellt worden, dass die Wundversorgung als fachgerecht anzusehen sei. Weiterhin werde ein erheblicher Mangel im Bereich des Schmerzmanagements gerügt. Die Feststellungen würden eine Bewohnerin betreffen, die unter ausgeprägten Kontrakturen leide. Bewege die Bewohnerin die betreffenden Gelenke, verspüre sie je nach Bewegungsintensität Schmerzen. Aufgrund dessen seien der Bewohnerin ärztlich drei Mal täglich Morphintropfen verordnet worden. Dies habe der behandelnde Arzt offenbar für ausreichend gehalten. Die Tatsache, dass mehrfach darauf hingewiesen worden sei, die Bewohnerin klage nicht über Schmerzen, bedeute, dass dies im fraglichen Beobachtungszeitraum auch nicht der Fall gewesen sei. Anderes habe auch die Heimaufsicht nicht festgestellt. Eine einmalige Schmerzäußerung bei gleichzeitiger Behandlung mit äußerst effektiven Schmerzmitteln lasse beim besten Willen nicht den Schluss zu, das Schmerzmanagement sei mit erheblichen Mängeln behaftet, zumal die Bewohnerin wohl bei Schmerzen eher nicht schreie, vgl. die Maßnahmeplanung und die „Strukturierte Informationssammlung“. Auch hier sei kein Mangel zu erkennen. Was die Frage der Versorgung insbesondere den Problemkreis der Zwangsernährung anbelange, müsse nicht erörtert werden, dass es sich hierbei in der Tat um einen massiven pflegerischen Mangel handele. Ein Gespräch mit der bei der Nahrungsversorgung beobachteten Pflegeschülerin habe bedauerlicherweise dazu geführt, dass diese ihrerseits den Ausbildungsvertrag beendet habe. Wäre der Antragstellerin rechtzeitig das Handlungsinstrumentarium an die Hand gegeben worden, kurzfristig die Problematik mit der Wohnbereichsleiterin S. zu beseitigen, hätte nicht nur das Ausbildungsverhältnis, sondern auch die Gesamtproblematik bereits vor mehreren Wochen aufgearbeitet werden können. In diesem Zusammenhang falle auf, dass die angebliche Verantwortlichkeit der Pflegedienstleiterin auf äußerst subjektive Beobachtungen, die mit dem konkreten Fall wenig zu tun hätten, zurückgehen. So seien die Feststellungen auf Seite 5 Absatz 3 des Bescheids nicht geeignet, insgesamt das Verdikt der persönlichen und fachlichen Nicht-Eignung über eine Person zu fällen. Das von der Heimaufsicht gewählte Instrumentarium sei vor diesem Hintergrund als nicht geeignet und nicht erforderlich anzusehen. Insbesondere die unter 3.2 und 3.3 des streitgegenständlichen Bescheids ergriffenen Maßnahmen seien als nicht geeignet anzusehen. Sofern diesen Anordnungen überhaupt ein eindeutiger Inhalt zu entnehmen sei, gehe es um die Entfernung der aktuellen Stelleninhaberinnen von den Positionen der Pflegedienstleitung und der Wohnbereichsleitung des Hauses B. Eine einseitige Entfernung der Personen von den jeweiligen Stellen durch den Arbeitgeber sei rechtlich zweifelhaft, da dieser nicht nur im Blick auf etwaige Kündigungen, sondern auch Freistellungen oder anderen Maßnahmen im Streitfall jeweils von der vollen Beweislast getroffen sei. Aufgrund der nachhaltigen Verweigerung der Heimaufsicht zur Erteilung stichhaltiger Auskünfte habe sich die Antragstellerin gezwungen gesehen, zum weniger sicheren Mittel einer Verdachtskündigung zu greifen. Eine Freistellung sei keineswegs jederzeit möglich, auch dann nicht wenn der Arbeitgeber die Weiterzahlung des geschuldeten Gehalts zusage. Vielmehr werde der Beschäftigungsanspruch vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts als auf Grundrechtspositionen basierend und im arbeitsgerichtlichen Verfahren gegebenenfalls auch mit den Mitteln des Eilrechtsschutzes durchsetzbar angesehen. Vorliegend habe die Bevollmächtigte der Wohnbereichsleiterin S. unter Fristsetzung zur faktischen Weiterbeschäftigung ihrer Mandantin aufgefordert. Es sei hiernach festzuhalten, dass die Anordnung sowohl im Hinblick auf die Pflegedienstleitung als auch die Wohnbereichsleitung ungeeignet sei, da eine sichere Entfernung der beiden Beschäftigen von ihren Positionen auf diesem Wege nicht zu erreichen sei. Demgegenüber komme schon nach der Begründung des Bescheides ein Beschäftigungsverbot nach Art. 14 PfleWoqG in Betracht. Lasse sich nach der Feststellung der Heimaufsicht eine primäre Gefahr infolge einer Vielzahl von Aussagen durch andere Beschäftigte feststellen, so dränge dies geradezu zu einem Beschäftigungsverbot. Dennoch habe sich die Heimaufsicht offenbar gescheut, ausdrücklich das Verbot der Weiterbeschäftigung der Pflegedienstleitung und der Wohnbereichsleitung gegenüber der Antragstellerin anzuordnen. Mit einer entsprechenden Anordnung wäre allerdings eine rechtlich klare und effektiv umsetzbare Situation entstanden. Mit einem Beschäftigungsverbot wäre nach den Vorstellungen der Behörde im streitgegenständlichen Bescheid der Kern der Problematik beseitigt gewesen. Es sei deshalb von der fehlenden Eignung des gewählten Mittels auszugehen. Nicht erforderlich seien die Anordnungen zu 3.5, 3.6, 3.7, 3.8 und 3.9 des Bescheides zu Nachschulungen, Konzeptanpassungen und externen Begleitungsmaßnahmen. Die Ausführungen dazu im streitgegenständlichen Bescheid seien allerdings von der Heimaufsicht selbst als unmittelbar in Verbindung mit der Wohnbereichsleitung S. stehend festgestellt worden. Mit einer in welcher Weise auch immer umzusetzenden Neubesetzung dieser Stelle dürften sich diese Verhaltensweisen erledigt haben. Dies gelte umso mehr, als es an jeder Feststellung zu fehlerhaften Konzeptionen fehle. Derartige Gesichtspunkte seien auch bei der Antragstellerin über ein QM-Handbuch in pflegefachlich ordnungsgemäßer Hinsicht geregelt. Das Problem habe vielmehr darin gelegen, dass die Umsetzung solcher Vorgaben, wie die Heimaufsicht selbst festgestellt habe, an der Abwehrhaltung der Wohnbereichsleitung des Hauses B gegen Einwirkungen von außen gescheitert sei. Es gehe also weniger darum, hier neue Konzepte zu schaffen, als vielmehr darum, bereits vorhandene Konzepte umzusetzen. Zudem sei das Mittel des Aufnahmestopps auf solche Problematiken zu beschränken, die unmittelbar auf eine fehlerhafte quantitative Relation zwischen Pflegekräften und Pflegebedürftigen zurückgehen. Dem werde die weitverbreitete Annahme entgegengehalten, die Veränderung der Relation schaffe die notwendige Zeit für Verbesserungen und schütze neue Bewohner vor einer in der Einrichtung bestehenden Gefährdungslage. Mit dieser Begründung lasse sich allerdings praktisch in jedem denkbaren Fall der Mangelfeststellung ein Belegungsstopp rechtfertigen, sodass dieses einschneidende Mittel keiner spezifischen Tatbestandsvoraussetzung mehr bedürfte. Dementsprechend würden die überwiegende Mehrzahl heimrechtlicher Anordnungen – in welchem Bundesland auch immer – mit einem Belegungsstopp versehen. Dieses Mittel werde hierdurch aber zu einem umfassend tauglichen Beugemittel, das die Grenze zwischen einer ordnungsmäßigen Anordnung ihrer Durchsetzung im Wege des Verwaltungszwangs verwische. Vorliegend erschließe sich die Funktion des Aufnahmestopps insbesondere im Hinblick auf die von der Heimaufsicht verlangte Besetzung zweier Positionen nicht. Ein innerer Zusammenhang sei nicht zu erkennen, sodass die Wirkung des Aufnahmestopps als Druckmittel erkennbar werde.
Die Antragstellerin lässt beantragen,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 24.04.2020 gegen den Bescheid des Antragsgegners, datierend vom 26.02.2020 und zugestellt am 27.03.2020, sowie gegen die in Nr. 1 des Bescheids genannte Verfügung vom 19.02.2020, anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Bei der Begehung am 18. Februar 2020 seien erhebliche Mängel i.S.d. PfleWoqG festgestellt worden, sodass eine Anordnung zur Abstellung dieser Mängel ohne vorhergehende Beratung des Trägers habe erfolgen müssen. Konkret sei die angemessene Qualität bei der Nahrungsversorgung nicht sichergestellt gewesen. Es werde insoweit auf die ausführlich beschriebenen Pflegehandlungen der Auszubildenden (Bl. 48-49,125 der Behördenakte) verwiesen. Insbesondere das Nachschieben von Essen in den Mund mit dem Finger berge die Gefahr des Verschluckens und in der Folge des Erstickens an großen Speisestücken und stelle somit ein erheblichen Mangel und Gewalt in der Pflege dar. Um diesen Mangel zu beheben seien die Anordnungen unter Ziff. 1, 2, 3.2, 3.3, 3.4, 3.7, 3.8 und 3.9 getroffen worden. Die getroffenen Feststellungen bezüglich des Gesamtkomplexes Dekubitus sowie Schmerzmanagement stellten Abweichungen von den Qualitätsanforderungen nach Art. 3 PfleWoqG dar. Es müsse der an der Person des Pflegebedürftigen orientierte Pflegeprozess umgesetzt und dessen Verlauf aufgezeichnet werden. Abweichungen hiervon seien erhebliche Mängel, da eine Gefahr für die Gesundheit der Bewohner bestehe. Zur Mängelbeseitigung seien die Anordnung unter Ziff. 1, 2, 3.2, 3.3, 3.5 und 3.7 getroffen worden. Es habe auch erhebliche Mängel bezüglich dem Schutz der Würde, Selbstbestimmtheit und Struktur gegeben. Aufgrund glaubhafter Aussagen verschiedener Mitarbeiter bestehe Grund zur Annahme, dass die Bewohner nachts geweckt würden, um die Grundpflege durchzuführen. Auch die Begehung am 18. Februar 2020 habe gezeigt, dass es ein allgemeines strukturelles Problem im Haus B gebe. Allem Anschein nach stünden die Pflegekräfte unter Zeitdruck. Bewohner seien an die Vorgaben der Pflegekräfte gebunden, wodurch ihre Selbstständigkeit und Selbstbestimmtheit nicht mehr gewährleistet sei. Es gelte der Grundsatz, dass sich die Einrichtung an den Bedarf der Bewohner anpassen müsse und nicht umgekehrt. Medizinisch bedenklich sei, dass die Bewohner täglich geduscht würden. Zur Abstellung dieses Mangels habe man die Anordnungen unter Ziff. 1, 2, 3.2, 3.3, 3.7 und 3.9 getroffen.
Zudem sei die Fachkraftquote unterschritten worden, weswegen man die Anordnungen unter Ziff. 1, 2 und 3.1 getroffen habe. Bei einem Unterschreiten der Fachkraftquote und gleichzeitigem Vorliegen von pflegerischen Mängeln habe die FQA aber umgehend einen Aufnahmestopp herbeizuführen. Der Träger habe bereits von sich aus einen Aufnahmestopp bis 30. April 2020 vorgeschlagen. Die Fachkraftquote sei am Tag der Begehung unterschritten wurden, müsse jedoch jederzeit eingehalten werden. Der Aufnahmestopp sei angemessen, da er im Vergleich zu der ansonsten nur infrage kommenden Betriebsuntersagung das mildere Mittel darstelle. Die mit den Kostenträgern vereinbarten Pflege-Personalschlüssel könnten zur Kalkulation eines vorausschauenden Personaleinsatzplanung herangezogen werden. Dementsprechend ergebe sich aufgrund der Bewohnerzahl ein Gesamtpersonalsoll von 45,87 Vollzeitstellenanteilen (VZS). 50 Prozent hiervon müssten durch Fachkräfte, die betreuend und pflegend tätig seien, besetzt sein. Maßgeblich seien die zum Erhebungszeitpunkt tatsächlich tätigen Pflegekräfte einschließlich Honorarkräfte und Leiharbeitskräfte. Dabei seien Leiharbeitskräfte bei der Berechnung der Stellen anteilig grundsätzlich genauso wie festangestellte Arbeitskräfte zu behandeln, also maximal mit einem Stellenanteil von 1,0. Ein höherer Stellenanteil komme nur in Betracht, wenn vertraglich mehr Wochenstunden als die Regelwochenarbeitszeit, aufgrund arbeitszeitrechtliche Vorgaben jedoch maximal 48 Stunden, vereinbart seien. Die Berücksichtigung von einem Stellenanteil von 1,60 VZS bei einer Leasingkraft sei daher nicht möglich (z.B.: Herr Vigh mit 1,58 VZS). Insoweit habe sich die FQA aber mit Herrn H. (Bereichsleitung) in Verbindung gesetzt, der der FQA aber mitgeteilt habe, dass Leasingkräfte mit 1,0 VZS berechnet werden sollten. Nachtwachen seien bei der Berechnung der Fachkraftquote berücksichtigt worden. Nicht berücksichtigungsfähig seien hingegen Personen, mit Ausnahme der Pflegedienstleitung, die von dem Grundsatz der „am Bett tätigen Pflege- und Betreuungskräfte“ nicht tatsächlich am Pflegeprozess beteiligt seien. Aus diesem Grunde habe man die Qualitätsmanagementbeauftragte Frau S. mit 0,32 VZS nicht miteinberechnen können. Ebenso könnten Heilerziehungspfleger in Einrichtungen für Pflege und ältere Menschen nicht als Pflegefachkräfte anerkannt werden (GMS vom 3.4.2018). Aus diesem Grund habe man Frau E. mit 0,60 VZS nicht berücksichtigt. Insgesamt seien Fachkräfte von 21,91 VZS errechnet worden, sodass sich im Verhältnis zu dem Personal-Soll eine Fachkraftquote von 47,76% ergebe. Die 14-tägige Vorlage des Personalstand sei notwendig, um die Entwicklung des Personalstands in der Einrichtung zu überwachen. Dabei handle es sich um eine übliche Vorgehensweise zum Abstellen des Mangels der Fachkraftquote. Der Träger habe sicherzustellen, dass ausreichendes, sowie persönlich und fachlich geeignetes Personal vorhanden sei. Regelmäßige Qualifizierungsangebote für dieses Personal sei hierfür erforderlich. Die Ziff. 3.2 des Bescheides konkretisierte diesen Grundsatz, der in Art. 3 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. Art. 3 Abs. 3 Nr. 1 PfleWoqG niedergelegt sei. Die Unterstützung der Pflegedienstleitung (PDL) unter Ziff. 3.2.1 sowie die Schulung als Führungskraft unter Ziff. 3.2.2 sei erforderlich, damit diese künftig richtig anleiten und überwachen könne. Dies sei bei der Begehung am 18. Februar 2020 nicht der Fall gewesen. Der Antragsgegner sei nicht der Ansicht, dass die derzeitige Pflegedienstleitung nicht geeignet sei, sondern dass sie für eine begrenzte Zeit Unterstützung brauche und weiterzuqualifizieren sei. Soweit die Antragstellerin mitgeteilt habe, dass zum 1. Mai 2020 eine neue Pflegedienstleitung eingestellt worden sei, hätten sich die Anordnung unter Ziff. 3.2.1 bis 3.2.3 erledigt, soweit die ehemalige Pflegedienstleitung nicht mehr an ihren Arbeitsplatz zurückkehre. Soweit in Ziff. 3.3 des angefochtenen Bescheides angeordnet werde, dass im Haus B unverzüglich eine fachlich und persönlich geeignete Wohnbereichsleitung einzusetzen sei, sei auf die Bescheidsbegründung zu verweisen. Die Wohnbereichsleitung von Haus B sei bis auf Weiteres freigestellt worden. Demnach hätten die Mitarbeiter von Haus B derzeit keinen direkten Ansprechpartner und Vorgesetzten. Ein solcher sei jedoch erforderlich, um die festgestellten erheblichen Mängel im Bereich Nahrungsversorgung, pflegerische Versorgung und Struktur zu beheben. Es liege im Ermessen der Antragstellerin, wie diese die Erfüllung dieser Anordnung sicherstellte. Das in Ziff. 3.7 geforderte Qualitätsmanagement sei gesetzlich vorgeschrieben und daher dem Träger zuzumuten (vgl. Art. 3 Abs. 2 Nr. 4 PfleWoqG). Die festgestellten Mängel zeigten, dass in der Vergangenheit kein ordnungsgemäßes Qualitätsmanagement betrieben worden sei. Aufgrund der aufgefallenen Mängel bei der Essenseingabe sei auch das in Ziff. 3.8 geforderte Konzept zur Gewaltprävention erforderlich.
Hinsichtlich der Auswahl der Anordnung sei anzumerken, dass ein Beschäftigungsverbot gegen eine einzelne Person nach Auffassung des Antragsgegners nicht das geeignete Mittel zur Mängelbeseitigung gewesen sei, da die Mängel nicht nur von einer Person ausgingen. Es läge ein umfassendes, das ganze Pflegepersonal betreffendes, strukturelles Problem vor. Die Anordnungen in Ziff. 3.5, 3.6, 3.7 und 3.9 des Bescheides seien hinreichend bestimmt. Insbesondere sei bei einem Träger mit langjähriger Erfahrung im Pflegebereich davon auszugehen, dass Begriffe wie Evaluation der Pflegeprozessplanung, Konzept zur Umsetzung des Qualitätsmanagements, Maßnahmepläne und Konzeption zur Tagesstruktur bekannt seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorgelegten Behörden- und der Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag hat nur zu einem geringen Teil Erfolg.
Nach § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO entfällt die aufschiebende Wirkung jedoch in für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, etwa wenn – wie im vorliegenden Fall – der Widerspruch der Antragstellerin gegen die im Bescheid vom 26. Februar 2020 getroffenen Anordnungen nach Art. 13 des Gesetzes zur Regelung der Pflege-, Betreuungs- und Wohnqualität im Alter und bei Behinderung (Pflege- und Wohnqualitätsgesetz – PfleWoqG) aufgrund der Regelung des Art. 13 Abs. 5 PfleWoqG von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung entfalten.
Allerdings kann das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen, sofern im Rahmen der im Zusammenhang mit Entscheidungen nach § 80 Abs. 5 VwGO regelmäßig gebotenen Abwägung der Vollzugs- und Aussetzungsinteressen die Voraussetzungen hierfür analog § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO vorliegen (vgl. Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 80 Rn. 146 ff.; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juli 2019, § 80 Rn. 384 jeweils m.w.N.).
Bei dieser Interessenabwägung ist nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. B.v. 22.11.2010 – 12 CS 10.2243 – juris, Rn. 34; B.v. 29.9.2011 – 12 CS 11.2022 – juris, Rn. 73) von der gesetzlichen Wertung des Art. 13 Abs. 5 PfleWoqG auszugehen, welche einen effektiven Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner von Einrichtungen wie der der Antragstellerin, die dem Zwecke dienen, ältere Menschen, pflegebedürftige Volljährige oder volljährige Behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen aufzunehmen (Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 PfleWoqG), garantieren sollen. Das Gesetz bewertet das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung eines Aufnahmestopps nach Art. 13 Abs. 2 PfleWoqG regelmäßig höher als das Interesse des Trägers der Einrichtung an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfes und dem damit verbundenen effektiven Rechtsschutz (siehe hierzu auch bereits BayVGH, B.v. 17.12.2008 – 12 CS 08.1417 – juris, Rn. 49; B.v. 22.10.2010 – 12 CS 10.2243 – juris, Rn. 34; B.v. 29.9.2011 – 12 CS 11.2022 – juris, Rn. 73). Die Regelung entspricht der Bestimmung zur vorläufigen Untersagung in § 9 Abs. 3 Satz 3 des früheren Heimgesetzes des Bundes. Der Landesgesetzgeber gibt damit den Aufsichtsbehörden effiziente Mittel an die Hand, um Gefahrenlagen im Sinne des Art. 13 Abs. 1 und 2 PfleWoqG wirksam abzuwehren. Diese gesetzliche Wertung hat gerade bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens erhebliches Gewicht (vgl. BayVGH, B.v. 9.1.2019 – 12 CS 18.2658 – juris, Rn. 46).
Die Kammer darf daher im Rahmen der gebotenen Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehung des streitgegenständlichen Bescheides und dem privaten Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs die aufschiebende Wirkung grundsätzlich nur dann anordnen, wenn und soweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestehen (§ 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO analog). In diesem Zusammenhang ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier also auf den des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides vom 26. Februar 2020 abzustellen, soweit die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs geprüft werden. Soweit die Kammer hingegen wegen möglicher offener Erfolgsaussichten des Rechtsmittels eine eigene Interessenabwägung vornehmen muss, ist auf die Sachlage im Zeitpunkt der Entscheidung der Kammer abzustellen, die darüber zu befinden hat, ob jetzt ein öffentliches oder überwiegend privates Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht (vgl. BayVGH, B.v. 9.1.2019 – 12 CS 18.2658 – juris, Rn. 47).
Ausgehend hiervon sieht die erkennende Kammer die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren weitestgehend als gering an, mit der Folge, dass – auch unter Beachtung der bereits angesprochenen gesetzlichen Wertung – ein überwiegend öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht.
1. Der gegenüber der Antragstellerin verhängte Aufnahmestopp stellt sich nach summarischer Prüfung als rechtmäßig dar.
Der vom Antragsgegner mündlich angeordnete und in Ziff. 1 des Bescheids vom 26. Februar 2020 schriftlich bestätigte sofortige Aufnahmestopp findet seine Rechtsgrundlage in Art. 13 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 PfleWoqG. Danach kann die zuständige Behörde bei festgestellten erheblichen Mängel gegenüber den Trägern sofortige Anordnungen erlassen, die zur Beseitigung einer eingetretenen oder Abwendung einer drohenden Beeinträchtigung oder Gefährdung des Wohls der Bewohnerinnen und Bewohner, zur Sicherung der Einhaltung der dem Träger gegenüber den Bewohnerinnen und Bewohnern obliegenden Pflichten oder zur Vermeidung einer Unangemessenheit zwischen dem Entgelt und der Leistung der stationären Einrichtung erforderlich sind.
Mängel i.S.d. Art. 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 PfleWoqG sind Abweichungen von den Anforderungen dieses Gesetzes (vgl. Art. 12 Abs. 2 Satz 1 PfleWoqG), insbesondere Abweichungen von den Anforderungen des Art. 3 PfleWoqG (vgl. Art. 12 Abs. 1 PfleWoqG). Ein erheblicher Mangel i.S.d. Art. 13 Abs. 2 PfleWoqG ist aufgrund der Zielrichtung des Gesetzes (vgl. Art. 1 PfleWoqG) ein Mangel, wenn sich aus ihm direkt die Gefährdung von Bewohnern ergibt (Philipp, Pflege- und Wohnqualitätsgesetz Bayern, 2015, F, Rn. 74). Als weitere Konkretisierung des Begriffs des erheblichen Mangels kann aus der Gesetzessystematik auf die Bestimmungen des Art. 12 Abs. 4 Satz 4 und Art. 13 Abs. 3 Satz 3 PfleWoqG zurückgegriffen werden. Mit diesen Bestimmungen hat der Gesetzgeber bewusst die Wertung vorgenommen, dass bei einer Gefahr für Leben, Gesundheit oder Freiheit der Bewohner Anordnungen stets zu erfolgen haben. Diese Wertung lässt sich für eine konkretisierende Auslegung des Begriffs des erheblichen Mangels insoweit nutzbar machen, als im Falle einer Gefahr für Leben, Gesundheit oder Freiheit der Bewohner stets von einem erheblichen Mangel ausgegangen werden muss (Burmeister/Gaßner/Melzer/Müller, Bayerisches Pflege- und Wohnqualitätsgesetz, 2. Aufl. 2015, Art. 13 PfleWoqG, Rn. 7; VG Würzburg, B.v. 17.2.2016 – W 3 S 16.95 – juris, Rn. 77).
a) Die Unterschreitung der Fachkraftquote stellt einen erheblichen Mangel i.S.d. Art. 13 Abs. 2 PfleWoqG dar.
Nach Art. 3 Abs. 3 PfleWoqG i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 und § 11 Abs. 2 AVPfleWoqG zählt zu den Anforderungen an den Betrieb eines Heims, dass sichergestellt ist, dass die Zahl der Beschäftigten und ihre persönliche und fachliche Eignung für die von ihnen zu leistende Tätigkeit ausreichen. In dieser Anforderung kommt zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber seiner aus Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 PfleWoqG folgenden Zielsetzung gemäß, die Interessen und Bedürfnisse der Heimbewohner vor Beeinträchtigungen zu schützen, der Betreuungsfähigkeit der Heime eine herausragende Bedeutung zumisst (vgl. zum Heimgesetz des Bundes: BVerwG, B.v. 30.1.1996 – 1 B 13.96 – GewArch 1996, 245). Die Beurteilung, ob die Zahl der Beschäftigten einer Einrichtung ausreichend ist, muss nach der Lage des Einzelfalls und den dafür relevanten Gesichtspunkten getroffen werden. Zu berücksichtigen sind demnach vor allem die konkrete Heimart, der Gesundheitszustand der Bewohner, der Grad der Pflegebedürftigkeit und damit der Arbeitsintensität und Schwierigkeit der personellen Leistungen (vgl. BayVGH, B.v. 12.4.2000; – 22 CS 99.3761 – GewArch 2000, 283; Kunz/Butz/Wiedemann, Heimgesetz, 10. Aufl., § 11 Rn. 24; Krahmer/Richter, Heimgesetz, 2. Aufl., § 11 Rn. 28) wie auch die bauliche Beschaffenheit oder die sachliche Ausstattung des Heims (vgl. dazu: VG Minden, U.v. 16.12.1999 – 2 K 3705/97 – PflR 2002, 149).
Als personelle Mindestvoraussetzung sieht der Gesetzgeber jedenfalls vor, dass eine betreuend tätige Person eine Fachkraft im Sinn der nach § 16 Abs. 2 Satz 1 AVPfleWoqG erlassenen allgemeinen Verwaltungsvorschriften sein muss, bei mehr als 20 nicht pflegebedürftigen Bewohnerinnen und Bewohnern oder bei mehr als vier pflegebedürftigen Bewohnerinnen und Bewohnern im Sinn des § 9 Abs. 1 Satz 3 AVPfleWoqG mindestens jede zweite weitere betreuend tätige Person eine Fachkraft im o.g. Sinn (§ 15 Abs. 1 Satz 2 AVPfleWoqG). Dabei hat der Träger einer stationären Einrichtung durch Personaleinsatzplanung sicherzustellen, dass auch kurzfristige Ausfälle von Betreuungskräften unverzüglich ausgeglichen werden (§ 15 Abs. 4 AVPfleWoqG). Durch diese Regelung wird sichergestellt, dass zur Betreuung der Bewohnerinnen und Bewohner stets eine bestimmte Anzahl an fachlich geschulter und entsprechend kompetenter Fachkräfte anwesend ist. Hierdurch wird gewährleistet, dass betreuende Tätigkeiten, die eine bestimmte Sachkunde erfordern, jederzeit fachgerecht durchgeführt werden können. Eine angemessene Beteiligung von Fachkräften an der Wahrnehmung von betreuenden Tätigkeiten im Sinne des § 15 Abs. 1 AVPfleWoqG bedeutet zunächst negativ, dass Formen betreuender Tätigkeiten (z.B. das Waschen Pflegebedürftiger) nicht so organisiert werden dürfen, dass die entsprechenden Fachkräfte des Heims auf den Dienstleistungsvollzug keinen Einfluss haben. Angemessen ist die Beteiligung dann, wenn das Fachwissen der Fachkraft für die Art und Weise des Dienstleistungsvollzugs prägend ist (vgl. BayVGH, B.v. 12.4.2000 – 22 CS 99.3761 – juris, Rn. 30; VG Lüneburg U.v. 12.12.2017 – 4 A 639/16 – BeckRS 2017, 140962).
Diese personellen Mindestvoraussetzungen hat die Antragstellerin bei gleichzeitig vorliegenden erheblichen pflegerischen Mängeln nicht erfüllt. Ausgehend von dem vorstehend Ausgeführten lässt sich vorliegend nicht feststellen, dass die Antragstellerin als Betreiberin des Seniorenzentrums sicherstellt, dass die Zahl der Beschäftigten und deren persönliche und fachliche Eignung für die zu leistende Tätigkeit ausreicht. In der Einrichtung wurde die gesetzlich vorgeschriebene 50%-Quote an Fachkräften zum Zeitpunkt der Überprüfung durch FQA nicht eingehalten. Die von dem Antragsgegner vorgenommenen Berechnungen der Fachkraftquote erweisen sich nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung als fehlerfrei. In diesem Zusammenhang kann die allgemein strittige Frage dahinstehen, ob sich die Berechnung der Fachkraftquote entsprechend des Wortlautes von § 15 Abs. 1 Satz 2 AVPfleWoqG ausschließlich nach der Anzahl der tatsächlich Beschäftigten ohne Heranziehung eines Personalschlüssels richtet (so VG Lüneburg U.v. 12.12.2017 – 4 A 639/16 – BeckRS 2017, 140962, Rn. 51) oder aber – wie die Beteiligten dies annehmen – nach dem Sinn des Gesetzes an den Personalschlüssel-Soll-Vorgaben orientiert (in diesem Sinne Dickmann, Heimrecht, 11. Aufl. 2014, G.III.2, Rn. 23 m.w.N.). Dass bei Maßgeblichkeit der tatsächlich Beschäftigten ohne Heranziehung der Personalschlüssel-Soll-Vorgaben eine Unterschreitung der Fachkraftquote zu konstatieren wäre, dürfte nicht ernstlich streitig sein. Jedoch ist vorliegend auch bei Maßgeblichkeit der Personalschlüssel-Soll-Vorgaben nach Aktenlage jedenfalls zum Stichtag der Überprüfung am 18. Februar 2020 von einer Unterschreitung der Fachkraftquote auszugehen. Die Berechnungen des Antragsgegners (Bl. 36 der Behördenakte) sind transparent und in sich schlüssig. Entsprechend der zum Stichtag anwesenden Heimbewohner (2 Personen ohne Pflegegrad (PG), 2 Personen mit PG 1, 20 Personen mit PG 2, 24 Personen mit PG 3, 35 Personen mit PG 4, 23 Personen mit PG 5) und der vier sich in Kurzzeitpflege befindlichen Personen ergibt sich demnach ein Bedarf an 45,87 VZS. Aufgrund der vorliegenden Personalübersichten (Bl. 36-41 der Behördenakte) ergeben sich nach der in sich nachvollziehbaren Berechnung des Antragsgegners Pflegefachkräfte in einem Umfang von 21,91 VZS, sodass von einer Unterschreitung der erforderlichen Fachkraftquote von mindestens 22,94 VZS auszugehen wäre. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob zu Recht die nicht in der Pflege sondern in der Therapie im Haus B mit 0,60 VZS eingesetzte Heilerziehungspflegerin Frau E. nicht als Fachkraft zu berücksichtigen war. Soweit der Antragsgegner auf ein ministerielles Schreiben des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 3. April 2018 verweist, wonach Heilerziehungspfleger nicht als Pflegefachkräfte anzuerkennen sind, bedarf es ggf. der Überprüfung im Hauptsacheverfahren, ob eine Anerkennung im Bereich Therapie, welche gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AVPfleWoqG durch allgemeine Verwaltungsvorschriften geregelt wird, möglich ist. Gleiches gilt für die im Haus C im Bereich Therapie eingesetzte und hinsichtlich ihrer Ausbildung als Pflegehilfskraft bezeichnete Frau L. In der Spalte „Bemerkung“ ist „Erzieherin“ vermerkt, sodass trotz der von der Antragstellerin angeführte Ausbildungsstand als Pflegehilfskraft auch insoweit eine Anerkennung als Fachkraft i.S.v. § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AVPfleWoqG nicht gänzlich ausgeschlossen erscheint (vgl. Dickmann, Heimrecht, 11. Aufl. 2014, G.I.2, Rn. 15 ff.). Mangels betreuender Tätigkeit war jedenfalls die im Qualitätsmanagement tätige Frau S. entgegen des Ansatzes der Antragstellerin in Höhe von 0,32 VZS nicht anzurechnen (VG Lüneburg U.v. 12.12.2017 – 4 A 639/16 – BeckRS 2017, 140962, Rn. 64 f.). Allem Anschein nach nicht eingerechnet wurde vom Antragsgegner der Personalbedarf im Bereich der Tagespflege und entsprechend den von der Antragstellerin vorgelegten Auszüge der von ihm bezeichneten „Stellenabweichung“ aus dem Qualitätsmanagementhandbuch in Form von Personalschlüssel-Soll-Vorgaben im Bereich „3. Ermittlung Sollstellen Zusatzpersonal“. Demzufolge kommt die Antragstellerin nach ihren eigenen Berechnungen auf deutlich höhere Personalschlüssel-Soll-Vorgaben, nämlich zum 31. Januar 2020 auf 49,82 VZS, zum 29. Februar 2020 auf 49,54 VZS und zum 31. März 2020 auf 48,53 VZS. Bestätigt wird dieses Erfordernis an solchen Stellen durch den eigenen Vortrag der Antragstellerin im gerichtlichen Verfahren, belegt durch die eidesstattliche Versicherung des Arbeitnehmers der Antragstellerin Herr E. vom 30. April 2020. Unter Zugrundelegung der eigenen Personalschlüssel-Soll-Vorgaben ist jedenfalls von einer erheblichen Unterschreitung der Fachkraftquote auszugehen.
Die Antragstellerin tritt der Berechnung des Antragsgegners lediglich unsubstantiiert entgegen, indem schriftsätzlich und durch Vorlage o.g. eidesstattliche Versicherung behauptet wird, dass die Fachkraftquote im Januar 52,19%, im Februar 52,57% und im März 55,18% betragen habe. Eine nachvollziehbare Berechnung mit entsprechender Personalaufstellung, anhand derer das Gericht in überprüfbarer Weise die Berechnung der Antragstellerseite hätte nachprüfen können, legte im Gegensatz zum Antragsgegner die Antragstellerseite nicht vor. Der insoweit unschlüssige Vortrag der Antragstellerin geht demzufolge über eine bloße Behauptung nicht hinaus. Es hätte der Antragstellerseite oblegen, hier substantiell vorzutragen. Unabhängig davon hat der Träger einer stationären Einrichtung gem. § 15 Abs. 4 AVPfleWoqG durch Personaleinsatzplanung sicherzustellen, dass auch kurzfristige Ausfälle von Betreuungskräften unverzüglich ausgeglichen werden. Dieser gesetzlich angeordneten Vorsorgeplanung kam die Antragstellerin zum Stichtag des 18. Februar 2020 ersichtlich nicht nach. Dementsprechend flossen drei in Vollzeit beschäftigte Fachkräfte in die Berechnung ein, obwohl deren Arbeitskraft zu diesem Zeitpunkt nicht (Frau G. – ab den 6.2.2020 in Reha) oder zeitnah nicht mehr zur Verfügung stand (Frau P. – Kündigung zum 29.2.2020; Frau R. – Kündigung zum 31.3.2020), ohne dass für die letzten beiden Fachkräfte ein vorsorglicher Ersatz erkennbar gewesen wäre.
b) Die Form der Essenseingabe stellt einen erheblichen Mangel i.S.d. Art. 13 Abs. 2 PfleWoqG dar.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die durch die Heimaufsicht bei der Begehung am 8. Februar 2020 beobachtete Eingabe des Frühstücks als erheblichen Mangel zu qualifizieren ist. Insbesondere das von einer Auszubildenden praktizierte Nachschieben von Essen mit dem Zeigefinger in den Mund einer Bewohnerin unter Beisein der Heimleiterin und der Heimaufsicht legt sogar den Schluss auf Gewalt in der Pflege nahe. Folgerichtig erfolgte gegen die nach Aussagen mehrerer Mitarbeiter veranlassende Wohnbereichsleiterin sogar Strafanzeige wegen Körperverletzung durch die Antragstellerin. Aufgrund der potentiellen Gefahr für Leben und Gesundheit der Bewohner war daher eine Anordnung geboten. Darüber hinaus dürfte es nicht den Qualitätsanforderungen der Wahrung der Selbstbestimmung der Bewohnerinnen und Bewohner gem. Art. 3 Abs. 2 Nr. 2 PfleWoqG entsprechen, das Frühstücksangebot auf pürierte Kost und (bestrichenes) Toastbrot zu beschränken.
c) Der Umgang mit der Thematik „Dekubitus“ stellt einen erheblichen Mangel i.S.d. Art. 13 Abs. 2 PfleWoqG dar.
Ein Dekubitus ist eine lokale Schädigung der Haut und des darunterliegenden Gewebes aufgrund von längerer Druckbelastung, die die Durchblutung der Haut stört (siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Dekubitus). Ein beginnender Dekubitus (Kategorie I) stellt bereits eine derartige Schädigung dar und weist per se auf unzureichende Mobilisierung, Lagerung und Hygiene (zum Beispiel feuchtes Milieu) hin. Soweit sich bei älteren Personen die Gefahr eines Dekubitus aufgrund erhöhter intrinsischer Faktoren verwirklicht hat, ist dem mit geeigneten Hilfsmitteln entgegenzuwirken (vgl. Nationaler Expertenstandard Dekubitusprophylaxe). Wie amtsärztlich aufgrund der Begehung am 18. Februar 2020, dokumentiert mit Aktenvermerk vom 20. Februar 2020 (Bl. 106 ff. der Bundesamtsakte), festgestellt, erfolgte eine hinreichende Prophylaxe bzw. Behandlung nicht. Dass zwei zusammengeknüllte Kompressen zu nachteiligen Scherkräften führen und die Verschmutzung mit Kot ein ebenfalls nachteiliges, feuchtes Milieu bildet, welches den Fortschritt eines Dekubitus befördert, ist für das Gericht ohne weitere Erklärung nachvollziehbar. Bedenklich erscheint in diesem Zusammenhang, dass diesen auch im streitgegenständlichen Bescheid angeführten Sachverhalt ausgerechnet die für das Qualitätsmanagement verantwortliche Mitarbeiterin mit eidesstattlicher Versicherung vom 12. Mai 2020 als in fachlicher Hinsicht nicht beanstandenswert und als konform mit der Verfahrensanleitung, wie sie im gesamten Unternehmensverbund gültig sei, beurteilt.
d) Der Umgang mit Blasendauerkathetern, die Aufbewahrung von Medikamenten und das unzureichend betriebene Schmerzmanagement stellen einen erheblichen Mangel i.S.d. Art. 13 Abs. 2 PfleWoqG dar.
Der Träger und die Leitung einer stationären Einrichtung haben gem. Art. 3 Abs. 2 PfleWoqG die Bewohner vor gesundheitlichen Beeinträchtigung zu schützen. Entsprechend der amtsärztlichen Feststellung im Aktenvermerk vom 20. Februar 2020 (Bl. 106 ff. der Behördenakte) sei aus der unsachgemäßen Anbringung des Auffangbeutels des Blasendauerkatheters zweier Bewohner die Gefährdung durch Harnwegsinfekte zu befürchten. Frei zugängliche Insulinpens im Flur der Station B1 stellen im Bereich zahlreicher dementer Bewohner ebenfalls selbstredend eine bei Einhaltung pflegerischer Standards vermeidbare Gefahrenquelle dar.
Entgegen den Ausführungen der für das Qualitätsmanagement verantwortliche Mitarbeiterin in der eidesstattlichen Versicherung vom 12. Mai 2020 dürfte das tatsächlich betriebene Schmerzmanagement nicht fachlichen Standards genügen. Die bloße Verschreibung von Morphintropfen durch einen behandelnden Arzt und die Dokumentation, dass die Bewohnerin keine Schmerzen habe, dürfte im Hinblick auf die Möglichkeit der Festlegung individueller Therapieziele, eines individuellen medikamentösen Behandlungsplans oder der Planung nichtmedikamentöser Maßnahmen unzureichend sein. Es wird insoweit auf die fachliche Stellungnahme vom 4. Mai 2020 verwiesen (Bl. 228 f. der Behördenakte).
e) Das Waschen oder Duschen von Bewohnern zur Nachtzeit stellt einen Mangel i.S.d. Art. 13 Abs. 1 Satz 1 PfleWoqG dar.
Nach Art. 3 Abs. 2 Nr. 2 PfleWoqG haben der Träger und die Leitung einer stationären Einrichtung sicherzustellen, dass die Selbständigkeit, die Selbstbestimmung und die Selbstverantwortung der Bewohnerinnen und Bewohner gewahrt und gefördert werden. Dem wird ein nächtliches Wecken zur Durchführung der Grundpflege nicht gerecht. Zur Überzeugung der zur Entscheidung berufenen Kammer spricht nach Aktenlage alles dafür, dass eine derartige Pflege systematisch und nicht nur, wie von der Bevollmächtigten der freigestellten Wohnbereichsleiterin mit Schriftsatz vom 6. April 2020 dargestellt, in begründeten Einzelfällen stattgefunden hat. Dies ergibt sich aus der Gesamtschau der Begehungen durch Mitarbeiter des Antragsgegners, mehrerer Beschwerden sowie aus Gesprächen mit Mitarbeitern der Antragstellerin und einer Heimbewohnerin. Die Antragstellerin tritt diesen Feststellungen auch schon nicht entgegen.
Im Hinblick auf die zahlreichen, größtenteils erheblichen Mängel ist davon auszugehen, dass der Aufnahmestopp die Situation der derzeitigen Heimbewohner dadurch verbessert, dass dasselbe Heimpersonal bzw. dasselbe Pflegefachpersonal tendenziell weniger Heimbewohner zu betreuen hat. Ein Aufnahmestopp hat zur Folge, dass die Antragstellerin keine Menschen neu als Bewohnerinnen und Bewohner des Seniorenzentrums aufnehmen darf. Hieraus ergibt sich, dass das zur Verfügung stehende und auf der jeweiligen Station anwesende Personal weniger Bewohnerinnen und Bewohner pflegen und versorgen muss als ohne Aufnahmestopp. Beschäftigt die Antragstellerin zu wenig Personal, wird dies durch den Aufnahmestopp dadurch ausgeglichen, dass auch weniger Personen zu pflegen und zu versorgen sind. Beschäftigt die Antragstellerin zu wenig qualifiziertes Personal (Fachkraftquote), wird dies dadurch ausgeglichen, dass weniger Arbeit vorhanden ist, die den Einsatz fachlich qualifizierten Personals erfordert. Sind Überstunden abzubauen, wird dies durch den Aufnahmestopp erleichtert. Zudem gibt der Aufnahmestopp Raum dafür, dass genügend Fachkräfte für die Essenseingabe bei Bewohnerinnen und Bewohnern mit Schluckstörungen zur Verfügung stehen. Durch den reduzierten Arbeitsanfall infolge des Aufnahmestopps entstehen zeitliche Freiräume, die genutzt werden können, um das Schmerzmanagement zu professionalisieren. Gleiches gilt für den Umgang mit Medikamenten. Gerade in einer Situation, in der die Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Gabe von Medikamenten umorganisiert werden, ist ein erhöhter Zeitaufwand für die Implementierung des neuen Systems einschließlich dessen Überwachung erforderlich. Auch dies kann besser umgesetzt werden, wenn zugleich weniger Bewohnerinnen und Bewohner zu pflegen und zu versorgen sind.
Damit ist der Aufnahmestopp ein geeignetes Mittel dafür, die Abläufe im Seniorenheim hinsichtlich Personaleinsatz, Pflege, Schmerzmanagement und Umgang mit Medikamenten konsolidieren zu können und damit die Mängel zugunsten der Bewohnerinnen und Bewohner zu beheben (VG Würzburg, B.v. 17.2.2016 – W 3 S 16.95 – juris, Rn. 105 f.). Der angeordnete Aufnahmestopp ist deshalb geeignet und erforderlich, um sicherzustellen, dass sich die Situation in der Einrichtung nicht zum Nachteil der Bewohnerinnen und Bewohner (weiter) verschlechtert.
Der Antragsgegner hat entgegen der Ansicht der Antragstellerin auch sein Auswahlermessen richtig ausgeübt. Soweit diese mehrfach den Erlass eines Beschäftigungsverbotes gegenüber der Wohnbereichsleiterin des Hauses B erbeten hat, handelt es sich bereits um kein gleich geeignetes Mittel, um die zahlreichen festgestellten Mängel effektiv beseitigen zu können. Zu Recht hat der Antragsgegner demzufolge diese besondere Form der Anordnung gem. Art. 14 PfleWoqG nicht in sein Auswahlermessen eingestellt. Voraussetzung für ein Beschäftigungsverbot wäre, dass Tatsachen vorliegen, die auf die fehlende Eignung der Einrichtungsleitung oder eines Beschäftigten schließen lassen (Dickmann, Heimrecht, 11. Aufl. 2014, C.X.5, Rn. 29). Der umfangreichen behördlichen Dokumentation, insbesondere den Feststellungen in der Begehung vom 18. Februar 2020, ist zu entnehmen, dass die Ursachen der zahlreichen Mängel nicht ausschließlich auf persönliche Fehlleistungen der Wohnbereichsleiterin des Hauses B oder der Pflegedienstleitung beruhen, sondern lediglich die Bewältigung der strukturellen Qualitätsprobleme des Seniorenzentrums zu einer nachhaltigen Verbesserung der Situation für die Bewohner führen kann. Anschaulich und lediglich beispielhaft zeigt dies die Schilderung der Essenseingabe beim Frühstück durch eine Auszubildende am Tag der Begehung. Demnach spricht viel dafür, dass diese durch ihr Umfeld bereits dahingehend konditioniert worden war, in einer pflegefachlich nicht akzeptablen Weise die Essenseingabe vorzunehmen. Bemerkenswert ist insoweit, dass die Arbeit an den Bewohnern durch eine Auszubildende wahrgenommen wurde, während die Pflegedienstleitung mit Hilfstätigkeiten beschäftigt gewesen ist. Bedenklich ist in diesem Zusammenhang, dass die Vorgänge im Beisein der Heimleiterin stattfanden, die Zurechtweisung der Auszubildenden jedoch durch die Mitarbeiterin des Antragsgegners erfolgen musste. Die Schilderungen der sonstigen Mitarbeiter sprechen zudem dafür, dass diese sich dem vorgegebenen „Pflegestil“ angepasst oder diesen zumindest hingenommen haben. Aufgrund der insgesamt 17-jährigen Beschäftigungszeit der Wohnbereichsleiterin des Hauses B ist bei den lebensnaher Betrachtung daher davon auszugehen, dass es sich um gewachsene Strukturen des Seniorenzentrums handelt. Es wäre daher realistischerweise nicht davon auszugehen, dass der Austausch einer einzelnen Person zu einer wesentlichen Qualitätsverbesserung beitragen könnte.
2. Die gegenüber der Antragstellerin in Ziff. 3 verhängten weiteren Anordnungen begegnen nach summarischer Prüfung keinen wesentlichen rechtlichen Bedenken.
Die in Ziff. 3.1, 3.4 und 3.5 erfolgten Anordnungen gehen nicht über die der Antragstellerin obliegenden und daher stets zu beachtenden gesetzlichen Verpflichtungen in Art. 3 Abs. 2 Nrn. 1-4 und Abs. 3 PfleWoqG i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 und § 11 Abs. 2 AVPfleWoqG hinaus, sodass bereits keine Belastung der Antragstellerin erkennbar ist. Soweit 14-tägige Personalstandsmeldungen bis zur Aufhebung des Belegungsstopps gefordert werden, handelt es sich um eine wenig einschneidende Maßnahme, die zur Kontrolle der Fachkraftquote zweckmäßig und als mildestes Mittel erscheint.
Soweit in Ziff. 3.2 und 3.3 der Einsatz einer fachlich und persönlich geeigneten Pflegedienstleitung sowie Wohnbereichsleitung in Haus B gefordert wird, ist dies nicht rechtlich zu beanstanden. Hinsichtlich des Einsatzes einer Wohnbereichsleitung ergibt sich dieses Erfordernis bereits aus dem Umstand, dass zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses aufgrund der Freistellung der Wohnbereichsleiterin vom Dienst diese Leitungsstelle faktisch nicht ausgefüllt oder lediglich vertretungsweise besetzt war. Gerade im Hinblick auf die festgestellten erheblichen Mängel erscheint jedoch der sofortige Einsatz einer fachlich und persönlich geeigneten Führungskraft im Bereich des Haus B unumgänglich. Ebenso erscheint es aufgrund summarischer Prüfung nach Aktenlage erforderlich, für eine fachliche und persönliche Eignung der Pflegedienstleitung Sorge zu tragen. Eine zentrale Aufgabe der Pflegedienstleitung ist die Sicherstellung eines angemessenen Qualitätsniveaus der pflegerischen Versorgung der Bewohner und in diesem Zusammenhang auch die Überwachung der Aufgabenerfüllung der Wohnbereichsleitungen. Diesem Auftrag ist die Pflegedienstleitung, Frau L., auf der Hand liegend unzureichend nachgekommen. Dies zeigt sich etwa in der oben geschilderten Situation der Essenseingabe durch die Auszubildende bei der Begehung durch den Antragsgegner am 18. Februar 2020 und dem fehlenden Einschreiten der Pflegedienstleitung trotz erkennbarem Mangel. Darüber hinaus hat die Pflegedienstleitung in einem Gespräch vom 13. Februar 2020 mit den Antragsgegner auf Vorhalt der eingegangenen Beschwerden mitgeteilt, dass sie von der angesprochenen Arbeitsweise der Wohnbereichsleiterin des Hauses B nichts gewusst habe. In diesem Zusammenhang wäre es lebensfern anzunehmen, dass es sich bei den Beschwerden um einmaliges Versagen der bereits seit 17 Jahren bei der Antragstellerin beschäftigten Wohnbereichsleiterin gehandelt haben könnte. Aufgrund der Gesamtumstände geht das Gericht daher davon aus, dass die Pflegedienstleitung ihre Überwachungsaufgabe nicht oder jedenfalls nicht im gebotenen Maße wahrgenommen hat.
Soweit die Antragstellerseite den Anordnungen in Ziff. 3.2 und 3.3 entnehmen möchte, dass sowohl die Pflegedienstleitung als auch die Wohnbereichsleiterin des Hauses B aus dem Dienst zu entfernen seien, kann dies dem Wortlaut der Anordnungen nicht entnommen werden. Gerade die Ziff. 3.2.1 bis 3.2.3 stellen ersichtlich darauf ab, die zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses tätige Pflegedienstleitung für einen beschränkten Zeitraum zu unterstützen und in dieser Phase fortzubilden, um künftig eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung zu gewährleisten.
Wie bereits dargestellt, verpflichtet Ziff. 3.3 lediglich zur unverzüglichen Besetzung der durch die Freistellung vakanten Stelle als Wohnbereichsleitung. Unerheblich ist insoweit, ob arbeitsrechtlich durch die Antragstellerin die von ihr angestrebte Kündigung der betroffenen Mitarbeiterin durchsetzbar ist. Der angefochtene Bescheid legt der Antragstellerin eine derartige Verpflichtung gerade nicht auf, sondern orientiert sich einzig an dem heimaufsichtlichen Zweck der Verbesserung der Versorgung der Bewohner. In welcher Form die Antragstellerin den Einsatz fachlich und persönlich geeigneter Führungskräfte sicherstellt, obliegt ihrem eigenen Ermessen. Ob durch entsprechende Weiterbildung derzeitiger Führungskräfte oder sonstiger Mitarbeiter, durch Abmahnungen und verstärkter Überwachung, durch Kündigungen und Neueinstellungen oder in sonstiger Weise der Einsatz fachlich und persönlich geeigneter Führungskräfte erfolgt, hat die Antragstellerin selbstständig zu entscheiden. Die Anordnungen in Ziff. 3.2 und 3.3 geben der Antragstellerin insoweit ausreichend Freiraum. Demzufolge hat der Antragsgegner auch mit Schriftsatz vom 25. Mai 2020 mitgeteilt, dass im Fall einer wohl zum 1. Mai 2020 erfolgten Neueinstellung einer anderen Pflegedienstleitung die entsprechenden Anordnungen in Ziff. 3.2 als erledigt angesehen werden. Der Antragsgegner hat gerade nicht die Aufgabe, durch den Erlass eines wie oben bereits dargestellt nicht hinreichend geeigneten Beschäftigungsverbots für die Antragstellerin die Erfolgsaussichten eines möglichen Kündigungsschutzprozesses zu erhöhen.
Die in Ziff. 3.6 bis 3.9 angeordneten Verpflichtungen zur Evaluierung der Pflegeprozessplanung, zum Betreiben eines ausreichenden und zielführenden Qualitätsmanagements, zur Konzepterarbeitung zur Gewaltprävention, zur Neustrukturierung der Tagesabläufe und zur jeweiligen Vorlage dieser Konzepte an den Antragsgegner begegnen keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Antragstellerin mag nicht mit dem Vortrag durchzudringen, der Unternehmensverbund habe bereits ein Qualitätsmanagementhandbuch und es sei allen Mitarbeitern selbstverständlich bewusst, dass die Hilfe bei der Nahrungsaufnahme respektvoll und nach individuellen Bedürfnissen zu geschehen habe, Gewalt nicht zu dulden sei und Tagesabläufe sowie die Lebensgestaltung der Bewohner deren Bedürfnissen angemessen zu sein habe. Es handle sich daher um nicht erforderlichen bürokratischen Doppelaufwand.
Die aufgezeigten zahlreichen erheblichen Mängel sprechen jedoch gerade dafür, dass die unternehmensinternen Vorgaben offenbar nicht ausgereicht haben, um eine angemessene Qualität der pflegerischen Versorgung nach den allgemeinen anerkannten Stand der pflegewissenschaftlichen Erkenntnisse sicherzustellen oder sogar Gewalt in der Pflege zu verhindern. Dementsprechend hat aufgrund der Begehung vom 18. Februar 2020 die Geschäftsführung der Antragstellerin mit Schreiben vom 21. Februar 2020 bereits von sich aus eine Reihe von Maßnahmen für erforderlich gehalten, insbesondere die themenorientierte Fachanleitung bei allen Pflegekräften beginnend mit dem Thema Ernährung, adäquate Nahrungsaufnahme, die Schulung zum Thema Gewaltprävention in der Pflege, die Schulung zum Thema adäquate Ernährungssituation bei Demenz/Nahrungsverweigerung, die Durchführung eines Qualitätszirkel zum Thema Gewaltprävention, die werktägliche Wirksamkeitskontrolle im Rahmen von teilhabenden Beobachtungen und Pflegevisiten sowie verdichtete Kontrollen durch das trägereigene Qualitätsmanagement. Übereinstimmend mit der antragstellereigenen Erkenntnis im Schreiben vom 21. Februar 2020 geht auch das Gericht davon aus, dass das Seniorenzentrum der Antragstellerin über das in der Vergangenheit betriebene Qualitätsmanagement hinaus weiteren konzeptionellen Bedarf hat. Dies wird zusätzlich unterstrichen durch die Ausführungen der für das Qualitätsmanagement beauftragten Mitarbeiterin der Antragstellerin in ihrer eidesstattlichen Erklärung vom 12. Mai 2020, in der sie weiterhin dem Seniorenzentrum der Antragstellerin entgegen der Ansicht der Amtsärzte des Gesundheitsamtes und auch der hier zur Entscheidung berufenen Kammer pflegefachlich einwandfreie Zustände bescheinigt. Der Bedarf an einer konzeptionellen Neuausrichtung ergibt sich bereits aus dem Antragsschriftsatz der Antragstellerin vom 29. April 2020 selbst. Demnach sind für die Antragstellerseite die in den Ziff. 3.5 bis 3.9 verwendeten Begriffe derart unbestimmt, dass ihr die sichere Befolgung auch bei Berücksichtigung der Begründung des Bescheids ausgeschlossen erscheint. Dabei weist das Gericht darauf hin, dass die darin verwendeten Begriffe weitgehend auch an die gesetzliche Regelung in Art. 3 PfleWoqG angelehnt sind. Soweit die Antragstellerseite vorträgt, dass ihr der Inhalt dieser im pflegerischen Bereich gängigen Begriffe inhaltlich nicht hinreichend bestimmbar seien, bedarf die Notwendigkeit der Überarbeitung der pflegerischen Konzeption der Antragstellerin keiner näheren Erläuterung.
3. Hinsichtlich des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen Ziff. 4 des Bescheids hat der Antrag teilweise Erfolg.
Gemäß Art. 36 Abs. 1, 2 und 5 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) muss ein Zwangsgeld in bestimmter Höhe unter Bestimmung einer Frist, innerhalb derer dem Pflichtigen der Vollzug billigerweise zugemutet werden kann, angedroht werden. Es muss eindeutig sein, welches Zwangsgeld zu Lasten welches Pflichtigen bei welchem Pflichtenverstoß fällig wird. Diese Voraussetzung liegt im Hinblick auf die Zwangsgeldandrohungen in Ziff. 4 Buchst. b, i, j und l des Bescheids nicht vor, da darin nicht zwischen den zwei Handlungsverpflichtungen unterschieden wird. Bei mehreren gebotenen selbstständigen Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen, in denen Zwangsgeld durchgesetzt werden soll, ist grundsätzlich für jede Maßnahme ein bezifferter Betrag anzugeben. Die Androhung eines einheitlichen Zwangsgeldes ist dann unbestimmt und rechtswidrig, wenn der Adressat der Verfügung mit diesem Mittel zur Erfüllung mehrerer selbstständiger Handlungen angehalten werden soll, ohne dass aus der Verfügung zu ersehen ist, welche Folgen sich aus der Nichterfüllung des einzelnen Gebotes für den Betroffenen ergibt (so BayVGH, B.v. 24.7.2012 – 10 ZB 10.1349 – BeckRS 2012, 56139 im Anschluss an VG Regensburg, U.v. 22.4.2010 – 5 K 09.1472). Die in Ziff. 4 Buchst. b, i, j und l angedrohten Zwangsgelder beziehen sich jeweils auf zwei Handlungspflichten in den Ziff. 3.1, 3.6, 3.7 und 3.9. Für einen objektiven Adressaten des Bescheids ist jeweils nicht erkennbar, ob die Fälligkeit des Zwangsgeldes nur bei Nichterfüllung der vollständigen Anordnung, der jeweiligen „Hauptanordnung“ im jeweiligen Satz 1 oder der gegenüber dem Antragsgegner zu erbringenden Nachweispflicht im jeweiligen Satz 2 zu befürchten ist.
Die Androhung eines Zwangsgelds ist zudem nur dann verhältnismäßig, wenn im Falle der überwiegenden Erfüllung einer Verpflichtung das Zwangsgeld in der angedrohten Höhe auch für den Teil der Verfügung, dem nicht nachgekommen worden ist, noch angemessen ist (BayVGH a.a.O.). Ein Zwangsgeld in Höhe von 1.500 Euro erscheint bei nicht fristgemäßer Vorlage eines der Nachweise gerade auch im Hinblick auf die Zwangsgeldhöhe in gleicher Höhe in den im pflegerischen Kernbereich getroffenen Anordnungen (Ziff. 3.3 bis 3.5) nicht verhältnismäßig.
Die ggf. noch einzulegende Anfechtungsklage gegen die streitgegenständlichen Anordnungen wird daher aller Voraussicht nach nur hinsichtlich Ziff. 4 Buchst. b, i, j und l des Bescheids Erfolg haben, weshalb dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang stattzugeben war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, wonach auch bei teilweisem Obsiegen einem Antragsteller die Kosten ganz auferlegt werden können, wenn der Antragsgegner nur mit einem unbedeutenden Rest unterliegt (Eyermann/Rennert, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 155 Rn. 5 – beck-online).
Der auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Ziff. 1.7.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit beruhende Streitwert beträgt im streitgegenständlichen Verfahren 9.250 Euro.


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