Verwaltungsrecht

Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im einstweiligen Rechtsschutz

Aktenzeichen  S 4 SO 81/18 ER

Datum:
13.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 32928
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB XII § 19 Abs. 3, § 87, § 88, § 91, § 97 Abs. 2
SGG § 86b Abs. 2 S. 2
GG Art. 20 Abs. 3, Art. 97 Abs. 1
AGSG Art. 82 Nr. 5
BGB § 1567 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Der überörtliche Sozialhilfeträger ist für Leistungen der Einstandsgemeinschaft zuständig, solange der Leistungsbescheid nicht widerrufen ist. Ein Aufschub der Zahlungen an ein Pflegeheim hindert diese Zuständigkeit nicht, wenn die Auszahlung der Leistungen durch fehlende Mitwirkung vereitelt wurde (Rn. 51).
2. Erkenntnisse zur Trennung der Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft der Ehegatten können auch aus Angaben im Prozesskostenhilfeverfahren entnommen werden (Rn. 61).
3. Der kostenbeitragspflichtige Ehegatte hat keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt gegenüber dem Sozialhilfeträger. Durch den Leistungsbescheid an den Hilfeempfänger ist der Ehegatte als Mitglied der Einstandsgemeinschaft nur im Sinne eines Rechtsreflexes betroffen (Rn. 63).
4. Zur Feststellung der örtlichen Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
5. Ob Ehepaare und Lebenspartner dauernd getrennt leben und damit eine Einstandsgemeischaft zu verneinen ist, bestimmt sich nicht nach § 1567 Abs. 1 BGB, sondern im Rahmen einer funktionsdifferenten Auslegung eigenständig nach Sinn und Zweck sozialhilferechtlicher Vorschriften und Maßstäbe. (Rn. 43 – 47) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

L 18 SO 180/18 B ER 2018-10-11 Bes LSGBAYERN LSG München

Tenor

I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 6. Juni 2018 wird abgelehnt.
II. Die Zwischenregelung des Bayerischen Landessozialgerichts im Beschluss vom 11. Oktober 2018 (L 18 SO 180/18 ER) wird mit Wirkung vom 13. November 2018 aufgehoben.
III. Außergerichtliche Kosten der Antragstellerin im erstinstanzlichen Verfahren und im Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt – im Wege der einstweiligen Anordnung – vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Die 1944 geborene, verheiratete Antragstellerin bewohnt eine 63 m² große Wohnung im Gebiet der Antragsgegnerin. Der Ehemann der Antragstellerin ist seit 10.12.2015 bei der M.-Altenpflege, L., untergebracht. Er ist Miteigentümer der Grundstücke im Grundbuch des Amtsgerichts B. und B. Flurnummer 5680, 4377, 6232 und 6272 jeweils Gemarkung B. und 787/2 Gemarkung P., sowie des Grundstücks im Grundbuch des Amtsgerichts B. von G. Flurnummer 1844 Gemarkung G.. Mit den Grundbuchauszügen wurde ein Entwurf einer Auseinandersetzung des Grundbesitzes des Notars Dr. W. aus B. vorgelegt.
Mit Bescheid vom 12.10.2017 lehnte der Bezirk (Beigeladener) den Antrag des Ehemannes auf Übernahme der ungedeckten Heimkosten ab. Er verfüge derzeit über Vermögenswerte in Höhe von ca. 165.000 € und ein laufendes monatliches Gesamteinkommen in Höhe von 1755,10 € (Werte jeweils bis 30.06.2017). Die Antragstellerin und ihr Ehemann hätten sich im Falle einer Hilfegewährung in Höhe eines so genannten Kostenbeitrags aus dem gemeinsamen Einkommen an den entstehenden Kosten zu beteiligen. Aufgrund der derzeit vorliegenden Unterlagen errechne sich ein voraussichtlicher Kostenbeitrag aus dem gemeinsamen Einkommen in Höhe von monatlich ca. 750,00 €. Die genaue Berechnung könne erst nach Vorlage der vollständigen Unterlagen erfolgen. Die Antragstellerin und ihr Ehemann seien verpflichtet, dass die Freigrenze von 10.000 € übersteigende Barvermögen / Sparguthaben zur Kostendeckung einzusetzen. Dagegen legten Ehemann und Antragstellerin Widerspruch ein.
Mit Schreiben vom 08.01.2018 beantragte die Antragstellerin persönlich bei der Antragsgegnerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Im Formblattantrag vom 15.01.2018 gab die Antragstellerin an, verheiratet zu sein. Ergänzend erklärte die Antragstellerin, dass sie ihren Pkw brauche, um ihren Mann zu besuchen. Aus den beigefügten Unterlagen ergab sich, dass das Kraftfahrzeug der Antragstellerin auf ihren Ehemann zugelassen war. Aus den vorgelegten Kontoauszügen ist ersichtlich, dass die Rente und Zusatzversorgung des Ehemanns auf das Konto Nr. X. der Antragstellerin gebucht wird. Die Klägerin legte weiter die Einzugsermächtigung für die Beiträge der Eigentümergemeinschaft Y./Z. an die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau vom 17.08.2017 vor. Danach werden die Beiträge vom Konto der Antragstellerin Nr. X. bei der P.-Bank abgebucht.
Am 24.01.2018 beantragte der Ehemann, vertreten durch die Antragstellerin, die Erstattung von Anwaltskosten für die anwaltschaftliche Geltendmachung erbrechtliche Ansprüche.
Mit Schreiben vom 31.01.2018 wies die Antragsgegnerin die Antragstellerin darauf hin, dass nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens, das gegen den Bescheid des Beigeladenen vom 12.10.2017 laufe, eine abschließende Entscheidung getroffen werden könne.
Der Antrag vom 24.01.2018 wurde mit Bescheid des Bezirks vom 01.02.2018 abgelehnt.
Mit Schreiben vom 12.02.2018 zeigten die Bevollmächtigten der Antragstellerin ihre Vertretung an. Der Antragstellerin sei fernmündlich mitgeteilt worden, dass eine Leistungsgewährung ausscheide. Die telefonische Ablehnung der Leistungsgewährung stelle einen Verwaltungsakt dar. Dagegen werde Widerspruch erhoben.
Mit an Ehemann und die Antragstellerin adressiertem Schreiben vom 13.02.2018 stellte der Beigeladene die darlehensweise Gewährung von Sozialhilfe in Höhe der ungedeckten Pflegeheimkosten in Aussicht. Mit Schreiben vom selben Tage an die Bevollmächtigten der Antragstellerin empfahl der Beigeladene, die offenbar (gegenüber dem M.-Heim) erteilte Lastschrifteinzugsermächtigung auszusetzen bzw. auf den bereits mitgeteilten abschlägig berechneten Kostenbeitrag aus Einkommen von monatlich ca. 750 € zu reduzieren. Sofern die Antragstellerin keinen Zugriff mehr auf die Renteneinkünfte habe, werde empfohlen, die Einrichtung eines Pfändungsschutzkontos zu prüfen. Zum Antrag auf Leistungen durch die Antragstellerin sei anzumerken, dass es sich hierbei im Grunde um die gleichen Leistungen handele, die auch Gegenstand des Widerspruchsverfahrens (betreffend den Bescheid vom 12.10.2017) seien, da der Ehemann und die Antragstellerin als Ehepaar eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 19 SGB XII darstellen würden. Für die Entscheidungen über Leistungen nach dem SGB XII sei die Antragsgegnerin im vorliegenden Fall aufgrund der Bedarfsgemeinschaft nicht zuständig. Die Grundsicherungsleistungen würden bei einer vorgesehenen darlehensweisen Hilfe voraussichtlich aus den gemeinsamen Renteneinkünften gedeckt werden können.
Mit dem an die Antragstellerin und ihren Ehemann adressierten Bescheid vom 15.02.2018 half der Beigeladene dem Widerspruch ab und übernahm für die Zeit vom 01.02.2017 bis 31.01.2019 die im M.-Heim nach dem SGB XII erforderlich gewordenen Leistungen als Darlehen und, sobald das Darlehen aufgebraucht sei, als Zuschuss in der jeweiligen Höhe und nach den für die Sozialhilfe maßgebenden Sätzen (Grundsicherung; sonstige Hilfe zum Lebensunterhalt als Barbetrag zur persönlichen Verfügung; Hilfe zur Pflege) mit der Maßgabe, dass dem Ehemann und der Antragstellerin zur teilweisen Deckung der anfallenden Kosten eine Eigenbeteiligung aus ihren gemeinsamen Einkünften in Höhe von 733,89 € für die Zeit ab 01.01.2018 zuzumuten sei. Die darlehensweise Hilfegewährung sei geboten gewesen, weil es sich bei dem (im Bescheid näher mit 6 Flur-Nummern bezeichneten) Grundbesitz um einzusetzendes Vermögen handele. Die Bewilligung des Darlehens erfolge mit der Maßgabe, dass bis 15.03.2018 der Darlehensvertrag unterzeichnet zurückgesandt und die grundbuchmäßige Absicherung des Darlehens vorgenommen werde. Zur Begründung führte der Beigeladene unter anderem aus, nach § 19 Abs. 3 SGB XII könne einem Leistungsberechtigten und seinem nicht getrennt lebenden Ehegatten zugemutet werden, Einkommen und Vermögen in entsprechendem Umfang zur Bestreitung der Heimkosten einzusetzen. Eine Ermessensprüfung nach §§ 87, 88 SGB XII habe ergeben, dass ihnen eine Eigenbeteiligung aus den (im Bescheid näher bezeichneten) gemeinsamen Einkünften zugemutet werden könne, da sich der Ehemann auf nicht absehbare Zeit zur Pflege in einer Einrichtung aufhalten werde. Die darlehensweise Hilfegewährung sei nach pflichtgemäßem Ermessen des § 91 SGB XII geboten, weil es sich bei dem (im Bescheid näher bezeichneten) Grundbesitz um einzusetzendes Vermögen handele, welches im Hinblick auf den Bedarfszeitpunkt (Fälligkeit der Heimkosten) nicht rechtzeitig bzw. nicht wertgetreu verwertet werden könne. Der Bescheid stehe unter dem ausdrücklichen Vorbehalt des Widerrufs, sollte die grundbuchmäßige Absicherung nicht wie vereinbart vorgenommen werden. Der Bescheid enthält Übersichten über die Ermittlung des Kostenbeitrags für die Zeiträume ab 01.02.2017 und 01.08.2017.
Die Antragstellerin reichte den unterschriebenen Darlehensvertrag vom 15.02.2018 am 15.03.2018 bei dem Beigeladenen ein.
Mit Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberfranken vom 15.03.2018 wurde der Widerspruch des Ehemanns der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 01.02.2018 zurückgewiesen. Das nachfolgende Klageverfahren S 4 SO 53/18 wurde mit Beschluss vom 13.08.2018 an das Landgericht A. verwiesen.
Mit Schreiben vom 21.02.2018 wies die Antragsgegnerin erneut auf die Zuständigkeit des Beigeladenen hin. Diese sei gegeben, da die Antragstellerin und Ehemann eine Bedarfsgemeinschaft bilden und nicht auf Dauer getrennt leben würden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.04.2018 wies die Regierung von Oberfranken den Widerspruch der Antragstellerin vom 22.02.2018 zurück. Die beantragten Leistungen nach dem SGB XII würden bereits vom Beigeladenen für die Zeit ab 01.02.2017 gewährt. Eine Doppelleistung sei sozialhilferechtlich nicht vorgesehen. Im Übrigen wäre der Widerspruch auch unbegründet. Gemäß § 97 Abs. 2 SGB XII in Verbindung mit Art. 82 Nr. 5 AGSG sei im vorliegenden Fall der überörtliche Träger der Sozialhilfe, hier der Beigeladene, für die Gewährung der Leistungen nach dem SGB XII sachlich zuständig. Da der Ehemann und die Antragstellerin eine Einsatzgemeinschaft bilden würden, ergebe sich für die Antragsgegnerin keine sachliche Zuständigkeit für die von der Antragstellerin beantragten Leistungen nach dem SGB XII. Eine vorläufige Gewährung der Leistungen käme vorliegend nicht in Betracht, da der Beigeladene den Anspruch aus materiell-rechtlichen Gründen verneint habe. Dies sei kein Fall des § 43 SGB I, der das Vorliegen eines negativen Kompetenzkonfliktes fordern würde.
Dagegen erhob die Antragstellerin Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG), über die noch nicht entschieden ist (Az: S 4 SO 59/18).
Mit Schreiben vom 17.06.2018 teilte der Ehemann der Antragstellerin dem Beigeladenen mit, dass eine grundsätzliche Klärung innerhalb der Erbengemeinschaft erfolgt sei. Eine Veräußerung des Anwesens solle erfolgen. Es werde derzeit noch auf eine Wertermittlung gewartet, damit eine Protokollierung der Vereinbarung erfolgen könne. Sobald der Entwurf des Notarvertrages vorliege, werde unaufgefordert Mitteilung gemacht.
Am 25.06.2018 hat die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Die Antragstellerin wisse aktuell nicht, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreiten solle. Sie müsse 166,00 € Heizkosten, 27,00 € Grundsteuer, 63,00 € Strom sowie 40,00 € für Wasser bezahlen. Sie beziehe eine monatliche Rente, bei der ab 01.07.2018 monatlich 214,92 € ausbezahlt würden. Die Antragstellerin habe bei der Antragsgegnerin bereits in der Vergangenheit mehrfach vorgesprochen, um Leistungen zu erhalten. Diese Vorsprachen seien vergeblich geblieben, sodass nunmehr der Eilantrag geboten sei.
Im Prozesskostenhilfeverfahren legte die Antragstellerin die Urkunde über die Rechtsschutzversicherung vor. Versicherungsnehmer ist der Ehemann. In der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 15.05.2018 gab die Antragstellerin als Familienstand verheiratet an. Sie deklarierte weiterhin Grundeigentum in Erbengemeinschaft, das noch nicht auseinandergesetzt sei. Sie besitze einen Opel Baujahr 2005, der in ihrem Alleineigentum stehen und 2000,00 € wert sei. Aus den Kontoauszügen ist ersichtlich, dass der Barbetrag des Ehemanns auf das Konto Nr. X. der Antragstellerin gebucht wird (z.B. am 03.04.2018).
Mit Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 20.07.2018 wurde der Antrag abgelehnt.
Dagegen hat die Antragstellerin Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und ausgeführt, die Antragstellerin habe sowohl mit der Antragsgegnerin als auch mit dem Beigeladenen Kontakt aufgenommen. Es wäre bei einer Unzuständigkeit die vom Gesetz übertragene Aufgabe der Antragsgegnerin, übermittelte Unterlagen an die zuständige Behörde weiterzuleiten. Eine Einstehensgemeinschaft liege nicht vor. Dies würde voraussetzen, dass man sich einander widmen könne und ein gemeinsames Wirtschaften möglich sei. Zum gemeinsamen Wirtschaften gehöre zum Beispiel die Besorgung der Wäsche, gemeinsames Verbringen der Feiertage und der gemeinsame Verbrauch des Einkommens. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Dies sei bereits daran zu erkennen, dass die Antragstellerin nicht wisse, wovon sie ihren Lebensunterhalt bestreiten solle, nachdem vom Bezirk Oberfranken sämtliches vorhandenes Einkommen zur Deckung des Bedarfs für den Ehemann angerechnet werde. Die Bedürfnisse der Antragstellerin selbst finden keine Berücksichtigung. Im Ergebnis sei somit nicht der Beigeladene, sondern die Antragsgegnerin für die Leistungsgewährung an die Antragstellerin zuständig. Wäre der Beigeladene davon ausgegangen, dass auch die Bedürfnisse der Antragstellerin Berücksichtigung finden müssten, wären Leistungen an sie gewährt worden. Ausweislich des Bescheides des Beigeladenen handele es sich ausdrücklich um Leistungen für Ehemann und nicht für die Antragstellerin.
Mit Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11.10.2018 () wurde die Antragsgegnerin im Wege der Zwischenregelung verpflichtet, der Antragstellerin für den Zeitraum vom 01.10.2018 des 31.12.2018, längstens jedoch bis zur erneuten Eilentscheidung des Sozialgerichts Bayreuth, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 350,88 € zu gewähren, der Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 20.07.2018 wurde aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Eilentscheidung an das Sozialgericht Bayreuth zurückverwiesen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, ab Antragseingang bei Gericht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß SGB XII in Höhe von 80% der gesetzlichen Leistungen zuzüglich Kosten der Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin nimmt Bezug auf das Vorbringen im Klageverfahren S 4 SO 59/18. Es dürfe nochmals klargestellt werden, dass aufgrund der vorliegenden Einstandsgemeinschaft ein eventueller Leistungsanspruch der Antragstellerin bei dem Beigeladenen geltend gemacht werden könne.
Mit Beschluss vom 22.10.2018 wurde der Bezirk Oberfranken zum Verfahren notwendig beigeladen.
Mit Schreiben vom gleichen Tag wurde die Antragstellerin um Mitteilung gebeten, ob sie ihren Ehemann besucht und sich um die Belange im Pflegeheim kümmere. Die Antragstellerin wurde gefragt, welche Bedeutung die im Fragebogen des Antragsgegners ohne weiteren Kommentar getroffene Angabe, verheiratet zu sein, habe. Sie wurde um eine Stellungnahme des Versicherungsunternehmens gebeten, auf der jeweils andere Ehegatte durch die Versicherungen (Privathaftpflichtversicherung und Hausratversicherung) begünstigt sei.
Das Gericht zog die Akte des Bayerischen Landessozialgerichts bei.
Der Beigeladene stellte keinen Antrag und meinte am 31.10.2018, dass sich keinerlei Hinweise auf ein Getrenntleben der Ehegatten im Antrags- und Ermittlungsverfahren gefunden hätten. Im Schreiben der Anwaltskanzlei vom 12.02.2018 sei wegen der im Bescheid vom 12.10.2017 erfolgten Ablehnung von der Ehefrau gesprochen worden. Die im Bescheid vom 15.02.2018 geforderte Darlehensabsicherung in Form der Bestellung einer Grundschuld am Wohnhaus in B., Flurnummer 5680, liege jedoch bis heute nicht vor. Die Freigabe der Hilfe und die tatsächliche Zahlung der Heimkosten sei bisher vom Leistungsberechtigten bzw. dessen Vertreter vereitelt worden. Es sei auch keinerlei Nachweis erbracht, dass überhaupt eine Terminvereinbarung bislang mit einem Notariat erfolgt sei. Der Sachverhalt der erforderlichen Grundbuchabsicherung sei bereits mehrfach der Anwaltskanzlei mitgeteilt worden (Schreiben vom 26.03.2018 und 05.06.2018). Bei der Berechnung des Kostenbeitrags sei ohne konkrete Nachweise bereits für die Wohnung der Antragstellerin 400,00 € angesetzt worden, wogegen von ihr lediglich 296,00 € einschließlich Stromkosten geltend gemacht werden. Von der Antragstellerin werde über die häusliche Ersparnis hinaus in angemessenem Umfang die Aufbringung der Mittel verlangt. Es sei keineswegs so, dass der Antragstellerin kein Einkommen mehr verbleiben würde, sondern es sei nach den mittels vorliegenden Angaben erstellten Kostenbeitragsberechnungen lediglich aus dem Gesamteinkommen der Eheleute ein Kostenbeitrag in Höhe von 717,18 € ab dem 1. Februar 2017, 735,79 € ab dem 01.07.2017 und in Höhe von 733,89 € ab dem 01.01.2018 für die Heimunterbringung des Ehemanns zu leisten. Durch die bis dato nicht vorgenommene Absicherung des im Bescheid vom 01.02.2018 (gemeint 15.02.2018) gewährte Darlehen habe die Freigabe und somit Zahlung der Heimkosten an die Einrichtung noch nicht erfolgen können. Der Umstand, dass die Antragstellerin den Lebensunterhalt nicht bestreiten konnte, sei nicht dem Bezirk Oberfranken geschuldet.
Nach beantragter Fristverlängerung bis 09.01.2018 wurde mit Schreiben vom 09.01.2018, dem Gericht mithilfe des besonderen Anwaltspostfachs übermittelt am 12.11.2018, 13:32 Uhr, mitgeteilt, dass es nicht nachvollziehbar sei, welchen Sinn die beiden Fragen nach dem Besuch der Antragstellerin im Pflegeheim und der Motivation der Antragstellerin bei Abgabe der Erklärung, verheiratet zu sein, in diesem gerichtlichen Verfahren hätten. Es werde um Erläuterung gebeten.
Vorgelegt wurde eine handschriftliche Notiz mit zugehörigen Belegen. Danach sei die Privathaftpflichtversicherung als Doppelversicherung der Mutter bereits gekündigt worden. Daneben bestehe eine Privathaftpflichtversicherung bei der C., bei der beide Ehepartner versichert wären. Die Hausratversicherung des Ehemanns sei auf die Antragstellerin umgeschrieben worden und gelte unverändert für beide Ehepartner.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen und auf die beigezogenen Akten der Antragsgegnerin und des Beigeladenen verwiesen.
II.
Gegenstand des Verfahrens ist der Antrag der Antragstellerin im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vom 08.06.2018. Die Antragstellerin begehrt Hilfe zum Lebensunterhalt.
Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
Das Bayerische Landessozialgericht definiert Beschluss vom 11.10.2018 ( mit Nachweisen) den Prüfungsmaßstab wie folgt:
„Gemäß dem hier grundsätzlich einschlägigen § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (= tatbestandlicher Anknüpfungspunkt für die Prüfung des Hauptsacheerfolgs) zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (= tatbestandlicher Anknüpfungspunkt für die Prüfung der Eilbedürftigkeit). Im Hinblick auf den zu fordernden Überzeugungsgrad verweist § 86b Abs. 2 S. 4 SGG unter anderem auf § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO), wonach (Hauptsache-)Anspruch und Anordnungsgrund glaubhaft, d.h. überwiegend wahrscheinlich zu machen sind. Allerdings gilt auch im sozialgerichtlichen Eilverfahren der Amtsermittlungsgrundsatz des § 103 SGG. Aus den genannten Vorschriften stellt sich die in § 920 Abs. 2 ZPO genannte Glaubhaftmachung als Überzeugungsgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit im Sinne eines objektiven Beweismaßes (ohne subjektive Beweisführungslast) dar. Der Beweismaßstab der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ist durch seine Relativität gekennzeichnet . . . Anders als bei der hinreichenden Wahrscheinlichkeit, bei der absolut mehr für als gegen die jeweilige Tatsache, etwa in Bezug auf den ursächlichen Zusammenhang, sprechen muss . . . reicht bei der überwiegenden Wahrscheinlichkeit das Vorliegen einer guten Möglichkeit aus, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können . . .“
§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG, § 103 SGG (Untersuchungsgrundsatz) und § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG, § 920 Abs. 2 ZPO (Glaubhaftmachung als Beweismaß der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ohne subjektive Beweisführungslast) regeln mithin im Zusammenspiel, dass der Erfolg eines Eilantrags voraussetzt, dass der zu sichernde Hauptsacheanspruch dem Antragsteller mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zusteht (sogenannter Anordnungsanspruch), und dass dem Antragsteller im Interimszeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine über Randbereiche hinausgehende Rechtsverletzung, also ein wesentlicher Nachteil, droht (sogenannter Anordnungsgrund . . .).
Dieser einfachgesetzliche und für den Richter grundsätzlich bindende (Art. 20 Abs. 3, 97 Abs. 1 GG) Prüfungsmaßstab ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG – unter Berücksichtigung des Rechtsschutzziels, d.h. zur Verhinderung entsprechend schwerer und unzumutbarer, anders nicht abwendbarer Beeinträchtigungen . . . Werden die einfachgesetzlich vorgeschriebenen überwiegenden Wahrscheinlichkeiten nicht erreicht und droht bei Ablehnung des Eilantrags eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, weil schwere, über den wesentlichen Nachteil hinausgehende Beeinträchtigungen möglich sind, ist eine verfassungskonforme Auslegung des § 86b Abs. 2 SGG geboten. Die Verhältnismäßigkeit im konkreten Fall ist dann durch offene (Güter- und Folgen-) Abwägung unter Berücksichtigung der festgestellten Wahrscheinlichkeits- und Beeinträchtigungsgrade zu gewährleisten. Im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen sind aber unter Beachtung der Gesetzesbindung der Gerichte (Art. 20 Abs. 3, 97 Abs. 1 GG) auch dann die Regelungen des § 86b SGG zur Anwendung zu bringen. Ob der Eilantrag des Antragstellers Erfolg hat, ist daher nach Feststellung (zumindest) der Möglichkeit eines prospektiven Hauptsacheerfolgs und der ohne Eilrechtsschutz drohenden Beeinträchtigungen (als aus § 86b Abs. 2 SGG abgeleitete und daher wegen der Gesetzesbindung zwingend zu beachtende Abwägungselemente) nach offener Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Falles zu entscheiden. Von der in Vornahmesachen als objektives Beweismaß gesetzlich vorgegebenen überwiegenden Wahrscheinlichkeit (Glaubhaftmachung im oben dargestellten Sinn) darf in diesen Fällen aus verfassungsrechtlichen Gründen, nämlich zur Vermeidung einer Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, zu Gunsten des Antragstellers abgewichen werden. Die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Beeinträchtigung und die Wahrscheinlichkeit des Hauptsacheerfolgs werden vom Gericht ohne Bindung an das Beweismaß der überwiegenden Wahrscheinlichkeit in Relation gesetzt zur Schwere der drohenden Beeinträchtigung. Auf diese Weise kann eine über den einfachgesetzlich geforderten wesentlichen Nachteil hinaus drohende Beeinträchtigung im konkreten Fall in angemessener Weise Berücksichtigung finden. Im Rahmen des so verfassungskonform ausgelegten § 86b Abs. 2 SGG bedeutet dies zusammenfassend, dass die in die Eilentscheidung einzubeziehenden Abwägungselemente des prospektiven Hauptsacheerfolgs und der ohne Eilrechtsschutz drohenden Beeinträchtigungen nach Beeinträchtigungs- und Wahrscheinlichkeitsgraden im Rahmen einer offenen Abwägung vom Richter zu gewichten sind . . . Um dem Eilantrag stattzugeben, kann so bei entsprechender Schwere der ohne Eilrechtsschutz drohenden Beeinträchtigungen bereits die Möglichkeit des Bestehens eines Hauptsacheanspruchs ausreichen. Um den Eilantrag unter Orientierung an der Hauptsache abzulehnen, ist bei entsprechender Schwere der ohne Eilrechtsschutz möglichen Beeinträchtigung gegebenenfalls schon im Eilverfahren eine abschließende Prüfung der Hauptsache durchzuführen.
Die Fachgerichte haben mithin im Rahmen des Eilrechtsschutzes eine verfassungsrechtliche Vorprüfung durchzuführen. Ergibt sich dabei, dass ohne Eilrechtsschutz schwere Beeinträchtigungen im Sinne der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung jedenfalls möglich sind, ist § 86 b SGG gegebenenfalls im oben dargestellten Sinne verfassungskonform auszulegen, um insbesondere die grundrechtlichen Belange des Antragstellers in angemessener Weise zur Geltung zu bringen. Ergibt sich dabei, dass auch ohne Eilrechtsschutz keine schweren Beeinträchtigungen im Sinne der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung möglich sind, verbleibt es bei der einfach-gesetzlichen Regelung des § 86b SGG.
Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zielt vorliegend auf die Gewährung existenzsichernder Leistungen durch die Antragsgegnerin. Bei Nichtgewährung der begehrten Leistung im Wege des Eilrechtsschutzes sind schwere Beeinträchtigungen im oben dargestellten Sinne, die eine verfassungskonforme Auslegung des § 86 b SGG gebieten, möglich. Vor diesem Hintergrund kann es nicht bei den einfach-gesetzlichen Regelungen des § 86b SGG bleiben. Vielmehr ist eine Güter- und Folgenabwägung ohne Bindung an die (einfach) gesetzlichen Wahrscheinlichkeitsanforderungen durchzuführen.“
Die Güter- und Folgenabwägung ergibt im vorliegenden Fall, dass ein Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht besteht. Die Möglichkeit eines Hauptsacheanspruchs gegenüber der Antragsgegnerin und dem Beigeladenen besteht nicht (mehr), eine besondere Gefährdung der Antragstellerin ist nicht ersichtlich.
Die Antragstellerin hat keinen Anspruch gegenüber der Antragsgegnerin.
Die Mutmaßung des Nichtbestehens einer Einstandsgemeinschaft in der Beschwerdeschrift vom 23.08.2018 erweist sich als Schutzbehauptung.
Zu Zuständigkeit für das Bayerische Landessozialgericht aus (Beschluss vom 11.10.2018, mit Nachweisen):
„Ob die Zuständigkeit der Antragsgegnerin oder des Beigeladenen gegeben ist, hängt davon ab, ob die Antragstellerin und Ehemann getrennt leben . . . Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist der örtliche Träger der Sozialhilfe (§ 98 Abs. 1 S. 1 SGB XII), sofern nicht der überörtliche Träger zuständig ist, (§ 97 Abs. 1 SGB XII).
Örtlicher Träger ist vorliegend die Antragsgegnerin, § 3 Abs. 2 S. 1 SGB XII; überörtlicher Träger der Sozialhilfe ist vorliegend der Beigeladene, Art. 80 Abs. 1 S. 1 AGSG in der Fassung vom 09.01.2018, gültig ab 17.01.2018. Gemäß Art. 82 Nr. 5 AGSG in der Fassung vom 09.01.2018 sind die überörtlichen Träger der Sozialhilfe sachlich zuständig für die Leistungen des Dritten und Vierten Kapitels SGB XII, sofern sie zugleich mit laufenden oder stationären Leistungen nach den Nrn. 1 bis 4 und die laufenden Leistungen nach den Nrn. 1 bis 4 nicht ausschließlich in teilstationären Einrichtungen bezogen werden. E sind stationäre Leistungen nach dem 7. Kapitel des SGB XII, d.h. Leistungen im Sinne des Art. 82 Nr. 2 AGSG, bewilligt worden, die aber nach Auskunft des Beigeladenen wegen der fehlenden Absicherung noch nicht gewährt werden. Hilfe zum Lebensunterhalt ist – als Leistung des 3. Kapitels – Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können. Eigene Mittel sind insbesondere das eigene Einkommen und Vermögen. Bei nicht getrennt lebenden Ehegatten sind das Einkommen und Vermögen beider Ehegatten gemeinsam zu berücksichtigen, § 27 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 und 2 SGB XII. Zugleich mit stationären Leistungen im Sinne des Art. 82 Nr. 5 AGSG würde die Antragstellerin nach alledem die begehrten Leistungen (Hilfe zum Lebensunterhalt, § 27 Abs. 1 1 SGB XII) nur beziehen, wenn Ehemann Leistungen nach dem 7. Kapitel bezieht und die Antragstellerin und Ehemann nicht getrennt leben.“
Der Ehemann der Klägerin bezieht Leistungen nach dem Siebten Kapitel SGB XII, da ihm diese mit Bescheid vom 15.02.2018 bewilligt worden sind. Der Ehemann der Klägerin kann die Leistungen für die Hilfe zur Pflege ab 01.02.2017 beziehen, den Barbetrag (notwendige Lebensunterhalt in Einrichtungen, § 27b SGB XII) erhält er bereits gegenwärtig. Der Bescheid ist trotz Widerrufsvorbehalt nicht außer Kraft getreten, da der Widerruf vom Beigeladenen nicht erklärt wurde. Die Zahlung der Leistungen an das M.-Heim ist nicht das entscheidende Kriterium zur Abgrenzung der Zuständigkeit, da die Auszahlung – wie der Beigeladene meint – von der Antragstellerin vereitelt wird. Schon mit Schreiben vom 17.06.2018 hat die Antragstellerin die Veräußerung des Anwesens angekündigt. Es kann unterstellt werden, dass mit den weiteren Miteigentümern ein Konsens soweit gediehen ist, dass die für die Antragstellerin wichtigen Sicherungsmaßnahmen auch von diesen geduldet werden.
Offensichtlich gehen sowohl Antragstellerin als auch der Beigeladene davon aus, dass die aufgeschobene Auszahlung in naher Zukunft erfolgen kann. Andernfalls hätte die Antragstellerin für ihren Ehemann weitere Einwendungen gegen den Bescheid vom 15.02.2018 erhoben und auf Erlass eines Widerspruchsbescheides gedrungen. Das Bayerische Landessozialgericht geht von einer Bestandskraft des Bescheides aus. Der Beigeladene hat auf die Erklärung vom 17.06.2018 vertraut und keine weiteren Schritte zur Anmahnung der Absicherung ergriffen.
Im Übrigen bleibt es der Antragstellerin unbenommen, dem Beigeladenen eine Zwischensicherung durch andere Vermögenswerte, zum Beispiel des Kraftfahrzeugs, um eine umgehende (Teil-) Auszahlung zu erreichen.
Die Zuständigkeit des Beigeladenen besteht auch deshalb, da keinerlei Anhaltspunkte für die Trennung der Eheleute ermittelt werden konnten.
Zum Getrenntleben besteht folgender Prüfungsmaßstab (Beschluss vom 11.10.2018, mit Nachweisen):
„Ob Ehepaare und Lebenspartner dauernd getrennt leben, bestimmt sich nicht nach § 1567 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), sondern im Rahmen einer funktionsdifferenten Auslegung eigenständig nach Sinn und Zweck sozialhilferechtlicher Vorschriften und Maßstäbe . . . Ein Getrenntleben im sozialhilferechtlichen Sinn liegt aber – auch bei Ehegatten – vor, wenn sich aus den die Beziehung der Ehegatten zueinander kennzeichnenden Gesamtumständen ergibt, dass mindestens einer von ihnen den Willen hat, sich vom anderen Ehegatten unter Aufgabe der bisherigen Lebensgemeinschaft auf Dauer zu trennen. Maßgebend ist, ob die Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft der Ehe- oder Lebenspartner nach den tatsächlichen Verhältnissen nicht nur vorübergehend aufgehoben ist und der Wille, füreinander einzustehen, nicht mehr besteht. Sowohl die familienrechtliche Rechtsprechung zu § 1567 Abs. 1 BGB . . . als auch die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zur entsprechenden Regelung nach dem Bundessozialhilfegesetz . . . ließen es für die Annahme eines Getrenntlebens nicht genügen, dass objektiv keine häusliche Gemeinschaft (mehr) bestehe. Vielmehr ist danach insbesondere in Konstellationen, in denen diese durch äußeren Zwang aufgehoben werde, erforderlich, dass einem Partner der Wille fehle, die häusliche Gemeinschaft – wieder – herzustellen. Jedenfalls für den sozialhilferechtlichen Begriff des Getrenntlebens, der im Rahmen des § 19 SGB XII den Nachrang der Sozialhilfe gegenüber einsetzbarem Einkommen und Vermögen des Ehepartners abgrenzen solle, schließt das den Willen ein, die Lebensgemeinschaft, d.h. die Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft, mit dem Ehepartner aufzugeben; dieser Trennungswille muss nach außen erkennbar sein . . . Daraus folgt, dass nicht bereits die (krankheitsbedingte) dauerhafte Unfähigkeit, einen Willen zur Fortführung der Gemeinschaft zu fassen und zu realisieren, sondern erst der aktive Wille, die eheliche Gemeinschaft aufzugeben, zu einem Getrenntleben führt. Daher führt auch allein die Unterbringung in einem Pflegeheim nicht zu einem Getrenntleben im Sinne der sozialhilferechtlichen . . . Die gegenteilige Annahme würde nicht nur der Konzeption der Ehe als lebenslanger Verantwortungsgemeinschaft (§ 1353 Abs. 1 S. 1 und S. 2 HS. 2 BGB) widersprechen, sondern auch Eheleuten, die dies gar nicht geltend machen wollen, auf Grund einer Erkrankung faktisch eine Trennung aufzwingen. Eine „automatische“ Trennung auf Grund krankheitsbedingter Unfähigkeit zur Fortführung der häuslichen Gemeinschaft und zur Willensbildung könnte in vielen Fällen sogar den finanziellen (etwa steuer- oder unterhaltsrechtlichen) Dispositionen von Eheleuten widersprechen . . .
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass allein die Unterbringung des E im Pflegeheim M.-Heim nicht zum Getrenntleben führt. Ein Getrenntleben lässt sich auch nicht aus der Erkrankung des E ableiten, auch wenn er tatsächlich nicht mehr zu einem Zusammenleben mit der Antragstellerin in der Lage sein sollte. Umgekehrt lässt sich aus der Heimunterbringung aber (gerade wegen seiner Erkrankung) auch nicht der Wille des E, die Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft aufzugeben, ableiten . . . Eine Trennung könnte allerdings vorliegen, wenn die Antragstellerin die Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft mit E aufgegeben hat oder aufgeben will.“
Über die Beschwerdeschrift hinaus hat die Antragstellerin ihren Trennungswillen nicht bekundet.
Auf die Anforderung des Sozialgerichts Bayreuth vom 22.10.2018 hat die Antragstellerin mit der Frage nach der Relevanz von Besuchen und der Motivation der Antragstellerin bei der Abgabe der Erklärung, verheiratet zu sein, zu erkennen gegeben, dass kein Kontext zum Getrenntleben gesehen werde.
Nach Aktenlage – wobei das Gericht auch die Erkenntnisse aus der Prozesskostenhilfeakte verwertet (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.08.2018, L 7 SO 2248/18 ER-B, Rn. 16) – kümmert sich die Antragstellerin um die Belange ihres Gatten im Pflegeheim, da sie dessen Barbetrag verwaltet. Sie hat auch am 15.01.2018 angegeben, dass sie das Auto benötigt, um diesen im Pflegeheim zu besuchen. Sie kümmert sich auch um die Schadensersatzforderungen ihres Mannes (Verfahren S 4 SO 53/18). Aus der Akte des Beigeladenen ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass das nunmehr am Landgericht A. anhängige Verfahren nicht mehr betrieben wird.
Eine Trennung der Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft als Wirtschaftsgemeinschaft ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die Klägerin verwaltet für Ihren Gatten die Unfallversicherung der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft. Sie nutzt weiterhin dessen Rechtsschutzversicherung (auch im streitgegenständlichen Verfahren). Die Klägerin vereinnahmt die Rentenzahlung ihres Mannes. Hausrat- und Haftpflichtversicherung kommen beiden Partnern zugute.
Ein Anspruch gegenüber dem Beigeladenen auf Hilfe zum Lebensunterhalt besteht schon aus Rechtsgründen nicht. Der Antragstellerin fehlt dazu die Antragsbefugnis. Durch den bestandskräftigen Bescheid vom 15.02.2018 ist sie als Mitglied der Einstandsgemeinschaft im Sinne eines Rechtsreflexes betroffen (Coseriu in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 19 SGB XII, Rn. 70).
Ihrem Ziel, weitere Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung gestellt zu bekommen, kann sie – auch als Vertreterin ihres Ehemanns – durch einen Antrag auf Abänderung dieses Bescheides erzielen. Gegenüber Leistungen nach dem Dritten Kapitel SGB XII ist sie mit einer weiteren Verschonung des gemeinsamen Einkommens nach dem Elften Kapitel SGB XII privilegiert, da nach § 92a Abs. 2 SGB XII die Aufbringung der Mittel nur in angemessenem Umfang verlangt werden soll. Dabei ist auch der bisherigen Lebenssituation des im Haushalt Verbliebenen – also der Antragstellerin – Rechnung zu tragen (§ 92a Abs. 3 SGB XII). Die in der Beschwerdeschrift vorgenommene Differenzierung zwischen eigenen Ansprüchen und denen des Ehegatten vermag vor dem Hintergrund der fehlenden Trennung der Ehegatten nicht zu überzeugen. Die Antragstellerin hat – bei Eintreten im Interesse des Ehegatten – auch die Möglichkeit, ihre eigenen Bedürfnisse zur Berücksichtigung zu bringen. Die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt würde das Einkommen der Bedarfsgemeinschaft mehren, was zu einem höheren Kostenbeitrag führen würde.
Auf im Übrigen überzeugt die Argumentation der Beschwerdeschrift nicht. Die Antragstellerin ist sicherlich nicht gehindert, die Leibwäsche ihres Ehegatten daheim zu reinigen. Sie kann auch die Feiertage im Pflegeheim zusammen mit ihrem Mann verbringen. Das Einkommen wird gemeinschaftlich verbraucht, da die Altersrente ihres Ehemanns für den eigenen Lebensunterhalt zur Verfügung steht (soweit die Antragstellerin nicht damit nachrangige Schulden bezahlt).
Schließlich liegt auch keine Bedarfsgefährdung vor. Nach der Berechnung Ermittlung Kostenbeitrag ab 01.01.2018 hat die Klägerin einen Bedarf von 816,00 € (Regelbedarf 416,00 €, Unterkunftskosten 400,00 €), die Einstandsgemeinschaft ein bereinigtes Einkommen von 1745,93 € zur Verfügung und eine Verpflichtung, einen Kostenbeitrag und 733,89 € zu erbringen. Der Beigeladene hat dabei die Unterkunftskosten der Klägerin von 233,00 € (166,00 € Heizkosten, 27,00 € Grundsteuer und 40,00 € Wasser) nach oben aufgerundet; die Antragstellerin begehrt im Eilverfahren nicht 416,00 €, sondern lediglich 332,80 €.
Ein Anspruch gegenüber der Beigeladenen ist damit auch wegen übersteigendem Einkommens (§ 19 Abs. 1 SGB XII) in Höhe von 446,24 € (bereinigtes Einkommen 1745,93 € abzüglich Bedarf 565,80 € abzüglich Kostenbeitrag 733,89) abzulehnen.
Die angespannte finanzielle Lage der Antragstellerin wurzelt in der Bedienung der Forderungen des M.-Heims, die aber Aufgabe des Bezirks ist.
Aus Gründen der Klarstellung wurde die Aufhebung der Zwischenverfügung des Bayerischen Landessozialgerichts ausgesprochen. Diese beansprucht Gültigkeit bis zur erneuten Eilentscheidung des Sozialgerichts.
Ferner wurde das Sozialgericht beauftragt, die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu treffen. Da sich das Beschwerdevorbringen und der erneute Sachvortrag vom 12.11.2018 als nicht erfolgreich erweisen, besteht kein Anspruch auf Kostenerstattung (§ 193 SGG analog).


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