Verwaltungsrecht

Voraussetzungen der Erstattungsfähigkeit von Kosten eines privaten Sachverständigengutachtens

Aktenzeichen  8 C 21.639

Datum:
29.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 42420
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 162 Abs. 1, § 165
BinSchAufgG § 1 Abs. 2 S. 2
WaStrG § 24 Abs. 1, § 28 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Kosten der vorprozessualen Beauftragung eines privaten Sachverständigen sind nur erstattungsfähig, wenn ein konkreter Bezug der Kosten zu dem Rechtsstreit und nicht nur zu dem ihm vorausgehenden Verwaltungsverfahren besteht. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Darüber hinaus sind Kosten eines privaten Gutachtens nur zu erstatten, soweit es sich mit entscheidungserheblichen und schwierigen Fachfragen befasst, zu der auch eine rechtlich beratene und vertretene Partei nicht genügend sachkundig Stellung nehmen kann. (Rn. 18) (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Leidet ein wasserstraßenrechtlicher Bescheid an offensichtlichen und eindeutigen formellen Fehlern, ist ein Adressat nicht auf ein privates Sachverständigengutachten zur Klärung der inhaltlichen Richtigkeit der ihm zugrundeliegenden Feststellungen angewiesen. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 8 M 19.1553 2021-02-04 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 4. Februar 2021 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich mit der Beschwerde gegen die Zurückweisung ihrer Erinnerung gegen die Ablehnung zu erstattender außergerichtlicher Kosten für zwei Gutachten privater Sachverständiger.
In dem dem Kostenfestsetzungsstreit vorangegangenen Verfahren wandte sich die Antragstellerin gegen einen Bescheid des Wasser- und Schifffahrtsamtes Regensburg vom 11. September 2018 in Gestalt des Widerspruchbescheids der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt Würzburg vom 20. September 2018. Mit diesem wurde das mit Bescheid vom 4. September 2018 verfügte Weiterfahrverbot für das Gütermotorschiff (GMS) C* … … mit der Auflage aufgehoben, dass innerhalb von vier Wochen die erforderliche Reparatur durchgeführt und nachgewiesen werde. Hintergrund des Weiterfahrverbots war ein auf der Donau schwimmender Ölfilm, als dessen Verursacher das Schiff in Betracht kam.
Mit Schreiben vom 17. September 2018 beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Regensburg die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer insoweit noch zu erhebenden Klage gegen den Bescheid vom 11. September 2018, soweit darin belastende Verfügungen zur Reparatur der Ruderschäfte enthalten sind. Zur Begründung des Antrages verwies sie auf die eklatanten Formfehler im Bescheid und machte geltend, dass der Bescheid auch materiell rechtswidrig sei, da das Schiff sich in absolut fachgerechtem Zustand befinde. Hierzu legte sie ein Gutachten des Schiffsachverständigenbüros P* … vom 17. September 2018 sowie ein Gutachten des H* … … … ebenfalls vom 17. September 2018 vor.
Mit Beschluss vom 23. Oktober 2018 stellte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung her (RO 8 S 18.1521). Zur Begründung führte es im Wesentlichen an, dass eine Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs fehle und die Verfügung vom 11. September 2018 nicht ordnungsgemäß begründet worden sei, insbesondere fehlten Ermessenserwägungen. Die dagegen von der Antragsgegnerin erhobene Beschwerde blieb ohne Erfolg (BayVGH, B.v. 15.2.2019 – 8 CS 18.2364 – RdTW 2020, 354 = beckonline).
Mit Schriftsatz vom 2. November 2018 stellte die Antragstellerin Kostenfestsetzungsantrag nach §§ 164, 173 VwGO i.V.m. § 103 ZPO hinsichtlich einer Verfahrensgebühr und einer Pauschale für Post und Telekommunikation i.H.v. von insgesamt 745,40 EUR. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 5. November 2018 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts diese Kosten fest.
Mit weiteren Schreiben vom 26. März 2019, berichtigt durch Schreiben vom 2. Mai 2019, beantragte die Antragstellerin unter Vorlage der entsprechenden Rechnungen (neben den Gebühren nach dem RVG) Kostenerstattung für zwei Privatgutachten i.H.v. insgesamt 4.372,52 EUR (Rechnung des Sachverständigenbüros P* … … vom 17. September 2018 über 2.237 EUR netto, Rechnung des H* … … … vom 25. September 2018 i.H.v. 2.135,52 EUR netto). Mit Beschluss vom 12. Juli 2019 lehnte die Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts den Antrag auf Erstattung der Gutachterkosten ab.
Die dagegen gerichtete Erinnerung der Antragstellerin hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 4. Februar 2021 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Kosten für das Gutachten des H* … … seien allein schon deswegen nicht erstattungsfähig, da das Gutachten bereits vor dem Erlass des streitgegenständlichen Bescheids in Auftrag gegeben worden sei und auch die Leistungen des Gutachters vor Bescheidserlass erbracht worden seien. Eine Notwendigkeit der Ausgaben zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im streitgegenständlichen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes könne damit nicht vorliegen. Die Kosten für das Gutachten der P* … … seien nicht erstattungsfähig, weil die Antragstellerin nicht Auftraggeberin sei und damit nicht Schuldnerin der Kosten.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde. Sie macht geltend, die Gutachter seien hauptsächlich zu dem Zweck eingeschaltet worden, das am 4. September 2018 verhängte Fahrverbot aufzuheben. Später seien die Auflagen und das Interesse hinzugekommen, diese aufzuheben. Die Auflagen seien nichts anderes als die Perpetuierung des Fahrverbots in umgewandelter Form (Auflage zur Reparatur). Auch für die Bekämpfung dieser Auflagen seien die Gutachten unbedingt notwendig gewesen. Gerade der Grundsatz der Waffengleichheit habe es notwendig gemacht, dem durch die Behörde hinzugezogenen Experten eine eigene Expertise entgegenzusetzen. Dass das Fahrverbot und später die Auflagen formal sich als grob rechtswidrig herausstellen würden, sei der Antragstellerin nicht bekannt gewesen. Schon aus diesem Grund habe sie sich auch für eine inhaltliche Auseinandersetzung vorbereiten müssen. Die P* … … habe versehentlich die Rechnung auf die L* … KG ausgestellt, da in deren Kundendatei nur die L* … KG gespeichert sei. Wegen der bei der Antragstellerin vorhandenen P& I Police würden sämtliche Kosten, auch die Kosten für die Gutachten, ihr in Rechnung gestellt.
Die Antragsgegnerin wendet sich gegen die Beschwerde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Antragstellerin nach §§ 146 ff. VwGO gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts über die Erinnerung (§§ 165, 151 VwGO) ist zulässig, aber nicht begründet.
A. Die Beschwerde ist zulässig. Dem Antrag vom 26. März 2019 und 2. Mai 2019 steht nicht die Rechtskraft des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 5. November 2018 entgegen, da die Gutachterkosten nicht Gegenstand dieses Beschlusses waren. Ein Prozessbeteiligter ist nicht daran gehindert, eine Nachfestsetzung für nachträglich festgestellte Kosten, die nicht Gegenstand eines früheren Kostenfestsetzungsbeschlusses waren, zu beantragen (Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 164 Rn. 15).
B. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Die von der Antragstellerin geltend gemachten Kosten für zwei private Sachverständigengutachten sind nicht gem. § 162 Abs. 1 VwGO erstattungsfähig.
1. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 4. Februar 2021 die Kosten für das Gutachten der P* … … als nicht erstattungsfähig angesehen, da es sich nicht um Aufwendungen der Antragstellerin handelt. Ausweislich der vorgelegten Rechnung vom 17. September 2018 ist diese an die L* … KG adressiert, so dass diese Schuldnerin ist.
Die Antragstellerin hat auch im Beschwerdeverfahren nicht glaubhaft gemacht (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 104 Abs. 2 Satz 1, § 294 Abs. 1 ZPO), dass es sich gleichwohl um ihr persönlich entstandene Aufwendungen handelt. Die Antragstellerin hat bis heute keine aus ihrer Sicht „korrekte“ Rechnung vorgelegt oder etwa nachgewiesen, dass sie von der L* … KG in Regress genommen worden ist. Ihre Argumentation, die Rechnung sei versehentlich auf die L* … KG ausgestellt worden und wegen der bei der Antragstellerin bestehenden P& I Versicherung würde diese im Ergebnis alle Kosten tragen, genügt hierfür nicht. Vielmehr spricht die prozessuale Ausgangslage dafür, dass das Gutachten im Auftrag der L* … KG für eigene Zwecke erstellt worden ist und folgerichtig an diese auch die streitgegenständliche Rechnung adressiert ist. Als Eigentümerin des Schiffes hatte die L* … KG ein eigenes Interesse an der Feststellung eines etwaigen Reparaturbedarfs.
Überdies ist weder dargelegt noch ersichtlich, inwieweit neben des von der Antragstellerin beauftragten H* … … … ein weiteres Gutachten für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung i.S.d. § 162 VwGO erforderlich war.
2. Bei den Kosten für das private Gutachten des H* … … … laut Rechnung vom 25. September 2018 handelt es sich zwar um eigene Aufwendungen der Antragstellerin, sie waren jedoch zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht notwendig.
Nach § 162 Abs. 1 VwGO zählen zu den erstattungsfähigen Kosten neben Gerichtskosten nur die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen. Kosten für die vorprozessuale Beauftragung eines Sachverständigen sind nur ausnahmsweise ersetzbar. Zum einen muss für „Vorbereitungskosten“ ein konkreter Bezug zum Prozess bestehen. Ein Bezug zum Verwaltungsverfahren reicht nicht (Olbertz in Schoch/Schneider, VwGO, Stand Juli 2021, § 162, Rn. 27; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 162 Rn. 6; BayVGH, B.v. 18.12.2019 – 1 M 19.1782 – BeckRS 2019, 34546 Rn. 11; BGH, B.v. 24.6.2021 – V ZB 22.20 – NJW 2021, 2887 = beckonline Rn. 7 zu § 91 ZPO). Zum anderen sind Aufwendungen für nicht vom Gericht beauftragte, private Sachverständige wegen des im Verwaltungsprozess geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes und des Gebots der sparsamen Prozessführung ausnahmsweise nur dann erstattungsfähig, wenn die Partei mangels genügender eigener Sachkunde die ihr Begehren tragende Behauptungen nur mit Hilfe eines selbst eingeholten Gutachtens darlegen oder unter Beweis stellen kann. Die Kosten für ein solches Gutachten sind daher nur erstattungsfähig, soweit es sich mit entscheidungserheblichen und schwierigen Fachfragen befasst, zu der auch eine rechtlich beratene und vertretene Partei nicht genügend sachkundig Stellung nehmen kann. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, bestimmt sich nicht nach der subjektiven Auffassung der Beteiligten, sondern danach, wie ein verständiger Beteiligter, der bemüht ist, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, in gleicher Lage seine Interessen wahrgenommen hätte. Abzustellen ist auf den Zeitpunkt der die Aufwendungen verursachenden Handlung; ohne Belang ist, ob sich die Handlung im Nachhinein als unnötig herausstellt (vgl. BayVGH, B.v. 18.12.2019 – 1 M 19.1782 – BeckRS 2019, 34546 Rn. 9 m.w.N.). Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sind zudem die Einschränkungen des gerichtlichen Amtsermittlungsgrundsatzes und die gesteigerte Darlegungslast der Beteiligten zu berücksichtigten (BayVGH, B.v. 26.7.2000 – 22 C 00.1767 – juris Rn. 11; OVG NW, B.v. 15.1.2014 – 7 OA 112/13 – NVwZ-RR 2014, 495 = juris Rn. 3).
a) Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so stehen die in der Rechnung vom 25. September 2018 in Ziff. 1 – 14 aufgelisteten Einzelpositionen bereits deshalb nicht in dem erforderlichen engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zur Rechtsverfolgung im Prozess, weil sie nicht die angegriffenen Anordnungen im Bescheid vom 11. September 2018, sondern das mit Bescheid vom 4. September 2018 verfügte Weiterfahrverbot betreffen.
aa) Streitgegenstand des vorausgegangen Eilverfahrens war allein der Bescheid vom 11. September 2018. Der Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens ergibt sich aus dem Antrag (Klageanspruch) und dem vorgetragenen Lebenssachverhalt (Klagegrund; sog. zweigliedriger Streitgegenstandsbegriff, vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 121 VwGO Rn. 23 m.w.N.). Damit war Streitgegenstand des vorangegangen Eilverfahrens, anders als die Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung vom 19. Februar 2021 vorträgt, nicht das am 4. September 2018 ausgesprochene und bis 11. September 2018 aufrechterhaltene Weiterfahrverbot, sondern ausschließlich der „Auflagenbescheid“ vom 11. September 2018. Dies ergibt sich aus dem auf Seite 2 der Antragsschrift vom 17. September 2018 gestellten Antrag („die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Verfügung des WSA Regensburg vom 11. September 2018 … wird angeordnet, soweit in dieser Verfügung folgende Anordnungen enthalten sind …“) in Zusammenschau mit dem vorgetragenen Lebenssachverhalt (insb. S. 3, 11 unten der Antragsschrift). Das Weiterfahrverbot vom 4. September 2018 und seine Aufrechterhaltung bis 11. September 2018 waren hingegen zu keinem Zeitpunkt Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens. Aus der von der Antragstellerin erwähnten Schilderung des Weiterfahrverbots vom 4. September 2018 im Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 23. Oktober 2018 folgt nichts Anderes. Denn sie erfolgte nicht in der Beschlussbegründung, sondern im Rahmen der Sachverhaltsschilderung (BA S. 2). Soweit die Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung vom 19. Februar 2021 auf die auf S. 8 ihrer Antragsschrift vom 17. September 2018 erwähnten zahlreichen E-Mails hinweist, führt dies zu keinem anderen Ergebnis, da sie keinen Niederschlag im Antrag gefunden haben.
bb) Die Positionen Ziff. 1 – 14 stehen nicht im Zusammenhang mit dem gegen den Bescheid vom 11. September 2018 geführten Eilverfahren, sondern in Zusammenhang mit dem Bescheid vom 4. September 2018.
Dies ergibt sich aus den Beschreibungen zu den Einzelpositionen. Danach begann die Tätigkeit des H* … am 5. September 2018, also einen Tag nach der Anordnung des Weiterfahrverbots am 4. September 2018, und richtete sich gegen das angeordnete Weiterfahrverbot. So wird beispielsweise die Tätigkeit in Ziff. 2 als Schadensprüfung und Besprechung mit „WSV + Sachverständigem Dr. U* …; Warten auf das Umweltamt, Feuerwehr, Wasserwirtschaftsamt; Besprechung über das weitere Vorgehen am nächsten Tag“ beschrieben. In Ziff. 9 heißt es „18-09-07, 11:00 – 11.30; Ölmuster abholen“. Weiter lautet die Beschreibung für Ziff. 12: „18-09-11, 13:00 – 15:00, 16:00 – 17:00; Schiffsaußenhaut Besichtigung durch den Taucher, Reparatur der Dichtung des mittleren Ruders“. Daraus ergibt sich, dass die Tätigkeit auf die Aufhebung des Weiterfahrverbots vom 4. September 2018 gerichtet war, was auch die Antragstellerin auf S. 4 ihrer Beschwerdeschrift vom 19. Februar 2021 so darlegt.
b) Aber auch hinsichtlich der Positionen Ziff. 15 – 18, die nach Erlass des Bescheids vom 11. September 2018 angefallen sind, ist nicht ersichtlich, dass sie in einem konkreten Zusammenhang zum Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes stehen.
In der Beschreibung der Positionen wird zwar ein Telefonat mit dem Bevollmächtigten der Antragstellerin (Ziff. 15) und die Erstellung eines Gutachtens im Hinblick auf die Ruderanlage (Ziff. 16) erwähnt, die Antragstellerin legt aber in ihre Beschwerdeschrift weder dar noch macht sie glaubhaft, inwiefern bei den Positionen Ziff. 15 – 18 ein konkreter Bezug zum verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren besteht, die dort aufgeführten Tätigkeiten gerade für dieses und nicht erst für ein späteres Hauptsacheverfahren bestimmt waren.
Darüber hinaus handelt es sich nicht um notwendige Kosten für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung. Die Antragstellerin war für die ihr Begehren tragenden Behauptungen nicht auf die Hilfe eines selbst eingeholten Gutachtens angewiesen. Dabei ist – anders als die Antragstellerin vorträgt – nicht maßgeblich, was passiert wäre, wenn das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 11. September 2018 nicht aus formellen Gründen für rechtswidrig gehalten hätte. Entscheidend ist vielmehr, was ein verständiger Beteiligter aus der Sicht ex-ante mit Rücksicht auf die Bedeutung und Schwierigkeit der Angelegenheit für erforderlich halten durfte.
Danach war die Einschaltung eines Privatgutachters nicht erforderlich. Denn der streitgegenständliche Bescheid vom 11. September 2018 war – wie die Antragstellerin selbst in ihrer Antragsschrift vom 17. September 2018 mehrfach (S. 3, 11 und S. 15) und ebenso in der Beschwerdeschrift vom 19. Februar 2021 (S. 5) vortrug – bereits offensichtlich schon aus formellen Gründen rechtswidrig, da er keinen Adressaten nannte und weder eine Begründung für die Reparaturauflage noch für die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit enthielt. Da es sich insoweit um einen im Ermessen stehenden Verwaltungsakt handelte – die in Frage kommenden Rechtsgrundlagen sprechen von „können“ (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 2 BinSchAufgG, §§ 24 Abs. 1, 28 Abs. 1 WaStrG) – lag zudem die Annahme eines Ermessensausfalls nahe. Da der streitige Bescheid an derart offensichtlichen und eindeutigen Fehlern litt, war die Antragstellerin zur Verteidigung ihrer Rechtsposition nicht auf besonderen gutachterlichen Sachverstand zur Klärung von Fachfragen angewiesen, sondern allein auf juristischen. Auf Grund der Schwere und Vielzahl der Fehler war aus Sicht ex-ante eines verständigen Beteiligten, anders als die Antragstellerin meint, diese vorprozessual auch nicht eventualiter darauf angewiesen, sich auf die Frage der Notwendigkeit einer Reparatur vorzubereiten.
Offen kann damit bleiben, ob Kosten für Privatgutachten nur dem Hauptsacheverfahren zuzurechnen sind (so BVerwG, B.v. 16.11.2006 – 4 KSt 1003.06 – NJW 2007, 453 = beckonline Rn. 9) oder anteilig zwischen beiden Verfahren aufzuteilen sind (BVerwG B.v. 12.9.2019 – 9 KSt 1.19 – juris).
C. Die Entscheidung über die Kosten des Erinnerungsverfahrens beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es im Hinblick auf Nr. 5502 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG nicht.
D. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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