Baurecht

Erfolgloser Eilantrag des Nachbarn gegen Abstandsflächenverletzung

Aktenzeichen  M 11 SN 17.4623

Datum:
17.10.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB BauGB § 212a Abs. 1
BayBO BayBO Art. 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2, Abs. 5
WEG WEG § 20 Abs. 1, § 21 Abs. 1
VwGO VwGO § 42 Abs. 2, § 80 Abs. 5 S. 1, § 80a Abs. 3 S. 1

 

Leitsatz

1. Art. 6 Abs. 2 S. 2 BayBO über die Einrechnung angrenzender öffentlicher Verkehrs-, Grün- oder Wasserflächen in die Abstandsfläche ist insoweit nachbarschützend, als der Bauherr die öffentliche Fläche nur bis zur Mitte in Anspruch nehmen kann, damit der Gegenüberlieger “mit seiner Hälfte” ebenso verfahren kann. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Beurteilung einer Verletzung von Nachbarrechten hat eine hypothetische, sich in keiner Weise konkret abzeichnende Veränderung der bauplanungs- oder bauordnungsrechtlichen Situation auf Nachbargrundstücken außer Betracht zu bleiben. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Aus dem Umstand, dass bei Einhaltung der Abstandsflächen in aller Regel kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme im Hinblick auf Belichtung und Besonnung vorliegt, kann nicht im Umkehrschluss ein solcher Verstoß hergeleitet werden, wenn die vorgeschriebenen Abstandsflächen nicht eingehalten sind. Insoweit kommt es jeweils auf die tatsächlichen Verhältnisse an. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 3.750,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer der Beigeladenen mit Bescheid vom 17. November 2016 erteilten Baugenehmigung zur Errichtung eines … mit Tiefgarage auf den im Umgriff des Bebauungsplans Nr. 112 des Antragsgegners liegenden Grundstücken Flnr. 2450/9, 2450/10 und 2450/88 der Gemarkung … Auf Antrag der Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 2450/7 setzte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 26. Juni 2017 den Bebauungsplan Nr. 112 des Antragsgegners bis zur Entscheidung in der Hauptsache außer Vollzug (1 NE 17.716).
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Beschluss der Kammer vom 4. Oktober 2017 im Eilrechtsverfahren M 11 SN 17.4263 verwiesen, an dem die vom selben Bevollmächtigten vertretene Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 2469/4, der Antragsgegner sowie die Beigeladene beteiligt waren.
Die Antragstellerin hat am … August 2017 Klage gegen die Baugenehmigung vom 17. November 2016 erhoben, die bei der Kammer unter dem Aktenzeichen M 11 K 17.3994 anhängig ist. Vorsorglich wurde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom … September 2017 beantragte die Antragstellerin,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom … August 2017 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 17. November 2016 anzuordnen.
Die Begründung entspricht in der Sache im Wesentlichen der Begründung im Verfahren M 11 SN 17.4263, auf die im Einzelnen verwiesen wird. Es sei davon auszugehen, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Normenkontrollhauptsacheverfahren seine Eilentscheidung bestätigen werde. Gerügt wird insbesondere eine Verletzung von Abstandsflächenrecht. Die Abstandsflächen würden die Mitte der öffentlichen Verkehrsfläche übersteigen und nach dem hier maßgeblichen Maß von 1 H auf das Grundstück der Klägerin fallen. Die Erteilung einer Abweichung sei nicht möglich. Die Antragstellerin werde damit massiv in den vom Abstandsflächenrecht umfassten Schutzgütern der Besonnung, Belichtung, Belüftung, dem Brandschutz und des Wohnfriedens verletzt. Gehe man von der Wirksamkeit des Bebauungsplans aus, verletze das Vorhaben das Rücksichtnahmegebot. Die geplante Gebäudehöhe von knapp 17 m einschließlich terassenähnlicher und intensiver Nutzung des Dachgeschosses bedeute für das unmittelbar gegenüberliegende Bestandsgebäude der Antragstellerin eine erhebliche Beeinträchtigung des sozialen Wohnfriedens. Das Vorhaben habe eine erhebliche erdrückende und abriegelnde Wirkung. Es weise eine Länge von 38,5 m, eine Höhe von fast 17 m und fünf Vollgeschosse auf. Demgegenüber bestehe das Objekt …straße … lediglich aus drei Vollgeschossen und einem Dachgeschoss. Höhe und Länge des Objekts kämen nicht annähernd an das geplante Vorhaben heran. Der Abstand zwischen den Gebäuden werde voraussichtlich lediglich 20 m betragen. Der Einmauerungseffekt werde durch die Stellung des Gebäudes noch verstärkt. Die Antragstellerin werde durch die zu erwartenden massiven Lärmbelästigungen durch die Benutzung der Dachterrasse in ihren Rechten verletzt.
Der Antragsgegner hat keinen Antrag gestellt. Mit Schreiben vom 5. Oktober 2017 wurde darauf hingewiesen, dass die Grundstücke Anwesen …straße … im Geltungsbereich des am 13. Oktober 1995 aufgehobenen Bebauungsplans Nr. 6 liegen, der in diesem Bereich eine dreigeschossige Bebauung und geschlossene Bauweise vorgesehen hat. Seit der Aufhebung beurteile sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben nach § 34 BauGB, wobei die Art der Nutzung der näheren Umgebung einem Mischgebiet entspreche. Für das Maß der Nutzung bilde die homogene bestehende Bebauung, die weiterhin den Festsetzungen des Bebauungsplans entspreche, den Beurteilungsrahmen. Das gelte entsprechend für die bebaubare Grundstücksfläche, also die durchlaufende Bauflucht parallel zur …straße. Durch den Bebauungsplan Nr. 112 auf der gegenüberliegenden Seite der …straße ändere sich an dieser Einstufung nichts.
Die Beigeladene hat beantragen lassen, den Antrag abzulehnen.
Die Beigeladene habe im Vertrauen auf die Wirksamkeit von Bebauungsplan und Baugenehmigung bereits am 22. Mai 2017 mit der Verwirklichung des Vorhabens begonnen. Das zwischen den Grundstücken der Antragstellerin und der Beigeladenen befindliche Grundstück FlNr. 2469/2 sei lediglich in einem flächenmäßig sehr untergeordneten Teil im westlichen Bereich straßenrechtlich gewidmet. Die Nutzung als Parkfläche für die Bewohner und Besucher der …straße … und … sei eine rein faktische. Das Gebäude der Antragstellerin verfüge über drei Geschosse zuzüglich Dachgeschoss, wobei das Erdgeschoss als Hochparterre ausgebildet sei. Die traufseitige Wandhöhe betrage ca. 9,30 m. Auch das Gebäude der Antragstellerin halte die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen zum Grundstück FlNr. 2469/3 nicht ein. Angesichts der vorhandenen Nutzungen sei die Antragstellerin bereits jetzt mit einem gewerblich geprägten Umfeld und entsprechenden Besucherfrequenzen konfrontiert. Die Beigeladene rechne damit, dass die Gäste des … weit überwiegend mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen würden. Die schalltechnische Verträglichkeit sei im Rahmen des Bebauungsplans untersucht worden. Eine lärmintensive Nutzung der Dachterrassenflächen sei bereits aufgrund des vorgesehenen Technikaufbaus faktisch unterbunden. Die Höhenentwicklung in der näheren Umgebung des Sondereigentums der Antragstellerin sei inhomogen. Die Beigeladene habe beim Antragsgegner zwischenzeitlich die Aufstellung eines geänderten Bebauungsplans beantragt und gehe von einer alsbaldigen Erledigung des Normenkontrollverfahrens wegen der Planänderung aus. Der Beigeladenen drohe bei Außervollzugsetzung der Baugenehmigung ein erheblicher finanzieller Schaden. Die ordnungsgemäße Vertretung der Antragstellerin sei nicht nachgewiesen worden. Die Antragstellerin sei keine Nachbarin und nicht antragsbefugt. Entsprechendes gelte auch für die Klage in der Hauptsache. Die Klage sei zudem verfristet. Die Klage sei überdies unbegründet. Das Maß der baulichen Nutzung sei nicht drittschützend. Die Antragstellerin könne sich nicht auf Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayBO berufen, da sie nicht an eine öffentliche Verkehrsfläche angrenze. Der derzeitige temporäre Verlauf der …straße im Rahmen der Baustelle führe nicht dazu, dass das Grundstück der Antragstellerin an einer öffentlichen Verkehrsfläche liege. Hierfür bedürfe es eines gesonderten Widmungsaktes, zumal im späteren Bauleitplanungsverfahren auch eine bauplanungsrechtliche Verkürzung der Abstandsflächen geplant sei. Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme liege nicht vor. Auch in Ansehung von § 22 Abs. 1 BImSchG sei eine Rechtsverletzung nicht ersichtlich. Die im Bauleitplanverfahren erstellte schalltechnische Untersuchung belege, dass die Richtwerte der TA Lärm eingehalten seien. Die Einstufung als Mischgebiet sei sachgerecht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten dieses Verfahrens, des Eilverfahrens M 11 SN 17.4263, des gegenständlichen Hauptsacheverfahrens M 11 K 17.3994 sowie der Hauptsacheverfahren M 11 K 17.3560 und M 11 K 16.5732 und die im letztgenannten Verfahren vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist die Wohnungseigentümergemeinschaft entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt. Bei der Geltendmachung von Nachbarrechten wegen einer Verletzung von öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die dem Schutz des gemeinschaftlichen Eigentums dienen, handelt es sich um eine Maßnahme der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 20 Abs. 1 WEG). Diese steht gem. § 21 Abs. 1 WEG grundsätzlich den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu (vgl. BayVGH, B.v. 12.9.2005 – 1 ZB 05.42 – juris Rn. 13). Anhaltspunkte dafür, dass eine ordnungsgemäße Vertretung mangels eines entsprechenden Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht vorliegt, bestehen nicht.
Das Vorbringen im Hinblick auf die Verletzung von Abstandsflächenrecht sowie einer Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme bezieht sich auf nachbarschützende und für einen Sonderbau entscheidungserhebliche Regelungen und genügt jedenfalls den Anforderungen an die Darlegung einer Antragsbefugnis.
Der Antrag bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.
Gemäß § 212a Abs. 1 BauGB hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Jedoch kann das Gericht der Hauptsache gemäß § 80a Abs. 3 Satz 1, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die Aussetzung der Vollziehung anordnen. Hierbei kommt es auf eine Abwägung der Interessen des Bauherrn an der sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung mit den Interessen des Dritten, keine vollendeten, nur schwer wieder rückgängig zu machenden Tatsachen entstehen zu lassen, an.
Im Regelfall ist es unbillig, einem Bauwilligen die Nutzung seines Eigentums durch Gebrauch der ihm erteilten Baugenehmigung zu verwehren, wenn eine dem summarischen Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entsprechende vorläufige Prüfung des Rechtsbehelfs ergibt, dass dieser letztlich erfolglos bleiben wird. Ist demgegenüber der Rechtsbehelf offensichtlich begründet, so überwiegt das Interesse des Antragstellers. Sind die Erfolgsaussichten offen, so kommt es darauf an, ob das Interesse eines Beteiligten es verlangt, dass die Betroffenen sich so behandeln lassen müssen, als ob der Verwaltungsakt bereits unanfechtbar sei. Bei der Abwägung ist den Belangen der Betroffenen umso mehr Gewicht beizumessen, je stärker und je irreparabler der Eingriff in ihre Rechte wäre.
Die Erfolgsaussichten der voraussichtlich zulässigen Klage – vgl. dazu die Ausführungen im Beschluss der Kammer vom 4.10.2017 im Verfahren M 11 SN 17.4263 -sind (nur) im Hinblick auf Belange des Immissionsschutzes als offen anzusehen und eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung unter Berücksichtigung der Interessen der Beteiligten nicht gerechtfertigt.
Nachbarn können eine Baugenehmigung nur dann mit Erfolg anfechten, wenn sie hierdurch in einem ihnen zustehenden subjektiv öffentlichen Recht verletzt werden.
Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht – auch nicht teilweise – dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke dienen.
Die Abstandsflächen des Vorhabens fallen nach Maßgabe des Lageplans nicht auf das Grundstück der Antragstellerin. Eine Verletzung in den uneingeschränkt nachbarschützenden Abstandsflächenregelungen des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 BayBO liegt damit nicht vor.
Die Abstandsflächen gehen zwar sowohl über die Mitte der bisherigen Verkehrsfläche als auch über die Mitte des Grundstücks FlNr. 2469/3, das im Eigentum des Antragsgegners steht, hinaus.
Unabhängig davon, ob insofern Flächen im Sinne von Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayBO in Anspruch genommen werden, wird die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt.
Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayBO über die Einrechnung angrenzender öffentlicher Verkehrs, Grün- oder Wasserflächen in die Abstandsfläche ist insoweit nachbarschützend, als der Bauherr die öffentliche Fläche nur bis zur Mitte in Anspruch nehmen kann, damit der Gegenüberlieger „mit seiner Hälfte“ ebenso verfahren kann (vgl. Simon/Busse/Dhom/Franz/Rauscher, BayBO, 125. EL Mai 2017, Art. 6 Rn. 608; ebenso der Beschluss der Kammer vom 4.10.2017 im Verfahren M 11 SN 17.4263). Die Bestimmung gewährt aber keinen Nachbarschutz, wenn die fragliche Straßenhälfte für die Aufnahme von Abstandsflächen (planungsrechtlich) zulässiger Vorhaben des Nachbarn nicht in Betracht kommt (BayVGH, U.v. 7.2.1994 – 2 B 89.1918 – BayVBl 1994, 307; Simon/Busse/Dhom/Franz/Rauscher, BayBO a.a.O.).
Dementsprechend scheidet eine Verletzung von Rechten der Antragstellerin voraussichtlich aus. Nach Maßgabe der Äußerung des Antragsgegners sowie der Aktenlage dürfte aufgrund der geschlossenen Bauweise und dem Bestehen einer faktischen Baugrenze weder ein bedeutsames Vorrücken der Bestandsbebauung der Antragstellerin an die Straße in Betracht kommen noch eine Erhöhung des Gebäudes. Der nach Aktenlage wohl bestehende Versatz von etwa 1 bis 2 m gegenüber den Gebäuden auf den benachbarten Grundstücken FlNr. 2469/4 und 2468 und eine in diesem Rahmen möglicherweise planungsrechtlich zulässige geringfügige Erweiterung des Bestandsgebäudes zur vorderen Grundstücksgrenze hin ändert hieran nichts. Denn bei der Beurteilung einer Verletzung von Nachbarrechten hat eine hypothetische, sich in keiner Weise konkret abzeichnende Veränderung der bauplanungs- oder bauordnungsrechtlichen Situation auf Nachbargrundstücken außer Betracht zu bleiben (vgl. im Zusammenhang mit der Erteilung einer Abweichung von Abstandsflächen BayVGH, 8.12.2011, 15 ZB 11.1882 – juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 14.7.2009 -14 ZB 09.847 – juris Rn. 9). Anhaltspunkte für eine sinnvolle Erweiterung des Bestandsgebäudes im dargestellten Rahmen sind weder dargelegt noch ersichtlich.
Eine Beeinträchtigung des Rücksichtnahmegebots im Zusammenhang mit den Belangen, denen das Abstandsflächenrecht dient, ist nicht erkennbar. Aus dem Umstand, dass bei Einhaltung der Abstandsflächen in aller Regel kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme im Hinblick auf Belichtung und Besonnung vorliegt, kann nicht im Umkehrschluss ein solcher Verstoß hergeleitet werden, wenn – wie hier – die vorgeschriebenen Abstandsflächen nicht eingehalten sind. Insoweit kommt es jeweils auf die tatsächlichen Verhältnisse an (BayVGH, B.v. 9.10.2006 – 26 ZB 06.1926 – juris Rn. 13).Im Hinblick darauf, dass die Abstandsflächen nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 BayBO in Bezug auf das Grundstück der Antragstellerin eingehalten sein dürften, sowie nach Maßgabe des Abstands der Gebäude, der selbst an dem vorspringenden Eck an der Südostseite des Vorhabens 20 m beträgt, sowie mangels besonderer ungünstiger Umstände bestehen keine Anhaltspunkte für eine unzumutbare Beeinträchtigung der Antragsteller hinsichtlich Belichtung, Besonnung, Belüftung, Brandschutz oder des Wohnfriedens.
Entsprechendes gilt nach summarischer Prüfung für eine abriegelnde oder erdrückende Wirkung. Zudem ist im Rahmen des Rücksichtnahmegebots auch die Wirkung des Bestandsgebäudes der Antragstellerin zu berücksichtigen. Dieses dürfte sich in der Zusammenschau mit den, in geschlossener Bauweise errichteten weiteren Gebäuden östlich der …straße und mit drei Vollgeschossen plus Dachgeschoss in seiner Wirkung nicht so erheblich von dem gegenständlichen Vorhaben mit fünf Vollgeschossen und einer Ausgestaltung des fünften Obergeschosses als Terrassengeschoss unterscheiden, dass eine Unzumutbarkeit aufgrund einer abriegelnden oder erdrückenden Wirkung unterstellt werden kann.
Aus dem Vorbringen der Antragsbegründung, die vornehmlich auf verhaltensbezogene und mit dem genehmigten Vorhaben nicht typischerweise verbundenen Lärmimmissionen vom Terrassengeschoss durch Gäste oder Besucher abstellt, ergeben sich auch keine Anhaltspunkte für eine Unzumutbarkeit des Vorhabens aufgrund von Lärmimmissionen. Entsprechende Beeinträchtigungen könnten aber vor allem auch durch Auflagen geregelt werden und würden das Vorhaben nicht dem Grunde nach in Frage stellen. Auch wenn man zugunsten der Antragstellerin darüber hinaus darauf abstellt, ob das Vorhaben nutzungstypische unzumutbare Immissionen (etwa im Hinblick auf den Zu- und Abfahrtsverkehr) erwarten lässt, ergibt sich nichts anderes. Angesichts der insoweit offenen Erfolgsaussichten überwiegt das private Interesse der Beigeladenen, die Bauarbeiten fortführen zu können, das private Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Die Beigeladene hat nachvollziehbar dargelegt, dass ihr im Fall der Nichtfortführung des Baus ein ganz erheblicher finanzieller Schaden entsteht. Auch ist davon auszugehen, dass selbst dann, wenn die Baugenehmigung die Antragstellerin in Bezug auf den Lärmschutz in ihren Rechten verletzen sollte, durch die Fortführung der Bauarbeiten keine nicht mehr rückgängig zu machenden Tatsachen geschaffen werden, sondern durch ergänzende Auflagen und ggf. durch gewisse Umplanungen eine die Rechte der Antragstellerin wahrende Gesamtsituation erreicht werden kann. Nicht zu verkennen ist zwar, dass sich, obwohl die Baugenehmigung im Dezember 2016 von anderer Seite angefochten worden ist, ein Normenkontrollverfahren eingeleitet und der die Grundlage bildende Bebauungsplan vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof schließlich außer Vollzug gesetzt worden ist, die Beigeladene trotz des damit verbundenen Risikos dafür entschieden hat, mit dem Bau zu beginnen bzw. diesen fortzuführen. Andererseits muss aber auch berücksichtigt werden, dass die Antragstellerin den Eilantrag sehr spät – nochmals drei Wochen später als die Antragstellerin im Verfahren M 11 SN 17.4263 – gestellt hat, zu einem Zeitpunkt, zu dem sich das Bauvorhaben schon in einem erheblich fortgeschrittenen Stadium befand. Der Umstand, dass die Willensbildung bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft insofern naturgemäß mehr Zeit in Anspruch nimmt als bei natürlichen Personen, ist dem Risikobereich der Antragstellerin zuzurechnen und hat insofern keinen Einfluss auf die Interessenabwägung. Insgesamt ist es deshalb angemessen, dass die Beigeladene das Bauvorhaben unter Eingehung des Risikos, dass die Baugenehmigung im Hauptsacheverfahren ggf. aufgehoben wird, fortführen kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3 i. V. m. § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i. V. m. den Nrn. 1.5 u. 9.7.1 des Streitwertkatalogs.


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