Medizinrecht

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Aktenzeichen  18 U 3176/20

Datum:
22.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 2947
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

5 O 4148/15 2020-04-27 Endurteil LGTRAUNSTEIN LG Traunstein

Tenor

1. Auf die Berufung beider Parteien wird das Endurteil des Landgerichts Traunstein vom 27.04.2020, Az. 5 O 4148/15, samt des Verfahrens aufgehoben.
2. Die Sache wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung, auch über die Klageänderung vom 20.07.2020 (Bl. 313/314 d.A.) und über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Die Klägerin macht Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen eines Hundebisses am 08.03.2012 geltend.
Das Landgericht hat im schriftlichen Verfahren mit Endurteil vom 27.04.2020 (Bl. 264/273 d.A.) die Beklagten gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 145.522,66 € nebst Zinsen zu zahlen, wobei Teilbeträge aus diesem Betrag an das Landratsamt A. und das Jobcenter A. zu erstatten seien. Darüber hinaus hat das Landgericht festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet seien, der Klägerin 80% der materiellen und immateriellen Schäden aus dem Schadensfall vom 08.03.2012 ab 01.01.2019 zu erstatten, soweit die Ansprüche nicht kraft Gesetzes auf Dritte übergegangen seien oder künftig übergingen. Im Übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes sowie der Anträge in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat sein Urteil im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die Beklagten würden als Tierhalter jedenfalls nach § 833 BGB für die Verletzung haften, die ihr Hund der Klägerin durch den Biss zugefügt habe. Aufgrund des größtenteils unstreitigen Sachverhalts, der sich im Wesentlichen mit den Aussagen der Zeugen im Parallelverfahren 1 O 3629/15, das die Krankenversicherung der Klägerin gegen den Beklagten zu 2) geführt hat, decke, deren Verwertung beide Parteien zugestimmt hätten, komme das Gericht zu einer Haftungsquote von 80% zu 20% zulasten der Beklagten. Aufgrund des nachvollziehbaren und von den Parteien inhaltlich nicht angegriffenen Gutachtens des Sachverständigen PD Dr. med. K. komme das Gericht zu dem Ergebnis, dass eine erhebliche Einschränkung der Erwerbsfähigkeit von 80% für den ausgeübten Beruf einer Reinigungskraft sowie von 70% für den beabsichtigten Beruf einer Vollzeitfachverkäuferin festgestellt werden könne und dass die Klägerin zu 70% in ihrer Haushaltsführung eingeschränkt sei.
Der Haushaltsführungsschaden sei nach § 287 ZPO zu schätzen. Es sei nachvollziehbar, dass die Klägerin den Haushalt allein geführt habe, da ihr damaliger Job auf 380 € Basis als Reinigungskraft hierfür genügend Zeit gelassen habe. Für die Bemessung des Schadens seien Zeitabschnitte zu bilden, die die Anzahl der im Haushalt lebenden Personen berücksichtigten. Bei der Schätzung orientiere sich das Gericht an der Tabelle von Pardey. Bei der Eingruppierung in Tabelle 1 werde die Klägerin als nicht erwerbstätig behandelt trotz ihres damaligen Jobs auf 380 € Basis. Zu ihren Gunsten sei weiterhin die Anspruchsstufe 3 angesetzt worden.
Hinsichtlich der Auslagen und Fahrtkosten ergebe sich ein zu ersetzender Betrag in Höhe von 10.210,93 €. Bei einer Quote von 80% mache dies 8.168,74 €.
Hinsichtlich des Verdienstausfalls gelte gemäß § 252 Satz 2 BGB ein Gewinn als entgangen, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden könne. Das Gericht sei der Überzeugung, dass bei der Berechnung ein monatlicher Nettoverdienst von 1.500 € zugrunde gelegt werden könne. Die Kinder seien ab dem 01.09.2014 aus dem Haus gewesen. Die Klägerin habe eine Ausbildung als Verkäuferin, und aufgrund der Lage am Arbeitsmarkt sei davon auszugehen, dass sie nach dem Auszug ihrer Kinder wieder aktiv am Berufsleben teilgenommen hätte.
Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes müsse von einem Dauerschaden ausgegangen werden. Vor diesem Hintergrund scheine ein Schmerzensgeld von 40.000 € angemessen, was bei der Quote von 80/20 32.000 € ausmache.
Aufgrund der Vorschrift des § 116 SGB X und des allgemeinen Prinzips der Vorteilsanrechnung dürfe der Schädiger einerseits nicht besser gestellt werden, weil ein Dritter für den Schaden einspringe, andererseits solle der Geschädigte nicht doppelt profitieren. Somit seien die gezahlte Sozialhilfe und das Arbeitslosengeld voll anzurechnen, aber gleichzeitig festzuhalten, dass die Beklagten dem Dritten die erbrachten Leistungen zu ersetzen hätten. Aufgrund der vorgelegten Unterlagen führe das dazu, dass die Beklagten 8.463,31 € an das Landratsamt A. und 4.234,54 € an das Jobcenter A. zu zahlen hätten.
Der Feststellungsantrag sei zulässig und begründet, da davon auszugehen sei, dass die Klägerin auch in Zukunft wegen ihrer dauerhaften körperlichen Einschränkungen erwerbsgemindert bleiben sowie Einschränkungen im Rahmen ihrer Haushaltsführung haben werde.
Ergänzend wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.
Gegen dieses Endurteil haben beide Parteien form- und fristgerecht Berufung eingelegt.
Die Klägerin begründet ihre Berufung im Wesentlichen wie folgt:
„Das Landgericht habe zu Unrecht dem Klageantrag nur teilweise stattgegeben. Das Urteil werde in vollem Umfang zur Überprüfung durch das Berufungsgericht gestellt. Gleichzeitig werde der Zahlungsanspruch der Klägerin nunmehr auf den Zeitraum bis zum 31.12.2019 erstreckt.“
Das Landgericht sei aufgrund falscher Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin hinsichtlich des gegenständlichen Schadensereignisses ein Mitverschulden treffe. Die Annahme eines Mitverschuldens sei auf Basis der Zeugenaussagen in dem Parallelverfahren 1 O 3629/15 gegen den Beklagten zu 2) nicht gerechtfertigt.
Das Landgericht habe weiter übersehen, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin seit der Begutachtung durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. K. erheblich verschlechtert habe. Bereits Ende 2017 hätten sich an der linken Hand der Klägerin die gleichen Symptome wie an der rechten Hand gezeigt. Die massiven Schmerzen strahlten zwischenzeitlich sowohl links- als auch rechtsseitig über die Arme bis in den Schulterbereich. Des Weiteren hätte sich bei der Klägerin kausal eine Osteoporose ausgebildet. Auch die psychischen Angstzustände der Klägerin hätten sich verstärkt. Bereits erstinstanzlich sei zu der drastischen Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin seit dem Begutachtungstermin vom 08.08.2017 vorgetragen worden. Das Landgericht habe weder eine ergänzende Begutachtung verfügt noch die durch ärztliche Berichte belegte Gesundheitsverschlechterung berücksichtigt. Die Klägerin sei jedenfalls ab dem 01.07.2018 zu 100% arbeitsunfähig hinsichtlich ihres erlernten Berufes als Verkäuferin. Des Weiteren sei die Klägerin zu 100% nicht mehr in der Lage, ihren Haushalt selbst zu führen.
Auch bei der Bemessung des Schmerzensgeldes müsse die Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin berücksichtigt werden. Es sei ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 60.000 € angemessen.
Hinsichtlich des Verdienstausfallschadens habe das Landgericht übersehen, dass dieser aus dem erzielbaren Bruttolohn der Klägerin zu ermitteln sei. Dieser betrage zumindest 2.500 € monatlich.
Die Klägerin beantragt (Bl. 313 d.A.):
1. Unter Abänderung des am 27.04.2020 verkündeten Urteils des Landgerichts Traunstein, Aktenzeichen 5 O 4148/15, werden die Beklagten gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 275.762,21 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich aus 75.623,60 € seit dem 15.12.2015, sowie aus weiteren 70.886,90 € seit dem 26.01.2019 zu bezahlen, wobei Teilbeträge in Höhe von 8.463,31 € aus diesem Betrag an das Landratsamt A. (Aktenzeichen: SG. 34-SO8120), auf das Konto bei der Sparkasse A., IBAN: …, sowie in Höhe von 4.234,54 € an das Jobcenter A., …, Bankverbindung: BA-S. H.-bank, IBAN: …, Aktenzeichen …65, zu bezahlen sind, der verbleibende Betrag an die Klägerin.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin 100% der materiellen und immateriellen Schäden aus dem Schadensfall vom 08.03.2012 ab dem 01.01.2020 zu erstatten, soweit die Ansprüche nicht kraft Gesetzes auf Dritte übergegangen sind oder künftig übergehen.
Hilfsweise beantragt die Klägerin die Aufhebung des Endurteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht (Bl. 376 d.A.).
Die Beklagten beantragen,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Im Rahmen ihrer eigenen Berufung beantragen die Beklagten,
das Urteil des Landgerichts Traunstein zum Aktenzeichen 5 O 4148/15 vom 20.04.2020 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen (Bl. 321 d.A.).
Hilfsweise beantragen die Beklagten die Aufhebung des Endurteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht (B. 376 d.A.).
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagten begründen ihre Berufung im Wesentlichen wie folgt:
„Das Urteil des Landgerichts werde vollumfänglich zur Überprüfung durch den Senat gestellt. Gerügt würden eine fehlerhafte Anwendung materiellen Rechts, ein Übergehen von Beweisangeboten und eine falsche Bewertung der Anspruchshöhe.“
Betrachte man die Beweisaufnahme vom 26.04.2016 des Parallelverfahrens, sei ein Mitverschulden von wenigstens 50% gerechtfertigt. Das Landgericht habe jegliche eigene Bewertung der Beweisaufnahme des Parallelverfahrens missen lassen. Es habe schlichtweg darauf hingewiesen, dass es der Auffassung des Parallelverfahrens folge. Hierin sei eine fehlerhafte Beweiswürdigung zu sehen. Das Landgericht hätte die Aussagen des Parallelverfahrens gemäß des dortigen Protokolls eigenständig bewerten und eine eigene Beweiswürdigung der dort erfolgten Zeugenaussagen vornehmen müssen. Die Beweisaufnahme sei fehlerhaft und verstoße gegen Verfahrensrechte der Beklagten.
Bei der Feststellung der Folgen des Hundebisses und dessen tatsächlicher Auswirkungen seien erhebliche Vorerkrankungen der Klägerin, die sich aus den eingereichten Arztberichten ergeben hätten, nicht berücksichtigt und auch nicht in Abgrenzung zu den Unfallfolgen gesetzt worden. Damit stehe entgegen der Auffassung des Landgerichts mitnichten fest, dass die Klägerin unfallkausal in ihrer Erwerbsfähigkeit mit 70 bzw. 80% oder ihrer Haushaltsführungsfähigkeit mit 70% beeinträchtigt sei. Die gesundheitliche Situation sei zwischen den Parteien streitig gewesen. Das Landgericht meine, dass ca. fünf Zeilen ausreichten, um die komplexe gesundheitliche Situation zu bewerten. Dies sei nicht ausreichend, zumal zu keinem Zeitpunkt seitens der Klägerin schlüssiger Vortrag dazu erfolgt sei, welche Haushaltstätigkeiten sie überhaupt verrichtet habe. Bei der Minderung der Erwerbsfähigkeit sei noch nicht einmal klar, welche Tätigkeiten die Klägerin überhaupt vor dem Unfallereignis ausgeübt habe. Das Gericht habe unkommentiert und unkritisch die Angaben abgeschrieben, die der Sachverständige K. nicht nachvollziehbar dargestellt habe. Das Landgericht hätte durch konkrete Gutachten aufklären müssen, welche Tätigkeiten denn tatsächlich in welchem Umfang vor dem Unfall ausgeübt worden seien und wie die Klägerin durch die Unfallfolgen (in Abgrenzung zu Vorerkrankungen) hierin beeinträchtigt sei.
Das Landgericht habe den Haushaltsführungsschaden nach § 287 ZPO geschätzt und hierbei sämtliches Bestreiten der Beklagten schlichtweg übergangen. Zu keinem Zeitpunkt habe schlüssiger Vortrag der Klägerin zum Haushaltsführungsschaden vorgelegen. Der Haushaltsführende müsse darlegen und beweisen, welche Tätigkeiten er ohne das schädigende Ereignis im Haushalt ausgeführt habe und welche er infolge der konkreten, unfallbedingten gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht mehr oder nur noch in reduziertem Umfang ausüben könne. Es genüge nicht, nur auf Tabellenwerte zu verweisen, deren Anwendbarkeit ohnehin zweifelhaft sei. Das Oberlandesgericht Celle lehne in seiner Entscheidung vom 26.06.2019 (VersR 2019, 1157) die Anwendung der Tabellenwerke zu Recht ab. Der Geschädigte habe auch eine Schadensminderungspflicht dahingehend, durch den Einsatz technischer Hilfsmittel, durch Umorganisation des Haushalts, durch andere Einteilung und Umverteilung der Hausarbeit die Auswirkung der Behinderung möglichst gering zu halten. Der Vortrag der Klägerin dazu, dass sie vor dem Unfall alle Tätigkeiten allein erledigt habe, sei bereits nicht nachvollziehbar, da die Kinder im Haushalt ein Alter aufgewiesen hätten, in dem sie sich an der Haushaltsführung zu beteiligen hätten. Darüber hinaus habe das Gericht das Bestreiten der Beklagten zum konkreten Zuschnitt des Haushalts übergangen. Es stehe auch nicht fest, dass die Klägerin aufgrund der Unfallfolgen in ihrer Fähigkeit, Haushaltsführungstätigkeiten zu verrichten, beeinträchtigt sei. Der vom Gericht geschätzte Aufwand hänge völlig in der Luft. Das Landgericht habe auch recht willkürlich die unterschiedlichen Abschnitte bewertet, ohne zu begründen, warum zu welchem Abschnitt die Stundenzahl variiere.
Hinsichtlich der Auslagen und Fahrtkosten habe das Landgericht entscheidungserhebliches Bestreiten der Beklagten schlichtweg übergangen. Hier hätte es einer Beweisaufnahme bedurft.
Die Feststellungen zum Verdienstschaden hingen völlig in der Luft, da ein solcher insgesamt streitig gewesen sei. Die Klägerin habe während des gesamten erstinstanzlichen Verfahrens nicht eine einzige Gehaltsabrechnung vorgelegt, aus der sich irgendein Verdienst ergeben hätte, obwohl die Beklagte einen entsprechenden Verdienstschaden der Klägerin bestritten habe. Es sei auch nicht im Ansatz nachvollziehbar, dass die Klägerin ab dem 08.03.2012 tatsächlich einen Verdienstschaden aufweisen würde. Dass die Klägerin nach dem Auszug ihrer Kinder wieder aktiv am Berufsleben teilgenommen hätte und ab dem 01.09.2014 wieder 1.500 € netto hätte verdienen können, sei weder belegt noch nachvollziehbar.
Die Ausführungen zum Schmerzensgeld seien nicht nachvollziehbar und stellten einen Ermessensfehlgebrauch dar. Die vom Landgericht zuerkannte Schmerzensgeldsumme in Höhe von insgesamt 40.000 € hänge in der Luft. Vergleichsentscheidungen seien überhaupt nicht zitiert.
Das Landgericht verkenne, dass bereits zum Unfallzeitpunkt die Ansprüche der Klägerin auf Erstattung des materiellen Schadens nach § 116 SGB X auf die zuständigen Sozialversicherungs- und Sozialhilfeträger übergegangen seien. Bis zum heutigen Zeitpunkt sei völlig offen, welche Drittleistungen die Klägerin auf den materiellen Schaden tatsächlich beziehe, zumal nicht nur Sozialhilfeträger, sondern auch die Krankenkasse der Klägerin (AOK) und die Deutsche Rentenversicherung bei dem Haftpflichtversicherer der Beklagten Regressansprüche angemeldet hätten.
Der Feststellungsausspruch sei auf die Haftungsquote zu begrenzen. Darüber hinaus dürften nur Feststellungsansprüche für derzeit nicht erkennbare immaterielle Schäden zuerkannt werden, da für sämtliche erkennbaren Schäden, die ein medizinischer Sachverständiger vorhersehen könne, ein einheitliches Schmerzensgeld zu bemessen sei. Vor diesem Hintergrund sei die Formulierung des Feststellungstenors falsch.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in zweiter Instanz wird auf sämtliche Schriftsätze, insbesondere die Schriftsätze der Klägerin vom 20.07.2020 (Bl. 313/319 d.A.) und vom 31.08.2020 (Bl. 345/352 d.A.) sowie die Schriftsätze der Beklagten vom 28.07.2020 (Bl. 321/326 d.A.) und vom 25.08.2020 (Bl. 342/344 d.A.), und das Sitzungsprotokoll vom 20.07.2021 (Bl. 374/377 d.A.), jeweils mit zugehörigen Anlagen, verwiesen.
II.
Die Berufungen der Parteien sind jeweils zulässig. In der Sache haben die Rechtsmittel insoweit Erfolg, als das angefochtene Urteil mit dem zugrunde liegenden Verfahren aufzuheben und der Rechtsstreit auf die hilfsweise gestellten Zurückverweisungsanträge der Klägerin und der Beklagten zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht Traunstein zurückzuverweisen ist (§ 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Das Urteil beruht auf einer unterbliebenen Aufklärung des Sachverhalts. Dies stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, zu dessen Beseitigung die Durchführung einer umfangreichen Beweisaufnahme erforderlich sein wird (§ 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO), ohne die das Verfahren nicht entscheidungsreif ist.
1. Zutreffend rügen die Beklagten, dass das Landgericht die Beklagten nach derzeitigem Verfahrensstand nicht hätte verurteilen dürfen, an die Klägerin € 145.522,66 € nebst Zinsen zu zahlen. Darüber hinaus hätte das Landgericht dem Feststellungsantrag nicht in der tenorierten Form stattgeben dürfen.
1) Im Hinblick auf die vom Landgericht angenommene Mitverschuldensquote der Klägerin von 20 Prozent rügen die Beklagten zu Recht die Fehlerhaftigkeit der Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO.
Die völlig unterbliebene Beweiswürdigung durch das Landgericht stellt einen Verfahrensverstoß dar, auf dem das Urteil beruht. Es ist für den Senat nicht überprüfbar, worauf das Landgericht seine Überzeugung stützt, „im Wesentlichen (hätten) alle Zeugen übereinstimmend angegeben, dass die Auseinandersetzung zwischen den Hunden bereits beendet gewesen (sei), bevor der Hund der Beklagten sodann auf den Hund der Zeugin B. erneut (losgegangen sei)“.
Das Gericht muss die wesentlichen Grundlagen seiner Beweiswürdigung im Urteil zum Ausdruck bringen. Es muss nicht auf jedes einzelne Beweismittel ausführlich eingehen, aber erkennen lassen, dass eine umfassende Beweiswürdigung in sachgerechter Weise stattgefunden hat. Dazu gehört auch die Auseinandersetzung mit dem zweifelhaften Beweiswert eines Beweismittels (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 34. Aufl., § 286 Rn. 21 m.w.N.).
Es ist zwar nicht zu beanstanden, dass das Landgericht Protokolle über Aussagen von Zeugen in einem anderen Verfahren im Wege des Urkundsbeweises verwertet, wenn die beweispflichtige Partei – oder wie vorliegend beide Partien übereinstimmend – dies beantragen (BGH, Urteil vom 09.06.1992 – VI ZR 215/91, NJW-RR 1992,1214 m.w.N.). Einer Urkunde über die frühere Verwertung eines Zeugen in einem anderen Verfahren kommt im Allgemeinen aber ein geringerer Beweiswert zu als dem unmittelbaren Zeugenbeweis; er kann je nach Sachlage sogar gänzlich fehlen. Der eingeschränkte Beweiswert einer solchen Urkunde beruht im Wesentlichen darauf, dass die Verfahrensbeteiligten von dem Zeugen keinen persönlichen Eindruck haben, ihm keine Frage stellen und Vorhalte machen können (vgl. BGH, Urteil vom 13.06.1995 – VI ZR 233/94, NJW 1995, 2856 m.w.N.).
Das angefochtene Urteil lässt nicht erkennen, dass sich das Landgericht hierüber im Klaren war. Vielmehr lässt die unterbliebene Protokollierung der ordnungsgemäßen Einführung der Vernehmungsprotokolle als Urkunden in die mündliche Verhandlung und die Formulierung in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils „Zusammenfassend gesehen gaben im Wesentlichen alle Zeugen insoweit übereinstimmend an, …“ befürchten, dass sich das Landgericht des Unterschieds zwischen Zeugen- und Urkundenbeweis nicht bewusst war.
Zudem fehlen in dem Urteil jegliche Ausführungen dazu, auf welche konkreten Angaben welcher Zeugen das Landgericht seine Entscheidung stützt und weshalb es diese Angaben für überzeugend hält. Dies überrascht insbesondere deshalb, weil der Sachverhalt keineswegs, wie das Landgericht in seinen Entscheidungsgründen schreibt, größtenteils unstreitig ist. Vielmehr weicht der Vortrag der Parteien zu der für die Beurteilung des Mitverschuldens zentralen Frage, ob sich die Hunde vor dem streitgegenständlichen Hundebiss bereits wieder vollständig beruhigt hatten oder ob die Hunde sich weiterhin feindlich gegenüber standen, voneinander ab. Dies gilt sowohl für das hiesige Verfahren als auch für das Verfahren 1 O 3629/15. Auch die Zeugenaussagen widersprechen sich. Anders als die Klägerin hat die ebenfalls im Parallelverfahren als Zeugin vernommene Beklagte zu 1) ausgesagt, dass ihr Hund noch aufgeregt gewesen sei und seit dem Kampf der beiden Hunde erst ein paar Sekunden vergangen gewesen seien (Bl. 56 d.A. im Verfahren 1 O 3629/15).
Welchen Beweiswert der Richter einer in einer Urkunde festgehaltenen Erklärung für deren inhaltliche Richtigkeit beimisst, unterliegt zwar seiner freien Beweiswürdigung. Dies gilt auch für die richterliche Niederschrift einer Zeugenaussage in einem anderen Verfahren. Der Richter kann, wie sich aus dem Prinzip der freien Beweiswürdigung ergibt, seine Überzeugung letztlich auch aus einer solchen Aussage gewinnen. Doch setzt dies eine sorgfältige Prüfung des Beweiswertes der früheren Aussage voraus, an der es hier in jeglicher Hinsicht fehlt. Eine sorgfältige Würdigung war im Streitfall besonders deshalb geboten, weil die Parteirollen im hiesigen Verfahren und in dem Verfahren 1 O 3629/15 nicht identisch sind. Vielmehr waren die Klägerin und die Beklagte zu 1) in dem Parallelverfahren nicht Partei und konnten somit als Zeugen vernommen werden. Das Urteil lässt aber jegliche Ausführungen dazu missen, wie sich dieser Umstand auf den Beweiswert der Aussagen auswirkt. Die in Bezug genommenen Zeugenaussagen finden sich noch nicht einmal in der Akte, und dieser kann auch nicht entnommen werden, dass das Parallelverfahren 1 O 3629/15 überhaupt jemals beigezogen wurde. Dies wurde möglicherweise erst durch den Senat veranlasst. Darüber hinaus hätte sich das Landgericht damit auseinandersetzen müssen, dass sich die Zeugen nach dem Unfall von den Beklagten abgewandt haben und seit dieser Zeit eher im Lager der Klägerin stehen.
1) Hinsichtlich des zugesprochenen Haushaltsführungsschadens rügt die Beklagte teilweise zutreffend, dass der Vortrag der Klägerin bis zuletzt nicht schlüssig war. Darüber hinaus macht die Beklagte zu Recht geltend, dass das Landgericht ihr Bestreiten hinsichtlich des geltend gemachten Haushaltsführungsschadens in verfahrensfehlerhafter Weise übergangen hat.
Für den ersatzfähigen Haushaltsführungsschaden ist Maßstab die konkrete haushaltsspezifische Behinderung des Geschädigten, d. h. die Frage, in welchem Umfang er bei der Ausübung der von ihm übernommenen Haushaltstätigkeiten durch die Verletzung gehindert ist (OLG München, Urteil vom 07. Oktober 2020 – 10 U 1813/20 -, Rn. 5, juris). Zunächst ist der Arbeitszeitbedarf zu bestimmen, der objektiv für eine Fortsetzung der Haushaltsführung durch eine durchschnittliche Ersatzkraft im bisherigen Umfang erforderlich ist. Grundlage der Schadensermittlung ist daher die von dem Geschädigten vor dem Schadensereignis für die Haushaltsführung aufgewandte Zeit, wobei auf die individuellen Lebensumstände des Geschädigten abzustellen ist. Die Darlegungsund Beweislast hierfür obliegt dem Geschädigten. Er hat hinreichend substantiiert vorzutragen, welche Tätigkeiten er im Haushalt vor dem Unfall tatsächlich ausgeführt hat, einschließlich der hierfür verwendeten Zeit, und welche Tätigkeiten er aufgrund der unfallbedingten Beeinträchtigungen in der Zeit danach trotz innerhalb der Versorgungsgemeinschaft durchgeführter Umorganisationsmaßnahmen oder Einsatz technischer Hilfsmittel nicht mehr oder nicht mehr vollständig verrichten kann (OLG München, a.a.O). Zwar ist es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zulässig, wenn sich der Tatrichter für den Arbeitszeitbedarf im Haushalt an Tabellenwerken orientiert und sich solcher Erfahrungswerte bedient. Das gilt aber nur insoweit, als nicht eingewendet wird, dass die Verhältnisse im konkreten Fall anders gelagert seien (BGH, Urteil vom 29.03.1988 – VI ZR 87/87, NJW 1988, 1783).
Gemessen an diesen Maßstäben war bereits der Vortrag der Klägerin nicht ausreichend, um den von ihr geltend gemachten Haushaltsführungsschaden schlüssig darzulegen. Die Klägerin hat zwar in dem mit der Klageschrift als Anlage K106 vorgelegten Zeitplan ihre vor dem Unfall übernommenen Haushaltstätigkeiten im einzelnen unter Angabe des Zeitbedarfs vorgetragen. Keine Ausführungen enthält ihr Vortrag jedoch zu der Frage möglicher bzw. vorgenommener Umorganisationsmaßnahmen oder des Einsatzes technischer Hilfsmittel für die Zeit nach dem Unfall. Dies war jedoch zu erwarten, auch weil in der Zeit nach dem Unfall im Haushalt der Klägerin noch zwei jugendliche Kinder und zumindest am Wochenende ihr geschiedener Ehemann gelebt hatten.
Vor allem aber durfte das Landgericht nicht unberücksichtigt lassen, dass die Beklagte sowohl den konkreten Zuschnitt des Haushalts als auch den Umfang der behaupteten Tätigkeit der Klägerin bis zum Schadenstag bestritten hat. Im Hinblick auf das Bestreiten der Beklagten wäre eine informatorische Anhörung der Klägerin und die Vernehmung der in der Klageschrift angebotenen Zeugen (Bl. 22/23 d.A.) veranlasst gewesen.
Dagegen ist für den Senat, anders als für die Beklagten, aus dem Endurteil ohne Weiteres nachvollziehbar, warum das Landgericht den Haushaltsführungsschaden nach Zeitabschnitten unterschiedlich festgesetzt hat. Wie das Landgericht auf Seite 6 und 7 des Endurteils ausführt, hat es hierbei – zutreffend – die unterschiedliche, im Haushalt der Klägerin lebende Anzahl an Personen berücksichtigt.
1) Die Beklagten rügen weiterhin mit Erfolg, dass das Landgericht ihr erhebliches Bestreiten hinsichtlich eines unfallkausalen Verdienstausfallschadens in verfahrensfehlerhafter Weise übergangen hat. Die Beklagte hat in erster Instanz sowohl die behauptete Tätigkeit der Klägerin vor dem Unfall bestritten als auch die behauptete Tatsache, dass die Klägerin nach dem Auszug ihrer drei Kinder eine Vollzeittätigkeit als Fachverkäuferin aufgenommen und damit einen Nettolohn von 1.500 €/Monat erzielt hätte. Das Landgericht war ausweislich seines Urteils ohne jegliche Beweisaufnahme – noch nicht einmal die Klägerin wurde informatorisch angehört – davon überzeugt, dass ein Verdienstausfallschaden von 1.500 € netto pro Monat angenommen werden könne. Worauf das Landgericht diese Überzeugung ohne Durchführung einer Beweisaufnahme stützt, kann dem Urteil an keiner Stelle entnommen werden.
Zwar kommen dem Geschädigten hinsichtlich des Verdienstausfallschadens die Darlegungs- und Beweiserleichterungen der § 252 BGB, § 287 ZPO zugute. Diese Erleichterungen ändern freilich nichts daran, dass es im Rahmen der hier notwendigen Prognose des entgangenen Gewinns im Sinne des § 252 Satz 2 BGB nach § 287 ZPO konkreter Anknüpfungstatsachen bedarf, die der Geschädigte darlegen und zur Überzeugung des Richters nachweisen muss (BGH, Urteil vom 03.03.1998 – VI ZR 385/96, NJW 1998, 1634 m.w.N.).
Unklar bleibt auch, ob das Landgericht der auf Seite 6 des Urteils dargelegten und vom Sachverständigen Dr. K. festgestellten Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 80% im ausgeübten Beruf einer Reinigungskraft und von 70% für den beabsichtigten Beruf einer Vollzeitfachverkäuferin Bedeutung beigemessen hat, da diese Aspekte unter der Überschrift „Verdienstausfall“ auf Seiten 7 und 8 des Urteils nicht mehr aufgegriffen werden. Nur ergänzend sei deshalb darauf hingewiesen, dass die Minderung der Arbeitsleistung als solche keinen schadensrechtlich relevanten Schaden darstellt. Die MdE ist für den zivilrechtlichen Ersatzanspruch nicht maßgeblich (vgl. BGH, Urteil vom 24.10.1978 – VI ZR 142/77, juris). Maßgebend ist vielmehr der konkrete Verdienstausfall des Geschädigten aufgrund seiner Unfallverletzungen. Entscheidend ist insoweit, ob die Klägerin trotz der abstrakt festgestellten Arbeitsfähigkeit von nur 30 Prozent in der beabsichtigten Tätigkeit als Fachverkäuferin imstande gewesen wäre, 30 Prozent der zu erwartenden Einnahmen zu erzielen, oder jedenfalls eine zumutbare andere Arbeit hätte finden und dabei diese 30 Prozent der zu erwartenden Einnahmen tatsächlich hätte verdienen können (vgl. BGH, Urteil vom 24.10.1978 – VI ZR 142/77, juris). Kann der Unfallgeschädigte trotz teilweise verbliebener Erwerbsfähigkeit keine Arbeitsstelle finden, so ist ihm grundsätzlich der ganze Durchschnittsverdienst zu ersetzen (BGH, Urteil vom 25.01.1968 – III ZR 122/67, juris).
Darüber hinaus hat sich das Landgericht nicht mit dem Vortrag der Beklagten auseinandergesetzt, es sei ein Risikoabschlag von 10% für ersparte berufsbedingte Aufwendungen vorzunehmen. Die Klägerin dürfte sich – was näher aufzuklären wäre – durch den Wegfall ihrer Beschäftigung im streitgegenständlichen Zeitraum berufsbedingte Aufwendungen zumindest in Form von Fahrtkosten erspart haben, die im Wege der Vorteilsausgleichung anzurechnen wären, weil sie in einem inneren Zusammenhang mit dem erlittenen und von den Schädigern zu tragenden Erwerbsschaden stehen, so dass beide Positionen bei wertender Betrachtung gleichsam zu einer Recheneinheit verbunden sind (vgl. BGH, Urteil vom 22.01.1980 – VI ZR 198/78, NJW 1980,1787 m.w.N.).
Nicht zu beanstanden ist dagegen, dass das Landgericht keinen pauschalen Abzug für Zeiten möglicher Arbeitslosigkeit bzw. die Schnelllebigkeit des Arbeitslebens vorgenommen hat, da die Beklagten dies erstmals in der Berufungsinstanz und damit gemäß § 531 Abs. 2 ZPO verspätet geltend gemacht haben, und sie nicht dargelegt haben, weshalb ihnen entsprechender Vortrag ohne Nachlässigkeit nicht schon in erster Instanz möglich war.
1) Soweit die Beklagten sich gegen die Verurteilung im Hinblick auf die Erstattung von Auslagen und Fahrtkosten wenden, ist ihre Berufung nur teilweise erfolgreich.
Zu Recht rügen die Beklagten hinsichtlich der mit dem hinzu verbundenen Verfahren 5 O 3660/18 geltend gemachten Schadenspositionen in Höhe von 1.815,99 € (dort Bl. 19 d.A.), dass das Landgericht ihr Bestreiten völlig übergangen und den Anspruch allein auf der Basis des klägerischen Vortrags zugesprochen habe.
Dagegen haben die Beklagten die im Ausgangsfahren 5 O 4148/15 mit der Klageschrift schlüssig geltend gemachten Schadenspositionen in Höhe von 8.394,94 € (Bl. 24 d.A.) in erster Instanz nicht bestritten. Das erstmalige Bestreiten dieser Positionen durch die Beklagten in der Berufungsinstanz ist gemäß § 531 Abs. 2 ZPO verspätet, weil sie nicht vorgetragen haben, dass ihnen dies in erster Instanz ohne ihr Verschulden nicht möglich gewesen wäre.
1) Ohne Erfolg bleibt die Berufung der Beklagten, soweit sie sich dagegen wenden,
dass das Landgericht erhebliche Vorerkrankungen der Klägerin nicht ausreichend berücksichtigt und in Abgrenzung zu den Unfallfolgen gesetzt habe.
Hinsichtlich des Gesundheitszustandes der Klägerin ist das Landgericht bezüglich der dort bezifferten Ansprüche (bis Ende 2018) zutreffend von dem erholten Gutachten des Sachverständigen Dr. K. vom 21.06.2018 (Bl. 139 ff. d.A.) ausgegangen, aus dem sich eine erhebliche dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigung durch den Hundebiss ergibt. Der Sachverständige hat ausweislich seines Gutachtens alle von den Beklagten angeführten Vorerkrankungen berücksichtigt, insbesondere sind explizit die als Anlagen K7 und K8 vorgelegten Arztberichte aufgeführt (Seiten 6 und 7 des Gutachtens).
Die Beklagten haben dieses Gutachten in erster Instanz nicht angegriffen (vgl. Schriftsatz vom 19.07.2017 Bl. 141/142 d.A.). Hinsichtlich der bezifferten Ansprüche sind die Beklagten daher nach § 531 Abs. 2 ZPO mit ihrem erstmals in der Berufungsinstanz erfolgten Vortrag präkludiert, da sie nicht vorgetragen haben, warum ihnen entsprechender Vortrag ohne Nachlässigkeit nicht schon in erster Instanz möglich gewesen wäre.
1) Die Berufung der Beklagten ist begründet, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 40.000 € durch das Landgericht wenden.
Zwar ist die Festsetzung des Schmerzensgeldes in Höhe von 40.000 € nicht schon deshalb fehlerhaft, weil das Landgericht seine Entscheidung nicht mit vergleichbaren Urteilen anderer Gerichte begründet hat. Der von den Beklagten zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 08.06.1976 – VI ZR 216/14, juris) lässt sich eine derartige generelle Anforderung an die Begründungspflicht nicht entnehmen. Nur wenn der Tatrichter die bisherigen Sätze in Katalogen und Tabellen verlasse, könne er gehalten sein, die von ihm zugrunde gelegte Wertkategorie nach Ausmaß und Auswirkung der Abweichung aufzuzeigen (BGH, a.a.O). Die Beklagten behaupten aber selbst nicht, dass das Landgericht bei der Höhe des Schmerzensgeldes von vergleichbaren Gerichtsentscheidungen (nach oben) abgewichen wäre.
Dennoch ist die Schmerzensgeldzumessung derzeit schon deshalb unzutreffend, weil die notwendige Tatsachengrundlage für die Beurteilung des Anspruchs nicht vorliegt. Wie bereits oben ausgeführt, fehlen ordnungsgemäße Feststellungen zum Mitverschulden der Klägerin. Darüber hinaus macht auch die unzureichende Klärung des Umfangs der Einschränkungen der Klägerin bei der Berufsausübung bzw. Haushaltsführung die Festsetzung des Schmerzensgeldes rechtsfehlerhaft, weil beide Aspekte auch für die Beurteilung der Höhe der immateriellen Entschädigung maßgeblich sind. Hinzu kommt, dass das Landgericht – wie unten noch auszuführen sein wird – die von der Klägerin behauptete Verschlechterung ihres Gesundheitszustands bei der Festsetzung des Schmerzensgeldes nicht unberücksichtigt lassen durfte.
1) Hinsichtlich des Feststellungsausspruchs ist die Berufung der Beklagten im Ergebnis ebenfalls begründet.
Die Verpflichtung zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung kann Gegenstand eines Feststellungsurteils sein. Die Verpflichtung zum Ersatz jedes weiteren Schadens umfasst auch den immateriellen Schaden, es sei denn, dass der Kläger sein Begehren auf die materiellen Schäden beschränkt hat. Einem auf den Ausgleich immaterieller Schäden gerichteten Feststellungsantrag ist bereits dann stattzugeben, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, dass infolge der Verletzung zukünftig weitere immaterielle Schäden auftreten können. In diesem Fall müssen jedoch bei einem zugleich gestellten Leistungsantrag die zukünftigen immateriellen Beeinträchtigungen bei der Bemessung der Entschädigung unberücksichtigt bleiben. Umgekehrt muss sich das Gericht auf eine Feststellung beschränken, wenn für eine Prognose über die zukünftige Entwicklung des Schadensverlaufs jegliche Anhaltspunkte fehlen (MüKoBGB/Oetker, 8. Aufl. 2019, BGB § 253 Rn. 71).
Diese Grundsätze hat das Landgericht verkannt, indem es einerseits den „Dauerschaden“ im Rahmen des Schmerzensgeldes berücksichtigt (Seite 8 des Endurteils), gleichzeitig aber – ohne jegliche Einschränkung – die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für künftige immaterielle Schäden ab 01.01.2019 festgestellt hat. Es ist nicht erkennbar, welche dauerhaften Folgen das Landgericht bereits bei der Bemessung des Schmerzensgeldes berücksichtigt hat, und welche zukünftigen immateriellen Schäden (mangels möglicher Prognose im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung) unberücksichtigt geblieben sind.
1) Ohne Erfolg rügen die Beklagten dagegen, dass das Landgericht verkannt habe,
dass bereits zum Unfallzeitpunkt die Ansprüche der Klägerin auf Erstattung des materiellen Schadens nach § 116 SGB X auf die zuständigen Sozialversicherungs- und Sozialhilfeträger übergegangen seien. Die Klägerin ist berechtigt, die streitgegenständlichen Ansprüche auf Verdienstausfall und Haushaltsführungsschaden im eigenen Namen einzuklagen, wenn auch teilweise mit Leistung an den Drittleistungsträger.
Der Anspruch eines Verletzten auf Schadensersatz wegen vermehrter Bedürfnisse geht auf den Sozialhilfeträger über, sobald infolge des schädigenden Ereignisses nach den konkreten Umständen des Einzelfalles bei konkreten Anhaltspunkten auch zur Bedürftigkeit des Geschädigten mit der Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers ernsthaft zu rechnen ist (BGH, Urteil vom 12.12.1995 – VI ZR 271/94, NJW 1996, 726). Die betroffene Person ist aber aufgrund einer dem Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe zu entnehmenden gesetzlichen Einziehungsermächtigung befugt, zur Vermeidung der Hilfebedürftigkeit Schadensersatzansprüche im eigenen Namen für die Zukunft einzufordern und für die Vergangenheit, in der die Bedürftigkeit durch Sozialhilfe behoben worden ist, Zahlung des Ersatzanspruchs an den Sozialhilfeträger zu begehren (BGH, a.a.O).
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 13.05.2019 (Bl. 186/188 d.A.) unter Vorlage von Belegen (Anlagen K110 bis 113) vorgetragen, dass und in welcher Höhe sie Sozialleistungen bezogen hat. Diese hat das Landgericht (wenn auch nicht explizit) mit einer Quote von 80 Prozent in seinem Urteil berücksichtigt, indem es eine diesbezügliche Zahlungspflicht der Beklagten an die entsprechenden Leistungsträger tenoriert hat. Die Beklagten haben weder erstinstanzlich noch in der Berufung die Höhe der bezogenen Leistungen in zulässiger Weise bestritten.
Dagegen kommt es vorliegend nicht darauf an, ob die Klägerin vom Träger der Sozialhilfe auch Krankenversicherungs- oder Rentenversicherungsbeiträge erstattet bekommen hat. Da die Klägerin, wie unten noch weiter ausgeführt wird, ihren Schaden auf Basis des Nettolohns errechnet, klagt sie keinen Schaden ein, der mit derartigen Leistungen des Sozialhilfeträgers kongruent wäre.
2. Die Klägerin rügt zu Recht, dass das Landgericht nach derzeitigem Verfahrensstand den weitergehenden Anspruch der Klägerin nicht hätte ablehnen und die Klage insoweit als unbegründet abweisen dürfen.
2) Die Klägerin wendet sich zu Recht gegen die Anrechnung eines Mitverschuldens mit einer Quote von 20%. Zwar kann der Senat der Argumentation der Klägerin insoweit nicht folgen, dass sämtliche Zeugen angegeben hätten, dass die Situation vor dem Angriff des Hundes der Beklagten entspannt gewesen sei. Die im Parallelverfahren 1 O 3629/15 als Zeugin vernommene Beklagte zu 1) gab vielmehr bei ihrer Vernehmung an, dass ihr Hund noch unruhig gewesen sei und seit dem Kampf der Hunde erst ein paar Sekunden vergangen gewesen seien (Bl. 56 d. A. im Verfahren 1 O 3629/15). Auch teilt der Senat nicht die Rechtsansicht der Klägerin, dass für den (unterstellten) Fall, dass die Hunde sich bereits wieder beruhigt hatten, ein Mitverschulden ihrerseits mangels Vorhersehbarkeit des Angriffs völlig ausscheidet. Ein Mitverschulden der Klägerin käme auch dann unter dem Gesichtspunkt in Betracht, dass sie sich in dieser Situation auf die Knie begeben hat, um den Hund T. zu umarmen, weil sie in dieser Stellung zum einen in ihrer Abwehr beeinträchtigt war und zum anderen den Hund R. nicht mehr genau beobachten konnte.
Die Anrechnung eines Mitverschuldens ist aber deshalb zu beanstanden, weil das Landgericht den zugrundeliegenden Sachverhalt in verfahrensfehlerhafter Weise nicht ausreichend festgestellt hat. Auf die obigen Ausführungen unter Ziffer 1 a) wird Bezug genommen.
2) Soweit die Klägerin rügt, das Landgericht habe den erstinstanzlichen Vortrag, dass sich ihr Gesundheitszustand seit der körperlichen Untersuchung am 08.08.2017 durch den Sachverständigen erheblich verschlechtert habe, unberücksichtigt gelassen, hat ihre Berufung nur im Hinblick auf das geltend gemachte Schmerzensgeld Erfolg.
(1) Die Klägerin hat erst mit Schriftsatz vom 10.02.2020 (Bl. 238 d.A.) schlüssig vorgetragen, dass zwischenzeitlich auch ihre linke Hand unfallbedingt beeinträchtigt sei, und hierfür zum Beweis verschiedene aktuelle Arztberichte (Anlagen K 11 bis K 13) vorgelegt. Soweit die Klägerin bereits im Schriftsatz vom 17.08.2018 (Bl. 144 d.A.) erstmals darauf hingewiesen hat, dass sie an weiteren, nicht von dem Gutachten des Sachverständigen Dr. K. erfassten Beschwerden leide, musste das Landgericht dies nicht als schlüssigen Vortrag einer seit der Begutachtung eingetretenen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands werten. Denn die Klägerin hat mit demselben Schriftsatz mitgeteilt, dass sie kein Ergänzungsgutachten beantragt, und auch keine anderen Belege für weitere Beschwerden vorgelegt. Auch wurde nicht mitgeteilt, ab wann die Verschlechterung des Gesundheitszustandes eingetreten sein soll. Erst mit der Berufungsbegründung vom 20.07.2020 (Bl. 313/319 d.A.) hat die Klägerin konkret behauptet, dass sie bereits seit 1.7.2018 zu 100% arbeitsunfähig und zu 100% nicht in der Lage gewesen sei, ihren Haushalt selbst zu führen, und hat hierfür Beweis angeboten. Mit diesem Vortrag ist die Klägerin jedoch gemäß § 531 Abs. 2 ZPO präkludiert, da sie nicht ausgeführt hat, warum ihr entsprechendes Vorbringen ohne Nachlässigkeit nicht schon in erster Instanz möglich war. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass das Landgericht den Verdienstausfall und Haushaltsführungsschaden für den streitgegenständlichen Zeitraum bis Ende 2018 auf der Basis der Feststellungen des Sachverständigen Dr. K. getroffen hat.
(2) Dagegen hätte das Landgericht für den Anspruch auf Schmerzensgeld den Vortrag der Klägerin zu einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes berücksichtigen müssen, da mit dem Schmerzensgeld auch die zukünftigen Folgen des Hundebisses ausgeglichen werden sollen.
Das angefochtene Urteil lässt nicht erkennen, dass das Landgericht diesen – von der Beklagten bestrittenen – Vortrag zur Kenntnis genommen und gewürdigt hätte. Das Landgericht hat vielmehr erkennbar seiner Entscheidung (vgl. Seite 6 des Urteils) den Gesundheitszustand der Klägerin zugrunde gelegt, wie er sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. K. ergibt. Zwar hat die Klägerin selbst nicht die Einholung eines weiteren medizinischen Sachverständigengutachtens beantragt. Bereits aufgrund der von ihr vorgelegten ausführlichen Befunde (Anlagen K11 bis K13) wäre aber eine weitere Aufklärung des Sachverhalts, ggf. durch Einholung eines Ergänzungsgutachtens von Amts wegen, bzw. die Einholung des expliziten Verzichts der Klägerin auf eine weitere Beweisaufnahme geboten gewesen.
(3) Soweit die Klägerin ein höheres Schmerzensgeld in Höhe von jedenfalls 60.000 € für angemessen hält, kann auf die Ausführungen unter Ziffer 1 f) verwiesen werden. Die Sache ist insoweit derzeit nicht entscheidungsreif.
2) Ohne Erfolg bleibt dagegen die Berufung der Klägerin, soweit sie geltend macht,
das Landgericht habe übersehen, dass der Verdienstausfallschaden aus dem erzielbaren Bruttoeinkommen zu errechnen sei.
Die Klägerin hat erstinstanzlich mehrfach betont (bspw. im Schriftsatz vom 18.10.2019, Bl. 222 d.A.), dass die Klageforderung auf Nettoverdienstausfallschadensbasis berechnet sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können der Ermittlung des Verdienstausfallschadens eines sozialversicherten Arbeitnehmers sowohl die entgangenen Brutto- als auch die entgangenen Nettobezüge des Geschädigten zugrunde gelegt werden (BGH, Urteil vom 15.11.1994 – VI ZR 194/93, NJW 1995, 389). Der Geschädigte hat mithin ein Wahlrecht, auf welcher Basis er den Schaden berechnen will.
Es ist daher nicht zu beanstanden, dass das Landgericht den Verdienstausfallschaden – wie von der Klägerin vorgegeben – auf Basis der Netto-Methode berechnet hat.
III.
Der Senat hat im vorliegenden Falle nicht von der Möglichkeit einer eigenen Sachentscheidung nach § 538 I ZPO Gebrauch gemacht, weil dies hier nicht sachdienlich erscheint.
Sowohl die mangelhafte Beweiserhebung als auch die fehlerhafte Beweiswürdigung stellen einen Verfahrensverstoß dar, welcher zur Zurückverweisung berechtigt.
Eine Beweisaufnahme in dem vorstehend beschriebenen Sinne wäre umfangreich und würde den Senat zu einer überwiegend erstmaligen Beweisaufnahme an Stelle der ersten Instanz zwingen. Es müssen weitere Sachverständigengutachten eingeholt werden, daneben sind mehrere Zeugen zu verschiedenen Beweisthemen zu vernehmen.
Der Senat verkennt bei seiner Entscheidung nicht, dass – wie unter IV. noch näher auszuführen sein wird – durch die Zurückverweisung des Rechtsstreits Sachvortrag der Parteien, der im Berufungsverfahren nach § 531 Abs. 2 ZPO präkludiert ist, vom Landgericht wieder berücksichtigt werden muss. Hierdurch kommt es aber zu keiner nennenswerten Verzögerung des Rechtsstreits. Denn soweit derzeit präkludierter Vortrag der Klägerin zur Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes für den streitgegenständlichen Zeitraum bis Ende 2018 wieder zulässig wird, ist diese Frage für das Schmerzensgeld ohnehin zu klären. Auch kann der derzeit präkludierte Vortrag der Beklagten zur Unfallkausalität der Beschwerden der Klägerin für den nunmehr bezifferten Schadensersatz ab 2019 nicht abgeschnitten werden, da die Behauptungen der Beklagten, der Hundebiss sei für den Verdienstausfall bzw. Haushaltsführungsschaden (teilweise) nicht ursächlich gewesen, von der Rechtskraft des Feststellungsurteils zwischen den Parteien nicht erfasst wäre (vgl. BGH, Urteil vom 28.06.2005 – VI ZR 108/04, NJW-RR 2005, 1517). Als Mehraufwand infolge Wegfalls der Präklusion verbleibt daher nur die Beweisaufnahme über die behaupteten Fahrtkosten und Auslagen, die die Beklagten erstinstanzlich nicht bestritten hatten. Diese Beweisaufnahme erscheint indes nicht übermäßig aufwendig. Den Beklagten wird anheim gestellt, diese verhältnismäßig geringen Beträge in Höhe von insgesamt 1.815,99 € bei der Fortführung des Verfahrens wieder unstreitig zu stellen.
Der durch die Zurückverweisung entstehende grundsätzliche Nachteil, dass eine gewisse Verzögerung und Verteuerung des Prozesses eintritt, muss hingenommen werden, wenn es darum geht, dass ein ordnungsgemäßes Verfahren in erster Instanz nachzuholen ist und dass den Parteien die vom Gesetz zur Verfügung gestellten zwei Tatsachenrechtszüge voll erhalten bleiben; eine schnellere Erledigung des Rechtsstreits durch den Senat ist im Übrigen angesichts seiner Geschäftsbelastung vorliegend nicht zu erwarten.
Die Frage der Zurückverweisung wurde in der mündlichen Verhandlung mit den Parteivertretern ausführlich erörtert. Beide Parteivertreter haben hilfsweise eine Zurückverweisung beantragt, was diese zulässig macht (Zöller/Heßler, ZPO, 34. Aufl., § 538 Rn. 56).
Von der Zurückverweisung umfasst ist aufgrund des unlöslichen Zusammenhangs mit den vorher beim Landgericht anhängigen Anträgen die Klageänderung vom 28.05.2020 (Bl. 313 d.A.), mit der die Klägerin den Schaden für das Jahr 2019 beziffert und aus dem Feststellungsantrag herausgenommen hat (MüKOZPO/Rimmelspacher, 6. Aufl. 2020, § 538 Rn. 68).
IV.
Für das weitere Verfahren ist von Folgendem auszugehen:
Durch die Zurückverweisung der Sache zur Fortsetzung der Verhandlung und erneuten Entscheidung wird das Verfahren vor dem Landgericht in der Lage wieder eröffnet, in der es sich zu der Zeit befand, als die Verhandlung vor dem Erlass des aufgehobenen Urteils geschlossen wurde (RGZ 149, 157, 160). Frühere Prozesshandlungen und bereits durchgeführte Beweisaufnahmen behalten grundsätzlich ihre Wirkung. Neuer Tatsachenvortrag der Parteien ist nach den für die erste Instanz geltenden Vorschriften der ZPO möglich (vgl. BGH, Beschluss vom 27.08.2020 – III ZR 128/19 Rn. 6 zum Revisionsverfahren; BeckOK/Wulf, 42. Ed. 1.9.2021, ZPO, § 538 Rn. 34; Saenger/Wöstmann, ZPO, 9. Aufl., § 938 Rn. 21.1).
Entgegen der Einschätzung des Senats im Hinweisbeschluss vom 25.10.2021 (Bl. 419/427 d.A.) wirkt vorliegend die Präklusion des Parteivortrags nach § 531 Abs. 2 ZPO nach der Zurückverweisung nicht fort. Zwar ist nach dem Wortlaut des § 538 ZPO das erstinstanzliche Verfahren nur aufzuheben, soweit es an einem wesentlichen Mangel leidet. Damit wird die Möglichkeit geschaffen, lediglich den von dem Verstoß betroffenen Verfahrensvorgang zu eliminieren. Darüber hinaus ermöglicht diese Gesetzesfassung es, die Aufhebung zeitlich begrenzt und ab einem bestimmten Termin anzuordnen (Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 11. November 1998 – 1 U 55/98 – 11 -, juris). So liegt der Fall vorliegend nach nochmaliger Würdigung aber nicht, da sich der nach § 531 Abs. 2 ZPO präkludierte Sachvortrag der Parteien nicht auf klar abtrennbare Verfahrensteile bezieht.
Hinsichtlich der Berücksichtigung eines Mitverschuldens, für das die Beklagten die Beweislast tragen, wird das Landgericht vor allem die sich von dem Verfahren 1 O 3629/15 unterscheidenden Parteirollen der Klägerin und der Beklagten zu 1) zu berücksichtigen haben. Es wird klarzustellen sein, den Inhalt welcher Zeugenaussagen die Beklagten durch ihr Einverständnis mit der Verwertung der Zeugenaussagen aus dem Parallelverfahren als Beweismittel anbieten wollen. Sollte es auf die Glaubwürdigkeit der angebotenen Zeugen 18 U 3176/20 – Seite 19 – ankommen, wären diese ergänzend zu vernehmen.
Für den Haushaltsführungsschaden wird das Landgericht der Klägerin Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu einer Umorganisation des Haushalts zu geben und sodann Beweis über den Umfang der Haushaltstätigkeit der Klägerin vor dem Unfall durch Anhörung der Klägerin und Vernehmung der von ihr angebotenen Zeugen zu erheben haben.
Zur Frage des Verdienstausfallschadens wird das Landgericht im Rahmen des § 252 Satz 2 BGB eine Prognose zu treffen haben, wie sich die Erwerbsbiografie der Klägerin bei gewöhnlichem Lauf der Dinge wahrscheinlich entwickelt hätte. Diese Prognose ist auf Basis einer nachvollziehbaren Tatsachengrundlage zu treffen. Die Klägerin hat bisher keinen ausreichenden Beweis für ihre vor dem Unfall ausgeübte Berufstätigkeit als Reinigungskraft sowie für ihre Ausbildung und Berufstätigkeit als Fachverkäuferin angeboten. Beides erscheint notwendig, damit sich das Landgericht von der seitens der Beklagten bestrittenen Behauptung der Klägerin überzeugen kann, sie hätte nach Auszug der Kinder wieder Vollzeit als Fachverkäuferin gearbeitet. Das angebotene Sachverständigengutachten könnte allenfalls für die Höhe des zu erzielenden Verdienstes als geeignetes Beweismittel angesehen werden.
Bezüglich der Frage des Umfangs der Einschränkungen der Klägerin ist ergänzend Beweis durch Sachverständigengutachten zu erheben, bei dem der Vortrag der Klägerin zur Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes und der Vortrag der Beklagten zur Unfallkausalität der Beschwerden zu berücksichtigen ist.
Hinsichtlich des materiellen Schadens ist, sofern die Beklagten die eingeklagten Positionen nicht unstreitig stellen, ebenfalls Beweis zu erheben über die mit der Klageschrift und der Klageschrift im verbundenen Verfahren angebotenen Beweismittel.
V.
Die Kostenentscheidung war dem Erstgericht vorzubehalten, da der endgültige Erfolg der Berufungen erst nach der abschließenden Entscheidung beurteilt werden kann (Zöller/Heßler, ZPO, 34. Aufl., § 538 Rn. 58).
VI.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO (Zöller/Heßler, ZPO, 34. Aufl., § 538 Rn. 59).
VII. Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 II 1 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.


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