Verwaltungsrecht

Komplettverbot von Live-Musik- und DJ-Veranstaltungen in Schank- und Speisewirtschaft

Aktenzeichen  RO 5 S 18.228

Datum:
28.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 7586
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
LStVG Art. 19
VwGO § 80 Abs. 5
VwZVG Art. 21a
GastG § 5
BImSG § 3, § 48

 

Leitsatz

1. Verwaltungsakte, bei deren Erlass die Behörde von in Wahrheit nicht vorliegenden Tatsachen ausgeht, leiden an einem Ermessensdefizit und sind daher ermessensfehlerhaft. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Nachweis schädlicher Umwelteinwirkungen kann nicht allein durch Lärmmessungen geführt werden; ein entsprechender Nachweis ist auch aufgrund von behördlichen und polizeilichen Feststellungen und Bewertungen oder aufgrund einer Vielzahl anhaltender Nachbarbeschwerden denkbar. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
3. Anordnungen, die lediglich der Erleichterung der gewerbepolizeilichen Überwachung dienen, sind grundsätzlich nicht erforderlich und daher bereits aus diesem Grund rechtswidrig. (Rn. 54) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der am 15.02.2018 erhobenen Anfechtungsklage (RO 5 K 18.229) wird hinsichtlich Ziffer I. des Bescheids vom 08.02.2018 wiederhergestellt und hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung in Ziffer II. des Bescheids vom 08.02.2018 angeordnet.
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung und Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen einen für sofort vollziehbar erklärten Auflagenbescheid der Antragsgegnerin.
Mit Bescheid vom 22.02.2017 wurde der Antragstellerin die gaststättenrechtliche Erlaubnis zum Betrieb einer „Speise- und Schankwirtschaft“ in …, erteilt. Die für das Gebäude bereits 1985 erteile Baugenehmigung enthält keine immissionsschutzrechtlichen Anordnungen. Bei der Abnahme der Gaststätte am 20.03.2017 wurde dem damaligen operativen Betreuer der Antragstellerin mitgeteilt, dass Musikdarbietungen wie Live-Musik oder DJ-Partys eine Woche vorher beim Amt für öffentliche Ordnung anzuzeigen seien. Das entsprechende Anzeigeformular wurde der Antragstellerin noch am selben Tag übermittelt.
Die Antragstellerin spielt in der Gaststätte regelmäßig Musik ab. Das bundeseinheitliche Konzept der Antragstellerin stellt sich wie folgt dar:
Montags: …
Dienstags: …
Mittwochs: …
Donnerstags: …
Freitag und Samstag sind grundsätzlich themenfrei.
An diesen Tagen könne es laut Aussage der Antragstellerin vereinzelt zu besonderen Musikdarbietungen kommen. Am Sonntag hat das „X…“ in S… geschlossen. Im Jahr 2017 erfolgten in der Gaststätte der Antragstellerin an elf Tagen, unter anderem auch am 16.12.2017, Musikdarbietungen, die die Antragstellerin gem. Art. 19 Abs. 1 LStVG bei der Antragstellerin anzeigte. Unmittelbar über der Gaststätte befinden sich Wohnungen.
Am 07.12.2017 ging eine Beschwerde bei der Stadt S… ein, in welcher die Beschwerdeführerin schilderte, dass die von der Gaststätte „X…“ veranstalteten DJ-Abende von der Lautstärke nicht mehr erträglich seien und sich weitere Nachbarn im Gebäude befänden, die diese Ansicht teilen würden. Am 24.11.17 sei die Musik so laut gewesen, dass die Scheiben geklirrt hätten.
Am 16.12.2017 wurde in der Zeit von 22.00 Uhr bis 22.54 Uhr eine Lärmmessung durch das städtische Umweltamt durchgeführt. Die Messung erfolgte bei geschlossenen Fenstern im Schlafzimmer in der Wohnung der Beschwerdeführerin, die sich zwei Etagen über der Gaststätte befindet. Das Mikrophon befand sich während der Messung ca. 1,2 m über dem Fußboden in etwa 1,5 m Entfernung zur Wand. Laut Gutachten konnten während der Messung deutlich Geräusche von der Musik und von „Stühlerücken“ wahrgenommen werden. Liedtexte seien teilweise deutlich hörbar gewesen. Dumpfe Bässe seien ebenfalls wahrnehmbar gewesen. Am Messort ergab sich während der Messung in der Zeit von 22.00 Uhr – 22.54 Uhr ein Beurteilungspegel von 38 dB(A) nachts und ein Maximalpegel von 40 dB(A) nachts. Das Gutachten führt weiter aus, dass aufgrund dieser Messwerte davon auszugehen sei, dass jegliche Musik nach 22.00 Uhr zu Überschreitungen der Immissionsrichtwerte führe. Aufgrund der hohen gemessenen Schallpegel sei davon auszugehen, dass das Gebäude nicht die baulichen Voraussetzungen erfülle, um laute Musik in der Gaststätte zu spielen.
Mit Schreiben vom 21.12.2017 wurde die Antragstellerin zu folgenden beabsichtigten Auflagen angehört:
– Verbot von musikalischen Darbietungen jeglicher Art nach 22 Uhr.
– Bis 22.00 Uhr ist die Lautstärke der Musikanlage so zu begrenzen, dass die Immissionsrichtwerte des Bundesimmissionsschutzgesetzes und der TA-Lärm in den Nachbarwohnungen eingehalten werden.
– Die Einhaltung der Immissionsrichtwerte ist durch einen Limiter sicherzustellen. Die Einpegelung ist durch eine nach § 29 b BImSchG zugelassene Messstelle vorzunehmen und manipulationssicher zu verschließen. Der Nachweis der Einpegelung ist der Stadt S… vorzulegen.
Der Antragstellerin wurde Gelegenheit zur Äußerung bis 26.01.2018 gegeben.
Am 14.01.2018 ging eine erneute Beschwerde bei der Antragsgegnerin ein. Die Beschwerdeführerin habe über angeblich unerträglich laute Musik an den Wochenenden des 05./06.01. und des 12./13.01.18 berichtet. Seit der Messung sei keine Verbesserung festzustellen. Außerdem habe die Beschwerdeführerin schon ein schlechtes Gewissen gehabt, da es an dem Tag der Messung nicht so laut gewesen sei als sonst.
Mit Schreiben vom 19.01.2017 nahm die Antragstellerin zum Anhörungsschreiben Stellung und versicherte mit Hochdruck an einer Lösung des Problems zu arbeiten. Ein diesbezüglicher Auftrag an eine Fachfirma sei bereits am 08.01.2018 erteilt worden. Mit Akustikspezialisten werde an der Optimierung der Musikanlage gearbeitet. Die Installation solle dahingehend geändert werden, dass alle vorgeschriebenen Werte eingehalten werden und eine Belästigung der Nachbarwohnungen unterbleibe. Die beantragten DJ-Termine würden bis zum Zeitpunkt einer Lösung ausgesetzt werden, um weiteren Ärger zu vermeiden.
Am 30.01.2018 meldete sich die Beschwerdeführerin erneut und teilte mit, dass es an den Wochenenden des 19./20.01. und des 26./27.01.2018 zwar etwas leiser gewesen, die Musik aber immer noch so deutlich hörbar gewesen sei, dass die Musiktitel erkannt werden hätte können. Am 02.02.2018 ging eine Beschwerde einer weiteren Beschwerdeführerin, die im 1. Stock über der Gaststätte wohnt, bei der Antragsgegnerin ein. Diese teilte mit, dass die Musik nicht nur an den Wochenenden, sondern zum Beispiel auch am 30.01.2018 nachts wieder so laut gewesen sei, dass an Einschlafen nicht zu denken gewesen sei. Am 06.02.2018 teilte die Beschwerdeführerin der Wohnung im 2. Obergeschoss mit, dass man den Bass am 01.02. und 02.02.2018 gut in der Wohnung hätte wahrnehmen können. Am 03.02.2018 hätten aufgrund der Lautstärke sogar die Lieder erkannt werden können und am 05.02.2018 hätte wiederum der Bass vernommen werden können.
Daraufhin erließ die Antragsgegnerin am 08.02.2018, der Antragstellerin laut Postzustellungsurkunde am 13.02.2018 zugegangen, folgenden Bescheid:
I. Die Firma X… GmbH hat beim Betrieb der Gaststätte „X…“ in S…, … nachfolgende Auflagen (Nummer I.1 – I.8) zu beachten.
I.1. In den Räumlichkeiten der Gaststätte „X…“ sind Livemusikdarbietungen nicht zulässig.
I.2. In den Räumlichkeiten der Gaststätte „X…“ dürfen keine Musikdarbietungen erfolgen, bei denen durch den Einsatz von Discjockeys oder sonstiger Personen die Präsentation der Musik (z.B. am Mischpult) erfolgt.
I.3. Die Lautstärke der Musikanlage der Gaststätte „X…“ ist mit einem Limiter so zu begrenzen, dass sie im Maximalfall 65 dB(A) an keiner Stelle des gesamten Gaststättenbereichs überschreitet. Der Limiter ist durch eine anerkannte Messstelle nach § 29 b Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) einzubauen.
Sollten die Immissionsrichtwerte des Bundesimmissionsschutzgesetzes und der TA-Lärm in den Nachbarwohnungen trotz dieser Maßnahme überschritten werden, ist die mittlere Maximalpegel entsprechend weiter zu reduzieren.
I.4. Der Limiter ist durch einen Sachverständigen einzupegeln. Eine Bestätigung über die Einpegelung ist im Amt für öffentliche Ordnung und Straßenverkehr vorzulegen.
I.5. Alle Steckverbindungen der relevanten Pegelstellglieder hinter dem Begrenzer (Limiter, Verstärker, Lautsprecher, etc.) sind zu verplomben/versiegeln.
I.6. Ein Plan mit allen Boxen, die zum Zeitpunkt der Einpegelung in der Gaststätte „X…“ vorhanden sind, sowie die Einstellungen des Limiters sind vorzulegen. Eine Veränderung der Standorte der Boxen und das Aufstellen zusätzlicher Boxen sind nach der ein Einpegelung nicht zulässig.
I.7. Das Betreiben einer anderen als der durch den Limiter begrenzten Musikanlage ist in der Gaststätte „X…“ verboten.
I.8. Bis zum Einbau und der Vorlage der Bestätigung besteht in den Räumen der Gaststätte „X…“ ein generelles Musikverbot.
II. Für den Fall, dass gegen eine der unter I. des Bescheidtenors erlassenen Auflagen zuwidergehandelt wird, wird jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 500 € fällig, das hiermit angedroht wird.
III. Die sofortige Vollziehung der Nummer. I. des Bescheides wird angeordnet.
IV. Die Firma X… GmbH hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Gebühr inkl. Auslagen für diesen Bescheid wird auf 182,11 € festgesetzt.
Der Bescheid führt zur Begründung im Wesentlichen aus, dass bei der am 16.12.2017 durchgeführte Schalpegelmessung festgestellt worden sei, dass der Immissionsrichtwert nach der TA Lärm innerhalb von Gebäuden oder bei Körperschallübertragungen von 35 dB(A) tags und 25 dB(A) nachts deutlich überschritten worden sei. Unter Berücksichtigung des Messabschlags von 3 dB(A) habe sich ein Beurteilungspegel tags (06.00 Uhr bis 22.00 Uhr) von 40 dB(A) und nachts (ab 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr) von 38 dB(A) ergeben. Die Musikdarbietungen würden bereits zur Tagzeit trotz eines Messabschlags von 3 dB(A) zu einer Überschreitung des zulässigen Immissionsrichtwertes in der Wohnung des Beschwerdeführers führen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der ermittelte Immissionswert für die Nachtzeit um 13 dB(A) über dem zulässigen Wert läge, was weit mehr als eine Verdoppelung des zulässigen Wertes von 25 dB(A) darstelle, was umso intensiver wahrgenommen werde. Das Messergebnis bestätige die Mitteilungen und Eindrücke der eingegangen Anwohnerbeschwerden. Durch die Musikdarbietungen in der Gaststätte „X…“ entstünden Immissionen in den Wohnungen der Anwohner, die nach ihrer Art und ihrem Ausmaß die Nachbarschaft erheblich belästigen. Mit ursächlich hierfür sei, dass die Gaststättenbetreiberin ihre Gaststätte regelmäßig abweichend von der ihr genehmigten Betriebsart „Schank- und Speisewirtschaft“ betreibe. Die Auflagen seien daher erforderlich, um die Einhaltung der gesetzlich zulässigen Lärmrichtwerte durchzusetzen und damit eine konkrete Gefahr für die geschützte Nachbarschaft abzuwehren und sicherzustellen, dass die Gaststätte künftig gemäß der genehmigten Betriebsart „Schank-und Speisewirtschaft“ mit Musikdarbietungen nur in Form von unauffälliger Hintergrundmusik geführt werde. Im Übrigen wird auf den Bescheid und dessen Inhalt verwiesen.
Die Anordnung des Sofortvollzugs wurde wie folgt begründet:
„Die Anordnung der sofortigen Vollziehung unter der Nr. III dieses Bescheids hat ihre Rechtsgrundlage in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 in Verbindung mit Abs. 3 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Sie entspricht ebenfalls der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens und liegt im besonderen öffentlichen Interesse.
Bei der Abwägung der Interessen an einer effektiven und schnellen Gefahrenabwehr für die Hausbewohner und denen der Gaststättenbetreiberin an einer abschließenden Klärung der Rechtmäßigkeit der Auflagen unter der Nr. I. dieses Bescheids müssen nach Auffassung der Stadt S… die Interessen der Betroffenen zurückstehen. Ein Zuwarten bis zur Unanfechtbarkeit der Entscheidung, die möglicherweise durch die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage (§ 80 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) hinausgezögert wird, hätte zur Folge, dass Gefahren für die Allgemeinheit zu erwarten sind. Dies kann der Allgemeinheit nicht zugemutet werden. Die geforderten Maßnahmen greifen nicht so schwerwiegende in die Rechte der X… GmbH ein, dass dagegen das öffentliche Interesse an der Abwehr von Gefahren zurückstehen müsste. Die auferlegten Verpflichtungen können ohne unverhältnismäßigen Aufwand umgesetzt werden.“
Am 15.02.2018 erhob die Antragstellerin Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 08.02.2018, die unter dem Aktenzeichen RO 5 K 18.229 geführt wird. Zugleich ersuchte die Antragstellerin um vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO.
Die Antragstellerin trägt zur Begründung vor, dass die Vollziehungsanordnung bereits in formeller Hinsicht mangelhaft sei, da sie den Bezug zum Einzelfall vermissen lasse. Sie sei inhaltlich so gefasst, dass sie letztlich unter jede beliebige Ordnungsverfügung geschrieben werden könne. Die Anordnung befasse sich auch nicht damit, aus welchem Grund die geforderten Maßnahmen nicht schwerwiegend in die Rechte der Antragstellerin eingreifen würden. Vielmehr handele es sich bei dem Totalverbot des Abspielens von Musik um einen erheblichen Eingriff in die Rechte der Antragstellerin. Es fehle eine Auseinandersetzung mit den dafür und dagegen sprechenden Gründen. Die von der Antragsgegnerin in der Antragserwiderung nachgeschobenen Gründe seien unzutreffend und ungeachtet dessen unbeachtlich, da das Nachschieben von Gründen für die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit grundsätzlich unzulässig sei.
Zudem überwiege das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin, da die Klage in der Hauptsache offensichtlich begründet sei. Die Anordnungen zu I.1. und I.2. seien nicht durch § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG als allein in Betracht kommende Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Ungeachtet des Umstandes, dass die Einhaltung der erlaubten Betriebsart nicht über Auflagen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG sicherzustellen sei, liege auch tatsächlich keine Nutzung der Gaststätte als einer solchen mit besonderer Betriebsart vor. Tatsächlich handele es sich beim Betrieb des „X…“ nicht um eine Schank- und Speisewirtschaft mit regelmäßigen Musikaufführungen/Tanzveranstaltungen. Vielmehr handele es sich bei der Kette „X…“ um Deutschlands führende „Cocktailbar“. Das Publikum sei jung und überwiegend weiblich. Die „Partystimmung“, die die Antragsgegnerin im Bescheid thematisiere, würde aber nicht aus außerordentlich lauter Party-Musik herrühren, sondern ergebe sich aus der Kombination der Zielgruppe mit in dieser Zielgruppe beliebter Musik, ungeachtet der Lautstärke, und dem entsprechenden Lifestyle dieser Zielgruppe. Dabei liege es auf der Hand, dass bei dieser Zielgruppe eine andere Stimmung entstehe als beispielsweise in einer gewöhnlichen Bierkneipe. Diese Stimmung ändere jedoch nichts daran, dass der Betrieb der Antragstellerin keine besondere Betriebseigentümlichkeit aufweise. Ein dauerhaftes oder sich wiederholendes Angebot an Tanz-oder Musikdarbietungen bestehe nämlich nicht. Es gebe in der Gaststätte auch keine Tanzfläche. Eine Veränderung der Betriebsart hin zu einer besonderen Betriebseigentümlichkeit setze aber regelmäßig voraus, dass mehr als 12 Veranstaltungen pro Jahr mit besonderer Musikdarbietung und/oder Tanz veranstaltet werden. Dies sei hier jedoch nicht der Fall, da im Jahr 2017 lediglich 11 derartige Veranstaltungen stattgefunden haben. Livemusikdarbietungen und der Einsatz von Diskjockeys seien, wenn auch in geringer Häufigkeit und im Rahmen der TA Lärm durch die vorliegende Gaststättenerlaubnis für die Schank-und Speisewirtschaft ohne besondere Betriebsart zulässig. Auflagen zur erteilten Gaststättenerlaubnis dürfen zudem nicht dazu führen, dass bestimmende Merkmale der in der Erlaubnis festgelegten Betriebsart ausgehöhlt werden. Durch das Totalverbot von Musikaufführungen werden jedoch Handlungen untersagt, die durch die erteilte Erlaubnis, wenn auch im untergeordneten Rahmen, zulässig seien. Soweit die Antragsgegnerin anführe, dass das Verbot von DJs und Livemusikaufführungen auch dem Schutz der Bewohner des Hauses vor schädlichen Umwelteinwirkungen diene, sei nicht ersichtlich, warum ein Totalverbot gerechtfertigt sein solle. Danach sei es vielmehr Sache der Antragsgegnerin gewesen, Auflagen zur Einhaltung der relevanten Lärmimmissionswerte bei derartigen Veranstaltungen zu verfügen. Das Totalverbot scheitere insoweit im Übermaßverbot.
Die weiteren Anordnungen in Ziffer I.3. – I.7. seien unbestimmt und ungeeignet, den beabsichtigten Zweck hervorzurufen, jedenfalls jedoch im engeren Sinne unverhältnismäßig. Die Festsetzung eines zulässigen Lärmpegels am Emissionsort sei nicht dazu in der Lage, die Richtwerte der TA Lärm umzusetzen. Nach der Konzeption der TA Lärm komme es für den Lärmschutz nicht auf die Lautstärke an der Quelle, d.h. am Emissionsort an, sondern auf die von der Quelle ausgehenden Einwirkungen am Immissionsort. Es komme daher nicht darauf an, in welcher Lautstärke die Musik in der Gaststätte der Antragstellerin abgespielt werde, sondern darauf, in welcher Höhe Schallimmissionen bei den Bewohnern ankommen. Der Antragstellerin könne daher nur aufgegeben werden, an den maßgeblichen Immissionsorten die Richtwerte einzuhalten. Zudem führe die Festlegung einer einzigen Emissionshöhe dazu, dass der unterschiedliche Tag- und Nachtpegel jeweils nicht ausgenutzt werden könne, was zur Unverhältnismäßigkeit der Anordnung führe.
Außerdem fehle der Anordnung in Ziffer I.3., nach der der mittlere Maximalpegel entsprechend weiter zu reduzieren sei, wenn die Lärmimmissionswerte in den Wohnungen trotz Abspielens der Musik mit 65 dB (A) nicht erreicht werden könne, die hinreichende Bestimmtheit. Da sich aus der Verfügung nicht ergebe, in welcher Höhe der Maximalpegel in diesem Fall konkret zu senken sei und deshalb die tatsächliche Handlungspflicht der Antragstellerin unklar bleibe, sei diese Anordnung wegen eines Verstoßes gegen Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG rechtswidrig.
Im Übrigen stelle sich diese Maßnahme auch als im engeren Sinne unverhältnismäßig dar, da es die Antragsgegnerin unterlassen habe zunächst mildere Mittel, beispielsweise die Festsetzung von zulässigen Immissionswerten, anzuwenden und diese gegebenenfalls zu vollstrecken. Dies wäre beispielsweise über eine Auflage zur Baugenehmigung ohne weiteres möglich. Da die Anordnungen zu Ziffer I.4. – I.7. des Bescheids die Installation des Limiters besonders ausgestalten und daher mit der Installation des Limiters untrennbar verbunden seien, teilen diese Anordnungen die Rechtswidrigkeit.
Die Anordnung zu I.8. des Bescheids sei rechtswidrig, da die Antragsgegnerin den dieser Auflage zugrunde liegenden Sachverhalt entgegen Art. 24 Abs. 1 BayVwVfG nicht hinreichend ermittelt habe und damit ein Verfahrensfehler im Verwaltungsverfahren vorläge. Die Antragsgegnerin gehe auf Seite 9 des Bescheids davon aus, dass das Gaststättengebäude nach Einschätzung des Umweltamts der Stadt S… nicht die baulichen Voraussetzungen erfülle, um ohne erhebliche Beeinträchtigungen der Nachbarn Musik zu spielen. Sie gehe zudem davon aus, dass jegliche Musik nach 22:00 Uhr zu Überschreitungen der Immissionsrichtwerte führe. Diese Mutmaßungen entbehren jedoch einer Tatsachengrundlage, es handele sich vielmehr um eine unbelegte Vermutung der Antragsgegnerin. Diese Vermutung, die ohne Prüfung der Bausubstanz allein auf Grundlage der Immissionen in der Wohnung festgestellt worden sei, ohne dass jedoch der Emissionsgrad in der Gaststätte untersucht worden sei, sei methodisch fehlerhaft. Allein der Immissionsgrad in der Wohnung einer Beschwerdeführerin lasse keinen Schluss auf die baulichen Voraussetzungen zu. Es liege zudem nahe, dass der Verfahrensfehler die Sachentscheidung im Sinne von Art. 46 BayVwVfG beeinflusst habe. Schließlich sei eine andere Maßnahme in Betracht gekommen, nämlich das Abspielen leiser Musik, wenn die Antragsgegnerin erkannt hätte, dass nicht jedes Abspielen von Musik zu zumutbaren Belästigungen der Anwohner führe. Da die Antragsgegnerin ausweislich Ziffer I.3. des Bescheids davon ausgehe, dass Musik bis zum einem Innenraumpegel von 65 dB(A) zulässigerweise abgespielt werden dürfe, käme als milderes Mittel als das vorläufige Totalverbot in Betracht, eine Anordnung zu treffen, wonach Musik nur in eben diese Lautstärke bis zur Errichtung der Schallpegel begrenzt abgespielt werden dürfe. Diese Anordnung könne selbständig mit Zwangsgeld vollstreckt werden. Es gebe insoweit keinen schwereren Eingriff als das vorläufige Totalverbot zum Abspielen von Musik. Das Totalverbot des Abspielens von Musik sei daher unverhältnismäßig und ermessensfehlerhaft, insbesondere da es bereits an einer Messung tagsüber fehle, die Beweis dafür erbringe, dass die Immissionswerte tagsüber nicht eingehalten werden. Zudem habe die Antragsgegnerin verkannt, dass das Totalverbot zu einem erheblichen Attraktivitätsnachteil gegenüber anderen Marktteilnehmern führe. Die wäre in den Ermessenserwägungen zu berücksichtigen gewesen. Die Antragsgegnerin habe daher die gesetzlichen Grenzen des Ermessens im Sinne von § 114 Satz 1 VwGO nicht eingehalten. Im Übrigen bestünden Bedenken hinsichtlich der Redlichkeit der Beschwerdeführerin. Dass es am Tag der Messung, an dem eine DJ-Veranstaltung stattgefunden habe, im Vergleich mit dem sonstigen Betrieb besonders leise gewesen sein soll, stelle sich als unglaubhaft dar.
Überdies unterliege auch bei einer weiteren Rechtsgüterabwägung das öffentliche Vollzugsinteresse, da die Anwohnerbeschwerden im Wesentlichen unsubstantiiert und die tatsächliche Lautstärke nur in einem einzigen Fall ermittelt worden sei. Daher sei es gleichermaßen möglich, dass die Beschwerdeführerin sehr empfindlich sei, während die in dem Bescheid aufgeführten Gefahren für die Allgemeinheit ungewiss seien. Der Eingriff in die Rechte der Antragstellerin sei jedoch erheblich, da sie enorme Nachteile gegenüber anderen Gaststätten hinnehmen müsse.
Die Antragstellerin beantragt,
1. die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage vom heutigen Tage wieder herzustellen, soweit sie sich auf I. des angefochtenen Bescheids bezieht,
2. die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage anzuordnen, soweit sie sich auf II. des angefochtenen Bescheids bezieht.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führt die Antragsgegnerin aus, dass sich der Sofortvollzug im Rahmen der vorzunehmenden summarischen Prüfung als formell wie materiell rechtmäßig darstelle. Das besondere öffentliche Vollziehungsinteresse könne sich im Einzelfall bereits aus denselben tatsächlichen Umständen ergeben, die auch den Erlass des Verwaltungsakts als solchen rechtfertigen. Die von der Behörde getroffene Interessenabwägung gehe aus den Entscheidungsgründen deutlich hervor. Da es hier um den Schutz von hochrangigen Rechtsgütern wie Leib, Leben und Gesundheit gehe, sind die Anforderungen an die Begründung der Anordnung eines Sofortvollzugs analog der Rechtsprechung im Sicherheitsrecht weniger hoch und häufig bereits in der Natur der Sache begründet.
Der Erlass des Bescheids sei ausschließlich darin begründet, dass die Anwohner durch die nachgewiesenen erheblichen Belästigungen der Gefahr einer gesundheitlichen Beeinträchtigung ausgesetzt seien und diese abzuwehren sei. Sowohl die regelmäßigen Musikdarbietungen mit DJs sowie allgemein zu laute Musik seien ursächlich für diese Beeinträchtigungen. Eine Abweichung von der genehmigten Betriebsart läge dahingehend vor, dass die dargebotenen musikalischen Veranstaltungen unter dem Gesichtspunkt der Erlaubnisvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 GastG, insbesondere dem Immissionsschutz, von Bedeutung seien. Durch die Messung sei nachgewiesen, dass durch die musikalischen Darbietungen schädliche Umwelteinwirkungen nach der Definition des § 3 Abs. 1 BImSchG herbeigeführt werden. Die angezeigten Veranstaltungen an sich seien nicht das Problem und auch nicht der Grund für den Bescheid. Hätte die Antragstellerin diese Veranstaltungen nachbarverträglich durchgeführt, wäre auch kein Einschreiten seitens der Antragsgegnerin erforderlich geworden. Bei Musikdarbietungen handele es sich nicht um ein bestimmendes Merkmal der „Schank- und Speisewirtschaft“ und damit auch um keine Aushöhlung der erteilten Gaststättenerlaubnis. Die Auflagen seien erforderlich, um eine bestehende konkrete Gefahr für die Gesundheit der Nachbarschaft abzuwehren. Es genüge nicht, lediglich die Einhaltung der Richtwerte zur Auflage zu machen. Der Gaststättenbetreiberin bzw. deren Betriebsleiter sei es in der Vergangenheit trotz Kenntnis der Richtwerte nicht gelungen, bei den angezeigten Musikveranstaltungen und bei den regelmäßig stattfindenden Partys am Wochenende diese auch einzuhalten. DJs müssen sich in der Szene behaupten und wollen ihre Musik auch entsprechend präsentieren. Dazu gehöre ein Mindestmaß an Lautstärke, die die einer eingepegelten Musikanlage in einem Gastraum mit angeschlossener Wohneinheit weit übertreffe. Bei der Musikdarbietung über eine limitierte Anlage hätte die Lautstärke, verglichen mit dem Tag der Messung um mehr als das Doppelte reduziert werden müssen. Nicht ohne Grund hätten DJs in der Regel die eigene Anlage dabei, was der Betriebsleiter des „X…“ auch bestätigt habe. Die Verwendung einer separaten Anlage könne zwar durch Auflagen verboten werden, dies sei jedoch nur hilfreich, wenn eine Kontrolle am Tag der Veranstaltung stattfände. Nur mit dem generellen Verbot von DJ-Auftritten könne es der Behörde gelingen, die Interessen der Nachbarn und der Allgemeinheit zu schützen. Das Verbot sei auf Live-Auftritte von Musikbands erweitert worden, weil Gaststätten, zu deren Konzept die Unterhaltung durch laute Musik gehöre, auch diese Variante anbieten würden. Noch dazu, wenn Darbietungen durch die DJs untersagt wurden. Insofern sei die Untersagung dieser Auftritte die logische Konsequenz, weil diese in der Regel lauter seien als andere Musikdarbietungen sich die Lautstärke von Live-Musikern ohne elektronische Verstärkung nicht einpegeln lasse. Live-Bands mit elektronischer Verstärkung hätten ebenfalls das eigene Equipment dabei und würden nicht über eine limitierte Hausanlage der Gaststätte spielen. Es sei unter dem Gesichtspunkt der Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit der Mittel durchaus vertretbar, das Mittel zu wählen, welches aus Sicht der Behörde am besten dazu geeignet sei, den Schutz zu gewährleisten. Die Festlegung eines einzuhaltenden Lärmwertes im Innenraum der Gaststätte sei eine Konsequenz aus der Tatsache, dass Verstöße in der Praxis nicht immer entsprechend nachgewiesen und geahndet werden können.
Hinsichtlich Ziffer I. 8 liege ein Verfahrensfehler nicht vor. Die amtlich festgestellte Überschreitung der Richtwerte sei der Grund zum Erlass des Bescheides mit den dort genannten Auflagen gewesen. Ob für die Beschreibung der Lärmrichtwerte in der Wohnung der Beschwerdeführerin die Bausubstanz mitursächlich sei oder nicht, habe für das behördliche Einschreiten keine Rolle gespielt und sei der Begründung auch nicht zu entnehmen. Auch habe der behauptete Verfahrensfehler die Sachentscheidung nicht beeinflusst. Die Antragstellerin sei trotz Kenntnis der Problematik und der beabsichtigten Maßnahmen, trotz gegenteiliger Beteuerungen und dem Verzicht auf DJ-Veranstaltungen nicht in der Lage gewesen, in den ca. 6 Wochen von der Anhörung bis zum Bescheid einen störungsfreien Betrieb zu gewährleisten. Werde eine Schank-und Speisewirtschaft dergestalt stimmungsvoll in einem über 200 Jahre alten Gebäude mit gleichzeitiger Wohnnutzung betrieben, dürfe die historische Bausubstanz vom Betreiber nicht unberücksichtigt bleiben. Die Antragsgegnerin dürfe aufgrund dieser Umstände davon ausgehen, dass es der Antragstellerin als Betreiberin nicht gelinge, eine adäquate Einschätzung vorzunehmen, mit welcher Lautstärke Musik abgespielt werden könne, ohne dass es zu weiteren Beeinträchtigungen der Nachbarschaft komme. Ein gewisser Lautstärkepegel scheine in der betroffenen Gaststätte offenbar ein „Muss“ zu sein. Es gäbe aber ausreichend Gaststätten mit der Betriebsart „Schank-und Speisewirtschaft“, die im laufenden Betrieb ohne Musik auskommen und dennoch attraktiv seien. Auch bei einer Rechtsgüterabwägung komme man zu keinem Unterliegen des öffentlichen Vollzugsinteresses. Bei der Messung sei eine Überschreitung sowohl zur Tagzeit als auch zur Nachtzeit festgestellt worden, wobei hier bemerkt werden müsse, dass die Überschreitung des Richtwertes nach 22:00 Uhr von 13 dB(A) besonders erschwerend ins Gewicht falle. Eine Überschreitung des Richtwertes um 10 dB(A) entspräche einer subjektiv wahrnehmbaren Verdoppelung der Lautstärke. Die Messung am 16. 12. 2017 habe ab 22:00 Uhr (Beginn der Nachtzeit) stattgefunden. Die Veranstaltung hat laut Anzeige der Gaststättenbetreiberin um 19:00 Uhr begonnen. Da der gemessen Immissionswert auch den Richtwert für die Tagzeit überschritten habe, sei keine gesonderte Tagmessung erforderlich gewesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf die Behördenakten, dem Gericht vorgelegen haben, Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der von der Antragstellerin eingereichten Anfechtungsklage ist statthaft und gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zulässig, da die Klage wegen des behördlich angeordneten Sofortvollzugs nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung hat und die Zwangsgeldandrohung kraft Gesetzes gemäß Art. 21a Satz 1 VwZVG sofort vollziehbar ist.
Der Antrag ist darüber hinaus auch begründet, da sich die nachträglich erteilten Auflagen nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung als rechtswidrig erweisen und die Klage im Hauptsacheverfahren damit hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet.
1. Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO haben Widerspruch und Klage gegen einen Verwaltungsakt grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch, wenn die Behörde nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat, wie dies hier geschehen ist. Das Gericht kann in diesem Fall die aufschiebende Wirkung auf Antrag des Betroffenen nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO wiederherstellen.
Bei seiner Entscheidung trifft das Gericht eine eigene, originäre Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung aufgrund der sich ihm im Zeitpunkt seiner Entscheidung darbietenden Sach- und Rechtslage. Das Gericht hat dabei eine eigenständige Interessenabwägung vorzunehmen, im Rahmen derer den Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens eine besondere Bedeutung zukommt.
a) Ist der Sofortvollzug – wie vorliegend geschehen – behördlicherseits angeordnet worden, so hat das Gericht zunächst zu überprüfen, ob die behördliche Begründung dieser Anordnung den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt. Danach hat die Behörde das besondere Interesse an sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes schriftlich zu begründen. Die Begründungspflicht hat eine Warnungs- und Unterrichtungsfunktion. Die Begründung soll nachvollziehbar machen, warum nach Auffassung der Behörde mit dem Vollzug des Verwaltungsaktes nicht bis zu seiner Bestandskraft abgewartet werden kann. Ferner soll die Begründungspflicht der Behörde den Ausnahmecharakter von Entscheidungen nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO vor Augen führen und sie veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen, ob tatsächlich ein überwiegendes Interesse im Raum steht, welches es rechtfertigt, das Prinzip der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsrechtsbehelfen nach § 80 Abs. 1 VwGO zu durchbrechen. Soll die Begründung diesen Zielsetzungen gerecht werden, muss sie das überwiegende Vollzugsinteresse grundsätzlich anhand der Umstände des konkreten Einzelfalles nachvollziehbar darlegen. Pauschale, formelhafte und für eine beliebige Zahl von Fallgestaltungen anwendbare Formulierungen genügen deshalb den gesetzlichen Anforderungen grundsätzlich nicht (BayVGH vom 13.10.2006, Az. 11 CS 06.1724; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 80 Rn. 84).
Der Antragstellerin ist insoweit zuzustimmen, als die Vollziehungsanordnung vorliegend sehr pauschal gehalten und sich wohl lediglich aufgrund der Erwähnung des Namens der Gaststätte von anderen Fallgestaltungen unterscheiden lässt. Zuzustimmen ist der Antragstellerin auch insoweit, als dass das Nachschieben von Gründen für die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit grundsätzlich unzulässig ist, da die Begrün-dung angesichts des Zwecks der Begründungspflicht, die gebotenen Überlegungen und Abwägungen vor Erlass der Vollziehungsanordnung vorzunehmen, nicht nachgeholt wer-den kann (vgl. BayVGH Beschluss vom 15. Januar 2004 – 13 AS 03.2997 –, Rn. 18).
Allerdings ist auch anerkannt, dass bei gleichartigen Tatbeständen auch gleiche oder „gruppentypisierte“ Begründungen ausreichen können (vgl. Kopp/Schenke, § 80 Rn. 85). In solchen Fällen ist es nicht zwingend geboten, eine ausschließlich auf den konkreten Einzelfall zugeschnittene Begründung zu geben. Gerade dann, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde nach der ständigen Rechtsprechung darauf beschränken, die für diese Fallgruppen typischen Interessenlagen zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehung aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass nach Auffassung der Behörde diese Interessenlage auch im konkreten Fall vorliegt (vgl. z.B. BayVGH vom 27.10.2005, Az. 11 CS 05.1967 sowie vom 4.1.2006, Az. 11 CS 05.1878).
Die Antragsgegnerin führt im Bescheid vom 08.02.2018 aus, dass bei der Abwägung der Interessen an einer effektiven und schnellen Gefahrenabwehr für die Hausbewohner und denen der Gaststättenbetreiberin an einer abschließenden Klärung der Rechtmäßigkeit der Auflagen unter der Nr. I. dieses Bescheides die Interessen der Betroffenen zurückstehen müssen. Ein Zuwarten bis zur Unanfechtbarkeit der Entscheidung, die möglicherweise durch die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage hinausgezögert werde, hätte zur Folge, dass Gefahren für die Allgemeinheit zu erwarten seien. Dies könne der Allgemeinheit nicht zugemutet werden. Die geforderten Maßnahmen würden nicht zu schwerwiegend in die Rechte der Antragstellerin eingreifen, dass gegen das öffentliche Interesse an der Abwehr von Gefahren zurückstehen müsse. Die auferlegten Verpflichtungen können ohne unverhältnismäßigen Aufwand umgesetzt werden.
Insoweit liegt eine gruppentypische Betrachtungsweise vor, die auf alle Fälle zutrifft, in denen eine Wohnnutzung mit einer lärmintensiven Gaststättennutzung im Konflikt steht. Dies genügt jedenfalls dann, wenn die Lärmgrenzwerte wie hier erheblich überschritten wurden. In diesem Fall kann sich die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs daher auf die Darstellung dieser typischen Situation beschränken (vgl. VG Regensburg, Beschluss vom 11. Dezember 2013 – RN 5 S 13.1825).
b) Die gegenüber der Antragstellerin im Bescheid vom 08.02.2018 nachträglich angeordneten Auflagen sind jedoch in materiell-rechtlicher Hinsicht zu beanstanden.
Gem. § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG können Gewerbetreibenden, die einer Erlaubnis bedürfen, jederzeit Auflagen unter anderem zum Schutze gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes und sonst gegen erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke sowie der Allgemeinheit erteilt werden. Nach der Definition in § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Die Erheblichkeit von Immissionen muss dabei nach dem Maßstab der Zumutbarkeit bestimmt werden. Sie ist anzunehmen, wenn die Einwirkungen der Umgebung mit Rücksicht auf deren durch die Gebietsart und konkreten tatsächlichen Verhältnisse bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit nicht mehr zugemutet werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Juli 1978 – IV C 79.76 -, BVerwGE 56, 110). Dabei kommt es hinsichtlich des zumutbaren Maßes auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen, nicht auf die individuelle Einstellung eines besonders empfindlichen Dritten an (BVerwG, Urteil vom 7. Mai 1996 – 1 C 10/95 –, GewArch 1996, 426). Das Ausmaß der durch den Betrieb von Gaststätten bedingten Lärmeinwirkungen beurteilt sich anhand der Regelungen der gemäß § 48 BImSchG erlassenen normkonkretisierenden TA Lärm 1998, die insoweit auch Bindungswirkung besitzt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11. September 2012 – 6 S 947/12; BayVGH, Urteil vom 25. Januar 2010 – 22 N 09.1193 –, NVwZ-RR 2010, 514; Dietz, GewArch 2013, 292, 297).
Unstreitig ist, dass durch die am 16.12.2017 durchgeführte Schallpegelmessung festgestellt wurde, dass der Immissionsrichtwert der TA Lärm, der nach Abschnitt 6.2. innerhalb von Gebäuden oder bei Körperschallübertragungen 35 dB(A) tags und 25 dB(A) nachts beträgt, an diesem Tag in der Zeit von 22.00 Uhr – 22.54 Uhr einen Beurteilungspegel von 38 dB(A) aufwies und der zulässige Richtwert von 25 dB(A) nachts daher um 13 dB(A) überschritten wurde. Damit lagen in diesem Zeitraum schädliche Umwelteinwirkungen i.S.d. § 3 Abs. 1 BImSchG vor. Zudem hat § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG bereits seinem Wortlaut nach und mit seinem Verweis auf § 3 BImSchG drittschützenden Charakter (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 22. Dezember 2015 – 4 A 1852/14 und Dietz, GewArch 2013, 292, 297).
Da es sich bei § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG jedoch um eine Ermessensentscheidung handelt und der Erlass von Auflagen damit im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde steht, darf die Behörde nur solche Auflagen anordnen, die geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sind und nicht gegen das Übermaßverbot verstoßen (vgl. VGH München, NVwZ-RR 1990, 407-409). Die Auflagen dürfen keine unverhältnismäßig schwere Belastung darstellen (BVerwG GewA 1990, 179).
(1) Die im Bescheid vom 08.02.2015 in Ziffer I.1. und I.2. angeordneten Auflagen, wonach Live-Musikdarbietungen und Musikdarbietungen, bei denen durch den Einsatz von Discjockeys oder sonstiger Personen die Präsentation der Musik (z.B. am Mischpult) erfolgt, untersagt werden, erweisen sich daher als rechtswidrig.
(a) Soweit die Auflagen angeordnet wurden, um die Anwohner vor schädlichen Umwelteinwirkungen i.S.d. § 3 Abs. 1 BImSchG zu schützen, leiden sie an einem Ermessensfehler. Das Komplettverbot von DJ-Veranstaltungen ist darüber hinaus unverhältnismäßig.
Verwaltungsakte, bei deren Erlass die Behörde von in Wahrheit nicht vorliegenden Tatsachen ausgeht, leiden an einem Ermessensdefizit und sind daher ermessensfehlerhaft (vgl. Kopp/Ramsauer, § 40 Rn. 62). Zudem darf die Behörde keine wesentlichen Gesichtspunkte außer Acht lassen (BVerwGE 102, 63 (70); 102, 249 (253)). Dazu genügt es nicht, dass die Behörde die für ihre Ermessensentscheidung erheblichen privaten und öffentlichen Belange in abstrakter Weise berücksichtigt. Um sachgerecht beurteilen zu können, ob, in welcher Weise und mit welcher Intensität diese Belange im konkreten Fall durch die zur Wahl stehenden Alternativen betroffen sein können, muss sie auch den Sachverhalt, den sie bei ihrer Entscheidung zugrunde legt, vollständig und zutreffend ermitteln (BVerfGE 51, 386 (399 f.); 99, 336 (338); BVerwG DVBl 1982, 69 (71); NJW 1983, 1988; Rn. 53). Das Verwaltungsgericht hat dabei nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht nachzuprüfen, ob die behördliche Ermessensentscheidung im Ergebnis auf einer zutreffenden tatsächlichen Grundlage beruht (BVerwGE 78, 285 (295 f.)). Dagegen kommt es nicht darauf an, ob die getroffene Entscheidung bei vollständiger und zutreffender Sachverhaltsermittlung ohne Ermessensfehler hätte getroffen werden können (BVerwGE 7, 100 (106); DÖV 1969, 465; Rn. 86 und BeckOK VwVfG/Aschke VwVfG § 40 Rn. 87-87.1, beck-online)
Der Bescheid vom 08.02.2018 unterliegt einem Ermessensdefizit, da die Antragsgegnerin darin fälschlicherweise davon ausgeht, dass bei der am 16.12.21017 durchgeführten Schallpegelmessung auch die Lärmrichtwerte zur Tagzeit überschritten wurden. Damit ging die Behörde bei Erlass des Bescheids von in Wahrheit nicht zutreffenden Tatsachengrundlagen aus.
Auf Seite 5 des Bescheids führt die Antragsgegnerin aus:
„Die Messung ergab, dass die Musikdarbietungen bereits zur Tagzeit mit einem berücksichtigten Messabschlag von 3 db(A) zu einer Überschreitung des zulässigen Immissionsrichtwerts in der Wohnung des Beschwerdeführer führen.“
Auf Seite 7 des Bescheids führt die Antragsgegnerin weiterhin aus, dass sich bei der Messung am 16.12.2017 ein Beurteilungspegel tags (06.00 Uhr bis 22.00 Uhr) von 40 dB(A) ergab.
Dies entspricht allerdings nicht den Tatsachen, da in der Zeit von 06.00 – 22.00 Uhr bislang überhaupt keine Schallpegelmessung stattgefunden hat, sondern die Behörde versehentlich den im Gutachten angegebenen „Maximalpegel nachts“ als Immissionswert für den Tag ansetzte. Dass es sich dabei nicht um einen bloßen Schreibfehler handelte, sondern die Behörde tatsächlich auch von der Überschreitung des am Tag zulässigen Immissionswertes ausging, ergibt sich zum einen aus dem Bescheid selbst, als auch aus der Antragserwiderung vom 06.03.2018, in der die Antragsgegnerin erneut zugrunde legt, dass bei der Messung eine Überschreitung sowohl zur Tagzeit als auch zur Nachtzeit festgestellt wurde (Bl. 70 d. A.). Darüber hinaus zeigt die bereits zitierte Passage auf Seite 5 des Bescheids, dass die Antragsgegnerin den zu Unrecht angenommenen Umstand der Überschreitung des zulässigen Tages-Immissionswertes in ihre Ermessenserwägungen miteinbezog, wobei der hier von der Behörde verwendete Wortlaut „bereits zur Tagzeit“ zudem suggeriert, dass man den Verstoß deshalb als besonders schwerwiegend angesehen habe.
Verfehlt ist es auch, wenn die Antragsgegnerin dann in ihrem zweiten Schriftsatz vom 21.03.18 darauf abstellt, dass überhaupt keine gesonderte Tagmessung mehr erforderlich gewesen sei, weil der in der Zeit von 22.00 – 22.54 Uhr gemessene Immissionswert auch den Richtwert für die Tagzeit überschritten habe und die an diesem Tag von der Antragstellerin durchgeführte Veranstaltung laut Anzeige bereits um 19.00 Uhr begonnen habe. (Bl. 106 d. A.).
Zwar setzt keine einschlägige Rechtsvorschrift voraus, dass der entsprechende Nachweis allein durch Lärmmessungen geführt werden könnte, so dass ein entsprechender Nachweis auf Grund von behördlichen und polizeilichen Feststellungen und Bewertungen oder aufgrund einer Vielzahl anhaltender Nachbarbeschwerden grundsätzlich denkbar ist (vgl. BayVGH, B. v. 24. Mai 2012 – 22 ZB 12.46). Jedoch fehlt es vorliegend sowohl an behördlichen oder polizeilichen Feststellungen, als auch an Nachbarbeschwerden zur Tagzeit. Daher kann nicht ohne weiteres aus einer Messung zur Nachtzeit auf eine Überschreitung der zulässigen Immissionswerte auch zur Tagzeit geschlossen werden.
Des Weiteren ist zu beachten, dass nach Abschnitt 6.2. der TA Lärm in der Zeit von 06.00- 22.00 Uhr ein um 10 db(A) höherer Immissionsrichtwert von 35 dB(A) zulässig ist, wonach sich bei Zugrundlegung des am 16.12.2017 gemessenen Beurteilungspegels von 38 dB(A) allenfalls eine geringfügige Überschreitung von 3 dB(A) ergeben würde. Entscheidend ist aber, dass dieser für die Nachtzeit gemessene Beurteilungspegel von 38 dB(A) nicht gleichfalls als Beurteilungspegel für die Tagzeit angesetzt werden kann, da die für Abschnitt 6.2. der TA Lärm maßgeblichen Beurteilungspegel gemäß A.1.4 des Anhangs 1 der TA Lärm für die Beurteilungszeiten tags und nachts getrennt ermittelt werden müssen. Dies folgt daraus, dass die jeweiligen maßgeblichen Beurteilungspegel ausgehend vom gemessenen Mittelungspegel, der hier bei 31 dB(A) lag, für die Tag- und die Nachtzeit unterschiedlich berechnet werden. Daher kann nicht einfach vom „Beurteilungspegel nachts“ auf den „Beurteilungspegel tags“ geschlossen werden.
Damit stellt sich das Komplettverbot von Live-Musikveranstaltungen und DJ-Veranstaltungen in Ziffer I.1 und I.2 jedenfalls als ermessensfehlerhaft dar.
Das Komplettverbot von DJ-Veranstaltungen ist darüber hinaus unverhältnismäßig.
Anders als bei Live-Musikdarbietungen, bei denen bei einem Verbot zu bestimmten Zeiten Lärmimmissionen über eine bestimmte Höhe hinaus zu verursachen, aufgrund der fehlenden Notwendigkeit einer Musikanlage zugegebenermaßen Zweifel an der Praktikabilität und damit auch an der Geeignetheit bestehen, kann der Antragstellerin bei DJ-Veranstaltungen aufgegeben werden, diese nur über eine in der Gaststätte verbaute Musikanlage, die mit einem rechtmäßig angeordneten Lautstärkenbegrenzer versehen ist, spielen zu lassen. Dies stellt nach Ansicht der Kammer ein gleich geeignetes, aber milderes Mittel dar, um die Einhaltung der zulässigen Immissionswerte bei DJ-Veranstaltungen gewährleisten zu können. Zudem ist es der Antragsgegnerin auch möglich bei derartigen Veranstaltungen zum Schutz der Anwohner Anordnungen für den Einzelfall nach Art. 19 Abs. 5 Satz 1 LStVG zu treffen.
Wenn die Antragsgegnerin anführt, mit dem Komplettverbot von DJ-Veranstaltungen zugleich verhindern zu wollen, dass ein DJ die Musik mit einer mitgebrachten Anlage präsentiere, so ist dafür ein Komplettverbot ebenfalls nicht erforderlich. Um dies sicherzustellen, reicht bereits eine wie von der Antragsgegnerin unter I.7. getroffene Anordnung, dass das Betreiben einer anderen als der durch den Limiter begrenzten Musikanlage in der Gaststätte verboten sei. Wenn die Antragsgegnerin nun entgegenhält, dass das Verbot einer separaten Anlage nur hilfreich sei, wenn eine Kontrolle am Tag der Veranstaltung stattfinde, so ist dem entgegenzuhalten, dass Anordnungen, die lediglich der Erleichterung der gewerbepolizeilichen Überwachung dienen, grundsätzlich nicht erforderlich und daher bereits aus diesem Grunde rechtswidrig sind (vgl. VGH Bad.-Württ., B. v. 12.06.1992 – 14 S 513/92; Michel/Kienzle, § 5 GastG, RN 18 und Aßfalg/Lehle/Rapp/Schwab § 5 GastG Rn. 12).
(b) Überdies kann das Komplettverbot von Live-Musikveranstaltungen und DJ-Veranstaltungen auch nicht auf die Einhaltung der genehmigten Betriebsart gestützt werden.
Zwar muss sich eine gewöhnliche Schank- und Speisewirtschaft im Wesentlichen und als Hauptleistung auf die Zubereitung von Speisen und den Ausschank von Getränken beschränken, so dass Musikdarbietungen nach Art und Maß nicht über eine nicht betriebsprägende, unauffällige und nicht nach außen dringende Hintergrundmusik hinausgehen dürfen (BayVGH, U.v. 21.1.1980 – 22 B 1112/79; BayVGH, B.v. 6.10.1981 – 22 CS 81 A.1936 –BayVGH, B. v. 19.05.2015 – 22 CE 15.612). Auch geht die Kammer davon aus, dass aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Juli 1988 (Az.: 1 B 89/88), das in dem der dortigen Entscheidung zu Grunde liegenden Fall die Ansicht der Behörde gebilligt hat, wonach jedenfalls nicht mehr als 12 öffentliche Tanzveranstaltungen jährlich im Saal der dortigen Klägerin durch die Gaststättenerlaubnis ohne besondere Betriebseigentümlichkeit gedeckt sei, nicht zugleich bedeutet, dass 12 öffentliche Tanzveranstaltungen jährlich in jeder Schank- und Speisewirtschaft zulässig sind, ohne dass von einem Umschlagen der Betriebsart auszugehen ist. Die Frage, bei welcher jährlichen Anzahl von Tanzveranstaltungen der Charakter einer Schank- und Speisewirtschaft ohne besondere Betriebseigentümlichkeit in eine besondere Betriebsart umschlage, ist einer generellen, über den Einzelfall hinausreichenden Antwort nämlich nicht zugänglich (vgl. Hess.VGH Beschluss vom 12. Juli 2011 – 6 B 333/11 –, Rn. 18), sondern hängt von etlichen anderen Faktoren ab, etwa davon, wie lange an den betreffenden Tagen getanzt wird, wie groß die Tanzfläche im Verhältnis zu den Flächen des normalen Schank- und Speisewirtschaftsbetriebs ist und in welchem Maße Tanz und Tanzmusik den Gaststättenbetrieb jeweils beherrschen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Juli 1988 – 1 B 89/88).
Vor diesem Hintergrund scheint es bereits fraglich, ob ein Komplettverbot von Live-Musik und DJ-Veranstaltungen überhaupt dazu geeignet ist, die Einhaltung der Betriebsart gewährleisten zu können, da ein Umschlagen der Betriebsart nicht allein von der Art der Musikdarbietungen abhängig gemacht werden kann. Jedenfalls aber geht aus diesen Entscheidungen deutlich hervor, dass auch in einer Schank- und Speisewirtschaft Musik erlaubt und Tanzveranstaltungen mit DJ‘s oder Live-Musikveranstaltungen als gelegentliche Veranstaltungen grundsätzlich zulässig sind (vgl. auch VG München, Urteil vom 28. März 2012 – M 9 K 11.539 –, Rn. 23) und nicht per se zu einer besonderen Betriebseigentümlichkeit führen. Damit erweist sich ein Komplettverbot von Live-Musik und DJ-Veranstaltungen zur Sicherstellung der Einhaltung der genehmigten Betriebsart zumindest als nicht erforderlich und damit auch als unverhältnismäßig.
(2) Die im Bescheid vom 08.02.2018 in Ziffer I.3. angeordnete Auflage, die Lautstärke der Musikanlage der Gaststätte „X…“ mit einem Limiter so zu begrenzen, dass sie im Maximalfall 65 dB(A) an keiner Stelle des gesamten Gaststättenbereichs überschreitet, erweist sich in dieser Form ebenfalls als rechtswidrig.
(a) Soweit die Auflage angeordnet wurde, um die Anwohner vor schädlichen Umweltein-wirkungen i.S.d § 3 BImSchG zu schützen, leidet sie ebenfalls an dem zuvor bereits dargestellten Ermessensfehler und stellt sich überdies als unverhältnismäßig dar.
Vorliegend hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin aufgegeben, die Lautstärke der Musikanlage der Gaststätte „X…“ mit einem Limiter so zu begrenzen, dass sie im Maximalfall 65 dB(A) an keiner Stelle des gesamten Gaststättenbereichs überschreitet. Der Limiter sei durch eine anerkannte Messstelle nach § 29 b Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) einzubauen. Sollten die Immissionsrichtwerte des Bundesimmissionsschutzgesetzes und der TA-Lärm in den Nachbarwohnungen trotz dieser Maßnahme überschritten werden, ist die mittlere Maximalpegel entsprechend weiter zu reduzieren.
Die Verwendung eines Limiters ist grundsätzlich eine geeignete technische Maßnahme zur Begrenzung des Schalldruckpegels einer Lautsprecheranlage auf einen bestimmten einstellbaren Wert und dient daher dazu, am jeweiligen Immissionsort den zulässigen Immissionsrichtwert einzuhalten (BayVGH, Beschluss vom 24. Februar 2017 – 10 ZB 15.1803 –, Rn. 6).
Da die Antragstellerin aber auch hier von einer Überschreitung des zulässigen Tages-Immissionswertes und damit von einer in Wahrheit nicht vorliegenden Tatsachengrundlage ausging, leidet auch diese Anordnung an einem Ermessensdefizit. Insofern haftet dieser Ermessensfehler dem gesamten Bescheid an, soweit er sich darauf bezieht, die Anwohner vor schädlichen Umwelteinwirkungen nach § 3 Abs. 1 BImSchG zu schützen. Das Gericht verweist daher diesbezüglich auf die zuvor gemachten Ausführungen.
Darüber hinaus verstößt diese Auflage gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Mangels zeitlicher Einschränkung beansprucht diese Regelung nämlich Geltung für den ganzen Tag und berücksichtigt nicht, dass die zulässigen Immissionswerte nach der TA Lärm für die Tag- und für die Nachtzeit jeweils unterschiedlich hoch sind. Eine Regelung, die zum Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen i.S.d. § 3 Abs. 1 BImSchG angeordnet wird, muss es dem Gastwirt ermöglichen, diese für die Tages- und Nachtzeit verschiedenen Immissionsrichtwerte der TA Lärm auszunutzen (vgl. VG Neustadt, Urteil vom 19. Februar 2015 – 4 K 966/14.NW und VG Köln, Beschluss vom 8. Januar 1990 – 1 L 1693/89 –, GewArch 1981, 140), insbesondere wenn wie hier keine Überschreitung des zulässigen Tageswertes – weder durch eine Schalpegelmessung, noch durch behördliche bzw. polizeiliche Feststellungen oder anhaltende Nachbarbeschwerden – nachgewiesen werden kann.
Des Weiteren steht die der Antragstellerin unter Ziffer I.3. aufgegebene Auflage, die Lautstärke der Musikanlage in der Gaststätte mittels Lautstärkenbegrenzer so einzustellen, dass die Musikdarbietungen in dem Lokal einen Schallpegel von 65 dB(A) nicht überschreiten, mit den Vorgaben der TA Lärm nicht in Einklang. Nach deren Abschnitt 6.2 betragen bei Geräuschübertragungen innerhalb von Gebäuden oder bei Körperschallübertragung die Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel für betriebsfremde schutzbedürftige Räume nach DIN 4109, Ausgabe November 1989, unabhängig von der Lage des Gebäudes in einem der in Nummer 6.1 unter Buchstaben a bis f genannten Gebiete tags 35 dB (A) und nachts 25 dB (A). Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Immissionsrichtwerte um nicht mehr als 10 dB (A) überschreiten. Die genannten zulässigen Immissionsrichtwerte müssen folglich nicht am Emissionsort, sondern am maßgeblichen Immissionsort eingehalten werden (vgl. VG Neustadt, Urteil vom 19. Februar 2015 – 4 K 966/14.NW). Maßgeblicher Immissionsort ist nach Abschnitt 2.3. der TA-Lärm der nach Nummer A.1.3 des Anhangs zu ermittelnde Ort im Einwirkungsbereich der Anlage, an dem eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte am ehesten zu erwarten ist. Es ist derjenige Ort, für den die Geräuschbeurteilung nach dieser Technischen Anleitung vorgenommen wird. Gemäß Nummer A.1.3 (c) des Anhangs liegen die maßgeblichen Immissionsorte nach Nummer 2.3 bei – wie hier – mit der zu beurteilenden Anlage baulich verbundenen schutzbedürftigen Räumen, bei Körperschallübertragung sowie bei der Einwirkung tieffrequenter Geräusche in dem am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raum.
Es kommt daher vorliegend nicht darauf an, dass die Musik in der Gaststätte der Antragstellerin nicht lauter als 65 dB(A) abgespielt werden darf. Vielmehr kann und müsste der Antragstellerin aufgegeben werden, bezüglich der im Gebäude wohnenden Nachbarn die Immissionsrichtwerte für Immissionsorte innerhalb von Gebäuden nach Abschnitt 6.2. der TA Lärm von tags 35 dB(A) und nachts 25 dB(A) einzuhalten (vgl. VG Neustadt, Urteil vom 19. Februar 2015 – 4 K 966/14.NW; VG Berlin, Beschluss vom 18.07.1986 – VG 4 A 337.86 –, GewArch 1986, 344; Michel/Kienzle, GastG, 12. Aufl., § 5 Rn. 15 Fn. 129).
Eine Anordnung in dieser Form, also die Festsetzung eines bestimmten Immissionsrichtwerts an genau festgelegten Immissionsorten zu den in der TA Lärm festgesetzten Tages- und Nachtzeiten, wäre zudem hinreichend bestimmt. Ein Verwaltungsakt, der nur verbindlich festlegt, welches Ziel der Adressat erreichen muss, wobei ihm zur Erreichung des Ziels die Wahl zwischen mehreren möglichen Mitteln überlassen wird, leidet nicht an einem Bestimmtheitsmangel (Tiedemann in Beck´scher Online-Kommentar, VwVfG, Stand: 1.1.2017, § 37 Rn. 23). Durch – die auch von der Antragstellerin bereits angebotenen – Geräuschmessungen in der Wohnung der Beschwerdeführer kann festgestellt werden, wie sich dort die Musiklautstärke in der Gaststätte und das Verhalten der Gäste auswirkt. Hierdurch kann die Antragstellerin in Erfahrung bringen, welche Musik und in welcher Lautstärke sie diese in der Gaststätte abspielen kann und darf, um die zulässigen Immissionswerte nach Abschnitt 6.2 der TA Lärm einhalten zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 05. November 1968 – I C 29.67; BVerwGE 31, 15).
Wenn die Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung vom 21.03.2018 angibt, dass die Festlegung eines einzuhaltenden Lärmwertes im Innenraum der Gaststätte eine Konsequenz aus der Tatsache sei, dass Verstöße in der Praxis nicht immer entsprechend nachgewiesen und geahndet werden können (Bl. 105 d. A.), so ist diesem Argument wiederum entgegenzuhalten, dass Anordnungen, die lediglich der Erleichterung der gewerbepolizeilichen Überwachung dienen, grundsätzlich nicht erforderlich und daher bereits aus diesem Grunde rechtswidrig sind (vgl. VGH Bad.-Württ., B. v. 12.06.1992 – 14 S 513/92; Michel/Kienzle, § 5 GastG, RN 18 und Aßfalg/Lehle/Rapp/Schwab, § 5 GastG Rn. 12).
Das Abstellen auf den maßgeblichen Immissionsort und nicht auf den Emissionsort ist im Übrigen sachgerecht und entspricht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, denn dadurch wird letztlich dem Betroffenen überlassen, mit welchen Mitteln er die Reduzierung des Lärms auf die zulässigen Immissionsrichtwerte herbeiführt (BayVGH, Beschluss vom 24. Februar 2017 – 10 ZB 15.1803 –, Rn. 6). Ein öffentliches Interesse an der Auflage besteht nämlich auch nach den Aussagen der Antragsgegnerin nur insofern, als durch sie erreicht werden soll, dass nachts in der Wohnung der Beschwerdeführer, d.h. am maßgeblichen Immissionsort, eine bestimmte Lautstärke nicht überschritten wird. Die Antragsgegnerin führt in ihrem Schriftsatz vom 21.03.2018 nämlich selbst aus, dass die angezeigten Veranstaltungen an sich nicht das Problem und nicht der Grund für den Bescheid gewesen seien (Bl. 103 d.A.) und dass der Erlass des Bescheids ausschließlich darin begründet gewesen sei, die Gefahr einer gesundheitlichen Beeinträchtigung für die Anwohner abzuwehren (Bl. 102 d.A.).
Wenn die Antragsgegnerin im Bescheid auf Seite 9 ausführt, dass es nicht genüge, lediglich die Einhaltung der Richtwerte als Auflage zu machen, da die Einhaltung der Lärmrichtwerte selbst bei gutem Willen der Gaststättenbetreiberin nicht gelingen könne, da das Gebäude nach Einschätzung des Umweltamtes der Stadt S… nicht die baulichen Voraussetzungen erfülle, um ohne erhebliche Beeinträchtigung der Nachbarn Musik zu spielen, die über leise Hintergrundmusik hinausgeht, ist zunächst fraglich, wie dies das Umweltamt ohne Prüfung der Bausubstanz und nur durch eine einmalige Messung der Lärmimmissionen in einem Zeitraum von 54 Minuten überhaupt feststellen kann. Entscheidend ist jedoch, dass bislang noch gar nicht festgestellt wurde, wie laut die Musik in der Gaststätte tatsächlich sein dürfe, damit die maßgeblichen Immissionswerte nach 6.2. der TA Lärm in den betroffenen Wohnungen eingehalten werden können. Es steht daher noch nicht einmal fest, dass der von der Antragsgegnerin angeordnete Emissionsrichtwert von 65 dB(A) geeignet ist, sicherzustellen, dass durch diese Anordnung die zulässigen Immissionswerte nach Abschnitt 6.2. der TA Lärm auch eingehalten werden können. Dies geht auch aus der weiteren unter I.3. getroffenen Anordnung hervor, wonach der Antragsgegnerin aufgegeben wurde, den mittleren Maximalpegel entsprechend weiter zu reduzieren, sollten die Immissionsrichtwerte des Bundesimmissionsschutzgesetzes und der TA Lärm in den Nachbarwohnungen trotz dieser Maßnahme überschritten werden.
Diese Anordnung erweist sich zudem aufgrund mangelnder Bestimmtheit nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG als rechtswidrig. Da Nebenbestimmungen als Bestandteil der Hauptregelung auch selbst dem Bestimmtheitsgebot des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG unterliegen, muss die getroffene Regelung daher hinreichend klar, verständlich und in sich widerspruchsfrei sein. Der Entscheidungsinhalt muss für den Adressaten nach Art und Umfang aus sich heraus verständlich sein und den Adressaten in die Lage versetzen, zu erkennen, was genau von ihm gefordert wird (vgl. Kopp/Schenke, VwVfG, § 37 Rn. 10). Dabei muss klar sein welches Tun, Dulden oder Unterlassen die Auflage genau vorschreibt (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens VwVfG § 36 Rn. 28, beck-online). Zwar ist es – wie bereits dargelegt – grundsätzlich zulässig, wenn durch Auflagen zunächst nur das Ziel festgelegt wird. Dieses zu verwirklichende Ziel muss von der Behörde dann aber klar und eindeutig formuliert werden. Daran fehlt es vorliegend.
Aus der von der Antragsgegnerin getroffenen Regelung wird nämlich allenfalls noch ersichtlich, wann die Antragstellerin handeln soll und muss, nämlich bei Überschreitung der Immissionsgrenzwerte trotz einer Emissionslautstärke von 65 dB(A), wobei aber auch hier bereits nicht eindeutig klar wird, was unter „Immissionsrichtwerte des Bundesimmissionsschutzgesetzes und der TA Lärm“ zu verstehen sein soll, da das Bundesimmissionsschutzgesetz selbst keine konkreten Richtwerte vorgibt und zu beachten ist, dass die Anordnung gegenüber der Antragstellerin als Gastwirtin und nicht gegenüber einem Rechtskundigen ergeht. Jedenfalls aber bleibt durch die Formulierung der Antragsgegnerin unklar, was unter „entsprechend weiter zu reduzieren“ zu verstehen ist. Selbst wenn sich möglicherweise durch Auslegung ermitteln lasse, dass hierbei wohl gemeint sei, dass die Lautstärke so weit zu reduzieren sei, dass die zulässigen Immissionswerte der TA Lärm eingehalten werden, so ist diese Anordnung in Verbindung mit der zunächst in Ziffer I.3. getroffenen Anordnung nicht widerspruchsfrei und damit nicht eindeutig genug, da bei der Anordnung des Limiters von Seiten der Behörde auf den Emissionsort, in der darauffolgenden Passage dann aber wohl doch auf die Einhaltung der Grenzwerte am Immissionsort abgestellt wird.
(b) Auch soweit der Limiter in Ziffer I.3. zur Einhaltung der genehmigten Betriebsart „Schank- und Speisewirtschaft“ angeordnet wurde, erweist sich die Auflage als rechtswidrig.
Zwar könne man hier anführen, dass sich Nebenbestimmungen zur Einhaltung der Betriebsart auf den Kern des gaststättenrechtlichen Betriebs beziehen und damit für die gesamte Betriebszeit gelten müssen, so dass eine darauf gestützte etwaige Lautstärkebegrenzung insoweit keine Differenzierung z.B. nach Tag- und Nachtzeit erfordere und die Anordnung damit nicht unverhältnismäßig mache.
Zu beachten ist jedoch, dass die Betriebsart nicht allein von der Musiklautstärke, sondern von vielen anderen Faktoren, wie beispielsweise dem Vorhandensein einer Tanzfläche und den Öffnungszeiten abhängt und daher die Einhaltung der Betriebsart nicht allein durch die Anordnung von zulässigen Emissionswerten sichergestellt werden kann. Zudem gibt es auch keinen allgemeingültigen Emissionswert, mit dem erreicht werden könne, dass sich eine Schank- und Speisewirtschaft im Rahmen ihrer genehmigten Betriebsart halte. Insofern bestehen schon Zweifel an der Geeignetheit dieser Auflage zur Sicherstellung der Einhaltung der Betriebsart.
Entscheidend ist jedoch, dass die Anordnung des Limiters zur Einhaltung der Betriebsart nach momentaner Sachlage nicht erforderlich ist. Nach der Begründung des Bescheids und den Ausführungen in der Antragserwiderung ist bereits zweifelhaft, ob der Limiter überhaupt tatsächlich (auch) aus Gründen der Einhaltung der Betriebsart angeordnet wurde. Wie die Ausführungen auf Seite 7 des Bescheids nahe legen, gründet der Bescheid nämlich im Wesentlichen auf dem Anwohnerschutz vor Lärmimmissionen. Dort führt die Antragsgegnerin nämlich wie folgt aus:
„Durch die Musikdarbietungen in der Gaststätte „X…“ entstehen Immissionen in den Wohnung der Anwohner, die nach ihrer Art und ihrem Ausmaß die Nachbarschaft erheblich belästigen. Mit ursächlich hierfür ist, dass die Gaststättenbetreiberin seine Gaststätte regelmäßig abweichend von der ihm genehmigten Betriebsart „Schank- und Speisewirtschaft“ betreibt.“
Dieser Passus im Bescheid suggeriert, dass die Einhaltung der Betriebsart an sich kein selbständig tragender Grund bei den Erwägungen zur Anordnung der Auflagen gewesen war. Diese Einschätzung wird auch durch die Antragserwiderungen der Antragsgegnerin vom 06.03.18 und vom 21.03.2018 bestätigt. In ihrer Antragserwiderung vom 06.03.2018 führt die Antragsgegnerin insoweit aus, dass die amtlich festgestellte Überschreitung der Richtwerte der Grund zum Erlass des Bescheids mit den dort genannten Auflagen war und ist (Bl. 68 d. A.). In ihrem Schriftsatz vom 21.03.2018 führt sie weiterhin aus, dass die angezeigten Veranstaltungen an sich nicht das Problem und nicht der Grund für den Bescheid gewesen seien (Bl. 103 d. A.) und dass der Erlass des Bescheids ausschließlich darin begründet gewesen sei, die Gefahr einer gesundheitlichen Beeinträchtigung für die Anwohner abzuwehren (Bl. 102 d. A.). Weiter gibt sie an, dass kein Einschreiten seitens der Antragsgegnerin erforderlich geworden wäre, hätte die Antragstellerin diese Veranstaltungen nachbarverträglich durchgeführt (Bl. 103 d. A.). Insofern weist die Antragsgegnerin selbst darauf hin, dass sie ein Einschreiten im vorliegenden Fall nur aufgrund der Lärmimmissionen und nicht auch oder allein aufgrund eines Umschlagens der Betriebsart für erforderlich hält.
Auch wenn sich nicht pauschal sagen lasse, dass bis zu 12 Musik- oder Tanzveranstaltungen im Jahr immer ohne ein Umschlagen der Betriebsart zulässig sind, so kann diese Zahl insbesondere für die im Eilverfahren vorzunehmende summarische Prüfung zumindest als Indiz herangezogen werden. Da sich die Antragstellerin mit 11 Veranstaltungen im Jahr 2017 unter dieser Zahl bewegte, sich in der Gaststätte der Antragstellerin nach eigener nicht bestrittener Aussage keine Tanzfläche befindet und das Wochenangebot der Antragstellerin hauptsächlich auf Speisen und Getränke ausgelegt ist, ist nach momentanen Sachstand davon auszugehen, dass sich die von der Antragstellerin betriebene Gaststätte noch im Rahmen ihrer genehmigten Betriebsart als Schank- und Speisewirtschaft hält.
(3) Wie bereits sowohl die Antragstellerin, als auch die Antragsgegnerin ausgeführt haben, gestalten die Auflagen in I.4. – I.7. des Bescheids die Installation des in Ziffer I.3. angeordneten Limiters besonders aus und sind daher mit der Anordnung des Limiters derart verknüpft, so dass auch diese die Rechtswidrigkeit der Anordnung in Ziffer I.3. teilen.
(4) Soweit die Antragsgegnerin der Antragstellerin in Ziffer I.8. ein bis zum Einbau des Limiters auflösend bedingtes komplettes Musikverbot sowohl zur Tag- als auch zur Nachtzeit verhängt hat, erweist sich auch diese Auflage als rechtswidrig.
Diese Auflage leidet nämlich ebenfalls an dem bereits dargestellten Ermessensfehler und stellt sich darüber hinaus auch als unverhältnismäßig dar.
Auch bei dieser Auflage stellt sich erneut das Problem, dass die Antragsgegnerin bei Erlass des Bescheids fälschlicherweise davon ausging, dass auch die zulässigen Immissionswerte für die Tagzeit überschritten wurden. Folglich setzte sich die Antragstellerin nicht damit auseinander, ob als milderes Mittel auch ein auflösend bedingtes Musikverbot erst ab 22 Uhr in Betracht gekommen wäre. Insofern erweist sich diese Anordnung aufgrund eines Ermessensdefizits als ermessensfehlerhaft.
Des Weiteren stellt sich das auflösend bedingte komplette Musikverbot insoweit als unverhältnismäßig dar, als es sich auch auf die Zeit zwischen 06.00 Uhr – 22.00 Uhr erstreckt, da zur Tagzeit bislang weder eine Überschreitung der Grenzwerte nachgewiesen wurde noch Anwohnerbeschwerden über zur laute Musik während des Tages eingegangen sind.
2. Mit der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung bezüglich der Ziffer I. des Bescheids der Antragsgegnerin entfallen die vollstreckungsrechtlichen Grundlagen für die zugleich unter Ziffer II. verfügte Zwangsgeldandrohung. Daher ist die aufschiebende Wirkung hinsichtlich der kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Zwangsgeldandrohung (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) anzuordnen.
3. Die Kostentragungspflicht der Antragsgegnerin ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abrufbar auf der Homepage des BVerwG), dessen Empfehlungen die Kammer folgt. Mangels weiterer Anhaltspunkte wird im Verfahren der Hauptsache der Auffangstreitwert von 5.000,- Euro anzusetzen sein, § 53 Abs. 2 GKG. Im Eilverfahren war dieser Streitwert nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren und beträgt damit 2.500.- Euro.


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