Sozialrecht

Kostenlast der Behörde nach dem Veranlasserprinzip bei übereinstimmender Erledigterklärung im Rahmen einer erfolgreichen Untätigkeitsklage

Aktenzeichen  12 C 16.2612

Datum:
8.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 6618
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 75, § 93 S. 1, § 153, § 158 Abs. 2, § 161, § 166
ZPO § 124 Abs. 1 Nr. 1, § 138 Abs. 1, § 580

 

Leitsatz

1. Sind für einzelne Streitgegenstände eines Verfahrens unterschiedliche Spruchkörper zuständig, besteht hinsichtlich der erforderlichen Verfahrensabtrennung kein Ermessen. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Beschwerdeausschluss nach § 158 Abs. 2 VwGO findet keine Anwendung, wenn Prüfungsgegenstand eines Beschwerdeverfahrens nicht die aufgrund der Erledigungserklärung unterbliebene Sachentscheidung bildet, sondern vielmehr die – nach dem Prozessrecht zu beantwortende – Frage, ob das Verwaltungsgericht die bestandskräftige und unanfechtbare Kostenentscheidung überhaupt abändern durfte, dh ob das Gericht beim „Wiederaufgreifen“ des abgeschlossenen Verfahrens prozessordnungsgemäß gehandelt hat. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
3. Im Verwaltungsprozessrecht besteht – auch nicht im Wege eines “Wiederaufgreifens” – keine Möglichkeit der nachträglichen Korrektur einer Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 S. 1 VwGO.  (Rn. 26 – 27) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 6 K 16.237 2016-11-30 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Das Verfahren wird abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 12 C 20.776 fortgeführt, soweit sich die Bevollmächtigte der Klägerin mit ihrer Beschwerde gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts in Ziffer II. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 30. November 2016 wendet.
II. Ziffer I. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 30. November 2016, Az.: RO 6 K 16.237, wird aufgehoben.
III. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Staatskasse. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Die Klägerin, kasachische Staatsangehörige, wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 30. November 2016, mit dem das Gericht seinen Einstellungsbeschluss vom 31. Mai 2016 „von Amts wegen und auf Antrag des Beklagten“ dahingehend geändert hat, dass der Klägerin 13/20 der Kosten des Klageverfahrens auferlegt und ihr Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung lediglich für 7/20 der Verfahrenskosten bewilligt werden (Ziff. I. d. Beschlusses). Zugleich wendet sie sich gegen die Festsetzung des Gegenstandswert für das Klageverfahren i.H.v. 4.772,00 € (Ziff. II. d. Beschlusses).
I.
1. Die Klägerin beantragte beim beklagten Studentenwerk für den Bewilligungszeitraum Oktober 2015 bis September 2016 mit Formblattantrag vom 22. Juli 2015 die Bewilligung von Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) für ein Studium des Technikjournalismus an der Hochschule N.. Auf die Frage nach den Einkommensverhältnissen ihrer Eltern gab sie an, dass ihr die Person ihres Vaters vollkommen unbekannt sei, sie daher diesbezüglich keine Angaben machen könne. Gleichwohl forderte das Studentenwerk mit Schreiben vom 5. August 2015 von ihr weitere Unterlagen an, darunter ein „Formblatt für ihren Vater“. Dieses Formblatt, nämlich die Einkommenserklärung, habe die Klägerin per Einschreiben mit Rückschein an die letzte bekannte Adresse ihres Vaters zu senden. Sollte daraufhin innerhalb von drei Wochen keine Reaktion erfolgen, sei dies dem Amt für Ausbildungsförderung mitzuteilen und der Nachweis über das Einschreiben vorzulegen. Weiter wies das Studentenwerk darauf hin, dass nach §§ 60, 66 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) Leistungen nach dem BAföG versagt werden könnten, wenn die erforderlichen Angaben nicht innerhalb von vier Wochen gemacht würden. Daraufhin übermittelte die Klägerin dem Studentenwerk mit Schreiben vom 19. August 2015 verschiedene Unterlagen und teilte weiter mit, dass sie hinsichtlich ihres Vaters weder eine Einkommenserklärung vorlegen noch andere relevante Daten mitteilen könnte, da ihr dessen Adresse nicht bekannt sei, nie Kontakt zu ihm bestanden habe und sich sein Aufenthaltsort nicht bestimmen lasse. Unterhaltszahlungen seien nie erfolgt. Bis zur Volljährigkeit ihrer Mutter habe das Jugendamt W. die Vormundschaft über sie innegehabt, danach ihre Mutter das alleinige Sorgerecht. Weiter bat sie „um Rückmeldung wegen der fehlenden oder nicht erreichbaren Dokumente“. Nach ihrem eigenen Vortrag hat die Klägerin in der Folge beim Beklagten telefonisch den Bearbeitungsstand des Antrags nachgefragt, woraufhin ihr mitgeteilt worden sei, dass hierzu keine Informationen gegeben werden könnten.
2. Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 16. Februar 2016 forderte die Klägerin das beklagte Studentenwerk zur Entscheidung über den BAföG-Antrag auf. Gleichzeitig ließ sie zum Verwaltungsgericht Regensburg Untätigkeitsklage mit dem Antrag erheben, das Studentenwerk zu verpflichten, „über den Antrag der Klägerin vom 22. Juli 2015 auf Leistungen nach dem BAföG zu entscheiden“. Daraufhin forderte das Studentenwerk mit Schreiben vom 17. Februar 2016 von der Klägerin die Vorlage weiterer Unterlagen an, nämlich den vollständigen Einkommensteuerbescheid der Mutter für das Jahr 2013, die Immatrikulationsbescheinigung, eine Kopie ihres Mietvertrags, das Einschreiben mit Rückschein an den letzten bekannten Aufenthaltsort des Vaters, Unterlagen des Jugendamts über die Unterhaltsregelung sowie eine „Erklärung, warum der Vater unbekannt sei, obwohl die Klägerin seinen Namen trage“.
3. In der Folge bewilligte das Studentenwerk mit Bescheid vom 21. April 2016 der Klägerin nach Übermittlung weiterer Unterlagen für den Zeitraum Oktober 2015 bis September 2016 Ausbildungsförderungsleistungen i.H.v. 422,00 € monatlich. Zugleich bat es um Vorlage der Immatrikulationsbescheinigung für das Sommersemester 2016. Daraufhin ließ die Klägerin mit Schreiben vom 3. Mai 2016 die Klage unter Verwahrung gegen die Kostenlast für erledigt erklären. Mit Schriftsatz vom 17. Mai 2016 erklärte das Studentenwerk den Rechtsstreit ebenfalls unter Verwahrung gegen die Kostenlast für erledigt. Daraufhin stellte das Verwaltungsgericht das Klageverfahren mit Beschluss vom 31. Mai 2016 ein, legte dem beklagten Studentenwerk die Verfahrenskosten auf und bewilligte der Klägerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Bevollmächtigten. Die Kosten des nach § 188 VwGO gerichtskostenfreien Verfahrens trage nach § 161 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 75 VwGO der Beklagte, da ein zureichender Grund für die Nichtentscheidung über den BAföG-Antrag nicht ersichtlich sei. Im Sozialrecht, zu dem das Ausbildungsförderungsrecht rechne, gelte, dass selbst eine Verletzung von Mitwirkungspflichten für sich genommen keinen zureichenden Grund darstelle, dass die Behörde einen Antrag nicht verbescheide. Vielmehr müsse nach § 66 Abs. 1 SGB I ein Versagungsbescheid ergehen. Auf das Schreiben des Beklagten vom 5. August 2015 habe die Klägerin mit dem beim Studentenwerk am 2. September 2015 eingegangenen Schreiben vom 19. August 2015 geantwortet und abschließend um „Rückmeldung“ wegen fehlender oder nicht erreichbarer Dokumente gebeten. Eine solche sei jedoch bis zur Klageerhebung nicht erfolgt, sodass eine zulässige Untätigkeitsklage vorliege, für die Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung zu bewilligen gewesen sei.
4. Mit Schriftsatz vom 1. August 2016 beantragte die Bevollmächtigte der Klägerin, den Gegenstandswert für das Klageverfahren auf 3.165,00 € festzusetzen. Das Studentenwerk habe der Klägerin Ausbildungsförderungsleistungen i.H.v. insgesamt 4.220,00 € bewilligt. Da es sich vorliegend um eine Verbescheidungsklage gehandelt habe, seien nur ¾ der bewilligten Leistung als Gegenstandswert anzusetzen. Dieser Betrag werde sowohl dem Umfang der Angelegenheit wie auch dem erreichten Klageziel gerecht.
Demgegenüber beantragte das beklagte Studentenwerk mit Schriftsatz vom 2. September 2016, den Gegenstandswert auf 1.266,00 € festzusetzen. Im Zeitpunkt der Klageerhebung im Februar 2016 sei der Klägerseite bewusst gewesen, dass die Klägerin, da sie sich im Januar 2016 nicht zurückgemeldet habe, das Studium bereits aufgegeben habe und auch nicht mehr habe fortsetzen wollen. In Kenntnis dieser Umstände sei der Klageantrag gleichwohl auf die Leistung von Ausbildungsförderung entsprechend dem ursprünglichen Antrag der Klägerin vom 22. Juli 2015 gerichtet gewesen. Von der Exmatrikulation der Klägerin aufgrund der unterbliebenen Rückmeldung habe das Studentenwerk erst im Juni 2016 durch Nachfrage bei der Hochschule N. erfahren, nachdem die Klägerin die angeforderte Immatrikulationsbescheinigung für das Sommersemester 2016 nicht vorgelegt habe. In Unkenntnis des Studienabbruchs habe das Studentenwerk daher im Bescheid vom 21. April 2016 Ausbildungsförderung für den Bewilligungszeitraum Oktober 2015 bis September 2016 bewilligt. Demzufolge habe man mit Bescheid vom 27. Juni 2016 den Bewilligungszeitraum verkürzt und die Überzahlung i.H.v. 2.100,00 € zurückgefordert. Die Rückforderung sei bis heute nicht beglichen. Richtigerweise hätte die Klägerin ihren Klageantrag auf Leistung von Ausbildungsförderung bis einschließlich Januar 2016 beschränken müssen. Der Förderanspruch hätte sich dann auf 1.688,00 € belaufen, sodass sich hieraus ein Streitwert von 1.266,00 € errechne.
Hierzu erbat das Verwaltungsgericht von der Bevollmächtigten der Klägerin eine Stellungnahme. Weiter „könne sich die Frage stellen, ob der Beschluss vom 31.5.2016 von Amts wegen abzuändern“ sei. Dem hielt die Bevollmächtigte der Klägerin entgegen, dass Streitgegenstand des Klageverfahrens nicht eine bestimmte Leistung, sondern die Untätigkeit des Beklagten gewesen sei. Der Gegenstandswert des Verfahrens orientiere sich an der erstrebten Bewilligung. Da das Studentenwerk der Klägerin insgesamt 5.064,00 € Ausbildungsförderung bewilligt habe und infolge der Untätigkeit ein Abschlag von einem Drittel hiervon zu machen sei, betrage der festzusetzende Gegenstandswert 3.376,00 €. Selbst wenn der Vortrag des Studentenwerks zur Aufgabe des Studiums zuträfe, bestünde kein Anlass, den Beschluss vom 31. Mai 2016 abzuändern, da nicht die Höhe der zu bewilligenden Leistung, sondern die Untätigkeit des Beklagten streitgegenständlich gewesen sei.
Daraufhin fragte das Verwaltungsgericht mit weiterem Schreiben vom 2. November 2016 bei der Bevollmächtigten der Klägerin an, ob „Einverständnis mit einem Gegenstandswert von 1.688,00 € ohne Änderung des Beschlusses vom 31.5.2016“ bestehe. Wenn die Klägerin zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 16. Februar 2016 nur einen Anspruch auf Ausbildungsförderungsleistungen i.H.v. 1.688,00 € (4 x 422,00 €) gehabt und dies mit ihrer Klage so beantragt hätte, wäre der Gegenstandswert in dieser Höhe festzusetzen gewesen. Gehe man aber – „wie Klage und Bescheid“ – vom gesamten Bewilligungszeitraum aus, ergäbe sich zwar ein Gegenstandswert von 4.722,00 €, die PKH-Bewilligung hätte dann jedoch nur für 1.688,00 € ausgesprochen werden können. Weiterhin hätten die Klägerin 13/20 und das beklagte Studentenwerk 7/20 der Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen. Der Beschluss vom 31. Mai 2016 müsste in diesem Fall „von Amts wegen“ geändert werden.
Das Studentenwerk entgegnete dem Vorbringen der Klägerin mit Schriftsatz vom 28. November 2016, dass die Bevollmächtigte der Klägerin es im vorliegenden Fall entgegen ihrer prozessualen Wahrheitspflicht unterlassen habe mitzuteilen, dass die Klägerin das Studium im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits nicht mehr habe fortsetzen können, da sie sich im Januar 2016 nicht an der Hochschule zurückgemeldet habe. Hierdurch habe die Bevollmächtigte der Klägerin erreicht, dass ein Förderbescheid über den kompletten Bewilligungszeitraum erlassen worden sei. Richtigerweise hätte im Zeitpunkt der Klageerhebung allenfalls ein Bescheid mit begrenztem Bewilligungszeitpunkt erlassen werden dürfen. Dementsprechend wäre der Klageantrag „zu begrenzen“ gewesen. Die Überzahlung durch das Studentenwerk beruhe daher auf der „unterlassenen Mitteilung bezüglich der Exmatrikulation der Klägerseite“. Daher werde eine „Änderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses“ beantragt.
5. Daraufhin änderte das Verwaltungsgericht mit nunmehr streitgegenständlichem Beschluss vom 30. November 2016 seinen Beschluss vom 31. Mai 2016 dahingehend, dass der Klägerin lediglich für 7/20 der Kosten des Verfahrens Prozesskostenhilfe bewilligt und ihre Bevollmächtigte beigeordnet, im Übrigen der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt werde. Von den Verfahrenskosten trage die Klägerin nunmehr 13/20, das beklagte Studentenwerk 7/20 (Ziff. I.). Weiter setzte das Gericht den Gegenstandswert für das Klageverfahren auf 4.772,00 € fest (Ziff. II.).
Der Beschluss vom 31. Mai 2016 sei „von Amts wegen und auf Antrag des Beklagten abzuändern (vgl. Kopp, Kommentar zur VwGO, § 161 Rn. 3 und § 158 Rn. 7 m.w.N.)“, weil ihm ein teilweise unrichtiger Sachverhalt zugrunde gelegen habe. Die Klägerin habe bereits zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 16. Februar 2016 ihr Studium nicht mehr fortsetzen können, da sie sich im Januar 2016 an der Hochschule nicht mehr zurückgemeldet habe. Sie hätte daher unter Berücksichtigung dieser Tatsache zum Zeitpunkt der Klageerhebung nur Ausbildungsförderung für die Zeit von Oktober 2015 bis Januar 2016 i.H.v. 1.688,00 € beanspruchen können und nicht darüber hinaus weitere 3.084,00 €. Dementsprechend wäre ihre Untätigkeitsklage nur zu 7/20 erfolgreich gewesen und sie im Umfang von 13/20 unterlegen. Daher sei die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Kostenentscheidung entsprechend abzuändern gewesen. Die Gegenstandswertfestsetzung beruhe auf § 33 Abs. 1 i.V.m. Abs. 8 RVG; die Höhe des Gegenstandswerts ergebe sich aus dem Bescheid vom 21. April 2016.
Diesem Beschluss war eine Rechtsmittelbelehrungbeigefügt, wonach gegen Ziff. I. (Abänderung der Prozesskostenhilfeentscheidung und Änderung der Kostenentscheidung) die Beschwerde zum Bayerischen Verwaltungsgerichthof gegeben sei. Gegen Ziff. II. (Gegenstandswertfestsetzung) sei die Beschwerde gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 € übersteige.
6. Hiergegen richtet sich nunmehr die Beschwerde der Klägerin, mit der sie geltend machen lässt, dass die Argumentation des Verwaltungsgerichts unrichtig sei. Klagegegenstand sei nicht die Leistungsbewilligung für zwei Semester, sondern die Untätigkeit des Beklagten gewesen. Dementsprechend habe der Klageantrag auch gelautet, das Studentenwerk zu verpflichten, „über den Antrag der Klägerin vom 22. Juli 2015 auf Leistungen nach dem BAföG zu entscheiden“. Bei Eintritt des erledigenden Ereignisses sei die Untätigkeitsklage zulässig und begründet gewesen. Das Studentenwerk sei unstreitig untätig geblieben, sodass die Klägerin voll obsiegt habe. Selbst wenn die Klägerin für das Sommersemester 2016 keinen Anspruch auf Ausbildungsförderungsleistungen mehr gehabt hätte, hätte sie gleichwohl gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf Entscheidung über ihren Förderantrag besessen. Nur dieser sei mit der Untätigkeitsklage geltend gemacht worden.
Demgegenüber verteidigt das beklagte Studentenwerk den angefochtenen Beschluss. Es fehle bereits an der erforderlichen inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Entscheidung. Die Klägerin wiederhole lediglich die bereits im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgetragenen Argumente. Unklar bleibe, weshalb die Klägerin trotz unrichtiger Angaben, die zur teilweisen Aufhebung der Bewilligung von Ausbildungsförderungsleistungen geführt haben, vollständig obsiegt haben wolle. Im Übrigen fehle es hinsichtlich der angegriffenen Gegenstandswertfestsetzung am Erreichen der Beschwerdesumme von 200,00 € sowie an einer konkreten Antragstellung.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
Prozessuale Gründe gebieten im vorliegenden Fall zunächst die Abtrennung der den Gegenstandswert betreffenden Beschwerde nach § 93 Satz 1 VwGO (1.). Im Übrigen hat die statthafte und zulässige Beschwerde (2.) in vollem Umfang Erfolg, da sich Ziff. I. des Beschlusses vom 30. November 2016 sowohl hinsichtlich der Änderung der Prozesskostenhilfebewilligung wie auch der Änderung der Kostenentscheidung nach übereinstimmender Erledigterklärung als rechtswidrig erweist (3.).
1. Soweit die Bevollmächtigte der Klägerin ausdrücklich die Aufhebung von Ziff. II. des Beschlusses vom 30. November 2016 – der Festsetzung des Gegenstandswerts des Klageverfahrens auf 4.772,00 € – im Beschwerdeweg beantragt, war das Verfahren nach § 93 Satz 1 VwGO abzutrennen. Dies folgt daraus, dass nach § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG zur Entscheidung über die Gegenstandswertbeschwerde der Berichterstatter als Einzelrichter berufen ist, wohingegen über die Beschwerde gegen Ziff. I. des Beschlusses vom 30. November 2016 der Senat als Ganzes entscheidet. Sind für einzelne Streitgegenstände eines Verfahrens unterschiedliche Spruchkörper zuständig, besteht hinsichtlich der erforderlichen Verfahrensabtrennung kein Ermessen (vgl. Peters/Pätzold in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 93 Rn. 40). Folglich war im vorliegenden Fall die Beschwerde gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts in Ziff. II. von der Beschwerde gegen Ziff. I. des Beschlusses vom 30. November 2016 abzutrennen. Die Gegenstandswertbeschwerde wird unter dem Aktenzeichen 12 C 20.776 fortgeführt.
2. Die Beschwerde gegen Ziff. I. des (Änderungs-)Beschlusses vom 30. November 2016 ist statthaft und zulässig.
Hinsichtlich der Teilaufhebung der ursprünglich vollumfänglichen Prozesskostenhilfebewilligung unter Anwaltsbeiordnung ergibt sich die Statthaftigkeit des Rechtsmittels bereits aus § 146 Abs. 1 VwGO. § 146 Abs. 2 VwGO, wonach die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe, soweit sie sich ausschließlich auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers gründet, ausgeschlossen ist, greift vorliegend nicht ein (vgl. OVG Bautzen, B.v. 15.2.2016 – 3 E 98/15 – BeckRS 2016, 43334).
Als statthaft erweist sich die Beschwerde jedoch auch, soweit sie sich gegen die Abänderung der im ursprünglichen Beschluss vom 31. Mai 2016 auf § 161 Abs. 3 VwGO gestützten Kostenentscheidung nach übereinstimmender Erledigterklärung in der Hauptsache richtet. Zwar sind nach § 158 Abs. 2 VwGO Kostenentscheidungen unanfechtbar, wenn zugleich eine Sachentscheidung nicht ergangen ist. Dies ist sowohl bei Kostenentscheidungen nach § 161 Abs. 3 VwGO der Fall, wonach bei übereinstimmender Hauptsacheerledigungserklärung in Fällen des § 75 VwGO dem Beklagten die Kosten stets zur Last fallen, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte (vgl. Neumann/Schaks in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 158 Rn. 31, Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 158 Rn. 5), als auch bei nach billigem Ermessen getroffenen Kostenentscheidungen nach § 161 Abs. 2 VwGO. § 158 Abs. 2 VwGO soll in den genannten Fällen aus verfahrensökonomischen Gesichtspunkten verhindern, dass das Rechtsmittelgericht allein wegen der Kostenentscheidung mittelbar auch die nicht entschiedene Hauptsache nachprüfen muss (vgl. OVG Weimar, B.v. 28.2.2001 – 1 VO 93/100 – juris; OVG Bremen, B.v. 9.5.1994 – OVG 2 B 75/94 – BeckRS 2014, 46708; vgl. auch Olbertz in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand 7/2019, § 158 Rn. 11).
Der Beschwerdeausschluss nach § 158 Abs. 2 VwGO erfasst jedoch nach Sinn und Zweck der Regelung den Beschluss vom 30. November 2016, der die – seinerseits nach § 158 Abs. 2 VwGO unanfechtbare – Kostenentscheidung zu Lasten der Klägerin geändert hat, nicht. Denn unter Berücksichtigung der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG findet § 158 Abs. 2 VwGO dann keine Anwendung, wenn Prüfungsgegenstand eines Beschwerdeverfahrens nicht die aufgrund der Erledigungserklärung unterbliebene Sachentscheidung bildet, sondern vielmehr die – nach dem Prozessrecht zu beantwortende – Frage, ob das Verwaltungsgericht die bestandskräftige und unanfechtbare Kostenentscheidung überhaupt abändern durfte, d.h. ob das Gericht beim „Wiederaufgreifen“ des abgeschlossenen Verfahrens prozessordnungsgemäß gehandelt hat (vgl. für den Fall des § 119 Abs. 1 VwGO BVerwG, B.v. 17.9.2007 – 8 B 30.07 – NVwZ 2007, 1442 Rn. 7; für den Fall der Urteils- bzw. Beschlussergänzung nach §§ 120, 122 VwGO BayVGH, B.v. 16.10.2019 – 15 C 19.1719 – BeckRS 2019, 27466 Rn. 20, OVG Weimar, B.v. 28.2.2001 – 1 VO 93/100 – juris, ferner zu § 158 Abs. 1 VwGO BVerwG, B.v. 2.6.1999 – 4 B 30.99 – BeckRS 1999, 30061439; ferner Jeromin in Gärditz, VwGO, 2. Aufl. 2018, § 158 II.; a.A. hingegen OVG Münster, B.v. 17.9.2014 – 7 E 564/14 – BeckRS 2014, 56839 Rn. 2 ff.; Neumann/Schaks in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 158 Rn. 8). So verhält es sich im vorliegenden Beschwerdeverfahren, das auf die Prüfung abzielt, ob und unter welchen Voraussetzungen das Verwaltungsgericht die bestandskräftige und unanfechtbare Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 3 VwGO im Nachhinein überhaupt zu Lasten der Klägerin ändern durfte. In dieser Ausprägung erweist sich die Beschwerde daher als statthaft und zulässig. Auf die Frage, ob die im Hinblick auf § 158 Abs. 2 VwGO unzutreffend auf eine Beschwerdemöglichkeit hinweisende Rechtsbehelfsbelehrung:ebenfalls zur Statthaftigkeit des Rechtsbehelfs geführt hätte, kommt es demzufolge nicht mehr entscheidungserheblich an.
3. Die Beschwerde ist darüber hinaus in vollem Umfang begründet, da das Verwaltungsgericht sowohl die Prozesskostenhilfeentscheidung rechtswidrig teilweise aufgehoben (3.1) wie auch ohne prozessuale Rechtsgrundlage und materiell unzutreffend die Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 3 VwGO des Beschlusses vom 31. Mai 2016 abgeändert hat (3.2).
3.1 Als Rechtsgrundlage für die teilweise Aufhebung des Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung zunächst in vollem Umfang bewilligenden Beschlusses vom 31. Mai 2016 kommt – ohne dass das Verwaltungsgericht diese Norm im angefochtenen Beschluss ausdrücklich geprüft hätte – allein § 166 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in Betracht. Danach soll das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat (vgl. hierzu OVG Bautzen, B.v. 18.2.2013 – 3 D 55/12 – juris; OVG Hamburg, B.v. 12.4.2011 – 3 So 183/10 – BeckRS 2011, 50470). Eine unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses liegt dann vor, wenn eine das Streitverhältnis betreffende Tatsache von der Prozesskostenhilfepartei entgegen der sie treffenden Wahrheitspflicht (§ 138 Abs. 1 ZPO) falsch dargestellt, nicht richtig gestellt oder verschwiegen worden ist, sodass das Gericht sie nicht erkannt und bei seiner Entscheidung über die hinreichenden Erfolgsaussichten der Klage nicht berücksichtigt hat (vgl. hierzu und zum Folgenden Kratz in BeckOK-ZPO, Stand 1.1.2020, § 124 Rn. 10 ff.). Von einer diesbezüglichen, zumindest bedingt vorsätzlichen Täuschung ist dann auszugehen, wenn die Partei jedenfalls damit gerechnet hat, bei wahrheitsgemäßem und vollständigem Vortrag keine oder nur teilweise Prozesskostenhilfe zu erhalten (Kratz a.a.O Rn. 12). Schließlich müsste die Täuschung im Hinblick auf die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen erfolgt sein, d.h. das Gericht müsste gerade aufgrund der unrichtigen Darstellung des Streitverhältnisses die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung falsch eingeschätzt haben; die unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses müsste demzufolge für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kausal gewesen sein (Kratz, a.a.O., Rn. 14 m.w.N.).
Jedenfalls an letzterem Erfordernis fehlt es im vorliegenden Fall. Denn selbst wenn man unterstellt, dass die Klägerin verpflichtet gewesen wäre, die unterbliebene Rückmeldung für das Sommersemester 2016 bereits bei Klageerhebung bzw. Beantragung von Prozesskostenhilfe zu offenbaren, führte dies nicht zur Vortäuschung der für die Prozesskostenhilfebewilligung maßgebenden Tatsachen. Denn Gegenstand des Verwaltungsrechtsstreits bildete, worauf die Bevollmächtigte der Klägerin zutreffend hinweist, bis zur Abgabe der übereinstimmenden Erledigungserklärungen nicht der Anspruch der Klägerin auf Ausbildungsförderungsleistungen für den Bewilligungszeitraum Oktober 2015 bis September 2016, sondern die Untätigkeit des beklagten Studentenwerks im Hinblick auf die Verbescheidung des Antrags vom 15. Juli 2015. Die Erfolgsaussichten der Klage hat das Verwaltungsgericht daher im Beschluss vom 31. Mai 2016 zutreffend auf der Grundlage von § 75 VwGO beurteilt. Die im Januar 2016 mutmaßlich unterbliebene Rückmeldung der Klägerin tangiert indes die Säumnis des beklagten Studentenwerks bei der Verbescheidung des Förderantrags, auf die wiederum sich die Erfolgsaussichten der Klage gründen, in keiner Weise. Nachdem die weiteren Tatbestände des § 124 Abs. 1 ZPO ersichtlich nicht einschlägig sind, erweist sich die Teilaufhebung der Prozesskostenbewilligung in Ziff. I. des Beschlusses vom 30. November 2016 als rechtswidrig und war daher im Beschwerdewege aufzuheben.
3.2 Für die im streitbefangenen Beschluss vom 30. November 2016 ebenfalls verfügte Änderung der Kostenentscheidung des Beschlusses vom 31. Mai 2016 besteht weder von Amts wegen noch auf Antrag des beklagten Studentenwerks eine Rechtsgrundlage (3.2.1). Darüber hinaus wäre sie angesichts des Streitgegenstands des Klageverfahrens auch der Sache nach nicht veranlasst (3.2.2).
3.2.1 Die übereinstimmende Erklärung der Erledigung der Hauptsache durch Kläger und Beklagten beendet den Rechtsstreit ohne Rücksicht darauf, ob tatsächliche Erledigung eingetreten ist (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 161 Rn. 6). Sie führt zum rückwirkenden Wegfall der Rechtshängigkeit. In der Folge wird das Verfahren durch das Verwaltungsgericht analog § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO – deklaratorisch – eingestellt. Hinsichtlich der Kosten gebietet § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO – ungeachtet der Spezialregelung betreffend die Untätigkeitsklage in § 161 Abs. 3 VwGO (vgl. BayVerfGH, E.v. 5.10.2017 – Vf. 55-VI-16 – BeckRS 2017, 128897 Rn. 23; Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 161 Rn. 34; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 161 Rn. 21) – eine Entscheidung nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands. Das Verwaltungsgericht soll nach Abgabe der Erledigungserklärungen keinerlei weitere Sachaufklärung zur Bewertung der Erfolgsaussichten der Klage mehr durchführen, sondern auf der Basis des bisherigen Streitstoffs über die Kosten nach billigem Ermessen entscheiden und das Verfahren damit unmittelbar zum Abschluss bringen (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 161 Rn. 15). Zusammen mit dem Beschwerdeausschluss nach § 158 Abs. 2 VwGO führt dies zur sofortigen Bestandskraft der Kostenentscheidung. Dass sich möglicherweise die Erfolgsaussichten der Klage durch im Nachhinein bekannt gewordene Tatsachen anders darstellen, tangiert eine bestandskräftige und unanfechtbare Kostenentscheidung nicht. Folglich sieht der Gesetzgeber im Verwaltungsprozessrecht gerade keine Möglichkeit der nachträglichen Korrektur einer Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO vor (vgl. Jeromin in Gärditz, VwGO, 2. Aufl. 2018, § 158 II.). Dies gilt gleichermaßen für die spezielle Kostentragungsregelung des § 161 Abs. 3 VwGO bei übereinstimmender Hauptsacheerledigung im Rahmen einer Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO.
Soweit sich das Verwaltungsgericht daher im streitgegenständlichen Beschluss „von Amts wegen“ verpflichtet gesehen hat, aufgrund nachträglich bekannt gewordener Umstände seine Kostenentscheidung im Einstellungsbeschluss vom 31. Mai 2016 zu ändern, fehlt es – anders als bei der nachträglichen Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung – an der prozessualen Rechtsgrundlage für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens. Denn durch welche Rechtsbehelfe und unter welchen Voraussetzungen eine rechtskräftige Entscheidung ausnahmsweise geändert werden kann, hat aus Gründen der Rechtsmittelklarheit, die aus dem Gebot der Rechtssicherheit folgt, allein der Gesetzgeber zu entscheiden (so BVerwG, B.v.3.5.2011 – 6 KSt 1/11 – BeckRS 2011, 51729 Rn. 3; OVG Lüneburg, B.v. 28.8.2009 – 4 ME 165/09 – BeckRS 2009, 38696: „Da die Lösung eines möglichen Konflikts zwischen materieller Gerechtigkeit und Rechtssicherheit aber dem Gesetzgeber übertragen ist, ist es ausgeschlossen, gesetzlich geregelte Bindungen des Gerichts an seine eigenen Entscheidungen ohne gegenläufige gesetzliche Grundlage zu übergehen. Dies gilt insbesondere für gerichtliche Entscheidungen, die ungeachtet etwaiger Rechtsfehler nach dem jeweiligen Verfahrensrecht in Rechtskraft erwachsen und deshalb weder mit ordentlichen Rechtsbehelfen angegriffen noch vom erkennenden Gericht selbst abgeändert werden können.“). Über die gesetzlich geregelten Möglichkeiten zum Wiederaufgreifen des Verfahrens hinaus sind Wiederaufnahmetatbestände daher nicht beliebig durch die Gerichte erweiterbar (Brink/Peters in BeckOK-VwGO, Stand 1.1.2020, § 153, Einl.).
Die fehlende gesetzliche Abänderungsmöglichkeit eines Beschlusses nach § 161 Abs. 3 VwGO lässt sich folglich auch durch den bloßen Hinweis auf eine Kommentarstelle nicht kompensieren, zumal Letztere die vorliegende Fallgestaltung nicht umfasst. Denn allein der Umstand, dass im Falle der übereinstimmenden Hauptsacheerledigung stets von Amts wegen eine Kostenentscheidung zu treffen ist (so Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 161 Rn. 3), legitimiert das Verwaltungsgericht nicht, eine von Amts wegen nach § 161 Abs. 3 VwGO bereits getroffene Kostenentscheidung im Nachhinein wieder zu ändern. Dies gilt gleichermaßen, soweit im Zusammenhang mit § 158 Abs. 1 und 2 VwGO (Schenke/Hug in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 158 Rn. 7) und der behaupteten analogen Anwendbarkeit der Anhörungsrüge nach § 152a VwGO auf weitere schwerwiegende Prozessrechtsverletzungen eine Kompetenz des Verwaltungsgerichts zur „Abänderung der Kostenentscheidung durch das Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, vAw oder auf eine Anregung eines Bet hin (vgl. 9 ff. vor § 124)“ postuliert wird. Dem gesetzgeberischen Willen, im Fall der übereinstimmenden Hauptsacheerledigungserklärung ohne weitere Sachverhaltsermittlung unter Zugrundelegung des bisherigen Sach- und Streitstands über die Kosten zu entscheiden und damit in Kauf zu nehmen, dass sich die Kostenverteilung bei weiteren Sachverhaltsermittlungen anders darstellen könnte, entspricht es vielmehr gerade, keine Möglichkeit des Verwaltungsgerichts zur nachträglichen Änderung der Kostenentscheidung nach übereinstimmender Hauptsacheerledigung vorzusehen. Deswegen ist die Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO ebenso wie die nach § 161 Abs. 3 VwGO nach § 158 Abs. 2 VwGO unanfechtbar. Dieser Ausschluss der Beschwerdemöglichkeit erweist sich im Übrigen auch als verfassungsgemäß (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2014 – 22 C 14.588 – BeckRS 2014, 50516 Rn. 7 ff.).
Eine Abänderung der Kostenentscheidung nach übereinstimmender Erledigterklärung ist auch nicht im Zuge eines Wiederaufgreifens des Verfahrens auf Antrag des beklagten Studentenwerks möglich. Zwar sieht § 153 Abs. 1 VwGO die Möglichkeit der Wiederaufnahme eines rechtskräftig beendeten Verfahrens nach den Vorschriften des Vierten Buchs der Zivilprozessordnung und damit u.a. die Möglichkeit einer sog. Restitutionsklage nach § 580 ZPO vor. Deren Anwendungsbereich wird über Urteile hinaus auch auf sog. urteilsvertretende Beschlüsse ausgeweitet (vgl. OVG Lüneburg, B.v.5.9.2014 – 5 LA 57/14 – NVwZ-RR 2015, 77 m.w.N.; Brink/Peters in BeckOK-VwGO, Stand 1.1.2020, § 153 Rn. 4; Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 153 Rn. 6). Ausgeschlossen bleiben insoweit jedoch nach Sinn und Zweck des Wiederaufnahmeverfahrens – nämlich die Beseitigung einer rechtskräftigen Entscheidung und deren erneute Entscheidung – ohne Sachprüfung ergangene, nach § 158 Abs. 2 VwGO unanfechtbare Kostenentscheidungen, wie insbesondere die Kostenentscheidungen nach § 161 Abs. 2 und Abs. 3 VwGO (BayVGH, U.v. 6.11.2008 – 13 A 08.2579 – BeckRS 2010, 53602 Rn. 22 ff.; OVG Lüneburg, B.v.5.9.2014 – 5 LA 57/14 – NVwZ-RR 2015, 77 Rn. 13; Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 153 Rn. 6; Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand 7/2019, § 153 Rn. 7; Guckelberger in Sodan/Ziekow, 5. Aufl. 2018, § 153 Rn. 11). Denn ließe man in diesen Fällen die Möglichkeit eines Wiederaufnahmeantrags zu, würde dies den Ausschluss der Beschwerde nach § 158 Abs. 2 VwGO entgegen den gesetzlichen Vorgaben und der Intension des Gesetzgebers obsolet machen. Demzufolge geht der Antrag des beklagten Studentenwerks, das Verfahren im Hinblick auf die Kostenentscheidung des Beschlusses vom 31. Mai 2016 wiederaufzugreifen, ins Leere. Von der in der vorliegenden prozessualen Situation grundsätzlich gegebenen Möglichkeit eines Widerrufs der Erledigungserklärung, die zur Konsequenz hätte, dass das Verfahren fortgeführt werden müsste (vgl. hierzu BVerwG, B.v. 7.8.1998 – 4 B 75.98 – BeckRS 9998, 30682, OVG Lüneburg, B.v.5.9.2014 – 5 LA 57/14 – NVwZ-RR 2015, 77 Rn. 15), hat das beklagte Studentenwerk keinen Gebrauch gemacht.
Die Änderung der Kostenentscheidung durch den Beschluss vom 30. November 2016 erweist sich daher bereits mangels prozessualer Rechtsgrundlage für das Wiederaufgreifen des mit Beschluss vom 31. Mai 2016 rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens als rechtswidrig.
3.2.2 Darüber hinaus ist auch kein sachlicher Grund ersichtlich, der das Verwaltungsgericht dazu hätte veranlassen können, die auf die Säumnis des Studentenwerks bei der Verbescheidung des Antrags der Klägerin gegründete Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 3 VwGO nachträglich zu ändern.
Denn ihre Rechtfertigung findet die Kostentragungspflicht der säumigen Behörde nach § 161 Abs. 3 VwGO im sog. Veranlasserprinzip (vgl. Jeromin in Gärditz, VwGO, 2. Aufl. 2018, § 161 Rn. 28; Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 161 Rn. 34). Danach hat die Behörde durch die schuldhaft unterbliebene Verbescheidung eines Antrags, mit der der Kläger rechnen durfte, die Ursache für die Klageerhebung gesetzt, was – ungeachtet der Erfolgsaussichten der Klage (vgl. BayVerfGH, E.v. 5.10.2017 – Vf. 55-VI-16 – BeckRS 2017, 128897 Rn. 24, 26; Jeronim in Gärditz, VwGO, 2. Aufl. 2018, § 161 Rn. 32 m.w.N.; Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 161 Rn. 35a, 37) – dazu führt, dass der Kläger von der Kostentragung freizustellen und die Behörde hierzu zu verpflichten ist. Folglich tritt im Rahmen einer Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO eine Kostenüberbürdung nach § 161 Abs. 3 VwGO nur dann nicht ein, wenn die Behörde einen zureichenden Grund für die Nichtbescheidung hatte und dem Kläger dieser Grund bekannt war oder hätte bekannt sein müssen (Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 161 Rn. 37). Demzufolge hat das Verwaltungsgericht im (ursprünglichen) Beschluss vom 31. Mai 2016 dem beklagten Studentenwerk zutreffend die Verfahrenskosten auferlegt, da die Klägerin nach den Feststellungen des Gerichts mit der Verbescheidung ihres Antrags vom Juli 2015 vor der Klageerhebung 2016 hätte rechnen dürfen und auf Seiten des Studentenwerks kein Grund vorgelegen hatte, über den Antrag auf Ausbildungsförderung nicht zu entscheiden. Dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Klageerhebung infolge der unterbliebenen Rückmeldung möglicherweise keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung ab Februar 2016 mehr besessen hatte, ändert an der schuldhaften Säumnis des Studentenwerks bei der Verbescheidung des Förderantrags nichts. Denn wie die Bevollmächtigte der Klägerin zutreffend ausführt, bildet bis zur Abgabe der Erledigungserklärungen die Untätigkeit des Beklagten den Gegenstand des Rechtsstreits, nicht hingegen der Anspruch der Klägerin auf Bewilligung von Ausbildungsförderung im Förderzeitraum Oktober 2015 bis September 2016. Eine Entscheidung hierüber wäre nur dann veranlasst gewesen, wenn das Studentenwerk den Förderantrag nach Erhebung der Untätigkeitsklage abgelehnt und die Klägerin den Rechtsstreit mit dem Ziel der antragsgemäßen Bewilligung von Ausbildungsförderung als Verpflichtungsklage fortgeführt hätte. Dies war indes nicht der Fall. Folglich bietet das Verhalten der Klägerin keinen Anlass, von der gesetzlich zwingend vorgeschriebenen Kostenverteilung in § 161 Abs. 3 VwGO Abstand zu nehmen. Die Änderung der Kostenentscheidung im Beschluss vom 31. Mai 2016 erweist sich demnach inhaltlich als verfehlt. Der Beschluss vom 30. November 2016 wäre daher auch insoweit aufzuheben gewesen.
Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Auffassung des Studentenwerks, gerade die Klägerin habe durch Verletzung ihrer prozessualen Wahrheitspflicht bewirkt, dass ihr zu Unrecht Ausbildungsförderung für das Sommersemester 2016 bewilligt worden ist, obwohl sie in diesem Semester nicht mehr in ihrem Studiengang immatrikuliert gewesen sei, fehl geht. Vielmehr hat im vorliegenden Fall umgekehrt das Studentenwerk der Klägerin für das Sommersemester 2016 Ausbildungsförderung bewilligt, ohne dass sie ihr Studium durch Vorlage der Immatrikulationsbescheinigung nachgewiesen hatte. Auch in Ansehung der Untätigkeitsklage hätte das beklagte Studentenwerk – wie es sogar selbst ausführt – bei dieser Ausgangssituation die Klägerin zwar verbescheiden, ihren Antrag für den Zeitraum ab Februar 2016 jedoch ablehnen müssen. Die rechtsirrige Bewilligung von Ausbildungsförderungsleistungen wurzelt daher nicht in einer wie auch immer gearteten Verletzung der prozessualen Wahrheitspflicht durch die Klägerin, sondern vielmehr in der fehlerhaften Sachbehandlung durch das beklagte Studentenwerk.
4. Gerichtskosten werden in Angelegenheiten des Ausbildungsförderungsrechts nach § 188 Satz 2, 1 VwGO nicht erhoben. Die Kosten des vorliegenden Beschwerdeverfahrens waren in Anwendung des Rechtsgedankens des § 154 Abs. 4 VwGO infolge der rechtsfehlerhaften Sachbehandlung durch das Verwaltungsgericht der Staatskasse aufzuerlegen (vgl. OVG Hamburg, B.v. 18.3.2015 – 1 Bs 72/15 – BeckRS 2015, 44271). Soweit das Beschwerdeverfahren die nachträgliche Änderung der Prozesskostenhilfebewilligung umfasst, werden nach § 166 VwGO i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO Kosten nicht erstattet.
Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.


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